Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Russland.
46 Wochen 650675 kg Roheisen, also durchschnittlich 2021 kg in
24 Stunden produziert. Das Ausbringen betrug 34 Proz., der Kohlen-
verbrauch 3 5/7 : 1. Ferner gab es Hochöfen zu Slatoust.

Auch über die Eisenhütten im europäischen Russland liegen keine
so genauen Nachrichten vor, wie über die uralischen Werke.

Um Tula und Kaluga und in dem kasanschen und wladomir-
schen Gouvernement gab es Hochöfen, welche auf der Verschmelzung
weisser Thoneisensteine von etwa 40 Proz. Gehalt begründet waren.

Grossartige Anlagen machten im wladimirschen Gouvernement
die beiden Brüder Andre Rhodiwonitsch (Bataschef) und Iwan
Rhodiwonitsch
. Ihr Vater hatte ihnen ein Eigentum von zusammen
600 bis 700 Bauern hinterlassen. Um 1780 teilten die Brüder ihr
Vermögen, welches sich damals schon auf 6000 Bauern belief; gegen
Ende des Jahrhunderts hatte Iwan allein so viel, während Andre
sein Vermögen bis auf 13000 vermehrt hatte. Iwan machte auf
seinen Hütten jährlich 300000 bis 400000 Pud, Andre aber machte
fast das Doppelte. Die beiden Brüder hatten grosse und öde Land-
strecken fruchtbar gemacht und Tausenden lohnenden Unterhalt ver-
schafft. Norberg vergleicht Bataschef in Russland mit Wilkinson in
England; ihm gebührt auch der Ruhm der Erfindung der grossen Sturz-
öfen. Das grossartigste Eisenwerk, welches Andre Rhodiwonitsch
Bataschef
anlegte, war Gussef. Er sah sich dazu 1750 durch den
kaiserlichen Befehl, dass auf 200 Werst von Moskau keine holzfressende
Anlage erbaut sein sollte, gezwungen. Er musste infolgedessen seinen
Wohnsitz aufgeben und erhielt dafür das öde Gebiet angewiesen, auf
welchem er das umfangreiche Werk errichtete. Es umfasste ausser
einem Hochofen acht Walzwerke für Dachplatten. Ein Gebäude,
welches 21 Reck- und Planierhämmer, von denen je 3 für ein
Walzwerk das bereitete Material annahmen und zuletzt streckten,
wobei es den den russischen Platten eigenen Glanz erhielt. Ein anderes
Gebäude enthielt 24 Stabeisenhämmer, welche das Materialeisen für
die Plattenwalzwerke verfertigten. Ferner war bei Gussef ein Gebäude
mit 96 Nagelhämmern, die durch 24 Wasserräder getrieben wurden,
und eine Schmiede für Hand- und Grobschmiede mit 200 Essen; end-
lich Werkstätten für Verzinner, Plattenschläger, Grossuhrmacher u. s. w.
Obgleich hochbetagt, legte Bataschef 1794 ein Giesshaus mit zwei
Sturzöfen an und legte den Grund zu einem riesigen Sensenwerk,
welches 1/2 Million Sensen jährlich liefern sollte. Bataschefs Hämmer
und Hütten produzierten jährlich 600000 bis 700000 Pud. Zu den
Hochofenwerken Bataschefs gehörten Umschenskoi und Sintul.

Ruſsland.
46 Wochen 650675 kg Roheisen, also durchschnittlich 2021 kg in
24 Stunden produziert. Das Ausbringen betrug 34 Proz., der Kohlen-
verbrauch 3 5/7 : 1. Ferner gab es Hochöfen zu Slatoust.

Auch über die Eisenhütten im europäischen Ruſsland liegen keine
so genauen Nachrichten vor, wie über die uralischen Werke.

Um Tula und Kaluga und in dem kasanschen und wladomir-
schen Gouvernement gab es Hochöfen, welche auf der Verschmelzung
weiſser Thoneisensteine von etwa 40 Proz. Gehalt begründet waren.

