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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Der Eisenhandel und die deutsche Hansa.
Mauern und Gräben umschlossen. Sie erhoben Zölle und Abgaben
von den Eisenwaren und hatten meistens Stapelrecht.

Der Eisenhandel der Hansa war von so grosser Bedeutung, dass
er in die Entwickelung der Eisenindustrie unmittelbar eingegriffen
hat und müssen wir bei demselben etwas länger verweilen.

Zuvor aber wollen wir noch einiges über die Form des Handels
mitteilen. Die Beförderung der Waren, welche im Mittelalter
meistens auf Saumtieren geschah, war nicht nur erschwert durch die
schlechten Wege, sondern auch durch die Unsicherheit und die vielen
Zölle. Gegen die Unsicherheit schützte im Mittelalter das "Geleit".
Das Geleit, ursprünglich die Begleitung der Warentransporte durch
Bewaffnete zum Schutze gegen räuberische Angriffe, salvus conductus,
war ein Recht und eine Pflicht, die dem Landesherrn zustand und
wofür die Kaufleute eine Abgabe (pedagium) zu zahlen hatten. Da
es aber der Landesherren in Deutschland ausserordentlich viele gab,
ein jeder aber in seinem Gebiete das Geleitsrecht beanspruchte, so
war das Geleit sehr umständlich und wurde oft zur Plage statt zur
Wohlthat. Es wurde mit der zunehmenden Sicherheit auch gar nicht
mehr oder nur zum Scheine ausgeübt, während die Abgaben dafür
blieben, welche dann die Form eines lästigen Durchgangszolls an-
nahmen. Daneben wurde aber auch noch vielfach Wegezoll, und
zwar nicht nur auf den Landstrassen, sondern auch auf den Flüssen
erhoben. So waren z. B. auf dem Rhein zahlreiche Zollstellen, welche,
abgesehen von der Abgabe, durch den Aufenthalt für die Waren-
beförderung sehr lästig wurden. War nun das Gut endlich an dem
Markt- und Messorte angelangt, so musste es in die dafür bestimmte
Niederlage (depositio) verbracht werden. Es wurde auf einer
städtischen Wage von dem Wagemeister verwogen. Sowohl hierfür,
wie für die Niederlage wurden Abgaben erhoben. An die Niederlage
knüpfte sich das Stapelrecht (jus stabularum), welches nicht nur
darin bestand, dass alle durch den Ort geführten Waren, sondern
auch alle in einem gewissen, oft sehr weit gezogenen Umkreise um
den Ort geführten Waren auf die Niederlage gebracht werden mussten.
Hieran knüpfte sich sodann das Einlagerecht (jus emporii) 1), nach
welchem es den Stadtbewohnern mehr oder weniger ausschliesslich
zustand, die niedergelegten Waren zu kaufen. Dieses Verkaufsrecht
war mitunter auf wenige Tage oder Wochen beschränkt, bald aber
auch so erweitert, dass kein Fremder von einem Fremden in der

1) Siehe F. C. Philippi, Beiträge zur Geschichte und Statistik der deutschen
Messen, S. 19.

Der Eisenhandel und die deutsche Hansa.
Mauern und Gräben umschlossen. Sie erhoben Zölle und Abgaben
von den Eisenwaren und hatten meistens Stapelrecht.

Der Eisenhandel der Hansa war von so groſser Bedeutung, daſs
er in die Entwickelung der Eisenindustrie unmittelbar eingegriffen
hat und müssen wir bei demselben etwas länger verweilen.

