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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
letzteren Fichten in Betracht. Erstere gaben mehr Hitze, von letz-
teren glaubte man, dass sie dem Eisen mehr Geschmeidigkeit bei-
brächten. Gewachsenes Rundholz zog man dem gerissenen Stamm-
holz vor. Am besten war das Holz von 18 bis 20jährigen Schlägen,
in Stangen von 6 bis 12 Zoll im Umfang. Dieses Holz wurde zum
Verkohlen in Stöcke von 2 bis 3 Fuss Länge zerhauen.

Gute Holzkohle sollte leicht, klingend und von grossen glänzen-
den Stücken sein, die sich leicht zerbrechen liessen. Im Hochofen
verwendete man nur grosse Kohlen.

Die Köhlerei war ein wichtiger Teil der Waldwirtschaft und der
Kohlenbezug eine Existenzfrage der Eisenhüttenwerke. Ein fran-
zösischer Hüttenmeister Robert hatte schon früher die Behauptung
aufgestellt, dass ein Hochofen mehr Holz verbrauche als zwei kleinere
Städte, und Duhamel stellte folgende Berechnung an. Ein Hoch-
ofen verzehrte täglich 8 Fuder (bannes) Kohlen. Zu einem Fuder
Kohlen waren 4 Klafter (cordes) Holz nötig. Folglich verzehrte ein
Ofen täglich 32 Klafter, oder im Jahre 11680 Klafter Holz. Ein
Morgen Wald in Schlage von 20 Jahren eingeteilt, giebt auf den
Schlag nicht mehr als ungefähr 36 Klafter Holz. Ein Hochofen ver-
brauchte also die ganze Produktion von 324 Morgen forstmännisch
betriebenem Wald, wobei eine Tagesproduktion von 2000 kg Roheisen
angenommen war 1).

Kein Wunder, dass, wo die Eisenindustrie sich ausdehnte, Holz-
mangel entstand. In vielen Gegenden, besonders in England und den
Niederlanden, war man gezwungen, entweder die Eisenindustrie zu
Grunde gehen zu lassen, oder Ersatzmittel für die Holzkohle
zu finden. Solche Ersatzmittel boten sich im Torf und in der
Steinkohle dar. Der Torf gab in seinem natürlichen Zustande als
Stechtorf zu wenig Hitze aus, dagegen war er in gekohltem Zu-
stande verwendbar. Die Steinkohle bewährte sich im Schmiedefeuer
vortrefflich, da sie eine viel raschere Hitze gab als Holzkohle. Im
Frischherd und im Hochofen war sie in rohem Zustande nicht zu
gebrauchen. Aber man hatte gelernt, auch die Steinkohle ähnlich
wie das Holz zu verkohlen, oder wie man es später nannte zu ver-
koken.

In England machte man bereits im 17. Jahrhundert Versuche,
Torf zu verkohlen und in der Eisenindustrie zu verwenden. Fast

1) Dangenoust hat in dem von Duhamel später herausgegebenen Nach-
trag diese Berechnung geprüft. Er fand bei Öfen von 1500 kg Tagesproduktion
6570 Klafter Holzverbrauch.

Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
letzteren Fichten in Betracht. Erstere gaben mehr Hitze, von letz-
teren glaubte man, daſs sie dem Eisen mehr Geschmeidigkeit bei-
brächten. Gewachsenes Rundholz zog man dem gerissenen Stamm-
holz vor. Am besten war das Holz von 18 bis 20jährigen Schlägen,
in Stangen von 6 bis 12 Zoll im Umfang. Dieses Holz wurde zum
Verkohlen in Stöcke von 2 bis 3 Fuſs Länge zerhauen.

Gute Holzkohle sollte leicht, klingend und von groſsen glänzen-
den Stücken sein, die sich leicht zerbrechen lieſsen. Im Hochofen
verwendete man nur groſse Kohlen.

Die Köhlerei war ein wichtiger Teil der Waldwirtschaft und der
Kohlenbezug eine Existenzfrage der Eisenhüttenwerke. Ein fran-
zösischer Hüttenmeister Robert hatte schon früher die Behauptung
aufgestellt, daſs ein Hochofen mehr Holz verbrauche als zwei kleinere
Städte, und Duhamel stellte folgende Berechnung an. Ein Hoch-
ofen verzehrte täglich 8 Fuder (bannes) Kohlen. Zu einem Fuder
Kohlen waren 4 Klafter (cordes) Holz nötig. Folglich verzehrte ein
Ofen täglich 32 Klafter, oder im Jahre 11680 Klafter Holz. Ein
Morgen Wald in Schlage von 20 Jahren eingeteilt, giebt auf den
Schlag nicht mehr als ungefähr 36 Klafter Holz. Ein Hochofen ver-
brauchte also die ganze Produktion von 324 Morgen forstmännisch
betriebenem Wald, wobei eine Tagesproduktion von 2000 kg Roheisen
angenommen war 1).