Groſsartige Anlagen machten im wladimirschen Gouvernement
die beiden Brüder André Rhodiwonitsch (Bataschef) und Iwan
Rhodiwonitsch
. Ihr Vater hatte ihnen ein Eigentum von zusammen
600 bis 700 Bauern hinterlassen. Um 1780 teilten die Brüder ihr
Vermögen, welches sich damals schon auf 6000 Bauern belief; gegen
Ende des Jahrhunderts hatte Iwan allein so viel, während André
sein Vermögen bis auf 13000 vermehrt hatte. Iwan machte auf
seinen Hütten jährlich 300000 bis 400000 Pud, André aber machte
fast das Doppelte. Die beiden Brüder hatten groſse und öde Land-
strecken fruchtbar gemacht und Tausenden lohnenden Unterhalt ver-
schafft. Norberg vergleicht Bataschef in Ruſsland mit Wilkinson in
England; ihm gebührt auch der Ruhm der Erfindung der groſsen Sturz-
öfen. Das groſsartigste Eisenwerk, welches André Rhodiwonitsch
Bataschef
anlegte, war Gussef. Er sah sich dazu 1750 durch den
kaiserlichen Befehl, daſs auf 200 Werst von Moskau keine holzfressende
Anlage erbaut sein sollte, gezwungen. Er muſste infolgedessen seinen
Wohnsitz aufgeben und erhielt dafür das öde Gebiet angewiesen, auf
welchem er das umfangreiche Werk errichtete. Es umfaſste auſser
einem Hochofen acht Walzwerke für Dachplatten. Ein Gebäude,
welches 21 Reck- und Planierhämmer, von denen je 3 für ein
Walzwerk das bereitete Material annahmen und zuletzt streckten,
wobei es den den russischen Platten eigenen Glanz erhielt. Ein anderes
Gebäude enthielt 24 Stabeisenhämmer, welche das Materialeisen für
die Plattenwalzwerke verfertigten. Ferner war bei Gussef ein Gebäude
mit 96 Nagelhämmern, die durch 24 Wasserräder getrieben wurden,
und eine Schmiede für Hand- und Grobschmiede mit 200 Essen; end-
lich Werkstätten für Verzinner, Plattenschläger, Groſsuhrmacher u. s. w.
Obgleich hochbetagt, legte Bataschef 1794 ein Gieſshaus mit zwei
Sturzöfen an und legte den Grund zu einem riesigen Sensenwerk,
welches ½ Million Sensen jährlich liefern sollte. Bataschefs Hämmer
und Hütten produzierten jährlich 600000 bis 700000 Pud. Zu den
Hochofenwerken Bataschefs gehörten Umschenskoi und Sintul.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f1160" n="1146"/><fw place="top" type="header">Ru&#x017F;sland.</fw><lb/>
46 Wochen 650675 kg Roheisen, also durchschnittlich 2021 kg in<lb/>
24 Stunden produziert. Das Ausbringen betrug 34 Proz., der Kohlen-<lb/>
verbrauch 3 5/7 : 1. Ferner gab es Hochöfen zu Slatoust.</p><lb/>
            <p>Auch über die Eisenhütten im europäischen Ru&#x017F;sland liegen keine<lb/>
so genauen Nachrichten vor, wie über die uralischen Werke.</p><lb/>
            <p>Um Tula und Kaluga und in dem kasanschen und wladomir-<lb/>
schen Gouvernement gab es Hochöfen, welche auf der Verschmelzung<lb/>
wei&#x017F;ser Thoneisensteine von etwa 40 Proz. Gehalt begründet waren.</p><lb/>
            <p>Gro&#x017F;sartige Anlagen machten im wladimirschen Gouvernement<lb/>
die beiden Brüder <hi rendition="#g">André Rhodiwonitsch (Bataschef)</hi> und <hi rendition="#g">Iwan<lb/>
Rhodiwonitsch</hi>. Ihr Vater hatte ihnen ein Eigentum von zusammen<lb/>
600 bis 700 Bauern hinterlassen. Um 1780 teilten die Brüder ihr<lb/>
Vermögen, welches sich damals schon auf 6000 Bauern belief; gegen<lb/>
Ende des Jahrhunderts hatte <hi rendition="#g">Iwan</hi> allein so viel, während <hi rendition="#g">André</hi><lb/>
sein Vermögen bis auf 13000 vermehrt hatte. <hi rendition="#g">Iwan</hi> machte auf<lb/>
seinen Hütten jährlich 300000 bis 400000 Pud, <hi rendition="#g">André</hi> aber machte<lb/>
fast das Doppelte. Die beiden Brüder hatten gro&#x017F;se und öde Land-<lb/>
strecken fruchtbar gemacht und Tausenden lohnenden Unterhalt ver-<lb/>
schafft. <hi rendition="#g">Norberg</hi> vergleicht <hi rendition="#g">Bataschef</hi> in Ru&#x017F;sland mit <hi rendition="#g">Wilkinson</hi> in<lb/>
England; ihm gebührt auch der Ruhm der Erfindung der gro&#x017F;sen Sturz-<lb/>
öfen. Das gro&#x017F;sartigste Eisenwerk, welches <hi rendition="#g">André Rhodiwonitsch<lb/>
Bataschef</hi> anlegte, war Gussef. Er sah sich dazu 1750 durch den<lb/>
kaiserlichen Befehl, da&#x017F;s auf 200 Werst von Moskau keine holzfressende<lb/>
