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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Litteratur im 18. Jahrhundert.

Schweden lieferte das beste Schmiedeisen und jeder Eisen-
producent hegte den Wunsch, ein Eisen von gleicher Güte erzeugen
zu können und war begierig, die Verfahrungsarten kennen zu lernen,
welche so vortreffliche Produkte lieferten. Schweden war wie kein
Land durch seinen Reichtum an Holz und Eisenerzen und seine
Armut an anderen Bodenprodukten auf Entwickelung und Verbesse-
rung seiner Eisenindustrie angewiesen. Diese Erkenntnis erfüllte
die schwedischen Könige und die Regierung ebenso, wie alle ein-
sichtsvollen Patrioten seit der Zeit Gustav Wasas. Dieses Streben
hatte Männer wie Swedenborg und Polhem bewegt, ihre reichen
Erfahrungen in trefflichen Schriften niederzulegen. Swedenborg
hatte aber die Eisenindustrie wie einen Zweig der Naturbeschreibung
behandelt und ganz objektiv die Verfahrungsweisen bei der Eisen-
bereitung, wie er sie in seinem Vaterlande und im Auslande kennen
gelernt hatte, dargestellt. Polhem war der Hauptsache nach Mecha-
niker und mit der eigentlichen Metallurgie nicht so vertraut, dass er
im Stande gewesen wäre, ein umfassendes Lehrbuch der Metallurgie
zu schreiben, obgleich er ein sehr gereiftes und richtiges Urteil
besass und in seinem patriotischen Testament die Grundzüge für
ein solches Werk angedeutet hat. Auch die französische Litteratur
hat ein solches Werk nicht hervorgebracht. Courtivron und
Bouchu waren der Aufgabe nicht gewachsen gewesen, Jars war
zu früh gestorben und Reaumur, der dafür wie geschaffen schien,
hatte in Folge der Vielseitigkeit seiner Interessen zu viel unter-
nommen für ein Menschenleben und war vor Ausführung seines
grossen Unternehmens, das ihm als Lebensaufgabe vorgeschwebt
hatte, gestorben. Die Forderung war gestellt, das Verlangen da-
nach ein allgemeines, aber noch fehlte der richtige Mann dafür.
Es musste einer sein, der sein Leben der Eisenindustrie ganz ge-
widmet hatte, ihre Praxis auf das Genaueste kannte und theore-
tische Kenntnisse und Klarheit des Urteils genug besass, um das
Wesentliche und das Gemeinsame bei den einzelnen metallurgi-
schen Methoden zu begreifen, zu erfassen und von allgemeinen
wissenschaftlichen Gesichtspunkten aus darzustellen. Schweden war
das Land, welches am ersten einen solchen Mann in jener Zeit
hervorbringen konnte und es hat ihn hervorgebracht in Sven
Rinman
.

Die ganze Lebensentwickelung des Mannes war dazu angelegt,
ihn zu befähigen, die Eisenhüttenkunde praktisch zu fördern und
ihren theoretischen Grundbau festzulegen.


Litteratur im 18. Jahrhundert.

Schweden lieferte das beste Schmiedeisen und jeder Eisen-
producent hegte den Wunsch, ein Eisen von gleicher Güte erzeugen
zu können und war begierig, die Verfahrungsarten kennen zu lernen,
welche so vortreffliche Produkte lieferten. Schweden war wie kein
Land durch seinen Reichtum an Holz und Eisenerzen und seine
Armut an anderen Bodenprodukten auf Entwickelung und Verbesse-
rung seiner Eisenindustrie angewiesen. Diese Erkenntnis erfüllte
die schwedischen Könige und die Regierung ebenso, wie alle ein-
sichtsvollen Patrioten seit der Zeit Gustav Wasas. Dieses Streben
hatte Männer wie Swedenborg und Polhem bewegt, ihre reichen
Erfahrungen in trefflichen Schriften niederzulegen. Swedenborg
hatte aber die Eisenindustrie wie einen Zweig der Naturbeschreibung
behandelt und ganz objektiv die Verfahrungsweisen bei der Eisen-
bereitung, wie er sie in seinem Vaterlande und im Auslande kennen
gelernt hatte, dargestellt. Polhem war der Hauptsache nach Mecha-
niker und mit der eigentlichen Metallurgie nicht so vertraut, daſs er
im Stande gewesen wäre, ein umfassendes Lehrbuch der Metallurgie
zu schreiben, obgleich er ein sehr gereiftes und richtiges Urteil
besaſs und in seinem patriotischen Testament die Grundzüge für
ein solches Werk angedeutet hat. Auch die französische Litteratur
hat ein solches Werk nicht hervorgebracht. Courtivron und
Bouchu waren der Aufgabe nicht gewachsen gewesen, Jars war
zu früh gestorben und Reaumur, der dafür wie geschaffen schien,
hatte in Folge der Vielseitigkeit seiner Interessen zu viel unter-
nommen für ein Menschenleben und war vor Ausführung seines
groſsen Unternehmens, das ihm als Lebensaufgabe vorgeschwebt
hatte, gestorben. Die Forderung war gestellt, das Verlangen da-
nach ein allgemeines, aber noch fehlte der richtige Mann dafür.
Es muſste einer sein, der sein Leben der Eisenindustrie ganz ge-
widmet hatte, ihre Praxis auf das Genaueste kannte und theore-
tische Kenntnisse und Klarheit des Urteils genug besass, um das
Wesentliche und das Gemeinsame bei den einzelnen metallurgi-
schen Methoden zu begreifen, zu erfassen und von allgemeinen
wissenschaftlichen Gesichtspunkten aus darzustellen. Schweden war
das Land, welches am ersten einen solchen Mann in jener Zeit
hervorbringen konnte und es hat ihn hervorgebracht in Sven
Rinman
.

