sichtig aus. Hierbei erhitzt man sie anfangs am besten nur bis zur hellen Rotglut. Besser noch ist es, wenn man die Stangen in einem Flammofen ausheizen kann, weil sie dann gleichmässiger erhitzt werden. Hierfür sind die Glühöfen mit Holzfeuerung am besten, die man anwendet, um die Stäbe, welche man durch die Plättwalzen und Scheibenmesser der Eisenschneidwerke (les rouleaux des applatisseries et les couteaux de fenderies) gehen lässt, zu erhitzen.
Ist der Brennstahl aus gutem und richtig geschmiedetem Eisen hergestellt, so ist der Abgang nicht grösser als beim Ausschmieden von gwöhnlichem Eisen. Beim Ausschmieden von solchem aus schwe- dischem Eisen in Vierkantstäbe von zwei Zoll auf vier Linien fand ihn Reaumur nicht höher als 1/12.
Sind die Stäbe zur gewünschten Form ausgeschmiedet, so werden sie gehärtet. Dies geschieht hauptsächlich, weil es im Handel so ver- langt wird. Man erhitzt die Stäbe bis zur Kirschrotglut und wirft sie dann in kaltes Wasser. Dadurch wird der Stahl hart und fein- körnig.
Reaumur teilt auch eine Kostenberechnung für einen Ofen für 300 kg Einsatz in Paris mit. Danach stellten sich die Kosten der Cementation auf 11 Mk. für 100 kg Eisen. Auf dem Lande, in der Nähe von Eisenhämmern, würden die Kosten nur ca. 6,40 Mk. be- tragen. Der Eisenabgang und die Unkosten beim Schmieden berechnen sich zu 4 Mk. pro 100 kg. Diese Kosten sind gering im Verhältnis zu den Preisen von Eisen und Stahl, denn während man für 100 kg von ersterem 24 Mk. bezahlt, kosten 100 kg guter Stahl 160 Mk. Beim halben Preise für geschmiedeten Cementstahl würde noch ein be- trächtlicher Gewinn erzielt werden.
Nachdem Reaumur in den angeführten Kapiteln ein klares Bild der Cementstahlfabrikation gegeben und die Frage nach ihrer praktischen Seite erschöpfend durchgearbeitet hat, wendet er sich in seinen folgenden Memoiren zur theoretischen Erörterung des merk- würdigen Prozesses und behandelt in der siebenten Abhandlung zu- nächst die Frage des Unterschiedes zwischen Stahl und Eisen. Hier- bei widerlegt er zunächst die landläufige Erklärung, dass der Stahl ein vollkommener gereinigtes Eisen sei. Er führt aus, dass, wenn man die Reinigung richtig als eine Abscheidung aller fremden Stoffe auf- fasse, bei der Cementation von einer solchen Reinigung nicht die Rede sein könne, es würden bei diesem Prozess keinerlei Stoffe aus dem Eisen entfernt, sondern im Gegenteil beweise die von ihm nach- gewiesene Gewichtszunahme eine Zufuhr fremder Stoffe. Dieser fremde
Die Cementstahlfabrikation.
sichtig aus. Hierbei erhitzt man sie anfangs am besten nur bis zur hellen Rotglut. Besser noch ist es, wenn man die Stangen in einem Flammofen ausheizen kann, weil sie dann gleichmäſsiger erhitzt werden. Hierfür sind die Glühöfen mit Holzfeuerung am besten, die man anwendet, um die Stäbe, welche man durch die Plättwalzen und Scheibenmesser der Eisenschneidwerke (les rouleaux des applatisseries et les couteaux de fenderies) gehen läſst, zu erhitzen.
Ist der Brennstahl aus gutem und richtig geschmiedetem Eisen hergestellt, so ist der Abgang nicht gröſser als beim Ausschmieden von gwöhnlichem Eisen. Beim Ausschmieden von solchem aus schwe- dischem Eisen in Vierkantstäbe von zwei Zoll auf vier Linien fand ihn Reaumur nicht höher als 1/12.
Sind die Stäbe zur gewünschten Form ausgeschmiedet, so werden sie gehärtet. Dies geschieht hauptsächlich, weil es im Handel so ver- langt wird. Man erhitzt die Stäbe bis zur Kirschrotglut und wirft sie dann in kaltes Wasser. Dadurch wird der Stahl hart und fein- körnig.
