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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert.

Der denkende Leser wird hier einwenden, dass, da der Dampf die Ur-
sache der Bewegung und Kraft ist, Dampf aber nur verflüchtigtes Wasser
ist, der Kessel L nach einiger Zeit leer werden wird und man dann die
Maschine still stellen und den Kessel wieder füllen muss, will man nicht
Gefahr laufen, dass der Boden des Kessels durchbrennt.

Dies beantwortet sich von selbst, wenn man den Nutzen des kleinen
Kessels D ins Auge fasst. Sobald der Kesselwärter es für angemessen hält,
den grossen Kessel wieder zu füllen (es dauert 11/2 bis 2 Stunden, bis das
Wasser einen Fuss gesunken ist), so dreht er den Hahn E des kleinen
Kessels und schliesst dadurch jede Verbindung mit dem grossen Druck-
rohr G und dem kleinen Kessel D ab; dieser wird rasch erhitzt, indem
man ein wenig Feuer in B2 einlegt, das Wasser kocht und bald erlangt
sein Dampf eine grössere Spannung als der in dem grossen Kessel. Denn
da der Druck in dem grossen Kessel fortwährend sich verringert, während
der andere wächst oder sich steigert, so dauert es nicht lange, dass der
Druck in D den in L übertrifft; dadurch wird das Wasser in D durch
seinen eigenen Dampf gepresst und muss notwendig durch das Steigrohr H
in die Höhe gehen, und indem es das Ventil I öffnet, gelangt es durch das
Rohr K nach L und läuft so lange aus, bis der Wasserstand in D die
untere Mündung des Rohres H erreicht hat. Alsdann tritt Dampf mit
Wasser ein und das hierdurch entstehende Geräusch giebt ein deutliches
Zeichen, dass D bis auf acht Zoll vom Boden entleert ist und seinen Inhalt
bis auf acht Zoll vom Boden nach L entleert hat. Und insofern vom Hals
von D bis zur Mündung der Röhre H soviel Wasser sich befindet, um den
Wasserstand in L um einen Fuss zu erhöhen, so ist man sicher, den
Kessel L um einen Fuss gefüllt zu haben. Alsdann öffnet man den Hahn E
und füllt D sofort wieder, in regelmässigem Wechsel ohne Störung oder Ge-
fahr. Will man zu beliebiger Zeit sich überzeugen, ob der Kessel L mehr
als auf halbe Höhe entleert ist, so dreht man den kleinen Hahn N, aus
welchem alsdann Wasser ausströmen wird, wenn dessen Oberfläche noch
über der Mündung des Rohres, welches bis in die halbe Höhe des Kessels
niedergeht, steht; wenn nicht, so wird Dampf ausströmen. In gleicher
Weise zeigt der Hahn G, ob man mehr oder weniger als sechs Zoll Wasser
in dem Kessel D hat und so kann nur dumme oder böswillige Nachlässig-
keit eine Schädigung der Maschine herbeiführen. Und wenn der Meister
seinem Knecht nicht traut, kann er sich durch diese Sicherheitshähne (gauge
pipes) leicht überzeugen; denn kommt er zur Arbeit und findet den Wasser-
stand C in dem Kessel L unter der Mündung des Sicherheitsrohres N, oder
das Wasser in D unter der Mündung von G, so ist der Knecht strafbar,
obgleich vor drei Stunden eine Schädigung und Entleerung des Kessels noch
nicht eintreten würde; die Ventile aber werden bei allen hydraulischen
Apparaten um so besser, je länger sie in Gebrauch sind. Alle übrigen
Teile der Maschine sind aber von gleicher Güte, und da der Ofen aus
Stourbridge- oder Windsorbacksteinen oder aus feuerfesten Steinen gemacht
ist, so sehe ich nicht ein, wie die Maschine vor Jahren leiden kann; denn
die Ventile, Hülsen, Krümmer, Regulator und die Hähne sind alle von
Messing, und die Gefässe sind alle aus dem besten getriebenen Kupfer und

Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert.

