Eine andere Stahlfrischhütte in Schweden, welche schon zur Zeit Gustav Adolfs angelegt worden war, befand sich zu Qwarnbacka. Auch hier geschah die Arbeit in zwei Herden. Diese lagen so hoch, dass der Arbeiter in aufrechtstehender und nicht in gebückter Stellung daran arbeiten musste. Der Boden und die Seiten bestanden nicht aus Eisen-, sondern aus Steinplatten von einem kalkigen Gestein, "Stellsteen" genannt. Man hatte Holzblasebälge. Zwei Hämmer, jeder etwa 160 kg schwer, waren in der Hütte. In jedem Herd wurden abwechselnd 80 kg Roheisen auf das sorgfältigste eingeschmolzen, ganz wie im Eisenfrischherd, nur dass man sehr oft die Schlacken abstach, so dass das Eisen nicht im Schlackenbad, sondern trocken einschmolz (gan tort uti Haerden). Dagegen warf man während des Frischens öfter ein Pulver, aus Asche, Vitriol und Alaun gemischt, auf, von dem man glaubte, dass dadurch der Stahl sich besser bearbeiten liesse. Die Luppe wurde ausgebrochen, in Stücke zerhauen, diese ausgeheizt, in Stäbe geschmiedet, gehärtet und in Stücke zerbrochen. Diese Stücke wurden dann kreuzweise zu Packeten geformt, welche wieder in dem Herd geschweisst und zu Stäben wiederholt ausgeschmiedet wurden.
Man erhielt dabei dreierlei Sorten: 1. Fassstahl oder Rohstahl, welcher aus dem Frischherd zuerst ausgeschmiedet war; 2. Klingen- stahl, welcher viermal gegärbt, d. h. viermal packetiert und aus- geschmiedet worden war, und 3. Federstahl, die beste Sorte, welche achtmal gegärbt war. Nach jedem Gärben mussten den Stäben Zeichen und Nummern aufgeschlagen werden, um zu wissen, wie oft sie ge- reinigt waren. Ausserdem liess sich die Güte des Stahls aus dem Aussehen der Bruchflächen erkennen. Der beste Stahl war ganz gleichförmig und weiss wie Silber.
In einer Woche konnte man 14 Ctr. Fassstahl, 12 Ctr. Klingen- stahl oder 8 Ctr. 1) Federstahl machen. Zu einem Centner oder 8 Lispfund Federstahl wurden 131/2 Lispfund Roheisen und 26 Tonnen Holzkohlen gebraucht; zu 1 Ctr. Klingenstahl 12 Lispfund Roheisen und 24 Tonnen Kohlen, zu 1 Ctr. Fassstahl 12 Lispfund Roheisen und 9 Tonnen Kohlen.
Zu Swedenborgs Zeit wurde aber in den Stahlhütten von Wedewang und Qwarnbacka der Gärbstahl bereits meist aus Cement- stahl (ferrum in furnis chalybeis concrematum) bereitet.
Bei der Eisengewinnung aus den Sumpferzen in Dalekarlien fiel auch oft nebenher stahlartiges Eisen, aus dem die Eingeborenen Beile,
Eine andere Stahlfrischhütte in Schweden, welche schon zur Zeit Gustav Adolfs angelegt worden war, befand sich zu Qwarnbacka. Auch hier geschah die Arbeit in zwei Herden. Diese lagen so hoch, daſs der Arbeiter in aufrechtstehender und nicht in gebückter Stellung daran arbeiten muſste. Der Boden und die Seiten bestanden nicht aus Eisen-, sondern aus Steinplatten von einem kalkigen Gestein, „Stellsteen“ genannt. Man hatte Holzblasebälge. Zwei Hämmer, jeder etwa 160 kg schwer, waren in der Hütte. In jedem Herd wurden abwechselnd 80 kg Roheisen auf das sorgfältigste eingeschmolzen, ganz wie im Eisenfrischherd, nur daſs man sehr oft die Schlacken abstach, so daſs das Eisen nicht im Schlackenbad, sondern trocken einschmolz (gan tort uti Haerden). Dagegen warf man während des Frischens öfter ein Pulver, aus Asche, Vitriol und Alaun gemischt, auf, von dem man glaubte, daſs dadurch der Stahl sich besser bearbeiten lieſse. Die Luppe wurde ausgebrochen, in Stücke zerhauen, diese ausgeheizt, in Stäbe geschmiedet, gehärtet und in Stücke zerbrochen. Diese Stücke wurden dann kreuzweise zu Packeten geformt, welche wieder in dem Herd geschweiſst und zu Stäben wiederholt ausgeschmiedet wurden.
