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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Westfalen und die Rheinlande.

Sämtliche Eisenwerke des Saargebietes gingen durch die fran-
zösische Occupation im Jahre 1793 in Besitz der französischen Repu-
blik über, die indes zunächst die abgeschlossenen Pachtverträge
bestehen liess, so dass sich an den Verhältnissen anfänglich nichts
änderte.

Zur Zeit der französischen Herrschaft (1793 bis 1814) standen
die Eisenhütten des Saargebietes fast anhaltend in lebhaftem Be-
triebe, indem einerseits die Beschaffung des Kriegsmaterials für die
französischen Armeen ihnen zeitweise reichliche Beschäftigung gab,
anderenteils durch den engeren Anschluss an Frankreich sich der
Absatz ihrer Produkte wesentlich erweitert und verbessert hatte. Die
landesherrlichen Hütten des Fürstentums Nassau-Saarbrücken und
der Grafschaft Blieskastel wurden zunächst den bisherigen Pächtern
belassen, dann aber 1797 der Gesellschaft Equer in Paris, welche
1797 die Steinkohlengruben in Pacht genommen hatte, für 13500 Fr.
jährlich in Zeitpacht gegeben. Später aber wurden die einzelnen
Werke nach und nach veräussert. Die Fabrikation von Sensen,
Sicheln, Sägen und Kleineisenzeug auf der Dillinger Hütte nahm
einen grossen Umfang an; 1799 liess man 20 Arbeiter aus dem Ber-
gischen dafür kommen.

Über den Stand der Saarbrücker und der benachbarten Eisen-
werke zur Zeit der französischen Herrschaft um 1800 ergiebt sich
aus Eversmanns 1) Mitteilungen folgendes:

Die Eisenhütte zu Neunkirchen an der Brims im ehemals
Trierischen Amte Sarburg hatte 2 Hochöfen, 2 Stabhämmer mit
4 Feuern und 1 Reckhammer. Das Werk gehörte der französischen
Regierung und war an Equer & Comp. verpachtet. Wöchentlich
wurden 9000 bis 10000 kg Masseleisen und Gusswaren erblasen. Die
Frischfeuer gingen nach der Kleinfrischmethode. -- Die Halberger
Hütte, 1 Stunde von Saarbrücken, hatte 4 Frischfeuer, 1 Schneide-
werk und 1 Reckhammer. Letzterer lieferte wöchentlich an 4000 kg
schön geschmiedetes Eisen. Das Roheisen kam von der Fischbacher
Hütte, welche Thoneisensteine verschmolz. -- Das Geislauterer Werk
war ebenfalls, wie das vorige, von der Regierung an Equer in
Paris verpachtet. Es bestand aus 1 Hochofen, 3 Frischfeuern,
1 Weissblechhammer, 1 Verzinnerei und 1 Sturzhammer. Aus thonigem
Eisenstein, der geröstet wurde, blies man wöchentlich 10000 kg

1) Siehe Eversmann, Eisen- und Stahlerzeugung zwischen Lahn und Lippe.
1804. S. 412.
Westfalen und die Rheinlande.

Sämtliche Eisenwerke des Saargebietes gingen durch die fran-
zösische Occupation im Jahre 1793 in Besitz der französischen Repu-
blik über, die indes zunächst die abgeschlossenen Pachtverträge
bestehen lieſs, so daſs sich an den Verhältnissen anfänglich nichts
änderte.

Zur Zeit der französischen Herrschaft (1793 bis 1814) standen
die Eisenhütten des Saargebietes fast anhaltend in lebhaftem Be-
triebe, indem einerseits die Beschaffung des Kriegsmaterials für die
französischen Armeen ihnen zeitweise reichliche Beschäftigung gab,
anderenteils durch den engeren Anschluſs an Frankreich sich der
Absatz ihrer Produkte wesentlich erweitert und verbessert hatte. Die
landesherrlichen Hütten des Fürstentums Nassau-Saarbrücken und
der Grafschaft Blieskastel wurden zunächst den bisherigen Pächtern
belassen, dann aber 1797 der Gesellschaft Equer in Paris, welche
1797 die Steinkohlengruben in Pacht genommen hatte, für 13500 Fr.
jährlich in Zeitpacht gegeben. Später aber wurden die einzelnen
Werke nach und nach veräuſsert. Die Fabrikation von Sensen,
Sicheln, Sägen und Kleineisenzeug auf der Dillinger Hütte nahm
einen groſsen Umfang an; 1799 lieſs man 20 Arbeiter aus dem Ber-
gischen dafür kommen.

