Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Ankerschmieden.
man sich, um die richtige Stärke zu erlangen, eines Greifzirkels bediente.
Es ist nicht unsere Aufgabe, auf die Einzelheiten der Arbeit näher
einzugehen.

Die Arme machte man ebenfalls aus pyramidenförmigen Stäben
und schweisste einen Schweif an, um besser wenden zu können. Die
Schaufeln machte man aus Kolben. Zum Zusammenschweissen der
schweren Stücke waren zwei Krahne erforderlich und natürlich auch
zwei Schmiedefeuer. In jedem wurde das Ende eines Teils bis zur
hellen Weissglut erhitzt, worauf die beiden Krahne die Stücke auf
den gemeinschaftlichen Amboss zusammenführten. Man legte ihre
glatt gemachten Enden gegeneinander und vereinigte sie mit starken
Schlägen zu einer Masse. Besonders zum Anschweissen (encoller)
eines der Arme an die Rute waren kräftige Hammerschläge nötig.
In der Schmiede zu Imphy in der Provinz Nivernais hatte man einen
Hammer mit besonders hohem Hub eigens für diese Arbeit gebaut.
Mit diesem Hammer konnte man mit vier bis fünf Schlägen einen
Arm an die Rute anschweissen. Der Angriffspunkt der Hebedaumen
zwischen Helm und Hammerachse lag nur 1/3 von letzterer entfernt.
Der Hub war bis 40 Zoll. Die Hammerwelle hatte nur zwei Hebe-
daumen.

Bei den Ankerschmieden in den Seeplätzen hatte man in Er-
mangelung von Wasserhämmern verschiedene Maschinen, um das
Anschweissen der Arme an die Rute zu bewerkstelligen. In Brest
bediente man sich einer Ramme, ähnlich der, mit welcher man Pfähle
in den Boden treibt; dasselbe war der Fall zu Vienne, wo sieben bis
acht Männer den Rammbär ziehen mussten. Eine andere sonderbare
Vorrichtung hatte man ebenfalls in Brest. Sie bestand aus einer
schweren Keule von beinahe 300 Pfund Gewicht. Auf der einen
Seite endigte sie in einen Stiel, den ein Arbeiter festhielt, um dem
Schlage seine Richtung zu geben. Die Keule selbst war aufgehängt
und wurde von sieben bis acht Mann aufgezogen und fallen gelassen.
Den Schlag zu lenken war eine schwierige Arbeit. Diese einfachen
Maschinen sind von grossem historischen Interesse. Mögen doch wohl
auf ähnliche Weise jene wunderbaren Schmiedestücke des Altertums,
wie der Dehli Lhat in Indien (Bd. I, S. 218), angefertigt worden
sein. Diese Hammerkeule galt aber schon zu Anfang des vorigen
Jahrhunderts für ein sehr unvollkommenes Werkzeug.

Zu Rochefort hatte man einen Hammer von 600 bis 700 Pfund,
der wie ein riesiger Vorschlaghammer war, dessen Stiel sich in einem
eisernen Zapfen drehte. Er war in einem Gerüst aufgehängt und

17*

Die Ankerschmieden.
man sich, um die richtige Stärke zu erlangen, eines Greifzirkels bediente.
Es ist nicht unsere Aufgabe, auf die Einzelheiten der Arbeit näher
einzugehen.

Die Arme machte man ebenfalls aus pyramidenförmigen Stäben
und schweiſste einen Schweif an, um besser wenden zu können. Die
Schaufeln machte man aus Kolben. Zum Zusammenschweiſsen der
schweren Stücke waren zwei Krahne erforderlich und natürlich auch
zwei Schmiedefeuer. In jedem wurde das Ende eines Teils bis zur
hellen Weiſsglut erhitzt, worauf die beiden Krahne die Stücke auf
den gemeinschaftlichen Amboſs zusammenführten. Man legte ihre
glatt gemachten Enden gegeneinander und vereinigte sie mit starken
Schlägen zu einer Masse. Besonders zum Anschweiſsen (encoller)
eines der Arme an die Rute waren kräftige Hammerschläge nötig.
In der Schmiede zu Imphy in der Provinz Nivernais hatte man einen
Hammer mit besonders hohem Hub eigens für diese Arbeit gebaut.
Mit diesem Hammer konnte man mit vier bis fünf Schlägen einen
Arm an die Rute anschweiſsen. Der Angriffspunkt der Hebedaumen
zwischen Helm und Hammerachse lag nur ⅓ von letzterer entfernt.
Der Hub war bis 40 Zoll. Die Hammerwelle hatte nur zwei Hebe-
daumen.

