Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Eisen- und Stahlfrischen.
(1440 kg) Gewicht, woraus 60 Schiffspfund (9600 kg) Stäbe geschmiedet
wurden, so dass also 104 Roheisen 66 (= 63,96 Proz.) reines Eisen
gaben. 1/3 ging also bei der französischen Schmiede verloren, bei der
deutschen dagegen nur 3/13 (36 : 23 Proz.). In einer Hütte waren
8 Arbeiter: 2 Schmelzmeister und 2 Schmiede, mit je einem Gehilfen.
Jeder Meister erhielt für 31/2 Schiffspfund (560 kg = "1 Mihl")
11/2 Thaler in Kupfer, der erste Gehilfe 11/4 Thlr., vier andere Ge-
hilfen je 1 Thlr., ein Knabe die Hälfte. Dazu erhielt jeder jährlich
ein Trinkgeld (Winpenninger -- Weinpfennige, ein Wort, das wohl
auch noch auf die südliche Heimat hinweist). Der Knabe (gujar)
spritzte das Wasser beim Schmieden und schlug die Marke auf die
Stäbe. Der Kohlenverbrauch war bei der Wallonschmiede günstiger,
ebenso die Produktion, dies lag aber nur an dem vorzüglichen Roh-
eisen. Bei geringerem Roheisen war die französische Methode nicht
anwendbar, weil die Reinigung hierfür ungenügend war und das Eisen
schlecht wurde.

Neben diesen beiden hauptsächlichen Frischmethoden wurde noch
eine andere, sehr mangelhafte betrieben, welche als die schwedische
Osmundschmiede
bezeichnet wurde. Sie war wohl aus den Lösch-
feuern der Bauernhütten entstanden, und da sie ein Halbfabrikat
machte, welches den Osmund ersetzen sollte und als solcher verkauft
wurde, so erhielt sie den alten Namen Osmundschmiede, obgleich sie
mit der ursprünglichen, uralten Osmundschmelzerei aus Sumpf- und
Seeerzen in niedrigen Schachtöfen nichts gemein hatte.

Bei dieser Osmundschmiede 1) war das Rohmaterial Wascheisen
oder granuliertes Roheisen. Die Schmiede selbst war den übrigen
Frischhütten ähnlich. Fig. 31 (a. f. S.) stellt eine schwedische Osmund-
Frischhütte nach Swedenborgs Zeichnung dar. Der Feuerbau selbst
war sehr einfach. Das Fundament wurde aus grossen zusammen-
gelesenen Steinen, deren Zwischenräume mit Sand ausgefüllt wurden,
vorgerichtet. Der Oberbau wurde roh aus Bruchsteinen aufgeführt
und bestand eigentlich nur aus einer mit Steinen umsetzten Grube,
bei der man eine Öffnung für den Wind und vorn einen weiteren
Zugang auf der Arbeitsseite liess. Der Boden des Herdes ruhte auf
einer Stein- oder einer Eisenplatte, welche letztere 2 Zoll dick war
und 18 Zoll (45 cm) im Quadrat hatte. Waren die Bälge sehr schwach,
so machte man den Herd noch kleiner. Die älteren Herde hatten
nur einen Zacken, 2 Zoll dick und 10 Zoll hoch.


1) Diese Frischmethode wurde zuerst ausführlich beschrieben von Peter
Saxholm
in seiner Dissertatio de Ferro Suecano Osmund. Upsala 1725.

Eisen- und Stahlfrischen.
(1440 kg) Gewicht, woraus 60 Schiffspfund (9600 kg) Stäbe geschmiedet
wurden, so daſs also 104 Roheisen 66 (= 63,96 Proz.) reines Eisen
gaben. ⅓ ging also bei der französischen Schmiede verloren, bei der
deutschen dagegen nur 3/13 (36 : 23 Proz.). In einer Hütte waren
8 Arbeiter: 2 Schmelzmeister und 2 Schmiede, mit je einem Gehilfen.
Jeder Meister erhielt für 3½ Schiffspfund (560 kg = „1 Mihl“)
1½ Thaler in Kupfer, der erste Gehilfe 1¼ Thlr., vier andere Ge-
hilfen je 1 Thlr., ein Knabe die Hälfte. Dazu erhielt jeder jährlich
ein Trinkgeld (Winpenninger — Weinpfennige, ein Wort, das wohl
auch noch auf die südliche Heimat hinweist). Der Knabe (gujar)
spritzte das Wasser beim Schmieden und schlug die Marke auf die
Stäbe. Der Kohlenverbrauch war bei der Wallonschmiede günstiger,
ebenso die Produktion, dies lag aber nur an dem vorzüglichen Roh-
eisen. Bei geringerem Roheisen war die französische Methode nicht
anwendbar, weil die Reinigung hierfür ungenügend war und das Eisen
schlecht wurde.

