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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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eisernen Cylindergebläse und hat sie zuerst in unmittelbare Ver-
bindung mit der neuerfundenen Wattschen Dampfmaschine gebracht.
Mit der Erfindung Watts war Wilkinson auch dadurch eng ver-
bunden, dass er die ersten brauchbaren Dampfcylinder goss und eine
verbesserte Bohrmaschine erfand, wodurch dieselben genauer, wie dies
vordem möglich war, ausgebohrt werden konnten; ferner dadurch,
dass er der Erste war, der die Wattsche Dampfmaschine in der Eisen-
industrie anwendete und sie zur Bewegung von Walzwerken, Hämmern
und Gebläsemaschinen verwendete. Für seine Erfindung, die Walz-
werke unmittelbar durch die Dampfmaschinen zu betreiben, erhielt
er 1792 ein Patent. Er war ferner der Erfinder der modernen Kupolo-
öfen, welche er auch zum Ausschmelzen der Erze anwendete (s. S. 614).

John Wilkinsons Wirksamkeit beschränkte sich nicht auf
England, sondern er führte die neuen Erfindungen auch auf dem
Kontinent ein und wurde der Prophet und der Begründer des modernen
Eisenhüttenwesens in Frankreich und in Deutschland. In Frankreich
baute sein Bruder, wie wir gesehen haben, im Auftrage der französischen
Regierung die neue, grossartige Kokshochofenhütte zu Creusot 1782 und
in Deutschland stand er dem Graf Reden bei der Anlage der ersten
Kokshochofenhütte zu Gleiwitz mit Rat und That bei. Er war unbe-
dingt im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts die erste Autorität im
Eisenhüttenwesen in Europa. Boulton, der ihn besser wie irgend
einer beurteilen konnte, schreibt über ihn gelegentlich an Watt:
Ich muss gestehen, ich kann John Wilkinson nur bewundern wegen
seines entschiedenen, klaren und bestimmten Charakters, der nach
meiner Meinung der vorzüglichste seiner Art ist1).

Smeaton gebührt das Verdienst, das eiserne Cylindergebläse
erfunden und auf den Carron-Works in Schottland zuerst eingeführt
zu haben.

Wichtiger noch als alle genannten Erfindungen war die der
(eigentlichen) Dampfmaschine durch James Watt. Sie übte den
unmittelbarsten und grössten Einfluss auf die Eisenindustrie aus,
wovon wir eben schon bei Wilkinsons Verbesserungen Beispiele
gesehen haben. In engster Beziehung damit stand die allgemeine Ein-
führung der Cylindergebläse bei den Hochöfen, welche die Verstärkung
der Produktion, die Vergrösserung der Hochöfen und was damit
zusammenhing, zur Folge hatte.


1) I can't say, but that I admire John Wilkinson for his decisive, clear
and distinct character, which is, I think, a first-rate one of its kind.

England.
eisernen Cylindergebläse und hat sie zuerst in unmittelbare Ver-
bindung mit der neuerfundenen Wattschen Dampfmaschine gebracht.
Mit der Erfindung Watts war Wilkinson auch dadurch eng ver-
bunden, daſs er die ersten brauchbaren Dampfcylinder goſs und eine
verbesserte Bohrmaschine erfand, wodurch dieselben genauer, wie dies
vordem möglich war, ausgebohrt werden konnten; ferner dadurch,
daſs er der Erste war, der die Wattsche Dampfmaschine in der Eisen-
industrie anwendete und sie zur Bewegung von Walzwerken, Hämmern
und Gebläsemaschinen verwendete. Für seine Erfindung, die Walz-
werke unmittelbar durch die Dampfmaschinen zu betreiben, erhielt
er 1792 ein Patent. Er war ferner der Erfinder der modernen Kupolo-
öfen, welche er auch zum Ausschmelzen der Erze anwendete (s. S. 614).

