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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts.
Gestell kommen würde, und zweitens, indem dadurch das vorhandene
Verhältnis der Form und Gestellshöhe, worauf viel ankommt, auf-
gehoben wird. Eine niedrige Rast wird viel andauernder als eine
hohe sein, indem die auf ihr liegenden Kohlen bald mit einer Schlacken-
haut überzogen werden und diese alsdann gegen das zu frühe Weg-
schmelzen derselben schützt. Bei einer horizontalen Rast würde
vorzüglich der Vorteil sein, dass die Gestellhöhe immer dieselbe blei-
ben und also das vorhin erwähnte Verhältnis nie aufgehoben würde."
Tiemann hält also danach eine ganz horizontale Rast für am besten.
Tiemann war selbst ein Harzer und ganz in den Harzer Vorurteilen
befangen. Es ist von selbst einleuchtend, wie fehlerhaft und schäd-
lich ein so plötzlicher Übergang aus dem engen Gestell in den weiten
Schacht und die dadurch bedingte rasche Abkühlung der Feuergase sein
muss. Nur wenige aber wagten es, sich von dem überlieferten Vorurteil
frei zu machen. Ein solcher war gegen Ende des Jahrhunderts der
sächsische Kabinetsminister Graf Detlev von Einsiedel, der auf
seinem berühmten Hüttenwerke Lauchhammer bei Mückenberg die
wichtigsten Neuerungen und Verbesserungen vornahm. Im Jahre 1791
liess er einen neuen Hochofen nach ganz neuen Massverhältnissen
erbauen, dessen Inneres er statt aus Steinen aus Masse aufführte. Massen-
gestelle hatte man bis dahin in Deutschland noch nicht angewendet.
Der Hüttenverwalter Lohrisch hatte es 1790 zuerst unternommen,
ein Gestell aus Masse auszuführen, wobei er sich eines ganz eigentüm-
lichen Verfahrens bediente. Er stampfte nämlich die Masse nicht
zwischen Holzschablonen ein, sondern in eiserne Kasten, die er dann
wie Steine benutzte und daraus das Gestell aufbaute. Die Blechkasten
liess er darin. Der gute Erfolg, den man mit diesem Gestelle erzielte,
veranlasste den Grafen, auch Rast und Schacht des neuen Ofens aus
Masse herstellen zu lassen; nur der oberste Teil des Schachtes wurde
aus Steinen gemauert. Gestell und Rast machte man rund. Der Ofen
selbst, der in Fig. 196 (a. f. S.) in der Ansicht und Fig. 197 (a. f. S.)
im senkrechten Durchschnitt dargestellt ist, erhielt folgende Dimen-
sionen: Ganze Höhe des Ofens 32 Fuss (9,06 m), Schachthöhe 22 Fuss
10 Zoll (6,21 m), Durchmesser der Gicht 4 Fuss (1,132 m), der Rast
8 Fuss 4 Zoll (2,357 m), Rastneigung 50 Grad, senkrechte Höhe der
Rast 4 Fuss 4 Zoll (1,225 m), Höhe des Gestelles 4 Fuss (1,132 m), Durch-
messer des Gestelles 1 Fuss 4 Zoll (0,377 m) vor der Form. Das Rauh-
gemäuer bestand aus einem starken Sockel, auf den der Rauhschacht,
mit eisernen Reifen und Stäben gebunden, kegelförmig aufgesetzt war.
Der Gichtmantel war als Esse in die Höhe geführt. Diese Konstruktion

Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts.
Gestell kommen würde, und zweitens, indem dadurch das vorhandene
Verhältnis der Form und Gestellshöhe, worauf viel ankommt, auf-
gehoben wird. Eine niedrige Rast wird viel andauernder als eine
hohe sein, indem die auf ihr liegenden Kohlen bald mit einer Schlacken-
haut überzogen werden und diese alsdann gegen das zu frühe Weg-
schmelzen derselben schützt. Bei einer horizontalen Rast würde
vorzüglich der Vorteil sein, daſs die Gestellhöhe immer dieselbe blei-
ben und also das vorhin erwähnte Verhältnis nie aufgehoben würde.“
Tiemann hält also danach eine ganz horizontale Rast für am besten.
Tiemann war selbst ein Harzer und ganz in den Harzer Vorurteilen
befangen. Es ist von selbst einleuchtend, wie fehlerhaft und schäd-
lich ein so plötzlicher Übergang aus dem engen Gestell in den weiten
Schacht und die dadurch bedingte rasche Abkühlung der Feuergase sein
muſs. Nur wenige aber wagten es, sich von dem überlieferten Vorurteil
frei zu machen. Ein solcher war gegen Ende des Jahrhunderts der
sächsische Kabinetsminister Graf Detlev von Einsiedel, der auf
seinem berühmten Hüttenwerke Lauchhammer bei Mückenberg die
wichtigsten Neuerungen und Verbesserungen vornahm. Im Jahre 1791
lieſs er einen neuen Hochofen nach ganz neuen Maſsverhältnissen
erbauen, dessen Inneres er statt aus Steinen aus Masse aufführte. Massen-
gestelle hatte man bis dahin in Deutschland noch nicht angewendet.
Der Hüttenverwalter Lohrisch hatte es 1790 zuerst unternommen,
ein Gestell aus Masse auszuführen, wobei er sich eines ganz eigentüm-
lichen Verfahrens bediente. Er stampfte nämlich die Masse nicht
zwischen Holzschablonen ein, sondern in eiserne Kasten, die er dann
wie Steine benutzte und daraus das Gestell aufbaute. Die Blechkasten
lieſs er darin. Der gute Erfolg, den man mit diesem Gestelle erzielte,
veranlaſste den Grafen, auch Rast und Schacht des neuen Ofens aus
Masse herstellen zu lassen; nur der oberste Teil des Schachtes wurde
aus Steinen gemauert. Gestell und Rast machte man rund. Der Ofen
selbst, der in Fig. 196 (a. f. S.) in der Ansicht und Fig. 197 (a. f. S.)
im senkrechten Durchschnitt dargestellt ist, erhielt folgende Dimen-
sionen: Ganze Höhe des Ofens 32 Fuſs (9,06 m), Schachthöhe 22 Fuſs
10 Zoll (6,21 m), Durchmesser der Gicht 4 Fuſs (1,132 m), der Rast
8 Fuſs 4 Zoll (2,357 m), Rastneigung 50 Grad, senkrechte Höhe der
Rast 4 Fuſs 4 Zoll (1,225 m), Höhe des Gestelles 4 Fuſs (1,132 m), Durch-
messer des Gestelles 1 Fuſs 4 Zoll (0,377 m) vor der Form. Das Rauh-
gemäuer bestand aus einem starken Sockel, auf den der Rauhschacht,
mit eisernen Reifen und Stäben gebunden, kegelförmig aufgesetzt war.
Der Gichtmantel war als Esse in die Höhe geführt. Diese Konstruktion

