20 bis 30 Ellen sei es wohl gut. Leider fand sich ein solcher "Kurio- sus" aber nicht und so blieb die schöne Idee auf dem Papiere.
Fischer von Erlach dagegen hatte sich mit der Dampfmaschine so vertraut gemacht, dass er 1724 selbst eine in Wien erbaute, und zwar für den Fürsten Franz Adam von Schwarzenberg, um in dessen Schlossgarten Wasserkünste zu treiben. Ihr Dampfkessel hatte 6 Schuh Durchmesser, der Cylinder war von Metall "aus einem Stück gegossen 9 Schuh hoch, eines Fingers dick, 1200 Pfd. schwer, im Diametro 2 Schuh, inwendig wohl ausgebohret und polieret". Die Maschine kostete 12000 Gulden. Diese Maschine, die sehr gut arbeitete und damals zu den Merkwürdigkeiten Wiens gezählt wurde 1), war die erste leistungsfähige deutsche, d. h. von einem Deutschen mit deutschem Material erbaute Dampfmaschine.
1735 wurde Fischer von Erlach in den Freiherrnstand er- hoben.
Im Jahre 1726 war auch zu Passy bei Paris eine Newcomen- Maschine von Mey und Meyer aufgestellt und in Betrieb gesetzt worden. Dieselbe war nach dem Modell der Maschine von Griff in England angefertigt. Sie hatte, nach Weidler2), einen ovalen Kessel und einen eisernen Cylinder von 6 Fuss Höhe. Dies ist der erste eiserne Cylinder einer Newcomen-Maschine, von dem wir be- stimmte Nachricht haben. In England selbst wurden solche nicht angewendet. 1740 schreibt noch der berühmte Desaguiliers, der um die Entwickelung der Dampfmaschine sich so grosse Verdienste erworben hat: "Einige Leute bedienen sich eiserner Cylinder für ihre Dampfmaschinen, doch möchte ich niemandem dazu raten, denn, wenn man auch Arbeiter hätte, welche sie glatt genug ausbohren könnten, so kann man sie doch nicht dünner als einen Zoll dick giessen; deshalb können sie weder so rasch erhitzt noch abgekühlt werden, als andere und das macht ein bis zwei Touren Unter- schied in der Minute, wodurch 1/8 bis 1/10 weniger Wasser gehoben wird. Ein Bronzecylinder von den grössten Massen kann leicht 1/3 Zoll dick gegossen werden, und bei dauerndem Betriebe wird sich rasch die Differenz der Anlagekosten ausgleichen, um so mehr, wenn man den bleibenden Materialwert des Bronzecylinders in Betracht zieht".
1) Siehe das Februarheft der "Merkwürdigkeiten Wiens" 1727, S. 74. Es heisst da, "dass fast zu gleicher Zeit (mit der Königsberger Maschine) auch die dritte Feuermaschine allhier in Wien von dem Herrn Fischer von Erlacher sey verfertiget worden". Die Maschine ist daselbst abgebildet und ist ganz ähnlich der Londoner Maschine.
2) Loc. cit., p. 72.
Die Dampfmaschine vor Watt.
20 bis 30 Ellen sei es wohl gut. Leider fand sich ein solcher „Kurio- sus“ aber nicht und so blieb die schöne Idee auf dem Papiere.
Fischer von Erlach dagegen hatte sich mit der Dampfmaschine so vertraut gemacht, daſs er 1724 selbst eine in Wien erbaute, und zwar für den Fürsten Franz Adam von Schwarzenberg, um in dessen Schloſsgarten Wasserkünste zu treiben. Ihr Dampfkessel hatte 6 Schuh Durchmesser, der Cylinder war von Metall „aus einem Stück gegossen 9 Schuh hoch, eines Fingers dick, 1200 Pfd. schwer, im Diametro 2 Schuh, inwendig wohl ausgebohret und polieret“. Die Maschine kostete 12000 Gulden. Diese Maschine, die sehr gut arbeitete und damals zu den Merkwürdigkeiten Wiens gezählt wurde 1), war die erste leistungsfähige deutsche, d. h. von einem Deutschen mit deutschem Material erbaute Dampfmaschine.
1735 wurde Fischer von Erlach in den Freiherrnstand er- hoben.
