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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Werkzeugmaschinen. Öfen.
hunderts. Man wusste nicht anders, als dass der Drehstahl mit der Hand
geführt werden musste und wir haben oben gesehen, dass man auch
beim Abdrehen der Kanonen kein anderes Verfahren anwendete. Aber
auch die Achsen, Kolbenstangen u. s. w., auf deren genaue cylindrische
Rundung doch so viel ankam, wurden einfach mit dem Handstahl
abgedreht. Dass dies bei grösseren Eisenstücken eine beschwerliche
und unsichere Arbeit war, ist einleuchtend.

Diesen Missständen wurde mit einem Male abgeholfen durch den von
Henry Maudslay erfundenen Drehbanksupport. In diesem wurde
der Drehstahl in bestimmter Stellung festgeschraubt und bewegte sich
parallel mit der Bank und dem abzudrehenden Stück. Allerdings
gebührt das Verdienst der ersten Erfindung eines solchen Apparates
dem Schweden Polhem. Derselbe beschreibt in seinem patriotischen
Testament seine Drehbank mit eiserner Leitspindel zum Walzendrehen
folgendermassen: Die Drehbank wird mittels eines kleinen Wasserrades
bewegt. Der Drehstahl wird an einem Klotz befestigt, welcher
mittels einer langen Schraube an der Walze allmählich der Länge
nach hingezogen wird, welches meist durch die Hand des Walzmeisters
geschieht, aber auch so gemacht werden kann, dass das Wasserrad
die Schraube allmählich umdreht.

Um diese Schraube zu schneiden, verfährt man so, dass man
sich erst eine Spindel von feinem Holz, als Ahorn, Quitten, Apfel-
baum oder dergleichen herstellt. Auf diese befestigt man ein Papier,
auf welchem man zwei parallele Linien von dem Abstand, welcher
der Dicke des Schraubenganges entspricht, aufgerissen hat, in der
Weise, dass diese Linien um die Spindel den Schraubengang machen.
Diesen schneidet man mit einer Säge, welche durch eine angebrachte
Drahtleiste verhindert wird, tiefer als bis zu dem bestimmten Mass
einzuschneiden, aus. Diese Holzschraube wird parallel neben die
Eisenspindel gespannt, in welche das Schraubengewinde eingeschnitten
werden soll und das in erstere eingeschnittene Gewinde dient als
Führung für den Drehstahl, der das Gewinde in die sich gleichförmig
mitdrehende Eisenstange einschneidet. Dies geht selbstverständlich
nur ganz allmählich. ... Polhems Erfindung scheint wenig Beach-
tung gefunden zu haben.

Maudslay machte den ersten Support dieser Art, als er noch
Vorarbeiter bei Bramah war. Nachdem er sich aber 1797 seine
eigene Werkstätte in Wells Street, Oxford Street, London, errichtet
hatte, verbesserte er denselben noch wesentlich. Die einfache, zweck-
mässige Vorrichtung fand rasch die allgemeinste Verbreitung und

Werkzeugmaschinen. Öfen.
hunderts. Man wuſste nicht anders, als daſs der Drehstahl mit der Hand
geführt werden muſste und wir haben oben gesehen, daſs man auch
beim Abdrehen der Kanonen kein anderes Verfahren anwendete. Aber
auch die Achsen, Kolbenstangen u. s. w., auf deren genaue cylindrische
Rundung doch so viel ankam, wurden einfach mit dem Handstahl
abgedreht. Daſs dies bei gröſseren Eisenstücken eine beschwerliche
und unsichere Arbeit war, ist einleuchtend.

Diesen Miſsständen wurde mit einem Male abgeholfen durch den von
Henry Maudslay erfundenen Drehbanksupport. In diesem wurde
der Drehstahl in bestimmter Stellung festgeschraubt und bewegte sich
parallel mit der Bank und dem abzudrehenden Stück. Allerdings
gebührt das Verdienst der ersten Erfindung eines solchen Apparates
dem Schweden Polhem. Derselbe beschreibt in seinem patriotischen
Testament seine Drehbank mit eiserner Leitspindel zum Walzendrehen
folgendermaſsen: Die Drehbank wird mittels eines kleinen Wasserrades
bewegt. Der Drehstahl wird an einem Klotz befestigt, welcher
mittels einer langen Schraube an der Walze allmählich der Länge
nach hingezogen wird, welches meist durch die Hand des Walzmeisters
geschieht, aber auch so gemacht werden kann, daſs das Wasserrad
die Schraube allmählich umdreht.