Anlage erbaut sein sollte, gezwungen. Er mu&#x017F;ste infolgedessen seinen<lb/>
Wohnsitz aufgeben und erhielt dafür das öde Gebiet angewiesen, auf<lb/>
welchem er das umfangreiche Werk errichtete. Es umfa&#x017F;ste au&#x017F;ser<lb/>
einem Hochofen acht Walzwerke für Dachplatten. Ein Gebäude,<lb/>
welches 21 Reck- und Planierhämmer, von denen je 3 für ein<lb/>
Walzwerk das bereitete Material annahmen und zuletzt streckten,<lb/>
wobei es den den russischen Platten eigenen Glanz erhielt. Ein anderes<lb/>
Gebäude enthielt 24 Stabeisenhämmer, welche das Materialeisen für<lb/>
die Plattenwalzwerke verfertigten. Ferner war bei Gussef ein Gebäude<lb/>
mit 96 Nagelhämmern, die durch 24 Wasserräder getrieben wurden,<lb/>
und eine Schmiede für Hand- und Grobschmiede mit 200 Essen; end-<lb/>
lich Werkstätten für Verzinner, Plattenschläger, Gro&#x017F;suhrmacher u. s. w.<lb/>
Obgleich hochbetagt, legte <hi rendition="#g">Bataschef</hi> 1794 ein Gie&#x017F;shaus mit zwei<lb/>
Sturzöfen an und legte den Grund zu einem riesigen Sensenwerk,<lb/>
welches ½ Million Sensen jährlich liefern sollte. <hi rendition="#g">Bataschefs</hi> Hämmer<lb/>
und Hütten produzierten jährlich 600000 bis 700000 Pud. Zu den<lb/>
Hochofenwerken <hi rendition="#g">Bataschefs</hi> gehörten Umschenskoi und Sintul.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1146/1160] Ruſsland. 46 Wochen 650675 kg Roheisen, also durchschnittlich 2021 kg in 24 Stunden produziert. Das Ausbringen betrug 34 Proz., der Kohlen- verbrauch 3 5/7 : 1. Ferner gab es Hochöfen zu Slatoust. Auch über die Eisenhütten im europäischen Ruſsland liegen keine so genauen Nachrichten vor, wie über die uralischen Werke. Um Tula und Kaluga und in dem kasanschen und wladomir- schen Gouvernement gab es Hochöfen, welche auf der Verschmelzung weiſser Thoneisensteine von etwa 40 Proz. Gehalt begründet waren. Groſsartige Anlagen machten im wladimirschen Gouvernement die beiden Brüder André Rhodiwonitsch (Bataschef) und Iwan Rhodiwonitsch. Ihr Vater hatte ihnen ein Eigentum von zusammen 600 bis 700 Bauern hinterlassen. Um 1780 teilten die Brüder ihr Vermögen, welches sich damals schon auf 6000 Bauern belief; gegen Ende des Jahrhunderts hatte Iwan allein so viel, während André sein Vermögen bis auf 13000 vermehrt hatte. Iwan machte auf seinen Hütten jährlich 300000 bis 400000 Pud, André aber machte fast das Doppelte. Die beiden Brüder hatten groſse und öde Land- strecken fruchtbar gemacht und Tausenden lohnenden Unterhalt ver- schafft. Norberg vergleicht Bataschef in Ruſsland mit Wilkinson in England; ihm gebührt auch der Ruhm der Erfindung der groſsen Sturz- öfen. Das groſsartigste Eisenwerk, welches André Rhodiwonitsch Bataschef anlegte, war Gussef. Er sah sich dazu 1750 durch den kaiserlichen Befehl, daſs auf 200 Werst von Moskau keine holzfressende Anlage erbaut sein sollte, gezwungen. Er muſste infolgedessen seinen Wohnsitz aufgeben und erhielt dafür das öde Gebiet angewiesen, auf welchem er das umfangreiche Werk errichtete. Es umfaſste auſser einem Hochofen acht Walzwerke für Dachplatten. Ein Gebäude, welches 21 Reck- und Planierhämmer, von denen je 3 für ein Walzwerk das bereitete Material annahmen und zuletzt streckten, wobei es den den russischen Platten eigenen Glanz erhielt. Ein anderes Gebäude enthielt 24 Stabeisenhämmer, welche das Materialeisen für die Plattenwalzwerke verfertigten. Ferner war bei Gussef ein Gebäude mit 96 Nagelhämmern, die durch 24 Wasserräder getrieben wurden, und eine Schmiede für Hand- und Grobschmiede mit 200 Essen; end- lich Werkstätten für Verzinner, Plattenschläger, Groſsuhrmacher u. s. w. Obgleich hochbetagt, legte Bataschef 1794 ein Gieſshaus mit zwei Sturzöfen an und legte den Grund zu einem riesigen Sensenwerk, welches ½ Million Sensen jährlich liefern sollte. Bataschefs Hämmer und Hütten produzierten jährlich 600000 bis 700000 Pud. Zu den Hochofenwerken Bataschefs gehörten Umschenskoi und Sintul.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1160
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1160>, abgerufen am 20.05.2024.