Wir haben schon zuvor erwähnt, dass in den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts die Verhältnisse der siegenschen Eisenindustrie sich ungünstig gestaltet hatten. Waren 1563 noch 32 Hütten im Betriebe, so standen 1567 nur 25 in Umgang, welche nach der An- gabe der Massenbläser jährlich 1200 Wagen Roheisen, die Produktion jeder Hütte auf 48 Wagen gesetzt, liefern und wobei ungefähr noch 100 Wagen an Wascheisen fallen, so dass der ganze jährliche Ertrag des Roheisens überhaupt auf 1300 Wagen = 1460000 kg kommen sollte.
Gusswaren ("das Gusswerk") verkaufte man in diesen Jahren für 40 Räder-Gulden den Wagen oder 86,66 Mark die Tonne und sieben Hütten gaben sich mit dessen Verfertigung meistens ab, und bliesen nur weniges Roheisen. Unter den Gusswaren spielten Öfen und Ofenplatten die Hauptrolle, die schon 1505 erwähnt werden. Unter Johann V. kostete 1 Centner gegossene Platten 22 Weiss- pfennige. Die Ofenplatten hatten guten Absatz nach Brabant. Auch Munition wurde auf den siegenschen Hütten viel gegossen. 1535 liess Graf Wilhelm 200 Centner Kugeln auf einmal giessen. In den Jahren 1563 und 1564 bestellte Herzog Johann Wilhelm von Sachsen wiederholt gusseiserne Öfen in Siegen 1).
Eisenhämmer waren 16 vorhanden. Die Gusswaren hatten die Massenbläser in den oben angegebenen Roheisenbetrag mit ein- gerechnet. Dieses deckten die Hammerschmiede auf, als sich die Massenbläser über die Einfuhr fremden Roheisens beschwerten.
Im Jahre 1569 reduzierten die Massenbläser die jährlich auf 22 Hütten zu erblasende Roheisenmenge auf 700 Wagen. Die Hütte unterm Hain war 60 Tage oder 10 Hüttenwochen zu 6 Tagen ge- rechnet zu Hütten privilegiert und lieferte in dieser Reise 30 Wagen Roheisen und ebensoviel Gusswaren (also 1200 kg per Tag). Die zwei Hütten zu Marienborn durften 14 Wochen gehen und bliesen die Hälfte der Reise 50 Wagen Roheisen und die andern machten sie Gusswerk, und so lieferten die übrigen Hütten nach Verhältnis der Reisen und der Zeit, die sie auf Roheisenblasen verwandten, 48, 40, 30, 24 und 20 Wagen Roheisen.
Allein die Hammerschmiede widersprachen dieser neuen Aufstellung und gaben in ihren Einreden nicht zu, dass die Hütten nur 700 Wagen Roheisen ausbrächten. Denn z. B. die Hainer Hütte brächte es nur auf 50 Wagen Eisen, wovon die Hälfte in Gusswerk bestehe und die Marien-
1) Akten darüber im Staatsarchiv in Münster.
Nassau.
Wir haben schon zuvor erwähnt, daſs in den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts die Verhältnisse der siegenschen Eisenindustrie sich ungünstig gestaltet hatten. Waren 1563 noch 32 Hütten im Betriebe, so standen 1567 nur 25 in Umgang, welche nach der An- gabe der Massenbläser jährlich 1200 Wagen Roheisen, die Produktion jeder Hütte auf 48 Wagen gesetzt, liefern und wobei ungefähr noch 100 Wagen an Wascheisen fallen, so daſs der ganze jährliche Ertrag des Roheisens überhaupt auf 1300 Wagen = 1460000 kg kommen sollte.
Guſswaren („das Guſswerk“) verkaufte man in diesen Jahren für 40 Räder-Gulden den Wagen oder 86,66 Mark die Tonne und sieben Hütten gaben sich mit dessen Verfertigung meistens ab, und bliesen nur weniges Roheisen. Unter den Guſswaren spielten Öfen und Ofenplatten die Hauptrolle, die schon 1505 erwähnt werden. Unter Johann V. kostete 1 Centner gegossene Platten 22 Weiſs- pfennige. Die Ofenplatten hatten guten Absatz nach Brabant. Auch Munition wurde auf den siegenschen Hütten viel gegossen. 1535 lieſs Graf Wilhelm 200 Centner Kugeln auf einmal gieſsen. In den Jahren 1563 und 1564 bestellte Herzog Johann Wilhelm von Sachsen wiederholt guſseiserne Öfen in Siegen 1).