Bei den Ankerschmieden in den Seeplätzen hatte man in Er-
mangelung von Wasserhämmern verschiedene Maschinen, um das
Anschweiſsen der Arme an die Rute zu bewerkstelligen. In Brest
bediente man sich einer Ramme, ähnlich der, mit welcher man Pfähle
in den Boden treibt; dasselbe war der Fall zu Vienne, wo sieben bis
acht Männer den Rammbär ziehen muſsten. Eine andere sonderbare
Vorrichtung hatte man ebenfalls in Brest. Sie bestand aus einer
schweren Keule von beinahe 300 Pfund Gewicht. Auf der einen
Seite endigte sie in einen Stiel, den ein Arbeiter festhielt, um dem
Schlage seine Richtung zu geben. Die Keule selbst war aufgehängt
und wurde von sieben bis acht Mann aufgezogen und fallen gelassen.
Den Schlag zu lenken war eine schwierige Arbeit. Diese einfachen
Maschinen sind von groſsem historischen Interesse. Mögen doch wohl
auf ähnliche Weise jene wunderbaren Schmiedestücke des Altertums,
wie der Dehli Lhat in Indien (Bd. I, S. 218), angefertigt worden
sein. Diese Hammerkeule galt aber schon zu Anfang des vorigen
Jahrhunderts für ein sehr unvollkommenes Werkzeug.

Zu Rochefort hatte man einen Hammer von 600 bis 700 Pfund,
der wie ein riesiger Vorschlaghammer war, dessen Stiel sich in einem
eisernen Zapfen drehte. Er war in einem Gerüst aufgehängt und

