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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Frankreich.
ein. Er stellte die Wahrheit geradezu auf den Kopf, indem er
behauptete, die Verwendung des schwedischen Eisens habe nur ihren
Grund in dem krassen Vorurteile der Fabrikanten. Er wolle mit
einheimischem Eisen den Stahl ein Dritteil billiger herstellen. Diderots
Meinung, die er in der Encyklopädie aussprach, dass es wohl an dem
Stoffe des französischen Eisens liegen müsse, dass man daraus keinen
feinen Stahl machen könnte, galt als überwundener Standpunkt.
Duhamel liess sich im patriotischen Eifer sogar zu der unsinnigen
Behauptung hinreissen, man könne aus französischem Eisen zweiter
Sorte besseren Stahl machen als den englischen und den deutschen.
Er ziehe das pyrenäische Eisen dem schwedischen vor, und die mitt-
leren Eisensorten von Perigord, Berry und Angoumois gäben den
besten Stahl, wenn man die Luppen noch einmal umschmelze.

Das grösste Stahlwerk Frankreichs im vorigen Jahrhundert, das
von Amboise, wurde 1782 gegründet, als Ruffec einging und Neron-
ville in falsche Bahnen einlenkte. Sanche, ein Edelsteinhändler,
der feinen Stahl brauchte und aus England bezogen hatte, gründete
mit dem Kapitalisten Patry die Fabrik zu Amboise. Bis Mai 1783
hatten sie nur schwedisches Eisen verarbeitet und gute Resultate
erzielt. Sobald sie aber den Betrieb im grossen begannen, mussten
sie einheimisches Eisen verwenden, weil der Staat nur in diesem
Falle Unterstützung versprochen hatte. Vier Jahre lang suchten sie
nun mit Fleiss und Kosten nach einer brauchbaren Sorte, aber ohne
Erfolg. Inzwischen führten sie unter der Hand ihren Betrieb mit
schwedischem Eisen weiter. An die Regierung berichteten sie, aus
gewissen Eisensorten von Berry liesse sich bei besonderer Sorgfalt
ein Stahl erhalten, der so gut sei wie der aus schwedischem Eisen.
Sie entschuldigten sich, dass sie dennoch mit schwedischem weiter
arbeiteten. Zunächst genüge es, den Nachweis geführt zu haben.
Um die Sache auszubreiten, müssten sie die richtigen Eisensorten
selbst darstellen, dazu besässen sie aber die Mittel nicht. Auf günstige
Berichte von Sage, Vandermonde, Monge, Berthollet und Baron
Dietrich bewilligte die Regierung alle geforderten Privilegien.
Daraufhin wurde die Stahlfabrik zu Amboise unter dem Titel Manu-
facture royal d'acier fin et fondu gegründet und zwar mit einem
grossen Kapital. Es wurden alsbald 12 grosse Cementieröfen, 40 Häm-
mer und 80 Stahlherde zur Verarbeitung des Stahls gebaut, und
Amboise wurde in seiner Anlage das grösste Stahlwerk in Europa.
Aber nun begann man zu experimentieren und verlor rasch das
Renomme, welches Sanche ihm verschafft hatte. Unter der Republik

Frankreich.
ein. Er stellte die Wahrheit geradezu auf den Kopf, indem er
behauptete, die Verwendung des schwedischen Eisens habe nur ihren
Grund in dem krassen Vorurteile der Fabrikanten. Er wolle mit
einheimischem Eisen den Stahl ein Dritteil billiger herstellen. Diderots
Meinung, die er in der Encyklopädie aussprach, daſs es wohl an dem
Stoffe des französischen Eisens liegen müsse, daſs man daraus keinen
feinen Stahl machen könnte, galt als überwundener Standpunkt.
Duhamel lieſs sich im patriotischen Eifer sogar zu der unsinnigen
Behauptung hinreiſsen, man könne aus französischem Eisen zweiter
Sorte besseren Stahl machen als den englischen und den deutschen.
Er ziehe das pyrenäische Eisen dem schwedischen vor, und die mitt-
leren Eisensorten von Perigord, Berry und Angoumois gäben den
besten Stahl, wenn man die Luppen noch einmal umschmelze.