Die ganze Lebensentwickelung des Mannes war dazu angelegt,
ihn zu befähigen, die Eisenhüttenkunde praktisch zu fördern und
ihren theoretischen Grundbau festzulegen.


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[40/0054] Litteratur im 18. Jahrhundert. Schweden lieferte das beste Schmiedeisen und jeder Eisen- producent hegte den Wunsch, ein Eisen von gleicher Güte erzeugen zu können und war begierig, die Verfahrungsarten kennen zu lernen, welche so vortreffliche Produkte lieferten. Schweden war wie kein Land durch seinen Reichtum an Holz und Eisenerzen und seine Armut an anderen Bodenprodukten auf Entwickelung und Verbesse- rung seiner Eisenindustrie angewiesen. Diese Erkenntnis erfüllte die schwedischen Könige und die Regierung ebenso, wie alle ein- sichtsvollen Patrioten seit der Zeit Gustav Wasas. Dieses Streben hatte Männer wie Swedenborg und Polhem bewegt, ihre reichen Erfahrungen in trefflichen Schriften niederzulegen. Swedenborg hatte aber die Eisenindustrie wie einen Zweig der Naturbeschreibung behandelt und ganz objektiv die Verfahrungsweisen bei der Eisen- bereitung, wie er sie in seinem Vaterlande und im Auslande kennen gelernt hatte, dargestellt. Polhem war der Hauptsache nach Mecha- niker und mit der eigentlichen Metallurgie nicht so vertraut, daſs er im Stande gewesen wäre, ein umfassendes Lehrbuch der Metallurgie zu schreiben, obgleich er ein sehr gereiftes und richtiges Urteil besaſs und in seinem patriotischen Testament die Grundzüge für ein solches Werk angedeutet hat. Auch die französische Litteratur hat ein solches Werk nicht hervorgebracht. Courtivron und Bouchu waren der Aufgabe nicht gewachsen gewesen, Jars war zu früh gestorben und Reaumur, der dafür wie geschaffen schien, hatte in Folge der Vielseitigkeit seiner Interessen zu viel unter- nommen für ein Menschenleben und war vor Ausführung seines groſsen Unternehmens, das ihm als Lebensaufgabe vorgeschwebt hatte, gestorben. Die Forderung war gestellt, das Verlangen da- nach ein allgemeines, aber noch fehlte der richtige Mann dafür. Es muſste einer sein, der sein Leben der Eisenindustrie ganz ge- widmet hatte, ihre Praxis auf das Genaueste kannte und theore- tische Kenntnisse und Klarheit des Urteils genug besass, um das Wesentliche und das Gemeinsame bei den einzelnen metallurgi- schen Methoden zu begreifen, zu erfassen und von allgemeinen wissenschaftlichen Gesichtspunkten aus darzustellen. Schweden war das Land, welches am ersten einen solchen Mann in jener Zeit hervorbringen konnte und es hat ihn hervorgebracht in Sven Rinman. Die ganze Lebensentwickelung des Mannes war dazu angelegt, ihn zu befähigen, die Eisenhüttenkunde praktisch zu fördern und ihren theoretischen Grundbau festzulegen.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/54>, abgerufen am 24.11.2024.