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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Litteratur im 18. Jahrhundert.
günstigen Vermögensverhältnissen befand, verwendete dieses Geld
ausschliesslich zur Förderung der Industrie und der Gewerbe. Wie
die Cementstahlfabrikation, so war die Weissblechfabrikation ein
Zweig der Eisenindustrie, welcher in Frankreich noch unbekannt war.
Cementstahl und Weissblech musste aus dem Auslande bezogen werden.
Reaumur beschäftigte sich eingehend mit demselben und veröffent-
lichte die Ergebnisse seiner Untersuchung 1725 in den Memoiren der
Akademie unter dem Titel: Principes de l'art de faire le fer blanc.
Es war dies ebenfalls die erste wissenschaftliche Arbeit über die
Weissblechfabrikation. Nachdem er bereits 1718 die Beschreibung
eines Eisenbergwerks der Grafschaft Foix herausgegeben hatte, ver-
öffentlichte er 1722 und 1723 zwei Memoiren über die Magnetisierung
des Eisens, 1724 eine über die Krystallisation der geschmolzenen
Metalle beim Erstarren (De l'arrangement qui prennent les parties
des Matieres Metalliques et Minerales lorsqu'apres avoir ete mises en
fusion, elles viennent a se figer). 1726 veröffentlichte er eine inter-
essante Arbeit speciell über das Verhalten des Gusseisens beim Er-
starren (Que le fer est de tous les metaux celui, qui se moule le plus
parfaitement et quelle en est la cause 1).

Sehr eingehend beschäftigte sich Reaumur mit der Unter-
suchung feuerfester Thone, worüber er 1730 eine gründliche Ab-
handlung veröffentlichte (De la nature de la terre en general et du
caractere des differentes especes de terres). Hiermit standen seine
Versuche über die Porzellanbereitung in engster Beziehung, welche
ihn 1739 zur Entdeckung des opaken Glases, nach ihm Reaumur-
sches
Porzellan genannt, führten.

Die Erfindung, welche Reaumurs Namen am bekanntesten ge-
macht hat, ist die seines Thermometers, eines Weingeistthermo-
meters, bei dem der Temperaturunterschied zwischen dem Gefrier-
und dem Siedepunkte des Wassers in 80 gleiche Teile geteilt ist.
Diese praktische Grundlage hat ihm die allgemeinste Einführung ver-
schafft, denn das bald danach angegebene Thermometer von Celsius
unterscheidet sich nur durch die Einteilung der gleichen Temperatur-
skala in 100 statt in 80 Teile 2).


1) Mem. de l'Acad. 1726, p. 273.
2) Über das Thermometer hat Reaumur eine Reihe von Abhandlungen ver-
öffentlicht, welche sich in den Memoiren der Akademie von 1731, 1733, 1734 und
1735 finden. Die erste führt den Titel "Sur la construction des thermometres
dont les degres sont comparables, avec des remarques sur quelques proprietes de
l'air" (dans les Mem. de l'Acad. 1731). Ausserdem veröffentlichte Reaumur

Litteratur im 18. Jahrhundert.
günstigen Vermögensverhältnissen befand, verwendete dieses Geld
ausschlieſslich zur Förderung der Industrie und der Gewerbe. Wie
die Cementstahlfabrikation, so war die Weiſsblechfabrikation ein
Zweig der Eisenindustrie, welcher in Frankreich noch unbekannt war.
Cementstahl und Weiſsblech muſste aus dem Auslande bezogen werden.
Reaumur beschäftigte sich eingehend mit demselben und veröffent-
lichte die Ergebnisse seiner Untersuchung 1725 in den Memoiren der
Akademie unter dem Titel: Principes de l’art de faire le fer blanc.
Es war dies ebenfalls die erste wissenschaftliche Arbeit über die
Weiſsblechfabrikation. Nachdem er bereits 1718 die Beschreibung
eines Eisenbergwerks der Grafschaft Foix herausgegeben hatte, ver-
öffentlichte er 1722 und 1723 zwei Memoiren über die Magnetisierung
des Eisens, 1724 eine über die Krystallisation der geschmolzenen
Metalle beim Erstarren (De l’arrangement qui prennent les parties
des Matières Métalliques et Minerales lorsqu’après avoir été mises en
fusion, elles viennent a se figer). 1726 veröffentlichte er eine inter-
essante Arbeit speciell über das Verhalten des Guſseisens beim Er-
starren (Que le fer est de tous les métaux celui, qui se moule le plus
parfaitement et quelle en est la cause 1).

