Erze auf ihren Metallgehalt zu untersuchen. Aber die Probierkunst, über die wir bereits gehandelt haben, galt gar nicht als ein Zweig der Alchemie, sondern wurde von dieser von oben herab angesehen. Dagegen wurde ein anderer Zweck für die Chemie, neben dem Gold- machen, massgebend, dies war die Herstellung von Arzneien. Mit der Idee der Transmutation der Metalle, welche ihren Endzweck in der Verwandlung des Stoffes in seine vollkommenste Form, in die des Goldes, sah, war die Idee der Erhaltung und Potenzierung der Kraft, insbesondere der Lebenskraft aufs engste verbunden, das Mittel, beides zu erlangen, war als Endziel aller chemischen Bestrebungen als theoretischer Schluss gegeben in dem Stein der Weisen.
Die Erhaltung der Lebenskraft wurde im 16. Jahrhundert das gemeinschaftliche Ziel der Medizin und der Chemie. Die medizinische Chemie oder Jatrochemie entstand, deren Prophet jenes abenteuer- liche Genie Philipp Theophrast von Hohenheim, gräcisiert Para- celsus, benannt Aureolus Bombastus, wurde. Er bekämpfte die Alchemie, d. h. die Goldmacherkunst, um die Jatrochemie, die lebensverlängernde Chemie, um so mehr anzupreisen. Der Stand der Wissenschaft als solcher wurde hierdurch kein wesentlich höherer, aber ein grosser Segen entstand dadurch, dass die Chemie als Wissenschaft in die Hände gebildeter Männer überging und die Apotheker ge- zwungen wurden, sich chemische Kenntnisse anzueignen. Der Metallurgie stand Paracelsus fern und auf die Hüttenkunde hat seine Lehre keinen Einfluss geübt; dennoch dürfen wir dieselbe des geschichtlichen Zusammenhanges wegen nicht übergehen. Para- celsus stand in seiner Auffassung der Elemente auf demselben Standpunkte wie Basilius Valentinus (siehe Bd. I, S. 972). Schwefel, Quecksilber und Salz sind ihm die Elemente. Schwefel ist das verbrennliche, flüchtige, Quecksilber das feste, unverbrennliche, und Salz das unverändert flüssige. Statt Salz wurde aber in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts schon oft Säure und Lauge ge- setzt, wenn auch ohne klare Definition. Die Ansichten über die Con- stitution der Metalle blieben unverändert. Die Oxydation der Metalle oder die Verkalkung betrachtet Paracelsus als ein Austreten der schwefligen Teile, und da er das schweflige Princip mit der Seele, das Salz mit dem Körper vergleicht, nennt er die Kalke die Leich- name der Metalle, tote Metalle. Die Reduktion heisst deshalb Wieder- beleben, revivifier, ein Ausdruck, der sich bei den Franzosen bis zu Lemerys Zeit erhalten hat. Agricola sagt dagegen einfach, dass die Calcination der Metalle auf der Verjagung der in ihnen ent-
Chemie.
Erze auf ihren Metallgehalt zu untersuchen. Aber die Probierkunst, über die wir bereits gehandelt haben, galt gar nicht als ein Zweig der Alchemie, sondern wurde von dieser von oben herab angesehen. Dagegen wurde ein anderer Zweck für die Chemie, neben dem Gold- machen, maſsgebend, dies war die Herstellung von Arzneien. Mit der Idee der Transmutation der Metalle, welche ihren Endzweck in der Verwandlung des Stoffes in seine vollkommenste Form, in die des Goldes, sah, war die Idee der Erhaltung und Potenzierung der Kraft, insbesondere der Lebenskraft aufs engste verbunden, das Mittel, beides zu erlangen, war als Endziel aller chemischen Bestrebungen als theoretischer Schluſs gegeben in dem Stein der Weisen.