Kein Wunder, daſs, wo die Eisenindustrie sich ausdehnte, Holz-
mangel entstand. In vielen Gegenden, besonders in England und den
Niederlanden, war man gezwungen, entweder die Eisenindustrie zu
Grunde gehen zu lassen, oder Ersatzmittel für die Holzkohle
zu finden. Solche Ersatzmittel boten sich im Torf und in der
Steinkohle dar. Der Torf gab in seinem natürlichen Zustande als
Stechtorf zu wenig Hitze aus, dagegen war er in gekohltem Zu-
stande verwendbar. Die Steinkohle bewährte sich im Schmiedefeuer
vortrefflich, da sie eine viel raschere Hitze gab als Holzkohle. Im
Frischherd und im Hochofen war sie in rohem Zustande nicht zu
gebrauchen. Aber man hatte gelernt, auch die Steinkohle ähnlich
wie das Holz zu verkohlen, oder wie man es später nannte zu ver-
koken.

In England machte man bereits im 17. Jahrhundert Versuche,
Torf zu verkohlen und in der Eisenindustrie zu verwenden. Fast

1) Dangenoust hat in dem von Duhamel später herausgegebenen Nach-
trag diese Berechnung geprüft. Er fand bei Öfen von 1500 kg Tagesproduktion
6570 Klafter Holzverbrauch.
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[296/0310] Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. letzteren Fichten in Betracht. Erstere gaben mehr Hitze, von letz- teren glaubte man, daſs sie dem Eisen mehr Geschmeidigkeit bei- brächten. Gewachsenes Rundholz zog man dem gerissenen Stamm- holz vor. Am besten war das Holz von 18 bis 20jährigen Schlägen, in Stangen von 6 bis 12 Zoll im Umfang. Dieses Holz wurde zum Verkohlen in Stöcke von 2 bis 3 Fuſs Länge zerhauen. Gute Holzkohle sollte leicht, klingend und von groſsen glänzen- den Stücken sein, die sich leicht zerbrechen lieſsen. Im Hochofen verwendete man nur groſse Kohlen. Die Köhlerei war ein wichtiger Teil der Waldwirtschaft und der Kohlenbezug eine Existenzfrage der Eisenhüttenwerke. Ein fran- zösischer Hüttenmeister Robert hatte schon früher die Behauptung aufgestellt, daſs ein Hochofen mehr Holz verbrauche als zwei kleinere Städte, und Duhamel stellte folgende Berechnung an. Ein Hoch- ofen verzehrte täglich 8 Fuder (bannes) Kohlen. Zu einem Fuder Kohlen waren 4 Klafter (cordes) Holz nötig. Folglich verzehrte ein Ofen täglich 32 Klafter, oder im Jahre 11680 Klafter Holz. Ein Morgen Wald in Schlage von 20 Jahren eingeteilt, giebt auf den Schlag nicht mehr als ungefähr 36 Klafter Holz. Ein Hochofen ver- brauchte also die ganze Produktion von 324 Morgen forstmännisch betriebenem Wald, wobei eine Tagesproduktion von 2000 kg Roheisen angenommen war 1). Kein Wunder, daſs, wo die Eisenindustrie sich ausdehnte, Holz- mangel entstand. In vielen Gegenden, besonders in England und den Niederlanden, war man gezwungen, entweder die Eisenindustrie zu Grunde gehen zu lassen, oder Ersatzmittel für die Holzkohle zu finden. Solche Ersatzmittel boten sich im Torf und in der Steinkohle dar. Der Torf gab in seinem natürlichen Zustande als Stechtorf zu wenig Hitze aus, dagegen war er in gekohltem Zu- stande verwendbar. Die Steinkohle bewährte sich im Schmiedefeuer vortrefflich, da sie eine viel raschere Hitze gab als Holzkohle. Im Frischherd und im Hochofen war sie in rohem Zustande nicht zu gebrauchen. Aber man hatte gelernt, auch die Steinkohle ähnlich wie das Holz zu verkohlen, oder wie man es später nannte zu ver- koken. In England machte man bereits im 17. Jahrhundert Versuche, Torf zu verkohlen und in der Eisenindustrie zu verwenden. Fast 1) Dangenoust hat in dem von Duhamel später herausgegebenen Nach- trag diese Berechnung geprüft. Er fand bei Öfen von 1500 kg Tagesproduktion 6570 Klafter Holzverbrauch.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/310>, abgerufen am 22.11.2024.