Sehr eingehend beschäftigte sich Reaumur mit der Unter-
suchung feuerfester Thone, worüber er 1730 eine gründliche Ab-
handlung veröffentlichte (De la nature de la terre en général et du
caractère des différentes espèces de terres). Hiermit standen seine
Versuche über die Porzellanbereitung in engster Beziehung, welche
ihn 1739 zur Entdeckung des opaken Glases, nach ihm Reaumur-
sches
Porzellan genannt, führten.

Die Erfindung, welche Reaumurs Namen am bekanntesten ge-
macht hat, ist die seines Thermometers, eines Weingeistthermo-
meters, bei dem der Temperaturunterschied zwischen dem Gefrier-
und dem Siedepunkte des Wassers in 80 gleiche Teile geteilt ist.
Diese praktische Grundlage hat ihm die allgemeinste Einführung ver-
schafft, denn das bald danach angegebene Thermometer von Celsius
unterscheidet sich nur durch die Einteilung der gleichen Temperatur-
skala in 100 statt in 80 Teile 2).


1) Mém. de l’Acad. 1726, p. 273.
2) Über das Thermometer hat Reaumur eine Reihe von Abhandlungen ver-
öffentlicht, welche sich in den Memoiren der Akademie von 1731, 1733, 1734 und
1735 finden. Die erste führt den Titel „Sur la construction des thermomètres
dont les degrés sont comparables, avec des remarques sur quelques propriétés de
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[13/0027] Litteratur im 18. Jahrhundert. günstigen Vermögensverhältnissen befand, verwendete dieses Geld ausschlieſslich zur Förderung der Industrie und der Gewerbe. Wie die Cementstahlfabrikation, so war die Weiſsblechfabrikation ein Zweig der Eisenindustrie, welcher in Frankreich noch unbekannt war. Cementstahl und Weiſsblech muſste aus dem Auslande bezogen werden. Reaumur beschäftigte sich eingehend mit demselben und veröffent- lichte die Ergebnisse seiner Untersuchung 1725 in den Memoiren der Akademie unter dem Titel: Principes de l’art de faire le fer blanc. Es war dies ebenfalls die erste wissenschaftliche Arbeit über die Weiſsblechfabrikation. Nachdem er bereits 1718 die Beschreibung eines Eisenbergwerks der Grafschaft Foix herausgegeben hatte, ver- öffentlichte er 1722 und 1723 zwei Memoiren über die Magnetisierung des Eisens, 1724 eine über die Krystallisation der geschmolzenen Metalle beim Erstarren (De l’arrangement qui prennent les parties des Matières Métalliques et Minerales lorsqu’après avoir été mises en fusion, elles viennent a se figer). 1726 veröffentlichte er eine inter- essante Arbeit speciell über das Verhalten des Guſseisens beim Er- starren (Que le fer est de tous les métaux celui, qui se moule le plus parfaitement et quelle en est la cause 1). Sehr eingehend beschäftigte sich Reaumur mit der Unter- suchung feuerfester Thone, worüber er 1730 eine gründliche Ab- handlung veröffentlichte (De la nature de la terre en général et du caractère des différentes espèces de terres). Hiermit standen seine Versuche über die Porzellanbereitung in engster Beziehung, welche ihn 1739 zur Entdeckung des opaken Glases, nach ihm Reaumur- sches Porzellan genannt, führten. Die Erfindung, welche Reaumurs Namen am bekanntesten ge- macht hat, ist die seines Thermometers, eines Weingeistthermo- meters, bei dem der Temperaturunterschied zwischen dem Gefrier- und dem Siedepunkte des Wassers in 80 gleiche Teile geteilt ist. Diese praktische Grundlage hat ihm die allgemeinste Einführung ver- schafft, denn das bald danach angegebene Thermometer von Celsius unterscheidet sich nur durch die Einteilung der gleichen Temperatur- skala in 100 statt in 80 Teile 2). 1) Mém. de l’Acad. 1726, p. 273. 2) Über das Thermometer hat Reaumur eine Reihe von Abhandlungen ver- öffentlicht, welche sich in den Memoiren der Akademie von 1731, 1733, 1734 und 1735 finden. Die erste führt den Titel „Sur la construction des thermomètres dont les degrés sont comparables, avec des remarques sur quelques propriétés de l’air“ (dans les Mém. de l’Acad. 1731). Auſserdem veröffentlichte Reaumur

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/27>, abgerufen am 28.04.2024.