zugeben. Karsten hat sich dadurch ein Verdienst um die Eisen- hüttenkunde in Deutschland erworben, denn Rinmans Geschichte des Eisens ist eins der grundlegenden Werke für die Metallurgie dieses Metalles. Karsten, der so viel für diese Wissenschaft geleistet hat, steht ganz auf den Schultern Rinmans. Rinmans Buch ist wesent- lich praktisch, der reiche Schatz seiner Erfahrungen ist unter ge- wissen einfachen allgemeinen Gesichtspunkten zusammengefasst. "Die vielen unendlich mühsamen Versuche, die sorgsamen Beobachtungen und die gründlichen ohne alle Vorurteile gesammelten Erfahrungen, die Anwendung derselben auf das praktische Leben, verbunden mit dem natürlichen, unbefangenen Blick und mit der einfachen Dar- stellungsart des bescheidenen Verfassers, geben seinem Werke einen ewig dauernden Wert" (Karsten).
Rinman führt in der Vorrede zu seiner Geschichte des Eisens folgenden Gedanken aus: Die Eigenschaften der Stoffe bedingen ihre Verwendung und die dafür nötigen Arbeiten. Man sollte glauben, dass die Eigenschaften des Eisens, des unentbehrlichsten Metalls, des Mittels zur Darstellung aller übrigen, völlig aufgeklärt und seit Jahr- tausenden bekannt sein müsse, dies sei aber keineswegs der Fall, die Erkenntnis des Eisens sei noch eine äusserst beschränkte. Der Grund dafür liege grossenteils an der grossen Verbreitung des Eisens, seiner Gemeinheit, wegen der man die Untersuchung der Eigenschaften des Eisens bis dahin den Handwerkern überlassen habe. Die Gelehrten begnügten sich damit, das nachzuschreiben, was ihre Vorgänger darüber gesagt haben. Nur wenige hätten es der Mühe wert ge- funden, einige Anwendungen von ihren Untersuchungen und Ent- deckungen auf Künste und Handwerke zu zeigen. Diejenigen, die darüber geschrieben, hätten sich damit begnügt, Schmelzverfahren, welche sie kennen gelernt hätten, zu beschreiben. Nur Reaumur habe in seiner Abhandlung, die Kunst, weiches Eisen in Stahl zu verwandeln, eingehend die Eigenschaften und das Verhalten des Eisens geprüft. Seit der Zeit habe aber keiner mehr sich auf den Boden eigener Versuche gestellt. Dies habe ihn veranlasst, einige Materialien zur Geschichte des Eisens zusammen zu tragen, um so mehr, als er durch die königliche Bergwerksbehörde und die Hütten-Societät darin unterstützt und dazu aufgemuntert worden sei. Damit ist die Bedeutung "Geschichte" des Eisens erklärt, es ist die "Naturgeschichte" des Eisens darunter gemeint, eine Untersuchung der Eigenschaften des Eisens und der aus denselben folgenden Arten der Verwendung und der Darstellung. Der erste Zweck beim Ent-
Litteratur im 18. Jahrhundert.
zugeben. Karsten hat sich dadurch ein Verdienst um die Eisen- hüttenkunde in Deutschland erworben, denn Rinmans Geschichte des Eisens ist eins der grundlegenden Werke für die Metallurgie dieses Metalles. Karsten, der so viel für diese Wissenschaft geleistet hat, steht ganz auf den Schultern Rinmans. Rinmans Buch ist wesent- lich praktisch, der reiche Schatz seiner Erfahrungen ist unter ge- wissen einfachen allgemeinen Gesichtspunkten zusammengefaſst. „Die vielen unendlich mühsamen Versuche, die sorgsamen Beobachtungen und die gründlichen ohne alle Vorurteile gesammelten Erfahrungen, die Anwendung derselben auf das praktische Leben, verbunden mit dem natürlichen, unbefangenen Blick und mit der einfachen Dar- stellungsart des bescheidenen Verfassers, geben seinem Werke einen ewig dauernden Wert“ (Karsten).
