Wärmestoff geht die Expansion so weit, dass der Körper flüssig wird, oder schmilzt. Bei noch grösserer Aufnahme desselben tritt die Ver- flüchtigung ein. Die Flüssigkeiten sind also Verbindungen fester Materien mit dem Wärmestoff und die Gasarten sind Auflösungen verschiedener Verbindungen im Wärmestoff 1). Die Auflösungsfähig- keit verschiedener Stoffe im Wärmestoff ist verschieden, und die Wärmemenge, welche eine Substanz aufnimmt, um seine Temperatur um einen Grad zu erhöhen, nennt man die spezifische Wärme. Um diese zu bestimmen, erwärmt man den Körper auf eine bestimmte Temperatur und kühlt ihn dann in einem Apparate in Eis ab. Die Menge des geschmolzenen Eises giebt das Mass für die spezifische Wärme. Einen solchen Apparat nannte man Calorimeter 2). Wich- tiger noch für die metallurgische Praxis war die Bestimmung sehr hoher Temperaturen, bekanntlich eine sehr schwierige Aufgabe. Hier- für erfand Josiah Wedgewood (1730 bis 1795) sein berühmtes Pyrometer. Es bestand aus Thoncylindern, von sehr feuerfestem Thon hergestellt, mit einer flachen Seite, die erhitzt in eine metallene Skala geschoben wurden; da sich der Thon bei hohen Temperaturen zusammenzog, so schob sich der Cylinder um so weiter ein, je heisser er war. Die Skala begann bei beginnender Rotglut, wofür eine Tem- peratur von 1077° Fahrenheit angenommen wurde, und ging bis zu 170° W. Jeder Grad von Wedgewood begriff 130° Fahrenheit über den 1077. Grad. Die ermittelten Schmelztemperaturen betrugen: von Silber 23° W., von Kupfer 27° W., Gold 32°, Gusseisen 130° W. Die Schweisshitze des Eisens wurde zwischen 90 und 95° W. angegeben, die Hitze in den Schmelzöfen der Eisengiessereien zu 150 bis 160°. Die höheren Zahlen sind aber alle viel zu hoch. Die Schmelztemperatur von Gusseisen würde nach obiger Angabe bei 17977° Fahrenheit oder beinahe 10000° Celsius liegen, eine Temperatur, die auf unserem Planeten wohl nicht existiert. Mackenzie gelang es, Stabeisen in sorgfältig verschlossenen Thontiegeln zur Schmelzung zu bringen und er bestimmte die Temperatur auf 155° W.
Von der elektrischen Leitungsfähigkeit des Eisens fing man im vorigen Jahrhundert ebenfalls an, praktischen Gebrauch zu machen. Bekanntlich hatte Benjamin Franklin in Nordamerika, nachdem er bereits 1749 Versuche über die Entladung von Gewitter- wolken durch aufgestellte Metallstangen gemacht hatte, 1753 den Blitzableiter erfunden, welcher bald allgemeine Anwendung fand.
1) Siehe Tiemann, Eisenhüttenkunde, S. 11.
2) Siehe Gren, Grundriss der Chemie, I. Teil, 1796, S. 94 Anmerkung.
Physik.
Wärmestoff geht die Expansion so weit, daſs der Körper flüssig wird, oder schmilzt. Bei noch gröſserer Aufnahme desselben tritt die Ver- flüchtigung ein. Die Flüssigkeiten sind also Verbindungen fester Materien mit dem Wärmestoff und die Gasarten sind Auflösungen verschiedener Verbindungen im Wärmestoff 1). Die Auflösungsfähig- keit verschiedener Stoffe im Wärmestoff ist verschieden, und die Wärmemenge, welche eine Substanz aufnimmt, um seine Temperatur um einen Grad zu erhöhen, nennt man die spezifische Wärme. Um diese zu bestimmen, erwärmt man den Körper auf eine bestimmte Temperatur und kühlt ihn dann in einem Apparate in Eis ab. Die Menge des geschmolzenen Eises giebt das Maſs für die spezifische Wärme. Einen solchen Apparat nannte man Calorimeter 2). Wich- tiger noch für die metallurgische Praxis war die Bestimmung sehr hoher Temperaturen, bekanntlich eine sehr schwierige Aufgabe. Hier- für erfand Josiah Wedgewood (1730 bis 1795) sein berühmtes Pyrometer. Es bestand aus Thoncylindern, von sehr feuerfestem Thon hergestellt, mit einer flachen Seite, die erhitzt in eine metallene Skala geschoben wurden; da sich der Thon bei hohen Temperaturen zusammenzog, so schob sich der Cylinder um so weiter ein, je heiſser er war. Die Skala begann bei beginnender Rotglut, wofür eine Tem- peratur von 1077° Fahrenheit angenommen wurde, und ging bis zu 170° W. Jeder Grad von Wedgewood begriff 130° Fahrenheit über den 1077. Grad. Die ermittelten Schmelztemperaturen betrugen: von Silber 23° W., von Kupfer 27° W., Gold 32°, Guſseisen 130° W. Die Schweiſshitze des Eisens wurde zwischen 90 und 95° W. angegeben, die Hitze in den Schmelzöfen der Eisengieſsereien zu 150 bis 160°. Die höheren Zahlen sind aber alle viel zu hoch. Die Schmelztemperatur von Guſseisen würde nach obiger Angabe bei 17977° Fahrenheit oder beinahe 10000° Celsius liegen, eine Temperatur, die auf unserem Planeten wohl nicht existiert. Mackenzie gelang es, Stabeisen in sorgfältig verschlossenen Thontiegeln zur Schmelzung zu bringen und er bestimmte die Temperatur auf 155° W.
