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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Österreich.
mann erzeugte nun in einem Gange Flossen und Massen (d. h. Guss-
und Schmiedeeisen). Hatte nämlich der Ofen zu viel Kohle, ging
er also gar, oder befand sich ein mehr gekohltes flüssiges Roheisen
im Eisenkasten, so liess er dasselbe, wie es heutzutage gewöhnlich ist,
abstechen, und es erschienen Flossen. Hatte er aber zu wenig Kohlen,
befand sich der Ofen in grellem Gange, und wurde das im Gestelle
reduzierte Eisen vor der Oxydation nicht hinlänglich geschützt, so
setzte sich dasselbe -- wie es auch jetzt noch oft geschieht -- auf
dem Herde und verlor seine Flüssigkeit, weil es, wenig gekohlt, sich
dem metallischen Zustande näherte. Dann liess er im Formgewölbe
wie bei den Stücköfen öffnen, hob die Masse heraus und schrotete
sie in zwei Teile, während der Ofen wieder zugestellt und ins Feuer
gesetzt wurde."

Hier haben wir ein sehr charakteristisches Beispiel von dem früher
beschriebenen Doppelbetrieb der Blauöfen. Ferner dürfte dieser Ofen
das älteste bekannte Beispiel eines Eisenschmelzofens mit doppelten
Formseiten und vier Blasebälgen sein.

Die Darstellung von Roheisen in Flossöfen hatte die Einführung
des Frischens, welches in Steiermark als Weich- und Hartzerennen
für Schmiedeeisen und Stahl unterschieden wurde, und das wir in
dem allgemeinen Teil geschildert haben, zur Folge 1). Weyer und
Leimbach bei St. Gallen waren die Hauptsitze der hauptgewerkschaft-
lichen Hammermanipulation. Zu Eisenerz befand sich nur ein Hammer
für den eigenen Bedarf, die übrigen lagen in den Seitenthälern der
Enns. Zu Reifling, 3 Meilen von Eisenerz, war die Niederlage für
das Roheisen, welches von den Kohlenfuhrleuten dahin gefahren
wurde. Zu St. Gallen, 2 Meilen unter Reifling, war die erste Hammer-

1) Die Litteratur über das steirische Hütten- und Hammerwesen im vorigen
Jahrhundert ist verhältnismässig reich. Ausser den betreffenden Abhandlungen in
Swedenborgius, de ferro, De Courtivron et Bouchu in den Descriptions des
arts et metiers erwähnen wir Schreber, Schauplatz der Künste und Handwerke
1772, Bd. XI, S. 57. -- J. J. Ferber, Abhandlungen über die Gebirge und Berg-
werke in Ungarn nebst Beschreibung des Steirischen Eisenschmelzens und Stahl-
machens von einem Ungenannten 1780. -- Schweighöfers Abhandlung von
dem Kommerz der österreich. Staaten, 1785. -- Klinghammer, Von Eisenwerken
und Stahlfabriken in Steiermark, 1788. -- F. B. J. Hermann, Beschreibung der
Manipulationen, durch welche in Steiermark, Kärnten und Krain der Bres-
cianer Stahl verfertigt wird, 1781. Desgl. Reisen durch Österreich, Steiermark,
Kärnten etc. 1786. -- Beschreibung der Eisenberg- und Hüttenwerke zu Eisen-
erz etc. Wien 1788. -- Hacquet's mineralogisch-botanische Reise zu dem
Glockner 1779 und 1781. Viele Angaben aus dem vorigen Jahrhundert finden
sich ferner in von Marchers Beiträgen und in dessen Notizen über den Betrieb
der Hochöfen und Rennwerke.

Österreich.
mann erzeugte nun in einem Gange Flossen und Massen (d. h. Guſs-
und Schmiedeeisen). Hatte nämlich der Ofen zu viel Kohle, ging
er also gar, oder befand sich ein mehr gekohltes flüssiges Roheisen
im Eisenkasten, so lieſs er dasselbe, wie es heutzutage gewöhnlich ist,
abstechen, und es erschienen Flossen. Hatte er aber zu wenig Kohlen,
befand sich der Ofen in grellem Gange, und wurde das im Gestelle
reduzierte Eisen vor der Oxydation nicht hinlänglich geschützt, so
setzte sich dasselbe — wie es auch jetzt noch oft geschieht — auf
dem Herde und verlor seine Flüssigkeit, weil es, wenig gekohlt, sich
dem metallischen Zustande näherte. Dann lieſs er im Formgewölbe
wie bei den Stücköfen öffnen, hob die Masse heraus und schrotete
sie in zwei Teile, während der Ofen wieder zugestellt und ins Feuer
gesetzt wurde.“

Hier haben wir ein sehr charakteristisches Beispiel von dem früher
beschriebenen Doppelbetrieb der Blauöfen. Ferner dürfte dieser Ofen
das älteste bekannte Beispiel eines Eisenschmelzofens mit doppelten
Formseiten und vier Blasebälgen sein.

