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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Die Ankerschmieden.
wurde durch ein eigenartiges Ziehwerk von acht Arbeitern, welche
an Seilen zogen, in schwingende Bewegung gesetzt 1).

Alle diese Maschinen dienten, nachdem die grosse Ankerfabrik
zu Cosne errichtet worden war, nur noch zu Reparaturarbeiten.

Über die Gründung dieser Fabrik schreibt Reaumur: Im Jahre
1733 kaufte Herr Babaude de Chaussade den Grund und Boden für
diese Schmiede, mit deren Errichtung ihn der Minister Graf de
Maurepas beauftragt hatte. Das Werk nahm einen so glücklichen
Fortgang, dass de Chaussade sich bald danach genötigt sah, eine
zweite Schmiede zu Cosne zu errichten, dann eine dritte auf seinem
Gute zu Guerigny und eine vierte auf seinem Gute zu Villemenant,
zwischen Charite und Nevers. Als M. de Marchaud Minister des
Seewesens war, legte er ihnen den Titel königliche Fabriken bei und
ihre Thüren wurden von Schweizern in königlicher Livree bewacht.

Die berühmteste Ankerfabrik war aber zu jener Zeit die von
Soderfors in Schweden. Sie versorgte nicht nur das ganze schwe-
dische Seewesen mit Ankern, sondern lieferte auch viele in das Aus-
land. Die Anker von Soderfors galten als die besten. Dabei war
das Verfahren noch genau das ganz alte mit der Keule, welche wie
ein Rammbär wirkte, und welches man in Frankreich verworfen
hatte, weil der Wasserhammer und die Schweissung von Packeten
bessere Arbeit lieferten. In Soderfors schweisste man die Anker-
teile einfach aus Luppenstücken zusammen. Dass auf diese einfache
Art so gute Anker entstanden, lag nur an dem vorzüglichen Eisen.
Dasselbe war von Haus aus durch seine Erze von besonderer Güte,
wurde aber auch mit besonderer Sorgfalt gefrischt. Es geschah dies
nach der deutschen Frischmethode, wobei man aber einmal, unter
Umständen auch zweimal mehr aufbrach wie sonst. Zum mindesten
wurde also die Luppe zweimal aufgebrochen. Wollte man Anker
daraus machen, so zerteilte man sie in drei, manchmal nur in zwei
Stücke. Man schweisste nun eines dieser Stücke an eine starke
Eisenstange, welche oben einen Griff wie ein Bohrer hatte, an, um sie
festzuhalten und zu regieren. An das erste Luppenstück schweisste
man dann das zweite an und fuhr so fort nach Bedarf. Das An-
schweissen des Ankerkreuzes sowohl als die Vollendung des Ankers
konnte unter dem gewöhnlichen Hammer nicht vorgenommen werden.

Deshalb befand sich zwischen den beiden Frischfeuern ein grosser
Amboss, derselbe stand unter einem starken Balken, über welchem

1) S. Beschreibung und Abbildung in Descriptions des Arts et Metiers, p. 42.

Die Ankerschmieden.
wurde durch ein eigenartiges Ziehwerk von acht Arbeitern, welche
an Seilen zogen, in schwingende Bewegung gesetzt 1).

Alle diese Maschinen dienten, nachdem die groſse Ankerfabrik
zu Cosne errichtet worden war, nur noch zu Reparaturarbeiten.

Über die Gründung dieser Fabrik schreibt Reaumur: Im Jahre
1733 kaufte Herr Babaude de Chaussade den Grund und Boden für
diese Schmiede, mit deren Errichtung ihn der Minister Graf de
Maurepas beauftragt hatte. Das Werk nahm einen so glücklichen
Fortgang, daſs de Chaussade sich bald danach genötigt sah, eine
zweite Schmiede zu Cosne zu errichten, dann eine dritte auf seinem
Gute zu Guerigny und eine vierte auf seinem Gute zu Villemenant,
zwischen Charité und Nevers. Als M. de Marchaud Minister des
Seewesens war, legte er ihnen den Titel königliche Fabriken bei und
ihre Thüren wurden von Schweizern in königlicher Livree bewacht.