Neben diesen beiden hauptsächlichen Frischmethoden wurde noch
eine andere, sehr mangelhafte betrieben, welche als die schwedische
Osmundschmiede
bezeichnet wurde. Sie war wohl aus den Lösch-
feuern der Bauernhütten entstanden, und da sie ein Halbfabrikat
machte, welches den Osmund ersetzen sollte und als solcher verkauft
wurde, so erhielt sie den alten Namen Osmundschmiede, obgleich sie
mit der ursprünglichen, uralten Osmundschmelzerei aus Sumpf- und
Seeerzen in niedrigen Schachtöfen nichts gemein hatte.

Bei dieser Osmundschmiede 1) war das Rohmaterial Wascheisen
oder granuliertes Roheisen. Die Schmiede selbst war den übrigen
Frischhütten ähnlich. Fig. 31 (a. f. S.) stellt eine schwedische Osmund-
Frischhütte nach Swedenborgs Zeichnung dar. Der Feuerbau selbst
war sehr einfach. Das Fundament wurde aus groſsen zusammen-
gelesenen Steinen, deren Zwischenräume mit Sand ausgefüllt wurden,
vorgerichtet. Der Oberbau wurde roh aus Bruchsteinen aufgeführt
und bestand eigentlich nur aus einer mit Steinen umsetzten Grube,
bei der man eine Öffnung für den Wind und vorn einen weiteren
Zugang auf der Arbeitsseite lieſs. Der Boden des Herdes ruhte auf
einer Stein- oder einer Eisenplatte, welche letztere 2 Zoll dick war
und 18 Zoll (45 cm) im Quadrat hatte. Waren die Bälge sehr schwach,
so machte man den Herd noch kleiner. Die älteren Herde hatten
nur einen Zacken, 2 Zoll dick und 10 Zoll hoch.