Um diese Schraube zu schneiden, verfährt man so, daſs man
sich erst eine Spindel von feinem Holz, als Ahorn, Quitten, Apfel-
baum oder dergleichen herstellt. Auf diese befestigt man ein Papier,
auf welchem man zwei parallele Linien von dem Abstand, welcher
der Dicke des Schraubenganges entspricht, aufgerissen hat, in der
Weise, daſs diese Linien um die Spindel den Schraubengang machen.
Diesen schneidet man mit einer Säge, welche durch eine angebrachte
Drahtleiste verhindert wird, tiefer als bis zu dem bestimmten Maſs
einzuschneiden, aus. Diese Holzschraube wird parallel neben die
Eisenspindel gespannt, in welche das Schraubengewinde eingeschnitten
werden soll und das in erstere eingeschnittene Gewinde dient als
Führung für den Drehstahl, der das Gewinde in die sich gleichförmig
mitdrehende Eisenstange einschneidet. Dies geht selbstverständlich
nur ganz allmählich. … Polhems Erfindung scheint wenig Beach-
tung gefunden zu haben.

Maudslay machte den ersten Support dieser Art, als er noch
Vorarbeiter bei Bramah war. Nachdem er sich aber 1797 seine
eigene Werkstätte in Wells Street, Oxford Street, London, errichtet
hatte, verbesserte er denselben noch wesentlich. Die einfache, zweck-
mäſsige Vorrichtung fand rasch die allgemeinste Verbreitung und

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[610/0624] Werkzeugmaschinen. Öfen. hunderts. Man wuſste nicht anders, als daſs der Drehstahl mit der Hand geführt werden muſste und wir haben oben gesehen, daſs man auch beim Abdrehen der Kanonen kein anderes Verfahren anwendete. Aber auch die Achsen, Kolbenstangen u. s. w., auf deren genaue cylindrische Rundung doch so viel ankam, wurden einfach mit dem Handstahl abgedreht. Daſs dies bei gröſseren Eisenstücken eine beschwerliche und unsichere Arbeit war, ist einleuchtend. Diesen Miſsständen wurde mit einem Male abgeholfen durch den von Henry Maudslay erfundenen Drehbanksupport. In diesem wurde der Drehstahl in bestimmter Stellung festgeschraubt und bewegte sich parallel mit der Bank und dem abzudrehenden Stück. Allerdings gebührt das Verdienst der ersten Erfindung eines solchen Apparates dem Schweden Polhem. Derselbe beschreibt in seinem patriotischen Testament seine Drehbank mit eiserner Leitspindel zum Walzendrehen folgendermaſsen: Die Drehbank wird mittels eines kleinen Wasserrades bewegt. Der Drehstahl wird an einem Klotz befestigt, welcher mittels einer langen Schraube an der Walze allmählich der Länge nach hingezogen wird, welches meist durch die Hand des Walzmeisters geschieht, aber auch so gemacht werden kann, daſs das Wasserrad die Schraube allmählich umdreht. Um diese Schraube zu schneiden, verfährt man so, daſs man sich erst eine Spindel von feinem Holz, als Ahorn, Quitten, Apfel- baum oder dergleichen herstellt. Auf diese befestigt man ein Papier, auf welchem man zwei parallele Linien von dem Abstand, welcher der Dicke des Schraubenganges entspricht, aufgerissen hat, in der Weise, daſs diese Linien um die Spindel den Schraubengang machen. Diesen schneidet man mit einer Säge, welche durch eine angebrachte Drahtleiste verhindert wird, tiefer als bis zu dem bestimmten Maſs einzuschneiden, aus. Diese Holzschraube wird parallel neben die Eisenspindel gespannt, in welche das Schraubengewinde eingeschnitten werden soll und das in erstere eingeschnittene Gewinde dient als Führung für den Drehstahl, der das Gewinde in die sich gleichförmig mitdrehende Eisenstange einschneidet. Dies geht selbstverständlich nur ganz allmählich. … Polhems Erfindung scheint wenig Beach- tung gefunden zu haben. Maudslay machte den ersten Support dieser Art, als er noch Vorarbeiter bei Bramah war. Nachdem er sich aber 1797 seine eigene Werkstätte in Wells Street, Oxford Street, London, errichtet hatte, verbesserte er denselben noch wesentlich. Die einfache, zweck- mäſsige Vorrichtung fand rasch die allgemeinste Verbreitung und

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/624>, abgerufen am 22.11.2024.