Die Darstellung von Roheisen in Floſsöfen hatte die Einführung
des Frischens, welches in Steiermark als Weich- und Hartzerennen
für Schmiedeeisen und Stahl unterschieden wurde, und das wir in
dem allgemeinen Teil geschildert haben, zur Folge 1). Weyer und
Leimbach bei St. Gallen waren die Hauptsitze der hauptgewerkschaft-
lichen Hammermanipulation. Zu Eisenerz befand sich nur ein Hammer
für den eigenen Bedarf, die übrigen lagen in den Seitenthälern der
Enns. Zu Reifling, 3 Meilen von Eisenerz, war die Niederlage für
das Roheisen, welches von den Kohlenfuhrleuten dahin gefahren
wurde. Zu St. Gallen, 2 Meilen unter Reifling, war die erste Hammer-

1) Die Litteratur über das steirische Hütten- und Hammerwesen im vorigen
Jahrhundert ist verhältnismäſsig reich. Auſser den betreffenden Abhandlungen in
Swedenborgius, de ferro, De Courtivron et Bouchu in den Descriptions des
arts et métiers erwähnen wir Schreber, Schauplatz der Künste und Handwerke
1772, Bd. XI, S. 57. — J. J. Ferber, Abhandlungen über die Gebirge und Berg-
werke in Ungarn nebst Beschreibung des Steirischen Eisenschmelzens und Stahl-
machens von einem Ungenannten 1780. — Schweighöfers Abhandlung von
dem Kommerz der österreich. Staaten, 1785. — Klinghammer, Von Eisenwerken
und Stahlfabriken in Steiermark, 1788. — F. B. J. Hermann, Beschreibung der
Manipulationen, durch welche in Steiermark, Kärnten und Krain der Bres-
cianer Stahl verfertigt wird, 1781. Desgl. Reisen durch Österreich, Steiermark,
Kärnten etc. 1786. — Beschreibung der Eisenberg- und Hüttenwerke zu Eisen-
erz etc. Wien 1788. — Hacquet’s mineralogisch-botanische Reise zu dem
Glockner 1779 und 1781. Viele Angaben aus dem vorigen Jahrhundert finden
sich ferner in von Marchers Beiträgen und in dessen Notizen über den Betrieb
der Hochöfen und Rennwerke.
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[795/0809] Österreich. mann erzeugte nun in einem Gange Flossen und Massen (d. h. Guſs- und Schmiedeeisen). Hatte nämlich der Ofen zu viel Kohle, ging er also gar, oder befand sich ein mehr gekohltes flüssiges Roheisen im Eisenkasten, so lieſs er dasselbe, wie es heutzutage gewöhnlich ist, abstechen, und es erschienen Flossen. Hatte er aber zu wenig Kohlen, befand sich der Ofen in grellem Gange, und wurde das im Gestelle reduzierte Eisen vor der Oxydation nicht hinlänglich geschützt, so setzte sich dasselbe — wie es auch jetzt noch oft geschieht — auf dem Herde und verlor seine Flüssigkeit, weil es, wenig gekohlt, sich dem metallischen Zustande näherte. Dann lieſs er im Formgewölbe wie bei den Stücköfen öffnen, hob die Masse heraus und schrotete sie in zwei Teile, während der Ofen wieder zugestellt und ins Feuer gesetzt wurde.“ Hier haben wir ein sehr charakteristisches Beispiel von dem früher beschriebenen Doppelbetrieb der Blauöfen. Ferner dürfte dieser Ofen das älteste bekannte Beispiel eines Eisenschmelzofens mit doppelten Formseiten und vier Blasebälgen sein. Die Darstellung von Roheisen in Floſsöfen hatte die Einführung des Frischens, welches in Steiermark als Weich- und Hartzerennen für Schmiedeeisen und Stahl unterschieden wurde, und das wir in dem allgemeinen Teil geschildert haben, zur Folge 1). Weyer und Leimbach bei St. Gallen waren die Hauptsitze der hauptgewerkschaft- lichen Hammermanipulation. Zu Eisenerz befand sich nur ein Hammer für den eigenen Bedarf, die übrigen lagen in den Seitenthälern der Enns. Zu Reifling, 3 Meilen von Eisenerz, war die Niederlage für das Roheisen, welches von den Kohlenfuhrleuten dahin gefahren wurde. Zu St. Gallen, 2 Meilen unter Reifling, war die erste Hammer- 1) Die Litteratur über das steirische Hütten- und Hammerwesen im vorigen Jahrhundert ist verhältnismäſsig reich. Auſser den betreffenden Abhandlungen in Swedenborgius, de ferro, De Courtivron et Bouchu in den Descriptions des arts et métiers erwähnen wir Schreber, Schauplatz der Künste und Handwerke 1772, Bd. XI, S. 57. — J. J. Ferber, Abhandlungen über die Gebirge und Berg- werke in Ungarn nebst Beschreibung des Steirischen Eisenschmelzens und Stahl- machens von einem Ungenannten 1780. — Schweighöfers Abhandlung von dem Kommerz der österreich. Staaten, 1785. — Klinghammer, Von Eisenwerken und Stahlfabriken in Steiermark, 1788. — F. B. J. Hermann, Beschreibung der Manipulationen, durch welche in Steiermark, Kärnten und Krain der Bres- cianer Stahl verfertigt wird, 1781. Desgl. Reisen durch Österreich, Steiermark, Kärnten etc. 1786. — Beschreibung der Eisenberg- und Hüttenwerke zu Eisen- erz etc. Wien 1788. — Hacquet’s mineralogisch-botanische Reise zu dem Glockner 1779 und 1781. Viele Angaben aus dem vorigen Jahrhundert finden sich ferner in von Marchers Beiträgen und in dessen Notizen über den Betrieb der Hochöfen und Rennwerke.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 795. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/809>, abgerufen am 22.11.2024.