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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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geeignet gefunden habe, das schwedische sei. Man machte nun auch
in Frankreich Versuche mit schwedischem Eisen, die aber nicht günstig
ausfielen, teils weil man die richtigen Sorten nicht wählte, teils weil
man zuviel Wert auf die von Reaumur angegebenen Beimengungen
des Cementpulvers, Öl und Seesalz, legte, welche die Sache durchaus
nicht verbesserten. Jars wurde nun auch nach Schweden geschickt,
wo er sich überzeugte, dass die Engländer "nur die stählende Kraft
des Eisens in dem schwedischen Eisen so hoch bezahlten". Man ging
nun auch in Frankreich ernstlich zu der Verwendung von schwe-
dischem Eisen über, und der Erfolg blieb nicht aus.

Neronville war 1778 das einzige Werk in Frankreich, das
feinen Stahl im grossen lieferte. Die Öfen waren ganz nach englischer
Manier für einen Einsatz von 40000 kg gebaut und verarbeiteten nur
schwedisches Eisen. Die alten Anschauungen waren aber dadurch nicht
ausgetilgt; im Gegenteil verletzte es das französische Nationalgefühl,
dass man trotz Reaumur den Engländern nachbeten musste. Grignon,
der grosse Autorität besass, griff die Direktion von Neronville an und
wurde unterstützt durch die Ideeen Buffons, der die Ansicht vertrat,
auf die Natur der Erze komme es gar nicht an, sondern nur auf ihren
Eisengehalt und die Arbeit, indem man durch entsprechende Behand-
lung aus jedem Erze jede Eisensorte herstellen könne. Infolgedessen
erhielt Grignon den Auftrag, vergleichende Versuche mit französi-
schem, schwedischem, sibirischem und spanischem Erz anzustellen, und
wählte man dazu die Hütten des Herrn von Buffon und Neron-
ville. Grignons Resultate bestätigten angeblich seine Ansichten.
Die seitherige Praxis wurde verurteilt und die Industrie beugte sich
dem Urteilsspruche Grignons. Seit der Zeit ging das Stahlwerk
von Neronville immer mehr zurück, bis es gegen 1792 ganz einging.
Grignon war kein unparteiischer Sachverständiger, denn er hatte
seine Ansichten über die vorzügliche Stahlnatur des französischen
Eisens in der Einleitung zu seinen Abhandlungen schon früher
bestimmt ausgesprochen. Bei den Versuchen wählte er nur das beste
französische Eisen aus, während er beliebiges schwedisches und rus-
sisches Eisen nahm, dessen Ursprung er, wie er selbst sagte, nicht
kannte und das augenscheinlich geringer Qualität war. Der Zweck
der Versuche war auch keine objektive Vergleichung, sondern die
Bestätigung einer herrschenden vorgefassten Meinung. Jede Provinz
wollte jetzt mit einem Male das beste Stahleisen besitzen. Es ent-
stand eine förmliche Aufregung. Ein Dr. Nicolas, Mediziner und
Professor der Chemie, trat für die Güte des lothringischen Eisens

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Frankreich.
geeignet gefunden habe, das schwedische sei. Man machte nun auch
in Frankreich Versuche mit schwedischem Eisen, die aber nicht günstig
ausfielen, teils weil man die richtigen Sorten nicht wählte, teils weil
man zuviel Wert auf die von Reaumur angegebenen Beimengungen
des Cementpulvers, Öl und Seesalz, legte, welche die Sache durchaus
nicht verbesserten. Jars wurde nun auch nach Schweden geschickt,
wo er sich überzeugte, daſs die Engländer „nur die stählende Kraft
des Eisens in dem schwedischen Eisen so hoch bezahlten“. Man ging
nun auch in Frankreich ernstlich zu der Verwendung von schwe-
dischem Eisen über, und der Erfolg blieb nicht aus.