Die Erhaltung der Lebenskraft wurde im 16. Jahrhundert das gemeinschaftliche Ziel der Medizin und der Chemie. Die medizinische Chemie oder Jatrochemie entstand, deren Prophet jenes abenteuer- liche Genie Philipp Theophrast von Hohenheim, gräcisiert Para- celsus, benannt Aureolus Bombastus, wurde. Er bekämpfte die Alchemie, d. h. die Goldmacherkunst, um die Jatrochemie, die lebensverlängernde Chemie, um so mehr anzupreisen. Der Stand der Wissenschaft als solcher wurde hierdurch kein wesentlich höherer, aber ein groſser Segen entstand dadurch, daſs die Chemie als Wissenschaft in die Hände gebildeter Männer überging und die Apotheker ge- zwungen wurden, sich chemische Kenntnisse anzueignen. Der Metallurgie stand Paracelsus fern und auf die Hüttenkunde hat seine Lehre keinen Einfluſs geübt; dennoch dürfen wir dieselbe des geschichtlichen Zusammenhanges wegen nicht übergehen. Para- celsus stand in seiner Auffassung der Elemente auf demselben Standpunkte wie Basilius Valentinus (siehe Bd. I, S. 972). Schwefel, Quecksilber und Salz sind ihm die Elemente. Schwefel ist das verbrennliche, flüchtige, Quecksilber das feste, unverbrennliche, und Salz das unverändert flüssige. Statt Salz wurde aber in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts schon oft Säure und Lauge ge- setzt, wenn auch ohne klare Definition. Die Ansichten über die Con- stitution der Metalle blieben unverändert. Die Oxydation der Metalle oder die Verkalkung betrachtet Paracelsus als ein Austreten der schwefligen Teile, und da er das schweflige Princip mit der Seele, das Salz mit dem Körper vergleicht, nennt er die Kalke die Leich- name der Metalle, tote Metalle. Die Reduktion heiſst deshalb Wieder- beleben, revivifier, ein Ausdruck, der sich bei den Franzosen bis zu Lemerys Zeit erhalten hat. Agricola sagt dagegen einfach, daſs die Calcination der Metalle auf der Verjagung der in ihnen ent-
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Chemie.
Erze auf ihren Metallgehalt zu untersuchen. Aber die Probierkunst,
über die wir bereits gehandelt haben, galt gar nicht als ein Zweig
der Alchemie, sondern wurde von dieser von oben herab angesehen.
Dagegen wurde ein anderer Zweck für die Chemie, neben dem Gold-
machen, maſsgebend, dies war die Herstellung von Arzneien. Mit der
Idee der Transmutation der Metalle, welche ihren Endzweck in der
Verwandlung des Stoffes in seine vollkommenste Form, in die des
Goldes, sah, war die Idee der Erhaltung und Potenzierung der Kraft,
insbesondere der Lebenskraft aufs engste verbunden, das Mittel, beides
zu erlangen, war als Endziel aller chemischen Bestrebungen als
theoretischer Schluſs gegeben in dem Stein der Weisen.
Die Erhaltung der Lebenskraft wurde im 16. Jahrhundert das
gemeinschaftliche Ziel der Medizin und der Chemie. Die medizinische
Chemie oder Jatrochemie entstand, deren Prophet jenes abenteuer-
liche Genie Philipp Theophrast von Hohenheim, gräcisiert Para-
celsus, benannt Aureolus Bombastus, wurde. Er bekämpfte
die Alchemie, d. h. die Goldmacherkunst, um die Jatrochemie, die
lebensverlängernde Chemie, um so mehr anzupreisen. Der Stand der
Wissenschaft als solcher wurde hierdurch kein wesentlich höherer, aber
ein groſser Segen entstand dadurch, daſs die Chemie als Wissenschaft
in die Hände gebildeter Männer überging und die Apotheker ge-
zwungen wurden, sich chemische Kenntnisse anzueignen. Der
Metallurgie stand Paracelsus fern und auf die Hüttenkunde hat
seine Lehre keinen Einfluſs geübt; dennoch dürfen wir dieselbe des
geschichtlichen Zusammenhanges wegen nicht übergehen. Para-
celsus stand in seiner Auffassung der Elemente auf demselben
Standpunkte wie Basilius Valentinus (siehe Bd. I, S. 972).
Schwefel, Quecksilber und Salz sind ihm die Elemente. Schwefel ist
das verbrennliche, flüchtige, Quecksilber das feste, unverbrennliche,
und Salz das unverändert flüssige. Statt Salz wurde aber in der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts schon oft Säure und Lauge ge-
setzt, wenn auch ohne klare Definition. Die Ansichten über die Con-
stitution der Metalle blieben unverändert. Die Oxydation der Metalle
oder die Verkalkung betrachtet Paracelsus als ein Austreten der
schwefligen Teile, und da er das schweflige Princip mit der Seele,
das Salz mit dem Körper vergleicht, nennt er die Kalke die Leich-
name der Metalle, tote Metalle. Die Reduktion heiſst deshalb Wieder-
beleben, revivifier, ein Ausdruck, der sich bei den Franzosen bis zu
Lemerys Zeit erhalten hat. Agricola sagt dagegen einfach, daſs
die Calcination der Metalle auf der Verjagung der in ihnen ent-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/559>, abgerufen am 22.11.2024.
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