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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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James Watt und die Dampfmaschine.
Massstabe. 1790 bis 1792 auch für die französische Republik. Am
längsten wehrte sich die englische Regierung selbst, die Ausprägung
der Privatindustrie zu überlassen. Aber Boultons Geld war soviel
besser und schöner, dass auch hier die Regierung im Jahre 1797
der öffentlichen Meinung nachgeben musste und die Ausprägung des
Kupfergeldes für England Boulton übertrug.

Die Prägeanstalt zu Soho war sehr bedeutend, sie hatte acht
starke Münzpressen mit Dampfbetrieb und konnte 1200 Tons Kupfer-
münzen im Jahre schlagen.

Boulton erhielt auch den Auftrag, die königliche Münze zu
Tower-Hill neu einzurichten und er machte daraus die vollkommenste
Münze damaliger Zeit. Die Pläne waren von ihm, die Maschinen
lieferte Soho. In gleicher Weise richtete er eine Anzahl neuer
Münzen in verschiedenen Ländern ein. Hätte Boulton sonst nichts
geleistet, so würden seine Verbesserungen des Münzwesens allein
seinen Namen unsterblich gemacht haben.

Ende der 80er Jahre konnten sich Boulton und Watt ihres
festbegründeten Wohlstandes erfreuen. Beide hatten Söhne in ziem-
lich gleichem Alter, die als hoffnungsvolle Nachfolger heranwuchsen.
Die französische Revolution brach aus und bewegte alle Gemüter.
In Birmingham erhob sich der Aufruhr gegen die Franzosenfreunde,
durch den Pristleys Haus, das ihm seine Freunde von der Mond-
scheingesellschaft geschenkt hatten, zerstört wurde und er selbst nur
mit Mühe das Leben rettete. Auch dieser Sturm ging vorüber, ohne
den festgefügten Bau der Firma zu erschüttern. 1794 traten die
Söhne von Boulton und Watt in das Geschäft und ihre jugendliche
Energie trug dazu bei, das Geschäft noch mehr zu heben. 1798
wurde Wilh. Murdock aus Cornwall zurückberufen, um oberster
technischer Aufsichtsbeamter der Werkstätten von Soho zu werden.
Die Gewerke in Cornwall sahen ihn ungern scheiden und boten ihm
1000 £ das Jahr, wenn er bliebe. Aber die Treue band ihn an
Watt. Er war seine "rechte Hand". In Soho leistete er viel zur
Verbesserung der Werkzeuge. Er konstruierte eine Cylinderbohr-
maschine mit Schraube ohne Ende, die in ein Zahngetriebe griff, an
deren Achse der Bohrstahl befestigt war und die sich vortrefflich
bewährte gegenüber der alten Methode mit dem Stirnrad (spur gear).
Bereits 1785 hatte er die erste oszillierende Dampfmaschine erfunden.
Ebenso war das von ihm erfundene doppelte Schieberventil, welches
die vier Klappenventile (poppet valve) ersetzte, eine wesentliche Ver-
besserung. Auch in der Giesserei war er sehr erfahren und erfand

James Watt und die Dampfmaschine.
Maſsstabe. 1790 bis 1792 auch für die französische Republik. Am
längsten wehrte sich die englische Regierung selbst, die Ausprägung
der Privatindustrie zu überlassen. Aber Boultons Geld war soviel
besser und schöner, daſs auch hier die Regierung im Jahre 1797
der öffentlichen Meinung nachgeben muſste und die Ausprägung des
Kupfergeldes für England Boulton übertrug.

Die Prägeanstalt zu Soho war sehr bedeutend, sie hatte acht
starke Münzpressen mit Dampfbetrieb und konnte 1200 Tons Kupfer-
münzen im Jahre schlagen.

Boulton erhielt auch den Auftrag, die königliche Münze zu
Tower-Hill neu einzurichten und er machte daraus die vollkommenste
Münze damaliger Zeit. Die Pläne waren von ihm, die Maschinen
lieferte Soho. In gleicher Weise richtete er eine Anzahl neuer
Münzen in verschiedenen Ländern ein. Hätte Boulton sonst nichts
geleistet, so würden seine Verbesserungen des Münzwesens allein
seinen Namen unsterblich gemacht haben.