Im Jahre 1726 war auch zu Passy bei Paris eine Newcomen- Maschine von Mey und Meyer aufgestellt und in Betrieb gesetzt worden. Dieselbe war nach dem Modell der Maschine von Griff in England angefertigt. Sie hatte, nach Weidler2), einen ovalen Kessel und einen eisernen Cylinder von 6 Fuſs Höhe. Dies ist der erste eiserne Cylinder einer Newcomen-Maschine, von dem wir be- stimmte Nachricht haben. In England selbst wurden solche nicht angewendet. 1740 schreibt noch der berühmte Desaguiliers, der um die Entwickelung der Dampfmaschine sich so groſse Verdienste erworben hat: „Einige Leute bedienen sich eiserner Cylinder für ihre Dampfmaschinen, doch möchte ich niemandem dazu raten, denn, wenn man auch Arbeiter hätte, welche sie glatt genug ausbohren könnten, so kann man sie doch nicht dünner als einen Zoll dick gieſsen; deshalb können sie weder so rasch erhitzt noch abgekühlt werden, als andere und das macht ein bis zwei Touren Unter- schied in der Minute, wodurch ⅛ bis 1/10 weniger Wasser gehoben wird. Ein Bronzecylinder von den gröſsten Maſsen kann leicht ⅓ Zoll dick gegossen werden, und bei dauerndem Betriebe wird sich rasch die Differenz der Anlagekosten ausgleichen, um so mehr, wenn man den bleibenden Materialwert des Bronzecylinders in Betracht zieht“.
1) Siehe das Februarheft der „Merkwürdigkeiten Wiens“ 1727, S. 74. Es heiſst da, „daſs fast zu gleicher Zeit (mit der Königsberger Maschine) auch die dritte Feuermaschine allhier in Wien von dem Herrn Fischer von Erlacher sey verfertiget worden“. Die Maschine ist daselbst abgebildet und ist ganz ähnlich der Londoner Maschine.
2) Loc. cit., p. 72.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0125"n="111"/><fwplace="top"type="header">Die Dampfmaschine vor Watt.</fw><lb/>
20 bis 30 Ellen sei es wohl gut. Leider fand sich ein solcher „Kurio-<lb/>
sus“ aber nicht und so blieb die schöne Idee auf dem Papiere.</p><lb/><p><hirendition="#g">Fischer von Erlach</hi> dagegen hatte sich mit der Dampfmaschine<lb/>
so vertraut gemacht, daſs er 1724 selbst eine in Wien erbaute, und<lb/>
zwar für den Fürsten <hirendition="#g">Franz Adam von Schwarzenberg</hi>, um in<lb/>
dessen Schloſsgarten Wasserkünste zu treiben. Ihr Dampfkessel hatte<lb/>
6 Schuh Durchmesser, der Cylinder war von Metall „aus einem Stück<lb/>
gegossen 9 Schuh hoch, eines Fingers dick, 1200 Pfd. schwer, im<lb/>
Diametro 2 Schuh, inwendig wohl ausgebohret und polieret“. Die<lb/>
Maschine kostete 12000 Gulden. Diese Maschine, die sehr gut arbeitete<lb/>
und damals zu den Merkwürdigkeiten Wiens gezählt wurde <noteplace="foot"n="1)">Siehe das Februarheft der „Merkwürdigkeiten Wiens“ 1727, S. 74. Es<lb/>
heiſst da, „daſs fast zu gleicher Zeit (mit der Königsberger Maschine) auch die<lb/>
dritte Feuermaschine allhier in Wien von dem Herrn <hirendition="#g">Fischer von Erlacher</hi><lb/>
sey <hirendition="#g">verfertiget</hi> worden“. Die Maschine ist daselbst abgebildet und ist ganz<lb/>
ähnlich der Londoner Maschine.</note>, war die<lb/>
erste leistungsfähige deutsche, d. h. von einem Deutschen mit deutschem<lb/>
Material erbaute Dampfmaschine.</p><lb/><p>1735 wurde <hirendition="#g">Fischer von Erlach</hi> in den Freiherrnstand er-<lb/>
hoben.</p><lb/><p>Im Jahre 1726 war auch zu Passy bei Paris eine <hirendition="#g">Newcomen</hi>-<lb/>
Maschine von <hirendition="#g">Mey</hi> und <hirendition="#g">Meyer</hi> aufgestellt und in Betrieb gesetzt<lb/>
worden. Dieselbe war nach dem Modell der Maschine von <hirendition="#g">Griff</hi> in<lb/>
England angefertigt. Sie hatte, nach <hirendition="#g">Weidler</hi><noteplace="foot"n="2)">Loc. cit., p. 72.</note>, einen ovalen<lb/>
Kessel und einen <hirendition="#g">eisernen</hi> Cylinder von 6 Fuſs Höhe. Dies ist der<lb/>