Über den Stand der Saarbrücker und der benachbarten Eisen-
werke zur Zeit der französischen Herrschaft um 1800 ergiebt sich
aus Eversmanns 1) Mitteilungen folgendes:

Die Eisenhütte zu Neunkirchen an der Brims im ehemals
Trierischen Amte Sarburg hatte 2 Hochöfen, 2 Stabhämmer mit
4 Feuern und 1 Reckhammer. Das Werk gehörte der französischen
Regierung und war an Equer & Comp. verpachtet. Wöchentlich
wurden 9000 bis 10000 kg Masseleisen und Guſswaren erblasen. Die
Frischfeuer gingen nach der Kleinfrischmethode. — Die Halberger
Hütte, 1 Stunde von Saarbrücken, hatte 4 Frischfeuer, 1 Schneide-
werk und 1 Reckhammer. Letzterer lieferte wöchentlich an 4000 kg
schön geschmiedetes Eisen. Das Roheisen kam von der Fischbacher
Hütte, welche Thoneisensteine verschmolz. — Das Geislauterer Werk
war ebenfalls, wie das vorige, von der Regierung an Equer in
Paris verpachtet. Es bestand aus 1 Hochofen, 3 Frischfeuern,
1 Weiſsblechhammer, 1 Verzinnerei und 1 Sturzhammer. Aus thonigem
Eisenstein, der geröstet wurde, blies man wöchentlich 10000 kg

1) Siehe Eversmann, Eisen- und Stahlerzeugung zwischen Lahn und Lippe.
1804. S. 412.
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[989/1003] Westfalen und die Rheinlande. Sämtliche Eisenwerke des Saargebietes gingen durch die fran- zösische Occupation im Jahre 1793 in Besitz der französischen Repu- blik über, die indes zunächst die abgeschlossenen Pachtverträge bestehen lieſs, so daſs sich an den Verhältnissen anfänglich nichts änderte. Zur Zeit der französischen Herrschaft (1793 bis 1814) standen die Eisenhütten des Saargebietes fast anhaltend in lebhaftem Be- triebe, indem einerseits die Beschaffung des Kriegsmaterials für die französischen Armeen ihnen zeitweise reichliche Beschäftigung gab, anderenteils durch den engeren Anschluſs an Frankreich sich der Absatz ihrer Produkte wesentlich erweitert und verbessert hatte. Die landesherrlichen Hütten des Fürstentums Nassau-Saarbrücken und der Grafschaft Blieskastel wurden zunächst den bisherigen Pächtern belassen, dann aber 1797 der Gesellschaft Equer in Paris, welche 1797 die Steinkohlengruben in Pacht genommen hatte, für 13500 Fr. jährlich in Zeitpacht gegeben. Später aber wurden die einzelnen Werke nach und nach veräuſsert. Die Fabrikation von Sensen, Sicheln, Sägen und Kleineisenzeug auf der Dillinger Hütte nahm einen groſsen Umfang an; 1799 lieſs man 20 Arbeiter aus dem Ber- gischen dafür kommen. Über den Stand der Saarbrücker und der benachbarten Eisen- werke zur Zeit der französischen Herrschaft um 1800 ergiebt sich aus Eversmanns 1) Mitteilungen folgendes: Die Eisenhütte zu Neunkirchen an der Brims im ehemals Trierischen Amte Sarburg hatte 2 Hochöfen, 2 Stabhämmer mit 4 Feuern und 1 Reckhammer. Das Werk gehörte der französischen Regierung und war an Equer & Comp. verpachtet. Wöchentlich wurden 9000 bis 10000 kg Masseleisen und Guſswaren erblasen. Die Frischfeuer gingen nach der Kleinfrischmethode. — Die Halberger Hütte, 1 Stunde von Saarbrücken, hatte 4 Frischfeuer, 1 Schneide- werk und 1 Reckhammer. Letzterer lieferte wöchentlich an 4000 kg schön geschmiedetes Eisen. Das Roheisen kam von der Fischbacher Hütte, welche Thoneisensteine verschmolz. — Das Geislauterer Werk war ebenfalls, wie das vorige, von der Regierung an Equer in Paris verpachtet. Es bestand aus 1 Hochofen, 3 Frischfeuern, 1 Weiſsblechhammer, 1 Verzinnerei und 1 Sturzhammer. Aus thonigem Eisenstein, der geröstet wurde, blies man wöchentlich 10000 kg 1) Siehe Eversmann, Eisen- und Stahlerzeugung zwischen Lahn und Lippe. 1804. S. 412.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 989. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1003>, abgerufen am 20.05.2024.