Deutschland lieferten uns den grössten Teil unseres Bedarfes; aber die Despoten Englands und Deutschlands haben allen Handel mit uns zerrissen. Wohlan! machen wir unseren Stahl selbst!"
Es wird betont, dass gutes Eisen die Grundbedingung für guten Cementstahl sei. Die Engländer hätten aber die Produktion von Ros- lagen gänzlich mit Beschlag belegt. In Frankreich fänden sich auch gute Eisensorten. Das von Berry gäbe schon an und für sich einen leidlich guten Stahl, gegärbt und gereinigt würde es einen vorzüg- lichen geben. Die Güte des schwedischen Eisens liege nicht an den besonderen Eigenschaften der Erze, sondern an der Sorgfalt, mit der es ausgeschieden werde.
Am 3. Floreal des Jahres II erfolgte dann eine Instruktion an alle agents nationaux, auf die Gründung von Stahlgesellschaften zu wirken, sowie ein Aufruf an alle Bürger, Stahl zu fabrizieren. -- Daraufhin entstanden viele neue Cementstahlwerke. Der National- agent von Toulouse bezeugte seinen Eifer und schrieb an die Regie- rung: nur die Intriguen der Tyrannen und die niederträchtige Politik des Hofes habe seither die Fabrikation des Stahls verhindert, was ein Verbrechen und ein Schandfleck für Frankreich sei. -- Die neuen Stahlwerke erhielten ihre Arbeiter "par requisition", weil es durch den Krieg an Arbeitskräften fehlte, ebenso mussten sie sich ihre Rohmaterialien durch Requisition verschaffen. Die meisten waren ohne Kapital, viele auf öffentlichem Grund und Boden errichtet. Es entstanden Stahlwerke zu Paris au Feuillants in der Vorstadt St. Antoine, zu Thionville (Mosel), Havre, Chaumont (Eure), Lorient (Morbihan), zwei zu Nantes, zu Angers, Amboise, Souppes, Neronville, Brienne (Aube), zwei zu St. Die, zu la Hutte und zu Droiteval (Vogesen), Mont-sur-Tille (Cote d'Or), Nevers, Bizy (Nievre), Outrefurens (Loire), Chautemerle (Hochalpen), im Arsenal zu Toulon, bei Marseille, Alais, Nogaro (Gers), Eucausse (Unter-Pyrenäen), Agen (Lot et Garonne), Toulouse und Sinoges (?).
Zu Nantes und Angers verarbeitete man schwedisches Eisen, in- folgedessen man besseren Erfolg hatte, als die übrigen Werke. Auch zu Toulon wurden neun Sorten schwedisches Eisen verwendet, doch waren es nur solche, welche die Engländer für diesen Zweck nicht anwen- deten; später nahm man Eisen von Franche-Comte. -- Alle die neuen Fabriken konnten die Schwierigkeiten, welche ihnen die Qua- lität des einheimischen Eisens bereitete, nicht überwinden und sahen sich gezwungen, durch Agenten im geheimen guten Stahl im Aus- lande kaufen zu lassen. Sobald der Friede wieder hergestellt, und
Frankreich.
Deutschland lieferten uns den gröſsten Teil unseres Bedarfes; aber die Despoten Englands und Deutschlands haben allen Handel mit uns zerrissen. Wohlan! machen wir unseren Stahl selbst!“
Es wird betont, daſs gutes Eisen die Grundbedingung für guten Cementstahl sei. Die Engländer hätten aber die Produktion von Ros- lagen gänzlich mit Beschlag belegt. In Frankreich fänden sich auch gute Eisensorten. Das von Berry gäbe schon an und für sich einen leidlich guten Stahl, gegärbt und gereinigt würde es einen vorzüg- lichen geben. Die Güte des schwedischen Eisens liege nicht an den besonderen Eigenschaften der Erze, sondern an der Sorgfalt, mit der es ausgeschieden werde.
Am 3. Floreal des Jahres II erfolgte dann eine Instruktion an alle agents nationaux, auf die Gründung von Stahlgesellschaften zu wirken, sowie ein Aufruf an alle Bürger, Stahl zu fabrizieren. — Daraufhin entstanden viele neue Cementstahlwerke. Der National- agent von Toulouse bezeugte seinen Eifer und schrieb an die Regie- rung: nur die Intriguen der Tyrannen und die niederträchtige Politik des Hofes habe seither die Fabrikation des Stahls verhindert, was ein Verbrechen und ein Schandfleck für Frankreich sei. — Die neuen Stahlwerke erhielten ihre Arbeiter „par requisition“, weil es durch den Krieg an Arbeitskräften fehlte, ebenso muſsten sie sich ihre Rohmaterialien durch Requisition verschaffen. Die meisten waren ohne Kapital, viele auf öffentlichem Grund und Boden errichtet. Es entstanden Stahlwerke zu Paris au Feuillants in der Vorstadt St. Antoine, zu Thionville (Mosel), Havre, Chaumont (Eure), Lorient (Morbihan), zwei zu Nantes, zu Angers, Amboise, Souppes, Neronville, Brienne (Aube), zwei zu St. Dié, zu la Hutte und zu Droiteval (Vogesen), Mont-sur-Tille (Côte d’Or), Nevèrs, Bizy (Nièvre), Outrefurens (Loire), Chautemerle (Hochalpen), im Arsenal zu Toulon, bei Marseille, Alais, Nogaro (Gers), Eucausse (Unter-Pyrenäen), Agen (Lot et Garonne), Toulouse und Sinoges (?).