Von der elektrischen Leitungsfähigkeit des Eisens fing man im vorigen Jahrhundert ebenfalls an, praktischen Gebrauch zu machen. Bekanntlich hatte Benjamin Franklin in Nordamerika, nachdem er bereits 1749 Versuche über die Entladung von Gewitter- wolken durch aufgestellte Metallstangen gemacht hatte, 1753 den Blitzableiter erfunden, welcher bald allgemeine Anwendung fand.
1) Siehe Tiemann, Eisenhüttenkunde, S. 11.
2) Siehe Gren, Grundriſs der Chemie, I. Teil, 1796, S. 94 Anmerkung.
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Physik.
Wärmestoff geht die Expansion so weit, daſs der Körper flüssig wird,
oder schmilzt. Bei noch gröſserer Aufnahme desselben tritt die Ver-
flüchtigung ein. Die Flüssigkeiten sind also Verbindungen fester
Materien mit dem Wärmestoff und die Gasarten sind Auflösungen
verschiedener Verbindungen im Wärmestoff 1). Die Auflösungsfähig-
keit verschiedener Stoffe im Wärmestoff ist verschieden, und die
Wärmemenge, welche eine Substanz aufnimmt, um seine Temperatur
um einen Grad zu erhöhen, nennt man die spezifische Wärme.
Um diese zu bestimmen, erwärmt man den Körper auf eine bestimmte
Temperatur und kühlt ihn dann in einem Apparate in Eis ab. Die
Menge des geschmolzenen Eises giebt das Maſs für die spezifische
Wärme. Einen solchen Apparat nannte man Calorimeter 2). Wich-
tiger noch für die metallurgische Praxis war die Bestimmung sehr
hoher Temperaturen, bekanntlich eine sehr schwierige Aufgabe. Hier-
für erfand Josiah Wedgewood (1730 bis 1795) sein berühmtes
Pyrometer. Es bestand aus Thoncylindern, von sehr feuerfestem
Thon hergestellt, mit einer flachen Seite, die erhitzt in eine metallene
Skala geschoben wurden; da sich der Thon bei hohen Temperaturen
zusammenzog, so schob sich der Cylinder um so weiter ein, je heiſser
er war. Die Skala begann bei beginnender Rotglut, wofür eine Tem-
peratur von 1077° Fahrenheit angenommen wurde, und ging bis zu
170° W. Jeder Grad von Wedgewood begriff 130° Fahrenheit über
den 1077. Grad. Die ermittelten Schmelztemperaturen betrugen: von
Silber 23° W., von Kupfer 27° W., Gold 32°, Guſseisen 130° W. Die
Schweiſshitze des Eisens wurde zwischen 90 und 95° W. angegeben, die
Hitze in den Schmelzöfen der Eisengieſsereien zu 150 bis 160°. Die
höheren Zahlen sind aber alle viel zu hoch. Die Schmelztemperatur
von Guſseisen würde nach obiger Angabe bei 17977° Fahrenheit
oder beinahe 10000° Celsius liegen, eine Temperatur, die auf unserem
Planeten wohl nicht existiert. Mackenzie gelang es, Stabeisen in
sorgfältig verschlossenen Thontiegeln zur Schmelzung zu bringen und
er bestimmte die Temperatur auf 155° W.
Von der elektrischen Leitungsfähigkeit des Eisens fing
man im vorigen Jahrhundert ebenfalls an, praktischen Gebrauch zu
machen. Bekanntlich hatte Benjamin Franklin in Nordamerika,
nachdem er bereits 1749 Versuche über die Entladung von Gewitter-
wolken durch aufgestellte Metallstangen gemacht hatte, 1753 den
Blitzableiter erfunden, welcher bald allgemeine Anwendung fand.
1) Siehe Tiemann, Eisenhüttenkunde, S. 11.
2) Siehe Gren, Grundriſs der Chemie, I. Teil, 1796, S. 94 Anmerkung.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/104>, abgerufen am 27.11.2024.
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