Der denkende Leser wird hier einwenden, daſs, da der Dampf die Ur-
sache der Bewegung und Kraft ist, Dampf aber nur verflüchtigtes Wasser
ist, der Kessel L nach einiger Zeit leer werden wird und man dann die
Maschine still stellen und den Kessel wieder füllen muſs, will man nicht
Gefahr laufen, daſs der Boden des Kessels durchbrennt.

Dies beantwortet sich von selbst, wenn man den Nutzen des kleinen
Kessels D ins Auge faſst. Sobald der Kesselwärter es für angemessen hält,
den groſsen Kessel wieder zu füllen (es dauert 1½ bis 2 Stunden, bis das
Wasser einen Fuſs gesunken ist), so dreht er den Hahn E des kleinen
Kessels und schlieſst dadurch jede Verbindung mit dem groſsen Druck-
rohr G und dem kleinen Kessel D ab; dieser wird rasch erhitzt, indem
man ein wenig Feuer in B2 einlegt, das Wasser kocht und bald erlangt
sein Dampf eine gröſsere Spannung als der in dem groſsen Kessel. Denn
da der Druck in dem groſsen Kessel fortwährend sich verringert, während
der andere wächst oder sich steigert, so dauert es nicht lange, daſs der
Druck in D den in L übertrifft; dadurch wird das Wasser in D durch
seinen eigenen Dampf gepreſst und muſs notwendig durch das Steigrohr H
in die Höhe gehen, und indem es das Ventil I öffnet, gelangt es durch das
Rohr K nach L und läuft so lange aus, bis der Wasserstand in D die
untere Mündung des Rohres H erreicht hat. Alsdann tritt Dampf mit
Wasser ein und das hierdurch entstehende Geräusch giebt ein deutliches
Zeichen, daſs D bis auf acht Zoll vom Boden entleert ist und seinen Inhalt
bis auf acht Zoll vom Boden nach L entleert hat. Und insofern vom Hals
von D bis zur Mündung der Röhre H soviel Wasser sich befindet, um den
Wasserstand in L um einen Fuſs zu erhöhen, so ist man sicher, den
Kessel L um einen Fuſs gefüllt zu haben. Alsdann öffnet man den Hahn E
und füllt D sofort wieder, in regelmäſsigem Wechsel ohne Störung oder Ge-
fahr. Will man zu beliebiger Zeit sich überzeugen, ob der Kessel L mehr
als auf halbe Höhe entleert ist, so dreht man den kleinen Hahn N, aus
welchem alsdann Wasser ausströmen wird, wenn dessen Oberfläche noch
über der Mündung des Rohres, welches bis in die halbe Höhe des Kessels
niedergeht, steht; wenn nicht, so wird Dampf ausströmen. In gleicher
Weise zeigt der Hahn G, ob man mehr oder weniger als sechs Zoll Wasser
in dem Kessel D hat und so kann nur dumme oder böswillige Nachlässig-
keit eine Schädigung der Maschine herbeiführen. Und wenn der Meister
seinem Knecht nicht traut, kann er sich durch diese Sicherheitshähne (gauge
pipes) leicht überzeugen; denn kommt er zur Arbeit und findet den Wasser-
stand C in dem Kessel L unter der Mündung des Sicherheitsrohres N, oder
das Wasser in D unter der Mündung von G, so ist der Knecht strafbar,
obgleich vor drei Stunden eine Schädigung und Entleerung des Kessels noch
nicht eintreten würde; die Ventile aber werden bei allen hydraulischen
Apparaten um so besser, je länger sie in Gebrauch sind. Alle übrigen
Teile der Maschine sind aber von gleicher Güte, und da der Ofen aus
Stourbridge- oder Windsorbacksteinen oder aus feuerfesten Steinen gemacht
ist, so sehe ich nicht ein, wie die Maschine vor Jahren leiden kann; denn
die Ventile, Hülsen, Krümmer, Regulator und die Hähne sind alle von
Messing, und die Gefäſse sind alle aus dem besten getriebenen Kupfer und