Zu Nantes und Angers verarbeitete man schwedisches Eisen, in- folgedessen man besseren Erfolg hatte, als die übrigen Werke. Auch zu Toulon wurden neun Sorten schwedisches Eisen verwendet, doch waren es nur solche, welche die Engländer für diesen Zweck nicht anwen- deten; später nahm man Eisen von Franche-Comté. — Alle die neuen Fabriken konnten die Schwierigkeiten, welche ihnen die Qua- lität des einheimischen Eisens bereitete, nicht überwinden und sahen sich gezwungen, durch Agenten im geheimen guten Stahl im Aus- lande kaufen zu lassen. Sobald der Friede wieder hergestellt, und
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Frankreich.
Deutschland lieferten uns den gröſsten Teil unseres Bedarfes; aber die
Despoten Englands und Deutschlands haben allen Handel mit uns
zerrissen. Wohlan! machen wir unseren Stahl selbst!“
Es wird betont, daſs gutes Eisen die Grundbedingung für guten
Cementstahl sei. Die Engländer hätten aber die Produktion von Ros-
lagen gänzlich mit Beschlag belegt. In Frankreich fänden sich auch
gute Eisensorten. Das von Berry gäbe schon an und für sich einen
leidlich guten Stahl, gegärbt und gereinigt würde es einen vorzüg-
lichen geben. Die Güte des schwedischen Eisens liege nicht an den
besonderen Eigenschaften der Erze, sondern an der Sorgfalt, mit der
es ausgeschieden werde.
Am 3. Floreal des Jahres II erfolgte dann eine Instruktion an
alle agents nationaux, auf die Gründung von Stahlgesellschaften zu
wirken, sowie ein Aufruf an alle Bürger, Stahl zu fabrizieren. —
Daraufhin entstanden viele neue Cementstahlwerke. Der National-
agent von Toulouse bezeugte seinen Eifer und schrieb an die Regie-
rung: nur die Intriguen der Tyrannen und die niederträchtige Politik
des Hofes habe seither die Fabrikation des Stahls verhindert, was
ein Verbrechen und ein Schandfleck für Frankreich sei. — Die neuen
Stahlwerke erhielten ihre Arbeiter „par requisition“, weil es durch
den Krieg an Arbeitskräften fehlte, ebenso muſsten sie sich ihre
Rohmaterialien durch Requisition verschaffen. Die meisten waren
ohne Kapital, viele auf öffentlichem Grund und Boden errichtet. Es
entstanden Stahlwerke zu Paris au Feuillants in der Vorstadt St.
Antoine, zu Thionville (Mosel), Havre, Chaumont (Eure), Lorient
(Morbihan), zwei zu Nantes, zu Angers, Amboise, Souppes, Neronville,
Brienne (Aube), zwei zu St. Dié, zu la Hutte und zu Droiteval (Vogesen),
Mont-sur-Tille (Côte d’Or), Nevèrs, Bizy (Nièvre), Outrefurens (Loire),
Chautemerle (Hochalpen), im Arsenal zu Toulon, bei Marseille, Alais,
Nogaro (Gers), Eucausse (Unter-Pyrenäen), Agen (Lot et Garonne),
Toulouse und Sinoges (?).
Zu Nantes und Angers verarbeitete man schwedisches Eisen, in-
folgedessen man besseren Erfolg hatte, als die übrigen Werke. Auch
zu Toulon wurden neun Sorten schwedisches Eisen verwendet, doch waren
es nur solche, welche die Engländer für diesen Zweck nicht anwen-
deten; später nahm man Eisen von Franche-Comté. — Alle die
neuen Fabriken konnten die Schwierigkeiten, welche ihnen die Qua-
lität des einheimischen Eisens bereitete, nicht überwinden und sahen
sich gezwungen, durch Agenten im geheimen guten Stahl im Aus-
lande kaufen zu lassen. Sobald der Friede wieder hergestellt, und
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1046. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1060>, abgerufen am 21.11.2024.
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