John Wilkinsons Wirksamkeit beschränkte sich nicht auf
England, sondern er führte die neuen Erfindungen auch auf dem
Kontinent ein und wurde der Prophet und der Begründer des modernen
Eisenhüttenwesens in Frankreich und in Deutschland. In Frankreich
baute sein Bruder, wie wir gesehen haben, im Auftrage der französischen
Regierung die neue, groſsartige Kokshochofenhütte zu Creusot 1782 und
in Deutschland stand er dem Graf Reden bei der Anlage der ersten
Kokshochofenhütte zu Gleiwitz mit Rat und That bei. Er war unbe-
dingt im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts die erste Autorität im
Eisenhüttenwesen in Europa. Boulton, der ihn besser wie irgend
einer beurteilen konnte, schreibt über ihn gelegentlich an Watt:
Ich muſs gestehen, ich kann John Wilkinson nur bewundern wegen
seines entschiedenen, klaren und bestimmten Charakters, der nach
meiner Meinung der vorzüglichste seiner Art ist1).

Smeaton gebührt das Verdienst, das eiserne Cylindergebläse
erfunden und auf den Carron-Works in Schottland zuerst eingeführt
zu haben.

Wichtiger noch als alle genannten Erfindungen war die der
(eigentlichen) Dampfmaschine durch James Watt. Sie übte den
unmittelbarsten und gröſsten Einfluſs auf die Eisenindustrie aus,
wovon wir eben schon bei Wilkinsons Verbesserungen Beispiele
gesehen haben. In engster Beziehung damit stand die allgemeine Ein-
führung der Cylindergebläse bei den Hochöfen, welche die Verstärkung
der Produktion, die Vergröſserung der Hochöfen und was damit
zusammenhing, zur Folge hatte.


1) I can’t say, but that I admire John Wilkinson for his decisive, clear
and distinct character, which is, I think, a first-rate one of its kind.
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[1078/1092] England. eisernen Cylindergebläse und hat sie zuerst in unmittelbare Ver- bindung mit der neuerfundenen Wattschen Dampfmaschine gebracht. Mit der Erfindung Watts war Wilkinson auch dadurch eng ver- bunden, daſs er die ersten brauchbaren Dampfcylinder goſs und eine verbesserte Bohrmaschine erfand, wodurch dieselben genauer, wie dies vordem möglich war, ausgebohrt werden konnten; ferner dadurch, daſs er der Erste war, der die Wattsche Dampfmaschine in der Eisen- industrie anwendete und sie zur Bewegung von Walzwerken, Hämmern und Gebläsemaschinen verwendete. Für seine Erfindung, die Walz- werke unmittelbar durch die Dampfmaschinen zu betreiben, erhielt er 1792 ein Patent. Er war ferner der Erfinder der modernen Kupolo- öfen, welche er auch zum Ausschmelzen der Erze anwendete (s. S. 614). John Wilkinsons Wirksamkeit beschränkte sich nicht auf England, sondern er führte die neuen Erfindungen auch auf dem Kontinent ein und wurde der Prophet und der Begründer des modernen Eisenhüttenwesens in Frankreich und in Deutschland. In Frankreich baute sein Bruder, wie wir gesehen haben, im Auftrage der französischen Regierung die neue, groſsartige Kokshochofenhütte zu Creusot 1782 und in Deutschland stand er dem Graf Reden bei der Anlage der ersten Kokshochofenhütte zu Gleiwitz mit Rat und That bei. Er war unbe- dingt im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts die erste Autorität im Eisenhüttenwesen in Europa. Boulton, der ihn besser wie irgend einer beurteilen konnte, schreibt über ihn gelegentlich an Watt: Ich muſs gestehen, ich kann John Wilkinson nur bewundern wegen seines entschiedenen, klaren und bestimmten Charakters, der nach meiner Meinung der vorzüglichste seiner Art ist 1). Smeaton gebührt das Verdienst, das eiserne Cylindergebläse erfunden und auf den Carron-Works in Schottland zuerst eingeführt zu haben. Wichtiger noch als alle genannten Erfindungen war die der (eigentlichen) Dampfmaschine durch James Watt. Sie übte den unmittelbarsten und gröſsten Einfluſs auf die Eisenindustrie aus, wovon wir eben schon bei Wilkinsons Verbesserungen Beispiele gesehen haben. In engster Beziehung damit stand die allgemeine Ein- führung der Cylindergebläse bei den Hochöfen, welche die Verstärkung der Produktion, die Vergröſserung der Hochöfen und was damit zusammenhing, zur Folge hatte. 1) I can’t say, but that I admire John Wilkinson for his decisive, clear and distinct character, which is, I think, a first-rate one of its kind.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1078. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1092>, abgerufen am 21.11.2024.