Eisenhämmer waren 16 vorhanden. Die Guſswaren hatten die Massenbläser in den oben angegebenen Roheisenbetrag mit ein- gerechnet. Dieses deckten die Hammerschmiede auf, als sich die Massenbläser über die Einfuhr fremden Roheisens beschwerten.
Im Jahre 1569 reduzierten die Massenbläser die jährlich auf 22 Hütten zu erblasende Roheisenmenge auf 700 Wagen. Die Hütte unterm Hain war 60 Tage oder 10 Hüttenwochen zu 6 Tagen ge- rechnet zu Hütten privilegiert und lieferte in dieser Reise 30 Wagen Roheisen und ebensoviel Guſswaren (also 1200 kg per Tag). Die zwei Hütten zu Marienborn durften 14 Wochen gehen und bliesen die Hälfte der Reise 50 Wagen Roheisen und die andern machten sie Guſswerk, und so lieferten die übrigen Hütten nach Verhältnis der Reisen und der Zeit, die sie auf Roheisenblasen verwandten, 48, 40, 30, 24 und 20 Wagen Roheisen.
Allein die Hammerschmiede widersprachen dieser neuen Aufstellung und gaben in ihren Einreden nicht zu, daſs die Hütten nur 700 Wagen Roheisen ausbrächten. Denn z. B. die Hainer Hütte brächte es nur auf 50 Wagen Eisen, wovon die Hälfte in Guſswerk bestehe und die Marien-
1) Akten darüber im Staatsarchiv in Münster.
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Nassau.
Wir haben schon zuvor erwähnt, daſs in den sechziger Jahren
des 16. Jahrhunderts die Verhältnisse der siegenschen Eisenindustrie
sich ungünstig gestaltet hatten. Waren 1563 noch 32 Hütten im
Betriebe, so standen 1567 nur 25 in Umgang, welche nach der An-
gabe der Massenbläser jährlich 1200 Wagen Roheisen, die Produktion
jeder Hütte auf 48 Wagen gesetzt, liefern und wobei ungefähr noch
100 Wagen an Wascheisen fallen, so daſs der ganze jährliche Ertrag
des Roheisens überhaupt auf 1300 Wagen = 1460000 kg kommen
sollte.
Guſswaren („das Guſswerk“) verkaufte man in diesen Jahren
für 40 Räder-Gulden den Wagen oder 86,66 Mark die Tonne und
sieben Hütten gaben sich mit dessen Verfertigung meistens ab, und
bliesen nur weniges Roheisen. Unter den Guſswaren spielten Öfen
und Ofenplatten die Hauptrolle, die schon 1505 erwähnt werden.
Unter Johann V. kostete 1 Centner gegossene Platten 22 Weiſs-
pfennige. Die Ofenplatten hatten guten Absatz nach Brabant. Auch
Munition wurde auf den siegenschen Hütten viel gegossen. 1535
lieſs Graf Wilhelm 200 Centner Kugeln auf einmal gieſsen. In den
Jahren 1563 und 1564 bestellte Herzog Johann Wilhelm von Sachsen
wiederholt guſseiserne Öfen in Siegen 1).
Eisenhämmer waren 16 vorhanden. Die Guſswaren hatten die
Massenbläser in den oben angegebenen Roheisenbetrag mit ein-
gerechnet. Dieses deckten die Hammerschmiede auf, als sich die
Massenbläser über die Einfuhr fremden Roheisens beschwerten.
Im Jahre 1569 reduzierten die Massenbläser die jährlich auf
22 Hütten zu erblasende Roheisenmenge auf 700 Wagen. Die Hütte
unterm Hain war 60 Tage oder 10 Hüttenwochen zu 6 Tagen ge-
rechnet zu Hütten privilegiert und lieferte in dieser Reise 30 Wagen
Roheisen und ebensoviel Guſswaren (also 1200 kg per Tag). Die
zwei Hütten zu Marienborn durften 14 Wochen gehen und bliesen
die Hälfte der Reise 50 Wagen Roheisen und die andern machten sie
Guſswerk, und so lieferten die übrigen Hütten nach Verhältnis der
Reisen und der Zeit, die sie auf Roheisenblasen verwandten, 48, 40,
30, 24 und 20 Wagen Roheisen.
Allein die Hammerschmiede widersprachen dieser neuen Aufstellung
und gaben in ihren Einreden nicht zu, daſs die Hütten nur 700 Wagen
Roheisen ausbrächten. Denn z. B. die Hainer Hütte brächte es nur auf
50 Wagen Eisen, wovon die Hälfte in Guſswerk bestehe und die Marien-
1) Akten darüber im Staatsarchiv in Münster.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 731. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/751>, abgerufen am 22.11.2024.
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