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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Georg Agricola.
geben. Es wird sich dann zeigen, dass Agricolas Kenntnisse vom
Eisen doch recht umfassend waren und dass uns über dasselbe ausser
von Vanuccio Biringuccio, nichts Besseres geschrieben worden ist
bis zu den Schriften von Reaumur und Swedenborg im vorigen
Jahrhundert. Auch in betreff des Eisens blieben die Werke Agri-
colas
die wichtigste Quelle der Erkenntnis der Gebildeten während
der folgenden zwei Jahrhunderte.

Über die erste Erfindung des Eisens findet sich im ersten Buche
de veteribus et novis metallis folgende sorgfältige Zusammenstellung
aus den klassischen Schriften des Altertums:

Die Telchinen, welche aus Kreta zuerst nach Cypern und dann
nach Rhodus kamen, betrieben sowohl Eisen- als auch Kupferwerke.

Aber in Asien haben die Chalyber zuerst das Eisen erfunden:
in Kreta wiederum Faunus und die Diktäer, wie Herodot schreibt,
jener im Gebirge Dicta, diese im Ida. Eine Eisenwerkstätte erfanden
auch die Cyklopen, welche berühmte Erz- und Eisenschmiede waren:
die Lötung des Eisens ersann Glaukos von Chios: die Kunst des
Giessens Theodoros von Samos. Aber Cynira, der Sohn der Agriopa,
erfand die Zange, den Hammer, den Rengel und den Amboss, wie
Diodor von Sizilien berichtet. Andere aber lehren, dass Vulkan die
Kunst der Bereitung des Eisens, Erzes, Goldes, Silbers, kurz aller
Metalle für den Gebrauch der Menschen, die des Feuers bedürfen,
zuerst erfunden und gelehrt habe. Weshalb die Arbeiter in diesen
Dingen jenem Gott ihre Gelübde und Opfer darbringen: und das
Feuer zur ewigen Erinnerung an die von ihm empfangene Wohlthat
mit dem Namen des Vulkan benennen: wie die Soldaten den Krieg
Mars, weil er die ersten Waffen bereitet und die ersten Kriege ge-
führt habe.

Über die geographische Verbreitung des Eisens und über die
wichtigsten Plätze, wo Eisen gewonnen wird, giebt das zweite Buch
desselben Werkes eine ausführliche und interessante Zusammenstellung,
die um so wichtiger ist, als darin auch Bemerkungen über die Ver-
wendung des Eisens in einzelnen Gegenden eingestreut werden, die
von technischer Bedeutung sind.

Von den alten und neuen Metallen. 2. Buch.

Es bleibt noch das Eisen übrig, mit dessen Erzen alle Gebirgs-
gegenden angefüllt sind. Die Hügel Britanniens erzeugen es, wie
Strabo schreibt: das diesseitige Spanien, wie das ganze Gebiet der
Pyrenäen, nach Plinius, der ferner berichtet, dass in dem seewärts

Georg Agricola.
geben. Es wird sich dann zeigen, daſs Agricolas Kenntnisse vom
Eisen doch recht umfassend waren und daſs uns über dasſelbe auſser
von Vanuccio Biringuccio, nichts Besseres geschrieben worden ist
bis zu den Schriften von Reaumur und Swedenborg im vorigen
Jahrhundert. Auch in betreff des Eisens blieben die Werke Agri-
colas
die wichtigste Quelle der Erkenntnis der Gebildeten während
der folgenden zwei Jahrhunderte.

Über die erste Erfindung des Eisens findet sich im ersten Buche
de veteribus et novis metallis folgende sorgfältige Zusammenstellung
aus den klassischen Schriften des Altertums:

Die Telchinen, welche aus Kreta zuerst nach Cypern und dann
nach Rhodus kamen, betrieben sowohl Eisen- als auch Kupferwerke.

