Am leichtflüssigsten sind die reinen Braunerze. Reiner Pflinz ist für sich weit schwerschmelziger und man war nicht im stande, ihn in ungeröstetem Zustande für sich zu verhütten. Die Mischung von 2/3 Blauerz und 1/3 Pflinz galt als die beste, doch ist dies nur be- dingt richtig, weil die Braunerze unter sich verschieden sind. Es giebt deren, die schwerschmelziger sind als Pflinz.
Zu den glücklichen geognostischen Verhältnissen kommt seine günstige Lage bezüglich der Abfuhr, denn der Erzberg liegt nahe der Wasserscheide der wasserreichen Flüsse Enns und Mur und hat dadurch natürliche Abfuhrwege nach Norden und Süden. Von öster- reichischem und deutschem Standpunkte aus betrachtete man jene als sich zugewendete "in dem Berg" und diese als abgewendete "vor dem Berg" und so bildete sich der alte Besitz-, Handels- und Gewerbs- begriff von "Innerberger" und "Vordernberger" Eisen (Bd. 1, S. 752).
Die Lage des Erzberges1) in einer der höheren Gegenden Ober- steiermarks nahe der österreichischen Grenze, an deren nördlicher Seite die Enns, südlich die Mur fliesst, veranlasste alle Abfuhr des vorderen Abhanges südwärts nach Steiermark, von der inneren Seite nordwärts nach Österreich. Für jeden Teil gab es besondere Schmelz- öfen, Hammerwerke, Stapelplätze, Verschleissgewichte u. s. w. und danach gab es zwei Arten von Gewerken, die innerberger und die vordernberger Gewerken. Dadurch, dass der Erzberg in alter Zeit ge- teilt war und eine politische Grenze bildete und dass die verschie- denen Landesherrschaften sich häufig befehdeten, entstanden viele unnütze Schwierigkeiten. Anderseits suchten verständige Fürsten, die im Besitz des reichen Erzsegens des Erzberges waren, diesen zu schützen und zu fördern.
Herzog Wilhelm von Steiermark liess die wichtige Eisenstadt Leoben mit Mauern umgeben und bestimmte im Jahre 1377, dass von allen fremden Salz- und Eisenfuhren eine Abgabe für diesen Zweck erhoben werden solle.
Ein grosser Förderer der steirischen Eisenindustrie war Herzog Ernst, den auch die Geschichte "den Eisernen" nennt. Zum Schutz des einheimischen Eisenhandels erschwerte er die Eiseneinfuhr aus dem Stift Salzburg. "Am 19. November 1422 erliess er ein allgemeines Verbot, Eisen von Gemünd und Altenhofen in Steiermark einzuführen,
1) Siehe Versuch einer Beschreibung der vorzüglichsten Berg- und Hütten- werke des Herzogtums Steiermark von V. Ignatz Ritter von Pantz und A. Jos. Atzl, Wien 1814.
Steiermark.
Am leichtflüssigsten sind die reinen Braunerze. Reiner Pflinz ist für sich weit schwerschmelziger und man war nicht im stande, ihn in ungeröstetem Zustande für sich zu verhütten. Die Mischung von ⅔ Blauerz und ⅓ Pflinz galt als die beste, doch ist dies nur be- dingt richtig, weil die Braunerze unter sich verschieden sind. Es giebt deren, die schwerschmelziger sind als Pflinz.
Zu den glücklichen geognostischen Verhältnissen kommt seine günstige Lage bezüglich der Abfuhr, denn der Erzberg liegt nahe der Wasserscheide der wasserreichen Flüsse Enns und Mur und hat dadurch natürliche Abfuhrwege nach Norden und Süden. Von öster- reichischem und deutschem Standpunkte aus betrachtete man jene als sich zugewendete „in dem Berg“ und diese als abgewendete „vor dem Berg“ und so bildete sich der alte Besitz-, Handels- und Gewerbs- begriff von „Innerberger“ und „Vordernberger“ Eisen (Bd. 1, S. 752).