Die berühmteste Ankerfabrik war aber zu jener Zeit die von
Soderfors in Schweden. Sie versorgte nicht nur das ganze schwe-
dische Seewesen mit Ankern, sondern lieferte auch viele in das Aus-
land. Die Anker von Soderfors galten als die besten. Dabei war
das Verfahren noch genau das ganz alte mit der Keule, welche wie
ein Rammbär wirkte, und welches man in Frankreich verworfen
hatte, weil der Wasserhammer und die Schweiſsung von Packeten
bessere Arbeit lieferten. In Soderfors schweiſste man die Anker-
teile einfach aus Luppenstücken zusammen. Daſs auf diese einfache
Art so gute Anker entstanden, lag nur an dem vorzüglichen Eisen.
Dasselbe war von Haus aus durch seine Erze von besonderer Güte,
wurde aber auch mit besonderer Sorgfalt gefrischt. Es geschah dies
nach der deutschen Frischmethode, wobei man aber einmal, unter
Umständen auch zweimal mehr aufbrach wie sonst. Zum mindesten
wurde also die Luppe zweimal aufgebrochen. Wollte man Anker
daraus machen, so zerteilte man sie in drei, manchmal nur in zwei
Stücke. Man schweiſste nun eines dieser Stücke an eine starke
Eisenstange, welche oben einen Griff wie ein Bohrer hatte, an, um sie
festzuhalten und zu regieren. An das erste Luppenstück schweiſste
man dann das zweite an und fuhr so fort nach Bedarf. Das An-
schweiſsen des Ankerkreuzes sowohl als die Vollendung des Ankers
konnte unter dem gewöhnlichen Hammer nicht vorgenommen werden.

Deshalb befand sich zwischen den beiden Frischfeuern ein groſser
Amboſs, derselbe stand unter einem starken Balken, über welchem

1) S. Beschreibung und Abbildung in Descriptions des Arts et Metiers, p. 42.
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[260/0274] Die Ankerschmieden. wurde durch ein eigenartiges Ziehwerk von acht Arbeitern, welche an Seilen zogen, in schwingende Bewegung gesetzt 1). Alle diese Maschinen dienten, nachdem die groſse Ankerfabrik zu Cosne errichtet worden war, nur noch zu Reparaturarbeiten. Über die Gründung dieser Fabrik schreibt Reaumur: Im Jahre 1733 kaufte Herr Babaude de Chaussade den Grund und Boden für diese Schmiede, mit deren Errichtung ihn der Minister Graf de Maurepas beauftragt hatte. Das Werk nahm einen so glücklichen Fortgang, daſs de Chaussade sich bald danach genötigt sah, eine zweite Schmiede zu Cosne zu errichten, dann eine dritte auf seinem Gute zu Guerigny und eine vierte auf seinem Gute zu Villemenant, zwischen Charité und Nevers. Als M. de Marchaud Minister des Seewesens war, legte er ihnen den Titel königliche Fabriken bei und ihre Thüren wurden von Schweizern in königlicher Livree bewacht. Die berühmteste Ankerfabrik war aber zu jener Zeit die von Soderfors in Schweden. Sie versorgte nicht nur das ganze schwe- dische Seewesen mit Ankern, sondern lieferte auch viele in das Aus- land. Die Anker von Soderfors galten als die besten. Dabei war das Verfahren noch genau das ganz alte mit der Keule, welche wie ein Rammbär wirkte, und welches man in Frankreich verworfen hatte, weil der Wasserhammer und die Schweiſsung von Packeten bessere Arbeit lieferten. In Soderfors schweiſste man die Anker- teile einfach aus Luppenstücken zusammen. Daſs auf diese einfache Art so gute Anker entstanden, lag nur an dem vorzüglichen Eisen. Dasselbe war von Haus aus durch seine Erze von besonderer Güte, wurde aber auch mit besonderer Sorgfalt gefrischt. Es geschah dies nach der deutschen Frischmethode, wobei man aber einmal, unter Umständen auch zweimal mehr aufbrach wie sonst. Zum mindesten wurde also die Luppe zweimal aufgebrochen. Wollte man Anker daraus machen, so zerteilte man sie in drei, manchmal nur in zwei Stücke. Man schweiſste nun eines dieser Stücke an eine starke Eisenstange, welche oben einen Griff wie ein Bohrer hatte, an, um sie festzuhalten und zu regieren. An das erste Luppenstück schweiſste man dann das zweite an und fuhr so fort nach Bedarf. Das An- schweiſsen des Ankerkreuzes sowohl als die Vollendung des Ankers konnte unter dem gewöhnlichen Hammer nicht vorgenommen werden. Deshalb befand sich zwischen den beiden Frischfeuern ein groſser Amboſs, derselbe stand unter einem starken Balken, über welchem 1) S. Beschreibung und Abbildung in Descriptions des Arts et Metiers, p. 42.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/274>, abgerufen am 20.05.2024.