erste eiserne Cylinder einer <hirendition="#g">Newcomen</hi>-Maschine, von dem wir be-<lb/>
stimmte Nachricht haben. In England selbst wurden solche nicht<lb/>
angewendet. 1740 schreibt noch der berühmte <hirendition="#g">Desaguiliers</hi>, der<lb/>
um die Entwickelung der Dampfmaschine sich so groſse Verdienste<lb/>
erworben hat: „Einige Leute bedienen sich eiserner Cylinder für<lb/>
ihre Dampfmaschinen, doch möchte ich niemandem dazu raten, denn,<lb/>
wenn man auch Arbeiter hätte, welche sie glatt genug ausbohren<lb/>
könnten, so kann man sie doch nicht dünner als einen Zoll dick<lb/>
gieſsen; deshalb können sie weder so rasch erhitzt noch abgekühlt<lb/>
werden, als andere und das macht ein bis zwei Touren Unter-<lb/>
schied in der Minute, wodurch ⅛ bis 1/10 weniger Wasser gehoben<lb/>
wird. Ein Bronzecylinder von den gröſsten Maſsen kann leicht<lb/>⅓ Zoll dick gegossen werden, und bei dauerndem Betriebe wird sich<lb/>
rasch die Differenz der Anlagekosten ausgleichen, um so mehr, wenn man<lb/>
den bleibenden Materialwert des Bronzecylinders in Betracht zieht“.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[111/0125]
Die Dampfmaschine vor Watt.
20 bis 30 Ellen sei es wohl gut. Leider fand sich ein solcher „Kurio-
sus“ aber nicht und so blieb die schöne Idee auf dem Papiere.
Fischer von Erlach dagegen hatte sich mit der Dampfmaschine
so vertraut gemacht, daſs er 1724 selbst eine in Wien erbaute, und
zwar für den Fürsten Franz Adam von Schwarzenberg, um in
dessen Schloſsgarten Wasserkünste zu treiben. Ihr Dampfkessel hatte
6 Schuh Durchmesser, der Cylinder war von Metall „aus einem Stück
gegossen 9 Schuh hoch, eines Fingers dick, 1200 Pfd. schwer, im
Diametro 2 Schuh, inwendig wohl ausgebohret und polieret“. Die
Maschine kostete 12000 Gulden. Diese Maschine, die sehr gut arbeitete
und damals zu den Merkwürdigkeiten Wiens gezählt wurde 1), war die
erste leistungsfähige deutsche, d. h. von einem Deutschen mit deutschem
Material erbaute Dampfmaschine.
1735 wurde Fischer von Erlach in den Freiherrnstand er-
hoben.
Im Jahre 1726 war auch zu Passy bei Paris eine Newcomen-
Maschine von Mey und Meyer aufgestellt und in Betrieb gesetzt
worden. Dieselbe war nach dem Modell der Maschine von Griff in
England angefertigt. Sie hatte, nach Weidler 2), einen ovalen
Kessel und einen eisernen Cylinder von 6 Fuſs Höhe. Dies ist der
erste eiserne Cylinder einer Newcomen-Maschine, von dem wir be-
stimmte Nachricht haben. In England selbst wurden solche nicht
angewendet. 1740 schreibt noch der berühmte Desaguiliers, der
um die Entwickelung der Dampfmaschine sich so groſse Verdienste
erworben hat: „Einige Leute bedienen sich eiserner Cylinder für
ihre Dampfmaschinen, doch möchte ich niemandem dazu raten, denn,
wenn man auch Arbeiter hätte, welche sie glatt genug ausbohren
könnten, so kann man sie doch nicht dünner als einen Zoll dick
gieſsen; deshalb können sie weder so rasch erhitzt noch abgekühlt
werden, als andere und das macht ein bis zwei Touren Unter-
schied in der Minute, wodurch ⅛ bis 1/10 weniger Wasser gehoben
wird. Ein Bronzecylinder von den gröſsten Maſsen kann leicht
⅓ Zoll dick gegossen werden, und bei dauerndem Betriebe wird sich
rasch die Differenz der Anlagekosten ausgleichen, um so mehr, wenn man
den bleibenden Materialwert des Bronzecylinders in Betracht zieht“.
1) Siehe das Februarheft der „Merkwürdigkeiten Wiens“ 1727, S. 74. Es
heiſst da, „daſs fast zu gleicher Zeit (mit der Königsberger Maschine) auch die
dritte Feuermaschine allhier in Wien von dem Herrn Fischer von Erlacher
sey verfertiget worden“. Die Maschine ist daselbst abgebildet und ist ganz
ähnlich der Londoner Maschine.
2) Loc. cit., p. 72.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/125>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.