stellte sich auch der fortschrittlichen Entwickelung insofern in den Weg, als die Feindschaft gegen England die Franzosen abhielt, die Überlegenheit der Engländer auf dem Gebiete des Eisenhüttenwesens unbefangen anzuerkennen, so dass die grossen Fortschritte, nament- lich in der Verwendung der Steinkohlen, hier noch langsamer Eingang fanden wie in Deutschland. Dagegen war das Nationalgefühl auf der anderen Seite eine mächtige Triebfeder der Industrie, besonders zur Zeit der französischen Republik.
Die französische Eisenindustrie hatte schon unter Ludwig XIV. eine grosse Ausdehnung erfahren. 1680 war bereits ein Oberinten- dant der Bergwerke ernannt und eine neue Abgabenordnung für die Eisenhütten (ordonance du roi de 1680 de la marque des fers) er- lassen worden. Die grossen Kriege, welche der König führte, erfor- derten, ebenso wie die vielen Bauwerke, welche er errichten liess, eine grosse Menge von Eisen. Es war natürlich, dass man danach strebte, dieses im eigenen Lande herzustellen. Frankreich war vielfach von fremder Einfuhr abhängig; aus Spanien, Italien, Deutschland, den Niederlanden, Schweden und England bezog es Eisen.
Der bessere Stahl kam alle aus dem Auslande, aus Spanien, Italien und besonders aus Deutschland. Da Frankreich an Eisenerzen aber keinen Mangel hatte, so lag es nahe, danach zu streben, die eigene Produktion zu vermehren. Es gab 3 Arten der Schmelzung. In Südfrankreich, in dem Gebiete der Pyrenäen, bediente man sich der Rennfeuer oder Catalanschmieden, worin man das Erz in Herdöfen direkt als schmiedbares Eisen ausschmolz; in dem Gebiete der Alpen be- diente man sich der Blauöfen, wie in Italien; in dem übrigen Frank- reich, namentlich in den westlichen Provinzen, die an die Schweiz, Deutschland und Belgien angrenzen, war der Hochofenbetrieb ein- geführt. In den Pyrenäen und den Alpen hatten die Wassertrommel- gebläse Eingang gefunden, während im übrigen Frankreich Blasebälge angewendet wurden, und zwar hatte man angefangen, die alten Leder- bälge durch die deutschen Holzblasebälge zu ersetzen.
Das Eisenschmelzen in Herden im südlichen Frankreich bewegte sich Jahrhunderte lang in demselben Geleise. Auch lässt sich nicht verkennen, dass diese einfache Schmelzweise bei den gutartigen, leicht- schmelzigen Erzen zweckentsprechend und vorteilhaft war; freilich war das Produkt fast nur von der Beschaffenheit der Erze bedingt. Ein Vergleich des Kohlenverbrauchs bei diesem Verfahren und dem indirekten Verfahren in Hochöfen und Frischfeuern, wie man ihn in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts anstellte, fiel zu Gunsten des
Frankreich.
stellte sich auch der fortschrittlichen Entwickelung insofern in den Weg, als die Feindschaft gegen England die Franzosen abhielt, die Überlegenheit der Engländer auf dem Gebiete des Eisenhüttenwesens unbefangen anzuerkennen, so daſs die groſsen Fortschritte, nament- lich in der Verwendung der Steinkohlen, hier noch langsamer Eingang fanden wie in Deutschland. Dagegen war das Nationalgefühl auf der anderen Seite eine mächtige Triebfeder der Industrie, besonders zur Zeit der französischen Republik.
Die französische Eisenindustrie hatte schon unter Ludwig XIV. eine groſse Ausdehnung erfahren. 1680 war bereits ein Oberinten- dant der Bergwerke ernannt und eine neue Abgabenordnung für die Eisenhütten (ordonance du roi de 1680 de la marque des fers) er- lassen worden. Die groſsen Kriege, welche der König führte, erfor- derten, ebenso wie die vielen Bauwerke, welche er errichten lieſs, eine groſse Menge von Eisen. Es war natürlich, daſs man danach strebte, dieses im eigenen Lande herzustellen. Frankreich war vielfach von fremder Einfuhr abhängig; aus Spanien, Italien, Deutschland, den Niederlanden, Schweden und England bezog es Eisen.
