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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Hochöfen bis 1734.
grösser mussten die Bälge sein. Früher hatte man Lederbälge. Die
Holzbälge machte man länger wie diese, weil man dadurch stärkere
Pressung erzielte, der bewegliche Oberdeckel war 121/2 Fuss (3,712 m)
lang und bis zum Anfang der Düse betrug die Balglänge 14 Fuss
(4,158 m), bei einer Hubhöhe von 31/2 Fuss (1,039 m); die hintere
Breite des Balgdeckels betrug 41/2 Fuss (1,336 m), die vordere 3 1/6 Fuss
(0,941 m).

Die Düse, welche eine 31/2 Finger (0,087 m) breite Öffnung hatte,
war von Eisenblech. Das Anblasen geschah langsam und steigerte
man die Hitze allmählich. Dies wurde durch den Wasserzufluss reguliert.
Bei regelmässigem Gange machte jeder Balg 10 Hübe in der Minute.
Die Düse war 1 2/3 Fuss (0,495 m) lang und ragte 1/2 Fuss (0,148 m)
in die Form, welche 2 Fuss (0,594 m) lang war.

Das Formloch war viereckig, die untere Fläche horizontal, die
Seitenflächen schief in den Stein gehauen und mit Lehm so zubereitet,
dass es halbkreisförmig wurde. Wenn diese Auskleidung wegschmolz,
wurde sie erneuert, die Unterlage bildete eine eiserne Formplatte,
welche ungefähr 12 Grad in den Ofen geneigt war und auf der die
Düse ruhte. Dass bei solchem Stechen der Form fast immer Rohgang
herrschte, wie aus Swedenborgs Schilderung hervorgeht, ist nicht
zu verwundern. Trotzdem führt er viele Gründe für diese verkehrte
Formlage an. Der Wind, der der Pulsschlag und die Seele des
Ofens sei, wie die Hitze das Leben, müsse in dieser Richtung ein-
strömen, um über die geschmolzene Masse hinzugleiten und bis zur
andern Seite durchzudringen. Dies geschähe nicht, wenn die Form
horizontal liege, indem dann der Wind gleich nach oben steige und
zu viele Kohlen verbrenne. Dass eine solche Formlage möglich war,
ohne alles Eisen im Herd zu verkochen, lässt sich nur aus der sehr
schwachen Pressung des Windes erklären. Allerdings meint auch
Swedenborg, die Form dürfe nicht zu viel Neigung haben, weil
sonst der Wind nicht bis zur andern Seite durchdringe. Hohe Flamme
mit viel Funken an der Gicht sei das Zeichen zu geneigter Formlage.
Ebenso könne der Wind nicht durchdringen, wenn die Form zu weit
sei, sei sie aber zu eng, so komme nicht genug Wind in den Ofen.
Auch bei kreisrunder Formöffnung dringe der Wind nicht zur andern
Seite, die Halbkreisform sei die beste. Auch die Entfernung der
Düse vom Formmaul, das Zurückliegen derselben sei von Wichtigkeit.
Im Winter gehe die Schmelzung besser von statten als im Sommer,
was er der geringeren Feuchtigkeit zuschreibt, während der Haupt-
grund die dichtere Luft ist. Es sei eine allgemeine Regel, dass der

Hochöfen bis 1734.
gröſser muſsten die Bälge sein. Früher hatte man Lederbälge. Die
Holzbälge machte man länger wie diese, weil man dadurch stärkere
Pressung erzielte, der bewegliche Oberdeckel war 12½ Fuſs (3,712 m)
lang und bis zum Anfang der Düse betrug die Balglänge 14 Fuſs
(4,158 m), bei einer Hubhöhe von 3½ Fuſs (1,039 m); die hintere
Breite des Balgdeckels betrug 4½ Fuſs (1,336 m), die vordere 3⅙ Fuſs
(0,941 m).

Die Düse, welche eine 3½ Finger (0,087 m) breite Öffnung hatte,
war von Eisenblech. Das Anblasen geschah langsam und steigerte
man die Hitze allmählich. Dies wurde durch den Wasserzufluſs reguliert.
Bei regelmäſsigem Gange machte jeder Balg 10 Hübe in der Minute.
Die Düse war 1⅔ Fuſs (0,495 m) lang und ragte ½ Fuſs (0,148 m)
in die Form, welche 2 Fuſs (0,594 m) lang war.