Man erhielt dabei dreierlei Sorten: 1. Faſsstahl oder Rohstahl, welcher aus dem Frischherd zuerst ausgeschmiedet war; 2. Klingen- stahl, welcher viermal gegärbt, d. h. viermal packetiert und aus- geschmiedet worden war, und 3. Federstahl, die beste Sorte, welche achtmal gegärbt war. Nach jedem Gärben muſsten den Stäben Zeichen und Nummern aufgeschlagen werden, um zu wissen, wie oft sie ge- reinigt waren. Auſserdem lieſs sich die Güte des Stahls aus dem Aussehen der Bruchflächen erkennen. Der beste Stahl war ganz gleichförmig und weiſs wie Silber.
In einer Woche konnte man 14 Ctr. Faſsstahl, 12 Ctr. Klingen- stahl oder 8 Ctr. 1) Federstahl machen. Zu einem Centner oder 8 Lispfund Federstahl wurden 13½ Lispfund Roheisen und 26 Tonnen Holzkohlen gebraucht; zu 1 Ctr. Klingenstahl 12 Lispfund Roheisen und 24 Tonnen Kohlen, zu 1 Ctr. Faſsstahl 12 Lispfund Roheisen und 9 Tonnen Kohlen.
Zu Swedenborgs Zeit wurde aber in den Stahlhütten von Wedewang und Qwarnbacka der Gärbstahl bereits meist aus Cement- stahl (ferrum in furnis chalybeis concrematum) bereitet.
Bei der Eisengewinnung aus den Sumpferzen in Dalekarlien fiel auch oft nebenher stahlartiges Eisen, aus dem die Eingeborenen Beile,
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Eisen- und Stahlfrischen.
Eine andere Stahlfrischhütte in Schweden, welche schon zur Zeit
Gustav Adolfs angelegt worden war, befand sich zu Qwarnbacka.
Auch hier geschah die Arbeit in zwei Herden. Diese lagen so hoch,
daſs der Arbeiter in aufrechtstehender und nicht in gebückter Stellung
daran arbeiten muſste. Der Boden und die Seiten bestanden nicht
aus Eisen-, sondern aus Steinplatten von einem kalkigen Gestein,
„Stellsteen“ genannt. Man hatte Holzblasebälge. Zwei Hämmer,
jeder etwa 160 kg schwer, waren in der Hütte. In jedem Herd wurden
abwechselnd 80 kg Roheisen auf das sorgfältigste eingeschmolzen, ganz
wie im Eisenfrischherd, nur daſs man sehr oft die Schlacken abstach,
so daſs das Eisen nicht im Schlackenbad, sondern trocken einschmolz
(gan tort uti Haerden). Dagegen warf man während des Frischens
öfter ein Pulver, aus Asche, Vitriol und Alaun gemischt, auf, von dem
man glaubte, daſs dadurch der Stahl sich besser bearbeiten lieſse. Die
Luppe wurde ausgebrochen, in Stücke zerhauen, diese ausgeheizt, in
Stäbe geschmiedet, gehärtet und in Stücke zerbrochen. Diese Stücke
wurden dann kreuzweise zu Packeten geformt, welche wieder in dem
Herd geschweiſst und zu Stäben wiederholt ausgeschmiedet wurden.
Man erhielt dabei dreierlei Sorten: 1. Faſsstahl oder Rohstahl,
welcher aus dem Frischherd zuerst ausgeschmiedet war; 2. Klingen-
stahl, welcher viermal gegärbt, d. h. viermal packetiert und aus-
geschmiedet worden war, und 3. Federstahl, die beste Sorte, welche
achtmal gegärbt war. Nach jedem Gärben muſsten den Stäben Zeichen
und Nummern aufgeschlagen werden, um zu wissen, wie oft sie ge-
reinigt waren. Auſserdem lieſs sich die Güte des Stahls aus dem
Aussehen der Bruchflächen erkennen. Der beste Stahl war ganz
gleichförmig und weiſs wie Silber.
In einer Woche konnte man 14 Ctr. Faſsstahl, 12 Ctr. Klingen-
stahl oder 8 Ctr. 1) Federstahl machen. Zu einem Centner oder
8 Lispfund Federstahl wurden 13½ Lispfund Roheisen und 26 Tonnen
Holzkohlen gebraucht; zu 1 Ctr. Klingenstahl 12 Lispfund Roheisen
und 24 Tonnen Kohlen, zu 1 Ctr. Faſsstahl 12 Lispfund Roheisen und
9 Tonnen Kohlen.
Zu Swedenborgs Zeit wurde aber in den Stahlhütten von
Wedewang und Qwarnbacka der Gärbstahl bereits meist aus Cement-
stahl (ferrum in furnis chalybeis concrematum) bereitet.
Bei der Eisengewinnung aus den Sumpferzen in Dalekarlien fiel
auch oft nebenher stahlartiges Eisen, aus dem die Eingeborenen Beile,
1) 1 Centner = 8 Lispfund = 160 Shalpfund = 67 kg.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/210>, abgerufen am 24.11.2024.
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