Neronville war 1778 das einzige Werk in Frankreich, das
feinen Stahl im groſsen lieferte. Die Öfen waren ganz nach englischer
Manier für einen Einsatz von 40000 kg gebaut und verarbeiteten nur
schwedisches Eisen. Die alten Anschauungen waren aber dadurch nicht
ausgetilgt; im Gegenteil verletzte es das französische Nationalgefühl,
daſs man trotz Reaumur den Engländern nachbeten muſste. Grignon,
der groſse Autorität besaſs, griff die Direktion von Neronville an und
wurde unterstützt durch die Ideeen Buffons, der die Ansicht vertrat,
auf die Natur der Erze komme es gar nicht an, sondern nur auf ihren
Eisengehalt und die Arbeit, indem man durch entsprechende Behand-
lung aus jedem Erze jede Eisensorte herstellen könne. Infolgedessen
erhielt Grignon den Auftrag, vergleichende Versuche mit französi-
schem, schwedischem, sibirischem und spanischem Erz anzustellen, und
wählte man dazu die Hütten des Herrn von Buffon und Neron-
ville. Grignons Resultate bestätigten angeblich seine Ansichten.
Die seitherige Praxis wurde verurteilt und die Industrie beugte sich
dem Urteilsspruche Grignons. Seit der Zeit ging das Stahlwerk
von Neronville immer mehr zurück, bis es gegen 1792 ganz einging.
Grignon war kein unparteiischer Sachverständiger, denn er hatte
seine Ansichten über die vorzügliche Stahlnatur des französischen
Eisens in der Einleitung zu seinen Abhandlungen schon früher
bestimmt ausgesprochen. Bei den Versuchen wählte er nur das beste
französische Eisen aus, während er beliebiges schwedisches und rus-
sisches Eisen nahm, dessen Ursprung er, wie er selbst sagte, nicht
kannte und das augenscheinlich geringer Qualität war. Der Zweck
der Versuche war auch keine objektive Vergleichung, sondern die
Bestätigung einer herrschenden vorgefaſsten Meinung. Jede Provinz
wollte jetzt mit einem Male das beste Stahleisen besitzen. Es ent-
stand eine förmliche Aufregung. Ein Dr. Nicolas, Mediziner und
Professor der Chemie, trat für die Güte des lothringischen Eisens

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[1043/1057] Frankreich. geeignet gefunden habe, das schwedische sei. Man machte nun auch in Frankreich Versuche mit schwedischem Eisen, die aber nicht günstig ausfielen, teils weil man die richtigen Sorten nicht wählte, teils weil man zuviel Wert auf die von Reaumur angegebenen Beimengungen des Cementpulvers, Öl und Seesalz, legte, welche die Sache durchaus nicht verbesserten. Jars wurde nun auch nach Schweden geschickt, wo er sich überzeugte, daſs die Engländer „nur die stählende Kraft des Eisens in dem schwedischen Eisen so hoch bezahlten“. Man ging nun auch in Frankreich ernstlich zu der Verwendung von schwe- dischem Eisen über, und der Erfolg blieb nicht aus. Neronville war 1778 das einzige Werk in Frankreich, das feinen Stahl im groſsen lieferte. Die Öfen waren ganz nach englischer Manier für einen Einsatz von 40000 kg gebaut und verarbeiteten nur schwedisches Eisen. Die alten Anschauungen waren aber dadurch nicht ausgetilgt; im Gegenteil verletzte es das französische Nationalgefühl, daſs man trotz Reaumur den Engländern nachbeten muſste. Grignon, der groſse Autorität besaſs, griff die Direktion von Neronville an und wurde unterstützt durch die Ideeen Buffons, der die Ansicht vertrat, auf die Natur der Erze komme es gar nicht an, sondern nur auf ihren Eisengehalt und die Arbeit, indem man durch entsprechende Behand- lung aus jedem Erze jede Eisensorte herstellen könne. Infolgedessen erhielt Grignon den Auftrag, vergleichende Versuche mit französi- schem, schwedischem, sibirischem und spanischem Erz anzustellen, und wählte man dazu die Hütten des Herrn von Buffon und Neron- ville. Grignons Resultate bestätigten angeblich seine Ansichten. Die seitherige Praxis wurde verurteilt und die Industrie beugte sich dem Urteilsspruche Grignons. Seit der Zeit ging das Stahlwerk von Neronville immer mehr zurück, bis es gegen 1792 ganz einging. Grignon war kein unparteiischer Sachverständiger, denn er hatte seine Ansichten über die vorzügliche Stahlnatur des französischen Eisens in der Einleitung zu seinen Abhandlungen schon früher bestimmt ausgesprochen. Bei den Versuchen wählte er nur das beste französische Eisen aus, während er beliebiges schwedisches und rus- sisches Eisen nahm, dessen Ursprung er, wie er selbst sagte, nicht kannte und das augenscheinlich geringer Qualität war. Der Zweck der Versuche war auch keine objektive Vergleichung, sondern die Bestätigung einer herrschenden vorgefaſsten Meinung. Jede Provinz wollte jetzt mit einem Male das beste Stahleisen besitzen. Es ent- stand eine förmliche Aufregung. Ein Dr. Nicolas, Mediziner und Professor der Chemie, trat für die Güte des lothringischen Eisens 66*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1043. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1057>, abgerufen am 21.11.2024.