Ende der 80er Jahre konnten sich Boulton und Watt ihres
festbegründeten Wohlstandes erfreuen. Beide hatten Söhne in ziem-
lich gleichem Alter, die als hoffnungsvolle Nachfolger heranwuchsen.
Die französische Revolution brach aus und bewegte alle Gemüter.
In Birmingham erhob sich der Aufruhr gegen die Franzosenfreunde,
durch den Pristleys Haus, das ihm seine Freunde von der Mond-
scheingesellschaft geschenkt hatten, zerstört wurde und er selbst nur
mit Mühe das Leben rettete. Auch dieser Sturm ging vorüber, ohne
den festgefügten Bau der Firma zu erschüttern. 1794 traten die
Söhne von Boulton und Watt in das Geschäft und ihre jugendliche
Energie trug dazu bei, das Geschäft noch mehr zu heben. 1798
wurde Wilh. Murdock aus Cornwall zurückberufen, um oberster
technischer Aufsichtsbeamter der Werkstätten von Soho zu werden.
Die Gewerke in Cornwall sahen ihn ungern scheiden und boten ihm
1000 £ das Jahr, wenn er bliebe. Aber die Treue band ihn an
Watt. Er war seine „rechte Hand“. In Soho leistete er viel zur
Verbesserung der Werkzeuge. Er konstruierte eine Cylinderbohr-
maschine mit Schraube ohne Ende, die in ein Zahngetriebe griff, an
deren Achse der Bohrstahl befestigt war und die sich vortrefflich
bewährte gegenüber der alten Methode mit dem Stirnrad (spur gear).
Bereits 1785 hatte er die erste oszillierende Dampfmaschine erfunden.
Ebenso war das von ihm erfundene doppelte Schieberventil, welches
die vier Klappenventile (poppet valve) ersetzte, eine wesentliche Ver-
besserung. Auch in der Gieſserei war er sehr erfahren und erfand

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[534/0548] James Watt und die Dampfmaschine. Maſsstabe. 1790 bis 1792 auch für die französische Republik. Am längsten wehrte sich die englische Regierung selbst, die Ausprägung der Privatindustrie zu überlassen. Aber Boultons Geld war soviel besser und schöner, daſs auch hier die Regierung im Jahre 1797 der öffentlichen Meinung nachgeben muſste und die Ausprägung des Kupfergeldes für England Boulton übertrug. Die Prägeanstalt zu Soho war sehr bedeutend, sie hatte acht starke Münzpressen mit Dampfbetrieb und konnte 1200 Tons Kupfer- münzen im Jahre schlagen. Boulton erhielt auch den Auftrag, die königliche Münze zu Tower-Hill neu einzurichten und er machte daraus die vollkommenste Münze damaliger Zeit. Die Pläne waren von ihm, die Maschinen lieferte Soho. In gleicher Weise richtete er eine Anzahl neuer Münzen in verschiedenen Ländern ein. Hätte Boulton sonst nichts geleistet, so würden seine Verbesserungen des Münzwesens allein seinen Namen unsterblich gemacht haben. Ende der 80er Jahre konnten sich Boulton und Watt ihres festbegründeten Wohlstandes erfreuen. Beide hatten Söhne in ziem- lich gleichem Alter, die als hoffnungsvolle Nachfolger heranwuchsen. Die französische Revolution brach aus und bewegte alle Gemüter. In Birmingham erhob sich der Aufruhr gegen die Franzosenfreunde, durch den Pristleys Haus, das ihm seine Freunde von der Mond- scheingesellschaft geschenkt hatten, zerstört wurde und er selbst nur mit Mühe das Leben rettete. Auch dieser Sturm ging vorüber, ohne den festgefügten Bau der Firma zu erschüttern. 1794 traten die Söhne von Boulton und Watt in das Geschäft und ihre jugendliche Energie trug dazu bei, das Geschäft noch mehr zu heben. 1798 wurde Wilh. Murdock aus Cornwall zurückberufen, um oberster technischer Aufsichtsbeamter der Werkstätten von Soho zu werden. Die Gewerke in Cornwall sahen ihn ungern scheiden und boten ihm 1000 £ das Jahr, wenn er bliebe. Aber die Treue band ihn an Watt. Er war seine „rechte Hand“. In Soho leistete er viel zur Verbesserung der Werkzeuge. Er konstruierte eine Cylinderbohr- maschine mit Schraube ohne Ende, die in ein Zahngetriebe griff, an deren Achse der Bohrstahl befestigt war und die sich vortrefflich bewährte gegenüber der alten Methode mit dem Stirnrad (spur gear). Bereits 1785 hatte er die erste oszillierende Dampfmaschine erfunden. Ebenso war das von ihm erfundene doppelte Schieberventil, welches die vier Klappenventile (poppet valve) ersetzte, eine wesentliche Ver- besserung. Auch in der Gieſserei war er sehr erfahren und erfand

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/548>, abgerufen am 22.11.2024.