cirten, von einländischen Kaufleuten anerhandelten Draht, sofort anzuhalten, und nachher Altena zur nöthigen Untersuchung ausfolgen zu lassen, übrigens aber die Uebertreter dieser Verordnung sofort zur Bestrafung hiehin anzuzeigen. Signatum Cleve in der Krieges- und Domainen-Cammer den 22. Juli 1745.
Rappard, Geelhaar, Müntz, Schmitz, J. C. Wolmstädt, Durham, Colberg, A. O. v. Raesfeld, B. Rappard, Gazali, v. Schack, Fiedler, Michaelis, S. P. Jänicke."
Die mechanischen Einrichtungen der märkischen Drahtmühlen waren einfach und veraltet. Wie im Handel, so hielt man in der Technik am Hergebrachten fest und setzte dem Fortschritt passiven Widerstand entgegen. Die einzelnen Drahtmühlen waren klein, meistens mit einem Wasserrad. Das Ziehen geschah auf Grobziehers-, Kleinziehers- und Winders- (Winnen-) Bänken. Die ersten beiden hatten Zangen, die letztere Rollen. Wenn es nicht an Wasser fehlte, so trieb ein Rad vier Scheiben mit den dazu gehörigen Rollen. Jägerschmid tadelt die Konstruktion der Wasserräder, der Zieh- zangen und der Glühöfen, für welch letztere er bessere Öfen mit Steinkohlenheizung vorschlug (s. Fig. 121).
In dem Altenaer Revier waren allein 84 Drahtmühlen und wurden hier jährlich 150000 bis 160000 Stück Eisendraht, das Stück zu 10 Pfund gerechnet, angefertigt. Im ganzen waren 800 bis 900 Arbeiter in den Drahtziehereien beschäftigt. Zwei Arbeiter zogen in 14 Tagen 120 Stück Draht; dafür erhielten sie 51/2 Stüber, wofür sie dann die Pacht- und die Fabrikationskosten zahlen mussten. Das Eisen erhielten sie von den Reidemeistern, welche auch die Reparaturkosten der Drahtmühlen tragen mussten. Dieses Verhältnis besteht zum Teil noch heute. Der Abgang betrug nur 10 Prozent, es gaben 100 Pfund Osemundeisen 90 Pfund Draht. Ausser dem Eisendraht wurden noch ungefähr 300000 Pfund Stahldraht jährlich für die Aachener Nadelfabriken angefertigt, welche dafür 60000 Thaler zahlen mussten.
Das Osemundeisen, welches 1 Zoll dick und 11/2 Zoll breit war, kam erst in kleine Handschmieden. Hier wurden die Stäbe bei Stein- kohlenfeuer geheizt und in der Mitte der Länge nach gespalten und an den Enden beigeschmiedet, damit sie in die Zieheisen gingen. So erhielten sie die Grobzieher. Die Stahldrahtstäbe waren 1/4 Zoll quadratisch und wurden bei Steinkohlenfeuer in Kleinschmieden rund geschmiedet.
Sobald der Draht drei Löcher des Zugeisens passiert hatte, wurde
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Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
cirten, von einländischen Kaufleuten anerhandelten Draht, sofort anzuhalten, und nachher Altena zur nöthigen Untersuchung ausfolgen zu lassen, übrigens aber die Uebertreter dieser Verordnung sofort zur Bestrafung hiehin anzuzeigen. Signatum Cleve in der Krieges- und Domainen-Cammer den 22. Juli 1745.
Rappard, Geelhaar, Müntz, Schmitz, J. C. Wolmstädt, Durham, Colberg, A. O. v. Raesfeld, B. Rappard, Gazali, v. Schack, Fiedler, Michaelis, S. P. Jänicke.“
Die mechanischen Einrichtungen der märkischen Drahtmühlen waren einfach und veraltet. Wie im Handel, so hielt man in der Technik am Hergebrachten fest und setzte dem Fortschritt passiven Widerstand entgegen. Die einzelnen Drahtmühlen waren klein, meistens mit einem Wasserrad. Das Ziehen geschah auf Grobziehers-, Kleinziehers- und Winders- (Winnen-) Bänken. Die ersten beiden hatten Zangen, die letztere Rollen. Wenn es nicht an Wasser fehlte, so trieb ein Rad vier Scheiben mit den dazu gehörigen Rollen. Jägerschmid tadelt die Konstruktion der Wasserräder, der Zieh- zangen und der Glühöfen, für welch letztere er bessere Öfen mit Steinkohlenheizung vorschlug (s. Fig. 121).