Der bessere Stahl kam alle aus dem Auslande, aus Spanien, Italien und besonders aus Deutschland. Da Frankreich an Eisenerzen aber keinen Mangel hatte, so lag es nahe, danach zu streben, die eigene Produktion zu vermehren. Es gab 3 Arten der Schmelzung. In Südfrankreich, in dem Gebiete der Pyrenäen, bediente man sich der Rennfeuer oder Catalanschmieden, worin man das Erz in Herdöfen direkt als schmiedbares Eisen ausschmolz; in dem Gebiete der Alpen be- diente man sich der Blauöfen, wie in Italien; in dem übrigen Frank- reich, namentlich in den westlichen Provinzen, die an die Schweiz, Deutschland und Belgien angrenzen, war der Hochofenbetrieb ein- geführt. In den Pyrenäen und den Alpen hatten die Wassertrommel- gebläse Eingang gefunden, während im übrigen Frankreich Blasebälge angewendet wurden, und zwar hatte man angefangen, die alten Leder- bälge durch die deutschen Holzblasebälge zu ersetzen.
Das Eisenschmelzen in Herden im südlichen Frankreich bewegte sich Jahrhunderte lang in demselben Geleise. Auch läſst sich nicht verkennen, daſs diese einfache Schmelzweise bei den gutartigen, leicht- schmelzigen Erzen zweckentsprechend und vorteilhaft war; freilich war das Produkt fast nur von der Beschaffenheit der Erze bedingt. Ein Vergleich des Kohlenverbrauchs bei diesem Verfahren und dem indirekten Verfahren in Hochöfen und Frischfeuern, wie man ihn in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts anstellte, fiel zu Gunsten des
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Frankreich.
stellte sich auch der fortschrittlichen Entwickelung insofern in den
Weg, als die Feindschaft gegen England die Franzosen abhielt, die
Überlegenheit der Engländer auf dem Gebiete des Eisenhüttenwesens
unbefangen anzuerkennen, so daſs die groſsen Fortschritte, nament-
lich in der Verwendung der Steinkohlen, hier noch langsamer Eingang
fanden wie in Deutschland. Dagegen war das Nationalgefühl auf
der anderen Seite eine mächtige Triebfeder der Industrie, besonders zur
Zeit der französischen Republik.
Die französische Eisenindustrie hatte schon unter Ludwig XIV.
eine groſse Ausdehnung erfahren. 1680 war bereits ein Oberinten-
dant der Bergwerke ernannt und eine neue Abgabenordnung für die
Eisenhütten (ordonance du roi de 1680 de la marque des fers) er-
lassen worden. Die groſsen Kriege, welche der König führte, erfor-
derten, ebenso wie die vielen Bauwerke, welche er errichten lieſs, eine
groſse Menge von Eisen. Es war natürlich, daſs man danach strebte,
dieses im eigenen Lande herzustellen. Frankreich war vielfach von
fremder Einfuhr abhängig; aus Spanien, Italien, Deutschland, den
Niederlanden, Schweden und England bezog es Eisen.
Der bessere Stahl kam alle aus dem Auslande, aus Spanien, Italien
und besonders aus Deutschland. Da Frankreich an Eisenerzen aber
keinen Mangel hatte, so lag es nahe, danach zu streben, die eigene
Produktion zu vermehren. Es gab 3 Arten der Schmelzung. In
Südfrankreich, in dem Gebiete der Pyrenäen, bediente man sich der
Rennfeuer oder Catalanschmieden, worin man das Erz in Herdöfen direkt
als schmiedbares Eisen ausschmolz; in dem Gebiete der Alpen be-
diente man sich der Blauöfen, wie in Italien; in dem übrigen Frank-
reich, namentlich in den westlichen Provinzen, die an die Schweiz,
Deutschland und Belgien angrenzen, war der Hochofenbetrieb ein-
geführt. In den Pyrenäen und den Alpen hatten die Wassertrommel-
gebläse Eingang gefunden, während im übrigen Frankreich Blasebälge
angewendet wurden, und zwar hatte man angefangen, die alten Leder-
bälge durch die deutschen Holzblasebälge zu ersetzen.
Das Eisenschmelzen in Herden im südlichen Frankreich bewegte
sich Jahrhunderte lang in demselben Geleise. Auch läſst sich nicht
verkennen, daſs diese einfache Schmelzweise bei den gutartigen, leicht-
schmelzigen Erzen zweckentsprechend und vorteilhaft war; freilich
war das Produkt fast nur von der Beschaffenheit der Erze bedingt.
Ein Vergleich des Kohlenverbrauchs bei diesem Verfahren und dem
indirekten Verfahren in Hochöfen und Frischfeuern, wie man ihn in
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts anstellte, fiel zu Gunsten des
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 998. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1012>, abgerufen am 21.11.2024.
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