1) Diese Frischmethode wurde zuerst ausführlich beschrieben von Peter
Saxholm
in seiner Dissertatio de Ferro Suecano Osmund. Upsala 1725.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0201" n="187"/><fw place="top" type="header">Eisen- und Stahlfrischen.</fw><lb/>
(1440 kg) Gewicht, woraus 60 Schiffspfund (9600 kg) Stäbe geschmiedet<lb/>
wurden, so da&#x017F;s also 104 Roheisen 66 (= 63,96 Proz.) reines Eisen<lb/>
gaben. &#x2153; ging also bei der französischen Schmiede verloren, bei der<lb/>
deutschen dagegen nur 3/13 (36 : 23 Proz.). In einer Hütte waren<lb/>
8 Arbeiter: 2 Schmelzmeister und 2 Schmiede, mit je einem Gehilfen.<lb/>
Jeder Meister erhielt für 3½ Schiffspfund (560 kg = &#x201E;1 Mihl&#x201C;)<lb/>
1½ Thaler in Kupfer, der erste Gehilfe 1¼ Thlr., vier andere Ge-<lb/>
hilfen je 1 Thlr., ein Knabe die Hälfte. Dazu erhielt jeder jährlich<lb/>
ein Trinkgeld (Winpenninger &#x2014; Weinpfennige, ein Wort, das wohl<lb/>
auch noch auf die südliche Heimat hinweist). Der Knabe (gujar)<lb/>
spritzte das Wasser beim Schmieden und schlug die Marke auf die<lb/>
Stäbe. Der Kohlenverbrauch war bei der Wallonschmiede günstiger,<lb/>
ebenso die Produktion, dies lag aber nur an dem vorzüglichen Roh-<lb/>
eisen. Bei geringerem Roheisen war die französische Methode nicht<lb/>
anwendbar, weil die Reinigung hierfür ungenügend war und das Eisen<lb/>
schlecht wurde.</p><lb/>
            <p>Neben diesen beiden hauptsächlichen Frischmethoden wurde noch<lb/>
eine andere, sehr mangelhafte betrieben, welche als die <hi rendition="#g">schwedische<lb/>
Osmundschmiede</hi> bezeichnet wurde. Sie war wohl aus den Lösch-<lb/>
feuern der Bauernhütten entstanden, und da sie ein Halbfabrikat<lb/>
machte, welches den Osmund ersetzen sollte und als solcher verkauft<lb/>
wurde, so erhielt sie den alten Namen Osmundschmiede, obgleich sie<lb/>
mit der ursprünglichen, uralten Osmundschmelzerei aus Sumpf- und<lb/>
Seeerzen in niedrigen Schachtöfen nichts gemein hatte.</p><lb/>
            <p>Bei dieser Osmundschmiede <note place="foot" n="1)">Diese Frischmethode wurde zuerst ausführlich beschrieben von <hi rendition="#g">Peter<lb/>
Saxholm</hi> in seiner Dissertatio de Ferro Suecano Osmund. Upsala 1725.</note> war das Rohmaterial Wascheisen<lb/>
oder granuliertes Roheisen. Die Schmiede selbst war den übrigen<lb/>
Frischhütten ähnlich. Fig. 31 (a. f. S.) stellt eine schwedische Osmund-<lb/>
Frischhütte nach <hi rendition="#g">Swedenborgs</hi> Zeichnung dar. Der Feuerbau selbst<lb/>
war sehr einfach. Das Fundament wurde aus gro&#x017F;sen zusammen-<lb/>
gelesenen Steinen, deren Zwischenräume mit Sand ausgefüllt wurden,<lb/>
vorgerichtet. Der Oberbau wurde roh aus Bruchsteinen aufgeführt<lb/>
und bestand eigentlich nur aus einer mit Steinen umsetzten Grube,<lb/>
bei der man eine Öffnung für den Wind und vorn einen weiteren<lb/>
Zugang auf der Arbeitsseite lie&#x017F;s. Der Boden des Herdes ruhte auf<lb/>
einer Stein- oder einer Eisenplatte, welche letztere 2 Zoll dick war<lb/>
und 18 Zoll (45 cm) im Quadrat hatte. Waren die Bälge sehr schwach,<lb/>
so machte man den Herd noch kleiner. Die älteren Herde hatten<lb/>
nur einen Zacken, 2 Zoll dick und 10 Zoll hoch.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0201] Eisen- und Stahlfrischen. (1440 kg) Gewicht, woraus 60 Schiffspfund (9600 kg) Stäbe geschmiedet wurden, so daſs also 104 Roheisen 66 (= 63,96 Proz.) reines Eisen gaben. ⅓ ging also bei der französischen Schmiede verloren, bei der deutschen dagegen nur 3/13 (36 : 23 Proz.). In einer Hütte waren 8 Arbeiter: 2 Schmelzmeister und 2 Schmiede, mit je einem Gehilfen. Jeder Meister erhielt für 3½ Schiffspfund (560 kg = „1 Mihl“) 1½ Thaler in Kupfer, der erste Gehilfe 1¼ Thlr., vier andere Ge- hilfen je 1 Thlr., ein Knabe die Hälfte. Dazu erhielt jeder jährlich ein Trinkgeld (Winpenninger — Weinpfennige, ein Wort, das wohl auch noch auf die südliche Heimat hinweist). Der Knabe (gujar) spritzte das Wasser beim Schmieden und schlug die Marke auf die Stäbe. Der Kohlenverbrauch war bei der Wallonschmiede günstiger, ebenso die Produktion, dies lag aber nur an dem vorzüglichen Roh- eisen. Bei geringerem Roheisen war die französische Methode nicht anwendbar, weil die Reinigung hierfür ungenügend war und das Eisen schlecht wurde. Neben diesen beiden hauptsächlichen Frischmethoden wurde noch eine andere, sehr mangelhafte betrieben, welche als die schwedische Osmundschmiede bezeichnet wurde. Sie war wohl aus den Lösch- feuern der Bauernhütten entstanden, und da sie ein Halbfabrikat machte, welches den Osmund ersetzen sollte und als solcher verkauft wurde, so erhielt sie den alten Namen Osmundschmiede, obgleich sie mit der ursprünglichen, uralten Osmundschmelzerei aus Sumpf- und Seeerzen in niedrigen Schachtöfen nichts gemein hatte. Bei dieser Osmundschmiede 1) war das Rohmaterial Wascheisen oder granuliertes Roheisen. Die Schmiede selbst war den übrigen Frischhütten ähnlich. Fig. 31 (a. f. S.) stellt eine schwedische Osmund- Frischhütte nach Swedenborgs Zeichnung dar. Der Feuerbau selbst war sehr einfach. Das Fundament wurde aus groſsen zusammen- gelesenen Steinen, deren Zwischenräume mit Sand ausgefüllt wurden, vorgerichtet. Der Oberbau wurde roh aus Bruchsteinen aufgeführt und bestand eigentlich nur aus einer mit Steinen umsetzten Grube, bei der man eine Öffnung für den Wind und vorn einen weiteren Zugang auf der Arbeitsseite lieſs. Der Boden des Herdes ruhte auf einer Stein- oder einer Eisenplatte, welche letztere 2 Zoll dick war und 18 Zoll (45 cm) im Quadrat hatte. Waren die Bälge sehr schwach, so machte man den Herd noch kleiner. Die älteren Herde hatten nur einen Zacken, 2 Zoll dick und 10 Zoll hoch. 1) Diese Frischmethode wurde zuerst ausführlich beschrieben von Peter Saxholm in seiner Dissertatio de Ferro Suecano Osmund. Upsala 1725.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/201
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/201>, abgerufen am 12.05.2024.