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[934/0956] Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. Der denkende Leser wird hier einwenden, daſs, da der Dampf die Ur- sache der Bewegung und Kraft ist, Dampf aber nur verflüchtigtes Wasser ist, der Kessel L nach einiger Zeit leer werden wird und man dann die Maschine still stellen und den Kessel wieder füllen muſs, will man nicht Gefahr laufen, daſs der Boden des Kessels durchbrennt. Dies beantwortet sich von selbst, wenn man den Nutzen des kleinen Kessels D ins Auge faſst. Sobald der Kesselwärter es für angemessen hält, den groſsen Kessel wieder zu füllen (es dauert 1½ bis 2 Stunden, bis das Wasser einen Fuſs gesunken ist), so dreht er den Hahn E des kleinen Kessels und schlieſst dadurch jede Verbindung mit dem groſsen Druck- rohr G und dem kleinen Kessel D ab; dieser wird rasch erhitzt, indem man ein wenig Feuer in B2 einlegt, das Wasser kocht und bald erlangt sein Dampf eine gröſsere Spannung als der in dem groſsen Kessel. Denn da der Druck in dem groſsen Kessel fortwährend sich verringert, während der andere wächst oder sich steigert, so dauert es nicht lange, daſs der Druck in D den in L übertrifft; dadurch wird das Wasser in D durch seinen eigenen Dampf gepreſst und muſs notwendig durch das Steigrohr H in die Höhe gehen, und indem es das Ventil I öffnet, gelangt es durch das Rohr K nach L und läuft so lange aus, bis der Wasserstand in D die untere Mündung des Rohres H erreicht hat. Alsdann tritt Dampf mit Wasser ein und das hierdurch entstehende Geräusch giebt ein deutliches Zeichen, daſs D bis auf acht Zoll vom Boden entleert ist und seinen Inhalt bis auf acht Zoll vom Boden nach L entleert hat. Und insofern vom Hals von D bis zur Mündung der Röhre H soviel Wasser sich befindet, um den Wasserstand in L um einen Fuſs zu erhöhen, so ist man sicher, den Kessel L um einen Fuſs gefüllt zu haben. Alsdann öffnet man den Hahn E und füllt D sofort wieder, in regelmäſsigem Wechsel ohne Störung oder Ge- fahr. Will man zu beliebiger Zeit sich überzeugen, ob der Kessel L mehr als auf halbe Höhe entleert ist, so dreht man den kleinen Hahn N, aus welchem alsdann Wasser ausströmen wird, wenn dessen Oberfläche noch über der Mündung des Rohres, welches bis in die halbe Höhe des Kessels niedergeht, steht; wenn nicht, so wird Dampf ausströmen. In gleicher Weise zeigt der Hahn G, ob man mehr oder weniger als sechs Zoll Wasser in dem Kessel D hat und so kann nur dumme oder böswillige Nachlässig- keit eine Schädigung der Maschine herbeiführen. Und wenn der Meister seinem Knecht nicht traut, kann er sich durch diese Sicherheitshähne (gauge pipes) leicht überzeugen; denn kommt er zur Arbeit und findet den Wasser- stand C in dem Kessel L unter der Mündung des Sicherheitsrohres N, oder das Wasser in D unter der Mündung von G, so ist der Knecht strafbar, obgleich vor drei Stunden eine Schädigung und Entleerung des Kessels noch nicht eintreten würde; die Ventile aber werden bei allen hydraulischen Apparaten um so besser, je länger sie in Gebrauch sind. Alle übrigen Teile der Maschine sind aber von gleicher Güte, und da der Ofen aus Stourbridge- oder Windsorbacksteinen oder aus feuerfesten Steinen gemacht ist, so sehe ich nicht ein, wie die Maschine vor Jahren leiden kann; denn die Ventile, Hülsen, Krümmer, Regulator und die Hähne sind alle von Messing, und die Gefäſse sind alle aus dem besten getriebenen Kupfer und

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 934. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/956>, abgerufen am 22.11.2024.