Reaumur teilt auch eine Kostenberechnung für einen Ofen für 300 kg Einsatz in Paris mit. Danach stellten sich die Kosten der Cementation auf 11 Mk. für 100 kg Eisen. Auf dem Lande, in der Nähe von Eisenhämmern, würden die Kosten nur ca. 6,40 Mk. be- tragen. Der Eisenabgang und die Unkosten beim Schmieden berechnen sich zu 4 Mk. pro 100 kg. Diese Kosten sind gering im Verhältnis zu den Preisen von Eisen und Stahl, denn während man für 100 kg von ersterem 24 Mk. bezahlt, kosten 100 kg guter Stahl 160 Mk. Beim halben Preise für geschmiedeten Cementstahl würde noch ein be- trächtlicher Gewinn erzielt werden.
Nachdem Reaumur in den angeführten Kapiteln ein klares Bild der Cementstahlfabrikation gegeben und die Frage nach ihrer praktischen Seite erschöpfend durchgearbeitet hat, wendet er sich in seinen folgenden Memoiren zur theoretischen Erörterung des merk- würdigen Prozesses und behandelt in der siebenten Abhandlung zu- nächst die Frage des Unterschiedes zwischen Stahl und Eisen. Hier- bei widerlegt er zunächst die landläufige Erklärung, daſs der Stahl ein vollkommener gereinigtes Eisen sei. Er führt aus, daſs, wenn man die Reinigung richtig als eine Abscheidung aller fremden Stoffe auf- fasse, bei der Cementation von einer solchen Reinigung nicht die Rede sein könne, es würden bei diesem Prozeſs keinerlei Stoffe aus dem Eisen entfernt, sondern im Gegenteil beweise die von ihm nach- gewiesene Gewichtszunahme eine Zufuhr fremder Stoffe. Dieser fremde
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0236"n="222"/><fwplace="top"type="header">Die Cementstahlfabrikation.</fw><lb/>
sichtig aus. Hierbei erhitzt man sie anfangs am besten nur bis zur<lb/>
hellen Rotglut. Besser noch ist es, wenn man die Stangen in einem<lb/>
Flammofen ausheizen kann, weil sie dann gleichmäſsiger erhitzt<lb/>
werden. Hierfür sind die Glühöfen mit Holzfeuerung am besten, die<lb/>
man anwendet, um die Stäbe, welche man durch die Plättwalzen und<lb/>
Scheibenmesser der Eisenschneidwerke (les rouleaux des applatisseries<lb/>
et les couteaux de fenderies) gehen läſst, zu erhitzen.</p><lb/><p>Ist der Brennstahl aus gutem und richtig geschmiedetem Eisen<lb/>
hergestellt, so ist der Abgang nicht gröſser als beim Ausschmieden<lb/>
von gwöhnlichem Eisen. Beim Ausschmieden von solchem aus schwe-<lb/>
dischem Eisen in Vierkantstäbe von zwei Zoll auf vier Linien fand<lb/>
ihn <hirendition="#g">Reaumur</hi> nicht höher als 1/12.</p><lb/><p>Sind die Stäbe zur gewünschten Form ausgeschmiedet, so werden<lb/>
sie gehärtet. Dies geschieht hauptsächlich, weil es im Handel so ver-<lb/>
langt wird. Man erhitzt die Stäbe bis zur Kirschrotglut und wirft<lb/>
sie dann in kaltes Wasser. Dadurch wird der Stahl hart und fein-<lb/>
körnig.</p><lb/><p><hirendition="#g">Reaumur</hi> teilt auch eine Kostenberechnung für einen Ofen für<lb/>
300 kg Einsatz in Paris mit. Danach stellten sich die Kosten der<lb/>
Cementation auf 11 Mk. für 100 kg Eisen. Auf dem Lande, in<lb/>
der Nähe von Eisenhämmern, würden die Kosten nur ca. 6,40 Mk. be-<lb/>
tragen. Der Eisenabgang und die Unkosten beim Schmieden berechnen<lb/>
sich zu 4 Mk. pro 100 kg. Diese Kosten sind gering im Verhältnis zu<lb/>
den Preisen von Eisen und Stahl, denn während man für 100 kg von<lb/>
ersterem 24 Mk. bezahlt, kosten 100 kg guter Stahl 160 Mk. Beim<lb/>
halben Preise für geschmiedeten Cementstahl würde noch ein be-<lb/>
trächtlicher Gewinn erzielt werden.</p><lb/><p>Nachdem <hirendition="#g">Reaumur</hi> in den angeführten Kapiteln ein klares<lb/>
Bild der Cementstahlfabrikation gegeben und die Frage nach ihrer<lb/>
praktischen Seite erschöpfend durchgearbeitet hat, wendet er sich in<lb/>
seinen folgenden Memoiren zur theoretischen Erörterung des merk-<lb/>
würdigen Prozesses und behandelt in der siebenten Abhandlung zu-<lb/>
nächst die Frage des Unterschiedes zwischen Stahl und Eisen. Hier-<lb/>
bei widerlegt er zunächst die landläufige Erklärung, daſs der Stahl<lb/>
ein vollkommener gereinigtes Eisen sei. Er führt aus, daſs, wenn man<lb/>
die Reinigung richtig als eine Abscheidung aller fremden Stoffe auf-<lb/>
fasse, bei der Cementation von einer solchen Reinigung nicht die<lb/>
Rede sein könne, es würden bei diesem Prozeſs keinerlei Stoffe aus<lb/>
dem Eisen entfernt, sondern im Gegenteil beweise die von ihm nach-<lb/>
gewiesene Gewichtszunahme eine Zufuhr fremder Stoffe. Dieser fremde<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[222/0236]
Die Cementstahlfabrikation.