Das gröſste Stahlwerk Frankreichs im vorigen Jahrhundert, das
von Amboise, wurde 1782 gegründet, als Ruffec einging und Neron-
ville in falsche Bahnen einlenkte. Sanche, ein Edelsteinhändler,
der feinen Stahl brauchte und aus England bezogen hatte, gründete
mit dem Kapitalisten Patry die Fabrik zu Amboise. Bis Mai 1783
hatten sie nur schwedisches Eisen verarbeitet und gute Resultate
erzielt. Sobald sie aber den Betrieb im groſsen begannen, muſsten
sie einheimisches Eisen verwenden, weil der Staat nur in diesem
Falle Unterstützung versprochen hatte. Vier Jahre lang suchten sie
nun mit Fleiſs und Kosten nach einer brauchbaren Sorte, aber ohne
Erfolg. Inzwischen führten sie unter der Hand ihren Betrieb mit
schwedischem Eisen weiter. An die Regierung berichteten sie, aus
gewissen Eisensorten von Berry lieſse sich bei besonderer Sorgfalt
ein Stahl erhalten, der so gut sei wie der aus schwedischem Eisen.
Sie entschuldigten sich, daſs sie dennoch mit schwedischem weiter
arbeiteten. Zunächst genüge es, den Nachweis geführt zu haben.
Um die Sache auszubreiten, müſsten sie die richtigen Eisensorten
selbst darstellen, dazu besäſsen sie aber die Mittel nicht. Auf günstige
Berichte von Sage, Vandermonde, Monge, Berthollet und Baron
Dietrich bewilligte die Regierung alle geforderten Privilegien.
Daraufhin wurde die Stahlfabrik zu Amboise unter dem Titel Manu-
facture royal d’acier fin et fondu gegründet und zwar mit einem
groſsen Kapital. Es wurden alsbald 12 groſse Cementieröfen, 40 Häm-
mer und 80 Stahlherde zur Verarbeitung des Stahls gebaut, und
Amboise wurde in seiner Anlage das gröſste Stahlwerk in Europa.
Aber nun begann man zu experimentieren und verlor rasch das
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[1044/1058] Frankreich. ein. Er stellte die Wahrheit geradezu auf den Kopf, indem er behauptete, die Verwendung des schwedischen Eisens habe nur ihren Grund in dem krassen Vorurteile der Fabrikanten. Er wolle mit einheimischem Eisen den Stahl ein Dritteil billiger herstellen. Diderots Meinung, die er in der Encyklopädie aussprach, daſs es wohl an dem Stoffe des französischen Eisens liegen müsse, daſs man daraus keinen feinen Stahl machen könnte, galt als überwundener Standpunkt. Duhamel lieſs sich im patriotischen Eifer sogar zu der unsinnigen Behauptung hinreiſsen, man könne aus französischem Eisen zweiter Sorte besseren Stahl machen als den englischen und den deutschen. Er ziehe das pyrenäische Eisen dem schwedischen vor, und die mitt- leren Eisensorten von Perigord, Berry und Angoumois gäben den besten Stahl, wenn man die Luppen noch einmal umschmelze. Das gröſste Stahlwerk Frankreichs im vorigen Jahrhundert, das von Amboise, wurde 1782 gegründet, als Ruffec einging und Neron- ville in falsche Bahnen einlenkte. Sanche, ein Edelsteinhändler, der feinen Stahl brauchte und aus England bezogen hatte, gründete mit dem Kapitalisten Patry die Fabrik zu Amboise. Bis Mai 1783 hatten sie nur schwedisches Eisen verarbeitet und gute Resultate erzielt. Sobald sie aber den Betrieb im groſsen begannen, muſsten sie einheimisches Eisen verwenden, weil der Staat nur in diesem Falle Unterstützung versprochen hatte. Vier Jahre lang suchten sie nun mit Fleiſs und Kosten nach einer brauchbaren Sorte, aber ohne Erfolg. Inzwischen führten sie unter der Hand ihren Betrieb mit schwedischem Eisen weiter. An die Regierung berichteten sie, aus gewissen Eisensorten von Berry lieſse sich bei besonderer Sorgfalt ein Stahl erhalten, der so gut sei wie der aus schwedischem Eisen. Sie entschuldigten sich, daſs sie dennoch mit schwedischem weiter arbeiteten. Zunächst genüge es, den Nachweis geführt zu haben. Um die Sache auszubreiten, müſsten sie die richtigen Eisensorten selbst darstellen, dazu besäſsen sie aber die Mittel nicht. Auf günstige Berichte von Sage, Vandermonde, Monge, Berthollet und Baron Dietrich bewilligte die Regierung alle geforderten Privilegien. Daraufhin wurde die Stahlfabrik zu Amboise unter dem Titel Manu- facture royal d’acier fin et fondu gegründet und zwar mit einem groſsen Kapital. Es wurden alsbald 12 groſse Cementieröfen, 40 Häm- mer und 80 Stahlherde zur Verarbeitung des Stahls gebaut, und Amboise wurde in seiner Anlage das gröſste Stahlwerk in Europa. Aber nun begann man zu experimentieren und verlor rasch das Renommé, welches Sanche ihm verschafft hatte. Unter der Republik

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1044. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1058>, abgerufen am 21.11.2024.