Aber in Asien haben die Chalyber zuerst das Eisen erfunden:
in Kreta wiederum Faunus und die Diktäer, wie Herodot schreibt,
jener im Gebirge Dicta, diese im Ida. Eine Eisenwerkstätte erfanden
auch die Cyklopen, welche berühmte Erz- und Eisenschmiede waren:
die Lötung des Eisens ersann Glaukos von Chios: die Kunst des
Gieſsens Theodoros von Samos. Aber Cynira, der Sohn der Agriopa,
erfand die Zange, den Hammer, den Rengel und den Amboſs, wie
Diodor von Sizilien berichtet. Andere aber lehren, daſs Vulkan die
Kunst der Bereitung des Eisens, Erzes, Goldes, Silbers, kurz aller
Metalle für den Gebrauch der Menschen, die des Feuers bedürfen,
zuerst erfunden und gelehrt habe. Weshalb die Arbeiter in diesen
Dingen jenem Gott ihre Gelübde und Opfer darbringen: und das
Feuer zur ewigen Erinnerung an die von ihm empfangene Wohlthat
mit dem Namen des Vulkan benennen: wie die Soldaten den Krieg
Mars, weil er die ersten Waffen bereitet und die ersten Kriege ge-
führt habe.

Über die geographische Verbreitung des Eisens und über die
wichtigsten Plätze, wo Eisen gewonnen wird, giebt das zweite Buch
desſelben Werkes eine ausführliche und interessante Zusammenstellung,
die um so wichtiger ist, als darin auch Bemerkungen über die Ver-
wendung des Eisens in einzelnen Gegenden eingestreut werden, die
von technischer Bedeutung sind.

Von den alten und neuen Metallen. 2. Buch.

Es bleibt noch das Eisen übrig, mit dessen Erzen alle Gebirgs-
gegenden angefüllt sind. Die Hügel Britanniens erzeugen es, wie
Strabo schreibt: das diesseitige Spanien, wie das ganze Gebiet der
Pyrenäen, nach Plinius, der ferner berichtet, daſs in dem seewärts

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[34/0054] Georg Agricola. geben. Es wird sich dann zeigen, daſs Agricolas Kenntnisse vom Eisen doch recht umfassend waren und daſs uns über dasſelbe auſser von Vanuccio Biringuccio, nichts Besseres geschrieben worden ist bis zu den Schriften von Reaumur und Swedenborg im vorigen Jahrhundert. Auch in betreff des Eisens blieben die Werke Agri- colas die wichtigste Quelle der Erkenntnis der Gebildeten während der folgenden zwei Jahrhunderte. Über die erste Erfindung des Eisens findet sich im ersten Buche de veteribus et novis metallis folgende sorgfältige Zusammenstellung aus den klassischen Schriften des Altertums: Die Telchinen, welche aus Kreta zuerst nach Cypern und dann nach Rhodus kamen, betrieben sowohl Eisen- als auch Kupferwerke. Aber in Asien haben die Chalyber zuerst das Eisen erfunden: in Kreta wiederum Faunus und die Diktäer, wie Herodot schreibt, jener im Gebirge Dicta, diese im Ida. Eine Eisenwerkstätte erfanden auch die Cyklopen, welche berühmte Erz- und Eisenschmiede waren: die Lötung des Eisens ersann Glaukos von Chios: die Kunst des Gieſsens Theodoros von Samos. Aber Cynira, der Sohn der Agriopa, erfand die Zange, den Hammer, den Rengel und den Amboſs, wie Diodor von Sizilien berichtet. Andere aber lehren, daſs Vulkan die Kunst der Bereitung des Eisens, Erzes, Goldes, Silbers, kurz aller Metalle für den Gebrauch der Menschen, die des Feuers bedürfen, zuerst erfunden und gelehrt habe. Weshalb die Arbeiter in diesen Dingen jenem Gott ihre Gelübde und Opfer darbringen: und das Feuer zur ewigen Erinnerung an die von ihm empfangene Wohlthat mit dem Namen des Vulkan benennen: wie die Soldaten den Krieg Mars, weil er die ersten Waffen bereitet und die ersten Kriege ge- führt habe. Über die geographische Verbreitung des Eisens und über die wichtigsten Plätze, wo Eisen gewonnen wird, giebt das zweite Buch desſelben Werkes eine ausführliche und interessante Zusammenstellung, die um so wichtiger ist, als darin auch Bemerkungen über die Ver- wendung des Eisens in einzelnen Gegenden eingestreut werden, die von technischer Bedeutung sind. Von den alten und neuen Metallen. 2. Buch. Es bleibt noch das Eisen übrig, mit dessen Erzen alle Gebirgs- gegenden angefüllt sind. Die Hügel Britanniens erzeugen es, wie Strabo schreibt: das diesseitige Spanien, wie das ganze Gebiet der Pyrenäen, nach Plinius, der ferner berichtet, daſs in dem seewärts

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/54>, abgerufen am 23.11.2024.