Die Lage des Erzberges1) in einer der höheren Gegenden Ober- steiermarks nahe der österreichischen Grenze, an deren nördlicher Seite die Enns, südlich die Mur flieſst, veranlaſste alle Abfuhr des vorderen Abhanges südwärts nach Steiermark, von der inneren Seite nordwärts nach Österreich. Für jeden Teil gab es besondere Schmelz- öfen, Hammerwerke, Stapelplätze, Verschleiſsgewichte u. s. w. und danach gab es zwei Arten von Gewerken, die innerberger und die vordernberger Gewerken. Dadurch, daſs der Erzberg in alter Zeit ge- teilt war und eine politische Grenze bildete und daſs die verschie- denen Landesherrschaften sich häufig befehdeten, entstanden viele unnütze Schwierigkeiten. Anderseits suchten verständige Fürsten, die im Besitz des reichen Erzsegens des Erzberges waren, diesen zu schützen und zu fördern.
Herzog Wilhelm von Steiermark lieſs die wichtige Eisenstadt Leoben mit Mauern umgeben und bestimmte im Jahre 1377, daſs von allen fremden Salz- und Eisenfuhren eine Abgabe für diesen Zweck erhoben werden solle.
Ein groſser Förderer der steirischen Eisenindustrie war Herzog Ernst, den auch die Geschichte „den Eisernen“ nennt. Zum Schutz des einheimischen Eisenhandels erschwerte er die Eiseneinfuhr aus dem Stift Salzburg. „Am 19. November 1422 erlieſs er ein allgemeines Verbot, Eisen von Gemünd und Altenhofen in Steiermark einzuführen,
1) Siehe Versuch einer Beschreibung der vorzüglichsten Berg- und Hütten- werke des Herzogtums Steiermark von V. Ignatz Ritter von Pantz und A. Jos. Atzl, Wien 1814.
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Steiermark.
Am leichtflüssigsten sind die reinen Braunerze. Reiner Pflinz ist
für sich weit schwerschmelziger und man war nicht im stande, ihn
in ungeröstetem Zustande für sich zu verhütten. Die Mischung von
⅔ Blauerz und ⅓ Pflinz galt als die beste, doch ist dies nur be-
dingt richtig, weil die Braunerze unter sich verschieden sind. Es
giebt deren, die schwerschmelziger sind als Pflinz.
Zu den glücklichen geognostischen Verhältnissen kommt seine
günstige Lage bezüglich der Abfuhr, denn der Erzberg liegt nahe
der Wasserscheide der wasserreichen Flüsse Enns und Mur und hat
dadurch natürliche Abfuhrwege nach Norden und Süden. Von öster-
reichischem und deutschem Standpunkte aus betrachtete man jene als
sich zugewendete „in dem Berg“ und diese als abgewendete „vor dem
Berg“ und so bildete sich der alte Besitz-, Handels- und Gewerbs-
begriff von „Innerberger“ und „Vordernberger“ Eisen (Bd. 1,
S. 752).
Die Lage des Erzberges 1) in einer der höheren Gegenden Ober-
steiermarks nahe der österreichischen Grenze, an deren nördlicher
Seite die Enns, südlich die Mur flieſst, veranlaſste alle Abfuhr des
vorderen Abhanges südwärts nach Steiermark, von der inneren Seite
nordwärts nach Österreich. Für jeden Teil gab es besondere Schmelz-
öfen, Hammerwerke, Stapelplätze, Verschleiſsgewichte u. s. w. und
danach gab es zwei Arten von Gewerken, die innerberger und die
vordernberger Gewerken. Dadurch, daſs der Erzberg in alter Zeit ge-
teilt war und eine politische Grenze bildete und daſs die verschie-
denen Landesherrschaften sich häufig befehdeten, entstanden viele
unnütze Schwierigkeiten. Anderseits suchten verständige Fürsten,
die im Besitz des reichen Erzsegens des Erzberges waren, diesen zu
schützen und zu fördern.
Herzog Wilhelm von Steiermark lieſs die wichtige Eisenstadt
Leoben mit Mauern umgeben und bestimmte im Jahre 1377, daſs
von allen fremden Salz- und Eisenfuhren eine Abgabe für diesen
Zweck erhoben werden solle.
Ein groſser Förderer der steirischen Eisenindustrie war Herzog
Ernst, den auch die Geschichte „den Eisernen“ nennt. Zum Schutz
des einheimischen Eisenhandels erschwerte er die Eiseneinfuhr aus
dem Stift Salzburg. „Am 19. November 1422 erlieſs er ein allgemeines
Verbot, Eisen von Gemünd und Altenhofen in Steiermark einzuführen,
1) Siehe Versuch einer Beschreibung der vorzüglichsten Berg- und Hütten-
werke des Herzogtums Steiermark von V. Ignatz Ritter von Pantz und
A. Jos. Atzl, Wien 1814.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/620>, abgerufen am 22.11.2024.
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