sichtig aus. Hierbei erhitzt man sie anfangs am besten nur bis zur
hellen Rotglut. Besser noch ist es, wenn man die Stangen in einem
Flammofen ausheizen kann, weil sie dann gleichmäſsiger erhitzt
werden. Hierfür sind die Glühöfen mit Holzfeuerung am besten, die
man anwendet, um die Stäbe, welche man durch die Plättwalzen und
Scheibenmesser der Eisenschneidwerke (les rouleaux des applatisseries
et les couteaux de fenderies) gehen läſst, zu erhitzen.
Ist der Brennstahl aus gutem und richtig geschmiedetem Eisen
hergestellt, so ist der Abgang nicht gröſser als beim Ausschmieden
von gwöhnlichem Eisen. Beim Ausschmieden von solchem aus schwe-
dischem Eisen in Vierkantstäbe von zwei Zoll auf vier Linien fand
ihn Reaumur nicht höher als 1/12.
Sind die Stäbe zur gewünschten Form ausgeschmiedet, so werden
sie gehärtet. Dies geschieht hauptsächlich, weil es im Handel so ver-
langt wird. Man erhitzt die Stäbe bis zur Kirschrotglut und wirft
sie dann in kaltes Wasser. Dadurch wird der Stahl hart und fein-
körnig.
Reaumur teilt auch eine Kostenberechnung für einen Ofen für
300 kg Einsatz in Paris mit. Danach stellten sich die Kosten der
Cementation auf 11 Mk. für 100 kg Eisen. Auf dem Lande, in
der Nähe von Eisenhämmern, würden die Kosten nur ca. 6,40 Mk. be-
tragen. Der Eisenabgang und die Unkosten beim Schmieden berechnen
sich zu 4 Mk. pro 100 kg. Diese Kosten sind gering im Verhältnis zu
den Preisen von Eisen und Stahl, denn während man für 100 kg von
ersterem 24 Mk. bezahlt, kosten 100 kg guter Stahl 160 Mk. Beim
halben Preise für geschmiedeten Cementstahl würde noch ein be-
trächtlicher Gewinn erzielt werden.
Nachdem Reaumur in den angeführten Kapiteln ein klares
Bild der Cementstahlfabrikation gegeben und die Frage nach ihrer
praktischen Seite erschöpfend durchgearbeitet hat, wendet er sich in
seinen folgenden Memoiren zur theoretischen Erörterung des merk-
würdigen Prozesses und behandelt in der siebenten Abhandlung zu-
nächst die Frage des Unterschiedes zwischen Stahl und Eisen. Hier-
bei widerlegt er zunächst die landläufige Erklärung, daſs der Stahl
ein vollkommener gereinigtes Eisen sei. Er führt aus, daſs, wenn man
die Reinigung richtig als eine Abscheidung aller fremden Stoffe auf-
fasse, bei der Cementation von einer solchen Reinigung nicht die
Rede sein könne, es würden bei diesem Prozeſs keinerlei Stoffe aus
dem Eisen entfernt, sondern im Gegenteil beweise die von ihm nach-
gewiesene Gewichtszunahme eine Zufuhr fremder Stoffe. Dieser fremde
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/236>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.