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[731/0745] Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Gestell kommen würde, und zweitens, indem dadurch das vorhandene Verhältnis der Form und Gestellshöhe, worauf viel ankommt, auf- gehoben wird. Eine niedrige Rast wird viel andauernder als eine hohe sein, indem die auf ihr liegenden Kohlen bald mit einer Schlacken- haut überzogen werden und diese alsdann gegen das zu frühe Weg- schmelzen derselben schützt. Bei einer horizontalen Rast würde vorzüglich der Vorteil sein, daſs die Gestellhöhe immer dieselbe blei- ben und also das vorhin erwähnte Verhältnis nie aufgehoben würde.“ Tiemann hält also danach eine ganz horizontale Rast für am besten. Tiemann war selbst ein Harzer und ganz in den Harzer Vorurteilen befangen. Es ist von selbst einleuchtend, wie fehlerhaft und schäd- lich ein so plötzlicher Übergang aus dem engen Gestell in den weiten Schacht und die dadurch bedingte rasche Abkühlung der Feuergase sein muſs. Nur wenige aber wagten es, sich von dem überlieferten Vorurteil frei zu machen. Ein solcher war gegen Ende des Jahrhunderts der sächsische Kabinetsminister Graf Detlev von Einsiedel, der auf seinem berühmten Hüttenwerke Lauchhammer bei Mückenberg die wichtigsten Neuerungen und Verbesserungen vornahm. Im Jahre 1791 lieſs er einen neuen Hochofen nach ganz neuen Maſsverhältnissen erbauen, dessen Inneres er statt aus Steinen aus Masse aufführte. Massen- gestelle hatte man bis dahin in Deutschland noch nicht angewendet. Der Hüttenverwalter Lohrisch hatte es 1790 zuerst unternommen, ein Gestell aus Masse auszuführen, wobei er sich eines ganz eigentüm- lichen Verfahrens bediente. Er stampfte nämlich die Masse nicht zwischen Holzschablonen ein, sondern in eiserne Kasten, die er dann wie Steine benutzte und daraus das Gestell aufbaute. Die Blechkasten lieſs er darin. Der gute Erfolg, den man mit diesem Gestelle erzielte, veranlaſste den Grafen, auch Rast und Schacht des neuen Ofens aus Masse herstellen zu lassen; nur der oberste Teil des Schachtes wurde aus Steinen gemauert. Gestell und Rast machte man rund. Der Ofen selbst, der in Fig. 196 (a. f. S.) in der Ansicht und Fig. 197 (a. f. S.) im senkrechten Durchschnitt dargestellt ist, erhielt folgende Dimen- sionen: Ganze Höhe des Ofens 32 Fuſs (9,06 m), Schachthöhe 22 Fuſs 10 Zoll (6,21 m), Durchmesser der Gicht 4 Fuſs (1,132 m), der Rast 8 Fuſs 4 Zoll (2,357 m), Rastneigung 50 Grad, senkrechte Höhe der Rast 4 Fuſs 4 Zoll (1,225 m), Höhe des Gestelles 4 Fuſs (1,132 m), Durch- messer des Gestelles 1 Fuſs 4 Zoll (0,377 m) vor der Form. Das Rauh- gemäuer bestand aus einem starken Sockel, auf den der Rauhschacht, mit eisernen Reifen und Stäben gebunden, kegelförmig aufgesetzt war. Der Gichtmantel war als Esse in die Höhe geführt. Diese Konstruktion

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 731. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/745>, abgerufen am 25.11.2024.