17*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0273" n="259"/><fw place="top" type="header">Die Ankerschmieden.</fw><lb/>
man sich, um die richtige Stärke zu erlangen, eines Greifzirkels bediente.<lb/>
Es ist nicht unsere Aufgabe, auf die Einzelheiten der Arbeit näher<lb/>
einzugehen.</p><lb/>
            <p>Die Arme machte man ebenfalls aus pyramidenförmigen Stäben<lb/>
und schwei&#x017F;ste einen Schweif an, um besser wenden zu können. Die<lb/>
Schaufeln machte man aus Kolben. Zum Zusammenschwei&#x017F;sen der<lb/>
schweren Stücke waren zwei Krahne erforderlich und natürlich auch<lb/>
zwei Schmiedefeuer. In jedem wurde das Ende eines Teils bis zur<lb/>
hellen Wei&#x017F;sglut erhitzt, worauf die beiden Krahne die Stücke auf<lb/>
den gemeinschaftlichen Ambo&#x017F;s zusammenführten. Man legte ihre<lb/>
glatt gemachten Enden gegeneinander und vereinigte sie mit starken<lb/>
Schlägen zu einer Masse. Besonders zum Anschwei&#x017F;sen (encoller)<lb/>
eines der Arme an die Rute waren kräftige Hammerschläge nötig.<lb/>
In der Schmiede zu Imphy in der Provinz Nivernais hatte man einen<lb/>
Hammer mit besonders hohem Hub eigens für diese Arbeit gebaut.<lb/>
Mit diesem Hammer konnte man mit vier bis fünf Schlägen einen<lb/>
Arm an die Rute anschwei&#x017F;sen. Der Angriffspunkt der Hebedaumen<lb/>
zwischen Helm und Hammerachse lag nur &#x2153; von letzterer entfernt.<lb/>
Der Hub war bis 40 Zoll. Die Hammerwelle hatte nur zwei Hebe-<lb/>
daumen.</p><lb/>
            <p>Bei den Ankerschmieden in den Seeplätzen hatte man in Er-<lb/>
mangelung von Wasserhämmern verschiedene Maschinen, um das<lb/>
Anschwei&#x017F;sen der Arme an die Rute zu bewerkstelligen. In Brest<lb/>
bediente man sich einer Ramme, ähnlich der, mit welcher man Pfähle<lb/>
in den Boden treibt; dasselbe war der Fall zu Vienne, wo sieben bis<lb/>
acht Männer den Rammbär ziehen mu&#x017F;sten. Eine andere sonderbare<lb/>
Vorrichtung hatte man ebenfalls in Brest. Sie bestand aus einer<lb/>
schweren Keule von beinahe 300 Pfund Gewicht. Auf der einen<lb/>
Seite endigte sie in einen Stiel, den ein Arbeiter festhielt, um dem<lb/>
Schlage seine Richtung zu geben. Die Keule selbst war aufgehängt<lb/>
und wurde von sieben bis acht Mann aufgezogen und fallen gelassen.<lb/>
Den Schlag zu lenken war eine schwierige Arbeit. Diese einfachen<lb/>
Maschinen sind von gro&#x017F;sem historischen Interesse. Mögen doch wohl<lb/>
auf ähnliche Weise jene wunderbaren Schmiedestücke des Altertums,<lb/>
wie der <hi rendition="#g">Dehli Lhat</hi> in Indien (Bd. I, S. 218), angefertigt worden<lb/>
sein. Diese Hammerkeule galt aber schon zu Anfang des vorigen<lb/>
Jahrhunderts für ein sehr unvollkommenes Werkzeug.</p><lb/>
            <p>Zu Rochefort hatte man einen Hammer von 600 bis 700 Pfund,<lb/>
der wie ein riesiger Vorschlaghammer war, dessen Stiel sich in einem<lb/>
eisernen Zapfen drehte. Er war in einem Gerüst aufgehängt und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">17*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0273] Die Ankerschmieden. man sich, um die richtige Stärke zu erlangen, eines Greifzirkels bediente. Es ist nicht unsere Aufgabe, auf die Einzelheiten der Arbeit näher einzugehen. Die Arme machte man ebenfalls aus pyramidenförmigen Stäben und schweiſste einen Schweif an, um besser wenden zu können. Die Schaufeln machte man aus Kolben. Zum Zusammenschweiſsen der schweren Stücke waren zwei Krahne erforderlich und natürlich auch zwei Schmiedefeuer. In jedem wurde das Ende eines Teils bis zur hellen Weiſsglut erhitzt, worauf die beiden Krahne die Stücke auf den gemeinschaftlichen Amboſs zusammenführten. Man legte ihre glatt gemachten Enden gegeneinander und vereinigte sie mit starken Schlägen zu einer Masse. Besonders zum Anschweiſsen (encoller) eines der Arme an die Rute waren kräftige Hammerschläge nötig. In der Schmiede zu Imphy in der Provinz Nivernais hatte man einen Hammer mit besonders hohem Hub eigens für diese Arbeit gebaut. Mit diesem Hammer konnte man mit vier bis fünf Schlägen einen Arm an die Rute anschweiſsen. Der Angriffspunkt der Hebedaumen zwischen Helm und Hammerachse lag nur ⅓ von letzterer entfernt. Der Hub war bis 40 Zoll. Die Hammerwelle hatte nur zwei Hebe- daumen. Bei den Ankerschmieden in den Seeplätzen hatte man in Er- mangelung von Wasserhämmern verschiedene Maschinen, um das Anschweiſsen der Arme an die Rute zu bewerkstelligen. In Brest bediente man sich einer Ramme, ähnlich der, mit welcher man Pfähle in den Boden treibt; dasselbe war der Fall zu Vienne, wo sieben bis acht Männer den Rammbär ziehen muſsten. Eine andere sonderbare Vorrichtung hatte man ebenfalls in Brest. Sie bestand aus einer schweren Keule von beinahe 300 Pfund Gewicht. Auf der einen Seite endigte sie in einen Stiel, den ein Arbeiter festhielt, um dem Schlage seine Richtung zu geben. Die Keule selbst war aufgehängt und wurde von sieben bis acht Mann aufgezogen und fallen gelassen. Den Schlag zu lenken war eine schwierige Arbeit. Diese einfachen Maschinen sind von groſsem historischen Interesse. Mögen doch wohl auf ähnliche Weise jene wunderbaren Schmiedestücke des Altertums, wie der Dehli Lhat in Indien (Bd. I, S. 218), angefertigt worden sein. Diese Hammerkeule galt aber schon zu Anfang des vorigen Jahrhunderts für ein sehr unvollkommenes Werkzeug. Zu Rochefort hatte man einen Hammer von 600 bis 700 Pfund, der wie ein riesiger Vorschlaghammer war, dessen Stiel sich in einem eisernen Zapfen drehte. Er war in einem Gerüst aufgehängt und 17*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/273
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/273>, abgerufen am 20.05.2024.