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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
falens erklärt, da man doch die Steinkohle bei der Hand habe. Er
nennt es ein lächerliches Vorgeben, dass man den Draht nicht mit
Steinkohle ausglühen könne, zumal da dieses ja in geschlossenen
Gefässen geschähe. Er schlägt deshalb einen Blechglühofen vor
(Fig. 121), wie er wirklich auch später Eingang fand. C ist der guss-
eiserne Glühkessel, dessen Deckel, ebenso wie der eiserne Ofenhut D,
mit Lehm, Pferdemist und Hammerschlag, welche mit Ochsenblut
angemacht werden, verdichtet wird.

Das geschmiedete Drahteisen wurde aber in der Regel, um es im
Drahtzug auszuziehen, auf einem offenen Kohlenfeuer von 12 Fuss

[Abbildung] Fig. 121.
oder mehr Länge zur
Rotglut erwärmt. Hier-
auf übernahm es der
Drahtzieher, der es
mit Speck, Butter oder
Talg einfettete und es
dann drei- bis viermal
durch die Öffnungen
seines Zieheisens, wo-
bei es jedesmal etwas
dünner wurde, durch-
zog. Durch dieses
"Grobziehen" (roulage)
war der Draht hart
geworden und musste,
um ihn wieder weich
zu machen, ausge-
glüht werden. Als-
dann wurde er wieder
durch drei Nummern gezogen, von neuem geglüht und wieder durch
drei Ziehlöcher gehen lassen und so fort. Diese Arbeit hiess das
Feinziehen (ebroudage).

Der Grobzug mit der Stossziehbank oder der "Schiebebank" ist
jetzt durch die Feinwalzen verdrängt, in früherer Zeit bildete er den
wichtigsten und kostbarsten Teil eines Drahtzuges (trefilerie).

Das Drahteisen wurde an einem Ende zugespitzt durch die
grösste Öffnung des Zieheisens durchgesteckt und an dem durch-
gesteckten Ende von der Drahtzange gefasst, welche den Draht auf
eine gewisse Länge durchzieht, ihn dann, indem sie sich beim Wechsel
der Bewegung öffnet, los lässt. Die geöffnete Zange bewegt sich

Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
falens erklärt, da man doch die Steinkohle bei der Hand habe. Er
nennt es ein lächerliches Vorgeben, daſs man den Draht nicht mit
Steinkohle ausglühen könne, zumal da dieses ja in geschlossenen
Gefäſsen geschähe. Er schlägt deshalb einen Blechglühofen vor
(Fig. 121), wie er wirklich auch später Eingang fand. C ist der guſs-
eiserne Glühkessel, dessen Deckel, ebenso wie der eiserne Ofenhut D,
mit Lehm, Pferdemist und Hammerschlag, welche mit Ochsenblut
angemacht werden, verdichtet wird.

Das geschmiedete Drahteisen wurde aber in der Regel, um es im
Drahtzug auszuziehen, auf einem offenen Kohlenfeuer von 12 Fuſs

[Abbildung] Fig. 121.
oder mehr Länge zur
Rotglut erwärmt. Hier-
auf übernahm es der
Drahtzieher, der es
mit Speck, Butter oder
Talg einfettete und es
dann drei- bis viermal
durch die Öffnungen
seines Zieheisens, wo-
bei es jedesmal etwas
dünner wurde, durch-
zog. Durch dieses
„Grobziehen“ (roulage)
war der Draht hart
geworden und muſste,
um ihn wieder weich
zu machen, ausge-
glüht werden. Als-
dann wurde er wieder
durch drei Nummern gezogen, von neuem geglüht und wieder durch
drei Ziehlöcher gehen lassen und so fort. Diese Arbeit hieſs das
Feinziehen (ébroudage).

Der Grobzug mit der Stoſsziehbank oder der „Schiebebank“ ist
jetzt durch die Feinwalzen verdrängt, in früherer Zeit bildete er den
wichtigsten und kostbarsten Teil eines Drahtzuges (tréfilerie).

Das Drahteisen wurde an einem Ende zugespitzt durch die
gröſste Öffnung des Zieheisens durchgesteckt und an dem durch-
gesteckten Ende von der Drahtzange gefaſst, welche den Draht auf
eine gewisse Länge durchzieht, ihn dann, indem sie sich beim Wechsel
der Bewegung öffnet, los läſst. Die geöffnete Zange bewegt sich

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[457/0471] Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. falens erklärt, da man doch die Steinkohle bei der Hand habe. Er nennt es ein lächerliches Vorgeben, daſs man den Draht nicht mit Steinkohle ausglühen könne, zumal da dieses ja in geschlossenen Gefäſsen geschähe. Er schlägt deshalb einen Blechglühofen vor (Fig. 121), wie er wirklich auch später Eingang fand. C ist der guſs- eiserne Glühkessel, dessen Deckel, ebenso wie der eiserne Ofenhut D, mit Lehm, Pferdemist und Hammerschlag, welche mit Ochsenblut angemacht werden, verdichtet wird. Das geschmiedete Drahteisen wurde aber in der Regel, um es im Drahtzug auszuziehen, auf einem offenen Kohlenfeuer von 12 Fuſs [Abbildung Fig. 121.] oder mehr Länge zur Rotglut erwärmt. Hier- auf übernahm es der Drahtzieher, der es mit Speck, Butter oder Talg einfettete und es dann drei- bis viermal durch die Öffnungen seines Zieheisens, wo- bei es jedesmal etwas dünner wurde, durch- zog. Durch dieses „Grobziehen“ (roulage) war der Draht hart geworden und muſste, um ihn wieder weich zu machen, ausge- glüht werden. Als- dann wurde er wieder durch drei Nummern gezogen, von neuem geglüht und wieder durch drei Ziehlöcher gehen lassen und so fort. Diese Arbeit hieſs das Feinziehen (ébroudage). Der Grobzug mit der Stoſsziehbank oder der „Schiebebank“ ist jetzt durch die Feinwalzen verdrängt, in früherer Zeit bildete er den wichtigsten und kostbarsten Teil eines Drahtzuges (tréfilerie). Das Drahteisen wurde an einem Ende zugespitzt durch die gröſste Öffnung des Zieheisens durchgesteckt und an dem durch- gesteckten Ende von der Drahtzange gefaſst, welche den Draht auf eine gewisse Länge durchzieht, ihn dann, indem sie sich beim Wechsel der Bewegung öffnet, los läſst. Die geöffnete Zange bewegt sich

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/471>, abgerufen am 22.11.2024.