Rinman führt in der Vorrede zu seiner Geschichte des Eisens folgenden Gedanken aus: Die Eigenschaften der Stoffe bedingen ihre Verwendung und die dafür nötigen Arbeiten. Man sollte glauben, daſs die Eigenschaften des Eisens, des unentbehrlichsten Metalls, des Mittels zur Darstellung aller übrigen, völlig aufgeklärt und seit Jahr- tausenden bekannt sein müsse, dies sei aber keineswegs der Fall, die Erkenntnis des Eisens sei noch eine äuſserst beschränkte. Der Grund dafür liege groſsenteils an der groſsen Verbreitung des Eisens, seiner Gemeinheit, wegen der man die Untersuchung der Eigenschaften des Eisens bis dahin den Handwerkern überlassen habe. Die Gelehrten begnügten sich damit, das nachzuschreiben, was ihre Vorgänger darüber gesagt haben. Nur wenige hätten es der Mühe wert ge- funden, einige Anwendungen von ihren Untersuchungen und Ent- deckungen auf Künste und Handwerke zu zeigen. Diejenigen, die darüber geschrieben, hätten sich damit begnügt, Schmelzverfahren, welche sie kennen gelernt hätten, zu beschreiben. Nur Reaumur habe in seiner Abhandlung, die Kunst, weiches Eisen in Stahl zu verwandeln, eingehend die Eigenschaften und das Verhalten des Eisens geprüft. Seit der Zeit habe aber keiner mehr sich auf den Boden eigener Versuche gestellt. Dies habe ihn veranlaſst, einige Materialien zur Geschichte des Eisens zusammen zu tragen, um so mehr, als er durch die königliche Bergwerksbehörde und die Hütten-Societät darin unterstützt und dazu aufgemuntert worden sei. Damit ist die Bedeutung „Geschichte“ des Eisens erklärt, es ist die „Naturgeschichte“ des Eisens darunter gemeint, eine Untersuchung der Eigenschaften des Eisens und der aus denselben folgenden Arten der Verwendung und der Darstellung. Der erste Zweck beim Ent-
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[43/0057]
Litteratur im 18. Jahrhundert.
zugeben. Karsten hat sich dadurch ein Verdienst um die Eisen-
hüttenkunde in Deutschland erworben, denn Rinmans Geschichte
des Eisens ist eins der grundlegenden Werke für die Metallurgie dieses
Metalles. Karsten, der so viel für diese Wissenschaft geleistet hat,
steht ganz auf den Schultern Rinmans. Rinmans Buch ist wesent-
lich praktisch, der reiche Schatz seiner Erfahrungen ist unter ge-
wissen einfachen allgemeinen Gesichtspunkten zusammengefaſst. „Die
vielen unendlich mühsamen Versuche, die sorgsamen Beobachtungen
und die gründlichen ohne alle Vorurteile gesammelten Erfahrungen,
die Anwendung derselben auf das praktische Leben, verbunden mit
dem natürlichen, unbefangenen Blick und mit der einfachen Dar-
stellungsart des bescheidenen Verfassers, geben seinem Werke einen
ewig dauernden Wert“ (Karsten).
Rinman führt in der Vorrede zu seiner Geschichte des Eisens
folgenden Gedanken aus: Die Eigenschaften der Stoffe bedingen ihre
Verwendung und die dafür nötigen Arbeiten. Man sollte glauben,
daſs die Eigenschaften des Eisens, des unentbehrlichsten Metalls, des
Mittels zur Darstellung aller übrigen, völlig aufgeklärt und seit Jahr-
tausenden bekannt sein müsse, dies sei aber keineswegs der Fall, die
Erkenntnis des Eisens sei noch eine äuſserst beschränkte. Der Grund
dafür liege groſsenteils an der groſsen Verbreitung des Eisens, seiner
Gemeinheit, wegen der man die Untersuchung der Eigenschaften des
Eisens bis dahin den Handwerkern überlassen habe. Die Gelehrten
begnügten sich damit, das nachzuschreiben, was ihre Vorgänger
darüber gesagt haben. Nur wenige hätten es der Mühe wert ge-
funden, einige Anwendungen von ihren Untersuchungen und Ent-
deckungen auf Künste und Handwerke zu zeigen. Diejenigen, die
darüber geschrieben, hätten sich damit begnügt, Schmelzverfahren,
welche sie kennen gelernt hätten, zu beschreiben. Nur Reaumur
habe in seiner Abhandlung, die Kunst, weiches Eisen in Stahl zu
verwandeln, eingehend die Eigenschaften und das Verhalten des
Eisens geprüft. Seit der Zeit habe aber keiner mehr sich auf den
Boden eigener Versuche gestellt. Dies habe ihn veranlaſst, einige
Materialien zur Geschichte des Eisens zusammen zu tragen, um
so mehr, als er durch die königliche Bergwerksbehörde und die
Hütten-Societät darin unterstützt und dazu aufgemuntert worden sei.
Damit ist die Bedeutung „Geschichte“ des Eisens erklärt, es ist die
„Naturgeschichte“ des Eisens darunter gemeint, eine Untersuchung
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/57>, abgerufen am 24.11.2024.
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