In dem Altenaer Revier waren allein 84 Drahtmühlen und wurden hier jährlich 150000 bis 160000 Stück Eisendraht, das Stück zu 10 Pfund gerechnet, angefertigt. Im ganzen waren 800 bis 900 Arbeiter in den Drahtziehereien beschäftigt. Zwei Arbeiter zogen in 14 Tagen 120 Stück Draht; dafür erhielten sie 5½ Stüber, wofür sie dann die Pacht- und die Fabrikationskosten zahlen muſsten. Das Eisen erhielten sie von den Reidemeistern, welche auch die Reparaturkosten der Drahtmühlen tragen muſsten. Dieses Verhältnis besteht zum Teil noch heute. Der Abgang betrug nur 10 Prozent, es gaben 100 Pfund Osemundeisen 90 Pfund Draht. Auſser dem Eisendraht wurden noch ungefähr 300000 Pfund Stahldraht jährlich für die Aachener Nadelfabriken angefertigt, welche dafür 60000 Thaler zahlen muſsten.
Das Osemundeisen, welches 1 Zoll dick und 1½ Zoll breit war, kam erst in kleine Handschmieden. Hier wurden die Stäbe bei Stein- kohlenfeuer geheizt und in der Mitte der Länge nach gespalten und an den Enden beigeschmiedet, damit sie in die Zieheisen gingen. So erhielten sie die Grobzieher. Die Stahldrahtstäbe waren ¼ Zoll quadratisch und wurden bei Steinkohlenfeuer in Kleinschmieden rund geschmiedet.
Sobald der Draht drei Löcher des Zugeisens passiert hatte, wurde
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Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
cirten, von einländischen Kaufleuten anerhandelten Draht, sofort
anzuhalten, und nachher Altena zur nöthigen Untersuchung ausfolgen
zu lassen, übrigens aber die Uebertreter dieser Verordnung sofort zur
Bestrafung hiehin anzuzeigen. Signatum Cleve in der Krieges- und
Domainen-Cammer den 22. Juli 1745.
Rappard, Geelhaar, Müntz, Schmitz, J. C. Wolmstädt, Durham,
Colberg, A. O. v. Raesfeld, B. Rappard, Gazali, v. Schack, Fiedler,
Michaelis, S. P. Jänicke.“
Die mechanischen Einrichtungen der märkischen Drahtmühlen
waren einfach und veraltet. Wie im Handel, so hielt man in der
Technik am Hergebrachten fest und setzte dem Fortschritt passiven
Widerstand entgegen. Die einzelnen Drahtmühlen waren klein,
meistens mit einem Wasserrad. Das Ziehen geschah auf Grobziehers-,
Kleinziehers- und Winders- (Winnen-) Bänken. Die ersten beiden
hatten Zangen, die letztere Rollen. Wenn es nicht an Wasser fehlte,
so trieb ein Rad vier Scheiben mit den dazu gehörigen Rollen.
Jägerschmid tadelt die Konstruktion der Wasserräder, der Zieh-
zangen und der Glühöfen, für welch letztere er bessere Öfen mit
Steinkohlenheizung vorschlug (s. Fig. 121).
In dem Altenaer Revier waren allein 84 Drahtmühlen und wurden
hier jährlich 150000 bis 160000 Stück Eisendraht, das Stück zu
10 Pfund gerechnet, angefertigt. Im ganzen waren 800 bis 900 Arbeiter
in den Drahtziehereien beschäftigt. Zwei Arbeiter zogen in 14 Tagen
120 Stück Draht; dafür erhielten sie 5½ Stüber, wofür sie dann
die Pacht- und die Fabrikationskosten zahlen muſsten. Das Eisen
erhielten sie von den Reidemeistern, welche auch die Reparaturkosten
der Drahtmühlen tragen muſsten. Dieses Verhältnis besteht zum
Teil noch heute. Der Abgang betrug nur 10 Prozent, es gaben
100 Pfund Osemundeisen 90 Pfund Draht. Auſser dem Eisendraht
wurden noch ungefähr 300000 Pfund Stahldraht jährlich für die
Aachener Nadelfabriken angefertigt, welche dafür 60000 Thaler zahlen
muſsten.
Das Osemundeisen, welches 1 Zoll dick und 1½ Zoll breit war,
kam erst in kleine Handschmieden. Hier wurden die Stäbe bei Stein-
kohlenfeuer geheizt und in der Mitte der Länge nach gespalten und
an den Enden beigeschmiedet, damit sie in die Zieheisen gingen. So
erhielten sie die Grobzieher. Die Stahldrahtstäbe waren ¼ Zoll
quadratisch und wurden bei Steinkohlenfeuer in Kleinschmieden rund
geschmiedet.
Sobald der Draht drei Löcher des Zugeisens passiert hatte, wurde
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/481>, abgerufen am 22.11.2024.
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