Zuvor aber wollen wir noch einiges über die Form des Handels
mitteilen. Die Beförderung der Waren, welche im Mittelalter
meistens auf Saumtieren geschah, war nicht nur erschwert durch die
schlechten Wege, sondern auch durch die Unsicherheit und die vielen
Zölle. Gegen die Unsicherheit schützte im Mittelalter das „Geleit“.
Das Geleit, ursprünglich die Begleitung der Warentransporte durch
Bewaffnete zum Schutze gegen räuberische Angriffe, salvus conductus,
war ein Recht und eine Pflicht, die dem Landesherrn zustand und
wofür die Kaufleute eine Abgabe (pedagium) zu zahlen hatten. Da
es aber der Landesherren in Deutschland auſserordentlich viele gab,
ein jeder aber in seinem Gebiete das Geleitsrecht beanspruchte, so
war das Geleit sehr umständlich und wurde oft zur Plage statt zur
Wohlthat. Es wurde mit der zunehmenden Sicherheit auch gar nicht
mehr oder nur zum Scheine ausgeübt, während die Abgaben dafür
blieben, welche dann die Form eines lästigen Durchgangszolls an-
nahmen. Daneben wurde aber auch noch vielfach Wegezoll, und
zwar nicht nur auf den Landstraſsen, sondern auch auf den Flüssen
erhoben. So waren z. B. auf dem Rhein zahlreiche Zollstellen, welche,
abgesehen von der Abgabe, durch den Aufenthalt für die Waren-
beförderung sehr lästig wurden. War nun das Gut endlich an dem
Markt- und Meſsorte angelangt, so muſste es in die dafür bestimmte
Niederlage (depositio) verbracht werden. Es wurde auf einer
städtischen Wage von dem Wagemeister verwogen. Sowohl hierfür,
wie für die Niederlage wurden Abgaben erhoben. An die Niederlage
knüpfte sich das Stapelrecht (jus stabularum), welches nicht nur
darin bestand, daſs alle durch den Ort geführten Waren, sondern
auch alle in einem gewissen, oft sehr weit gezogenen Umkreise um
den Ort geführten Waren auf die Niederlage gebracht werden muſsten.
Hieran knüpfte sich sodann das Einlagerecht (jus emporii) 1), nach
welchem es den Stadtbewohnern mehr oder weniger ausschlieſslich
zustand, die niedergelegten Waren zu kaufen. Dieses Verkaufsrecht
war mitunter auf wenige Tage oder Wochen beschränkt, bald aber
auch so erweitert, daſs kein Fremder von einem Fremden in der

1) Siehe F. C. Philippi, Beiträge zur Geschichte und Statistik der deutschen
Messen, S. 19.
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[571/0591] Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. Mauern und Gräben umschlossen. Sie erhoben Zölle und Abgaben von den Eisenwaren und hatten meistens Stapelrecht. Der Eisenhandel der Hansa war von so groſser Bedeutung, daſs er in die Entwickelung der Eisenindustrie unmittelbar eingegriffen hat und müssen wir bei demselben etwas länger verweilen. Zuvor aber wollen wir noch einiges über die Form des Handels mitteilen. Die Beförderung der Waren, welche im Mittelalter meistens auf Saumtieren geschah, war nicht nur erschwert durch die schlechten Wege, sondern auch durch die Unsicherheit und die vielen Zölle. Gegen die Unsicherheit schützte im Mittelalter das „Geleit“. Das Geleit, ursprünglich die Begleitung der Warentransporte durch Bewaffnete zum Schutze gegen räuberische Angriffe, salvus conductus, war ein Recht und eine Pflicht, die dem Landesherrn zustand und wofür die Kaufleute eine Abgabe (pedagium) zu zahlen hatten. Da es aber der Landesherren in Deutschland auſserordentlich viele gab, ein jeder aber in seinem Gebiete das Geleitsrecht beanspruchte, so war das Geleit sehr umständlich und wurde oft zur Plage statt zur Wohlthat. Es wurde mit der zunehmenden Sicherheit auch gar nicht mehr oder nur zum Scheine ausgeübt, während die Abgaben dafür blieben, welche dann die Form eines lästigen Durchgangszolls an- nahmen. Daneben wurde aber auch noch vielfach Wegezoll, und zwar nicht nur auf den Landstraſsen, sondern auch auf den Flüssen erhoben. So waren z. B. auf dem Rhein zahlreiche Zollstellen, welche, abgesehen von der Abgabe, durch den Aufenthalt für die Waren- beförderung sehr lästig wurden. War nun das Gut endlich an dem Markt- und Meſsorte angelangt, so muſste es in die dafür bestimmte Niederlage (depositio) verbracht werden. Es wurde auf einer städtischen Wage von dem Wagemeister verwogen. Sowohl hierfür, wie für die Niederlage wurden Abgaben erhoben. An die Niederlage knüpfte sich das Stapelrecht (jus stabularum), welches nicht nur darin bestand, daſs alle durch den Ort geführten Waren, sondern auch alle in einem gewissen, oft sehr weit gezogenen Umkreise um den Ort geführten Waren auf die Niederlage gebracht werden muſsten. Hieran knüpfte sich sodann das Einlagerecht (jus emporii) 1), nach welchem es den Stadtbewohnern mehr oder weniger ausschlieſslich zustand, die niedergelegten Waren zu kaufen. Dieses Verkaufsrecht war mitunter auf wenige Tage oder Wochen beschränkt, bald aber auch so erweitert, daſs kein Fremder von einem Fremden in der 1) Siehe F. C. Philippi, Beiträge zur Geschichte und Statistik der deutschen Messen, S. 19.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/591>, abgerufen am 22.11.2024.