Das Formloch war viereckig, die untere Fläche horizontal, die
Seitenflächen schief in den Stein gehauen und mit Lehm so zubereitet,
daſs es halbkreisförmig wurde. Wenn diese Auskleidung wegschmolz,
wurde sie erneuert, die Unterlage bildete eine eiserne Formplatte,
welche ungefähr 12 Grad in den Ofen geneigt war und auf der die
Düse ruhte. Daſs bei solchem Stechen der Form fast immer Rohgang
herrschte, wie aus Swedenborgs Schilderung hervorgeht, ist nicht
zu verwundern. Trotzdem führt er viele Gründe für diese verkehrte
Formlage an. Der Wind, der der Pulsschlag und die Seele des
Ofens sei, wie die Hitze das Leben, müsse in dieser Richtung ein-
strömen, um über die geschmolzene Masse hinzugleiten und bis zur
andern Seite durchzudringen. Dies geschähe nicht, wenn die Form
horizontal liege, indem dann der Wind gleich nach oben steige und
zu viele Kohlen verbrenne. Daſs eine solche Formlage möglich war,
ohne alles Eisen im Herd zu verkochen, läſst sich nur aus der sehr
schwachen Pressung des Windes erklären. Allerdings meint auch
Swedenborg, die Form dürfe nicht zu viel Neigung haben, weil
sonst der Wind nicht bis zur andern Seite durchdringe. Hohe Flamme
mit viel Funken an der Gicht sei das Zeichen zu geneigter Formlage.
Ebenso könne der Wind nicht durchdringen, wenn die Form zu weit
sei, sei sie aber zu eng, so komme nicht genug Wind in den Ofen.
Auch bei kreisrunder Formöffnung dringe der Wind nicht zur andern
Seite, die Halbkreisform sei die beste. Auch die Entfernung der
Düse vom Formmaul, das Zurückliegen derselben sei von Wichtigkeit.
Im Winter gehe die Schmelzung besser von statten als im Sommer,
was er der geringeren Feuchtigkeit zuschreibt, während der Haupt-
grund die dichtere Luft ist. Es sei eine allgemeine Regel, daſs der

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[144/0158] Hochöfen bis 1734. gröſser muſsten die Bälge sein. Früher hatte man Lederbälge. Die Holzbälge machte man länger wie diese, weil man dadurch stärkere Pressung erzielte, der bewegliche Oberdeckel war 12½ Fuſs (3,712 m) lang und bis zum Anfang der Düse betrug die Balglänge 14 Fuſs (4,158 m), bei einer Hubhöhe von 3½ Fuſs (1,039 m); die hintere Breite des Balgdeckels betrug 4½ Fuſs (1,336 m), die vordere 3⅙ Fuſs (0,941 m). Die Düse, welche eine 3½ Finger (0,087 m) breite Öffnung hatte, war von Eisenblech. Das Anblasen geschah langsam und steigerte man die Hitze allmählich. Dies wurde durch den Wasserzufluſs reguliert. Bei regelmäſsigem Gange machte jeder Balg 10 Hübe in der Minute. Die Düse war 1⅔ Fuſs (0,495 m) lang und ragte ½ Fuſs (0,148 m) in die Form, welche 2 Fuſs (0,594 m) lang war. Das Formloch war viereckig, die untere Fläche horizontal, die Seitenflächen schief in den Stein gehauen und mit Lehm so zubereitet, daſs es halbkreisförmig wurde. Wenn diese Auskleidung wegschmolz, wurde sie erneuert, die Unterlage bildete eine eiserne Formplatte, welche ungefähr 12 Grad in den Ofen geneigt war und auf der die Düse ruhte. Daſs bei solchem Stechen der Form fast immer Rohgang herrschte, wie aus Swedenborgs Schilderung hervorgeht, ist nicht zu verwundern. Trotzdem führt er viele Gründe für diese verkehrte Formlage an. Der Wind, der der Pulsschlag und die Seele des Ofens sei, wie die Hitze das Leben, müsse in dieser Richtung ein- strömen, um über die geschmolzene Masse hinzugleiten und bis zur andern Seite durchzudringen. Dies geschähe nicht, wenn die Form horizontal liege, indem dann der Wind gleich nach oben steige und zu viele Kohlen verbrenne. Daſs eine solche Formlage möglich war, ohne alles Eisen im Herd zu verkochen, läſst sich nur aus der sehr schwachen Pressung des Windes erklären. Allerdings meint auch Swedenborg, die Form dürfe nicht zu viel Neigung haben, weil sonst der Wind nicht bis zur andern Seite durchdringe. Hohe Flamme mit viel Funken an der Gicht sei das Zeichen zu geneigter Formlage. Ebenso könne der Wind nicht durchdringen, wenn die Form zu weit sei, sei sie aber zu eng, so komme nicht genug Wind in den Ofen. Auch bei kreisrunder Formöffnung dringe der Wind nicht zur andern Seite, die Halbkreisform sei die beste. Auch die Entfernung der Düse vom Formmaul, das Zurückliegen derselben sei von Wichtigkeit. Im Winter gehe die Schmelzung besser von statten als im Sommer, was er der geringeren Feuchtigkeit zuschreibt, während der Haupt- grund die dichtere Luft ist. Es sei eine allgemeine Regel, daſs der

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/158>, abgerufen am 10.05.2024.