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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Österreich.
früher allgemein im Gebrauch. Solche waren beispielsweise im Thale
von Moravitza im Betrieb, wo die Eisengewinnung bis in die Zeit der
Römerherrschaft zurückgeht.

Nach dem Abschluss des Friedens von Passarowitz 1718, durch
welchen Ungarn von dem türkischen Joche befreit wurde, war die
Eisengewinnung in dieser Gegend bedeutend genug, um den Bau
zweier Hochöfen in Deutsch-Bogsan und später den zweier anderer in
Reschitza zu rechtfertigen. Rennwerksbetrieb bestand zu Reschitza
schon in alter Zeit. 1770 wurden die ersten Hochöfen erbaut und
1771 angeblasen und begann man in demselben Jahre das erblasene
Roheisen auf Frischherden in den alten Hammerhütten zu verschmel-
zen. Der Italiener Griselini, der 1775 diese Gegend besuchte,
berichtet in seiner Geschichte des Temeser Banates, dass man in den
Hochöfen von Reschitza die Eisenerze von Moravitza verschmelze und
Stückkugeln, Bomben, Haubitzen, Granaten, Stubenöfen, Kessel u. s. w.
giesse und auch Stahl erzeuge. Reschitza zählte bei der Gründung
der Hochofenhütte etwa 300 Einwohner. Im Jahre 1780 wurde das
Eisenwerk mit den zum Werksbetrieb nötigen Forsten und
Ländereien dotiert, welche man zu diesem Behufe aus dem sogenannten
Kameralterritorium eigens lastenfrei ausschied und ausschliesslich dem
Hüttenwerke zuwies.

Um den fortwährend steigenden Holzkohlenbedarf zu decken,
wurde 1790 die Holztriftung auf dem Berzavaflusse eingeleitet, die bis
zum Jahre 1806 in Benutzung stand. Im Jahre 1793 lieferten die
Hochöfen von Reschitza und dem benachbarten Bogsan 20000 Stück
24- bis 36 pfündige Kanonenkugeln nach Neapel 1).

Zu Rhonitz war 1785 ein Blauofen, ein Flossenofen und ein
Hochofen im Betrieb. Der Hochofen oder richtiger der hohe Flossen-
ofen zu Rhonitz hatte 23 Schemnitzer Fuss (= 27 Fuss 71/2 Zoll
Wiener Mass) Höhe und war im Kohlensack, der 10 Fuss über dem
Bodensteine lag, 51/2 Fuss weit. Vor der Form war die Zustellung
1 Fuss auf 1 Fuss 3 Zoll, an der Gicht 2 Fuss 4 Zoll auf 2 Fuss
8 Zoll. Der Ofen ging auf Gusswaren und lieferte im Monat 394 Ctr.
20 Pfd. oder in 24 Stunden 1314 Pfd.

Der kleine Flossenofen war 131/2 Fuss hoch und im Kohlensack
4 Fuss weit; er erzeugte 280 Ctr. Flosseneisen im Monat. Der
Stück- oder Blauofen war 7 Fuss hoch, vor der Form 1 Fuss, in
der Höhe von 3 Fuss 2 Fuss 3 Zoll weit und lieferte im Monat 661/2 Ctr.

1) Siehe Berg- u. hüttenmänn. Zeitung, S. 357.

Österreich.
früher allgemein im Gebrauch. Solche waren beispielsweise im Thale
von Moravitza im Betrieb, wo die Eisengewinnung bis in die Zeit der
Römerherrschaft zurückgeht.

Nach dem Abschluſs des Friedens von Passarowitz 1718, durch
welchen Ungarn von dem türkischen Joche befreit wurde, war die
Eisengewinnung in dieser Gegend bedeutend genug, um den Bau
zweier Hochöfen in Deutsch-Bogsán und später den zweier anderer in
Reschitza zu rechtfertigen. Rennwerksbetrieb bestand zu Reschitza
schon in alter Zeit. 1770 wurden die ersten Hochöfen erbaut und
1771 angeblasen und begann man in demselben Jahre das erblasene
Roheisen auf Frischherden in den alten Hammerhütten zu verschmel-
zen. Der Italiener Griselini, der 1775 diese Gegend besuchte,
berichtet in seiner Geschichte des Temeser Banates, daſs man in den
Hochöfen von Reschitza die Eisenerze von Moravitza verschmelze und
Stückkugeln, Bomben, Haubitzen, Granaten, Stubenöfen, Kessel u. s. w.
gieſse und auch Stahl erzeuge. Reschitza zählte bei der Gründung
der Hochofenhütte etwa 300 Einwohner. Im Jahre 1780 wurde das
Eisenwerk mit den zum Werksbetrieb nötigen Forsten und
Ländereien dotiert, welche man zu diesem Behufe aus dem sogenannten
Kameralterritorium eigens lastenfrei ausschied und ausschlieſslich dem
Hüttenwerke zuwies.

Um den fortwährend steigenden Holzkohlenbedarf zu decken,
wurde 1790 die Holztriftung auf dem Berzavaflusse eingeleitet, die bis
zum Jahre 1806 in Benutzung stand. Im Jahre 1793 lieferten die
Hochöfen von Reschitza und dem benachbarten Bogsán 20000 Stück
24- bis 36 pfündige Kanonenkugeln nach Neapel 1).

Zu Rhonitz war 1785 ein Blauofen, ein Flossenofen und ein
Hochofen im Betrieb. Der Hochofen oder richtiger der hohe Flossen-
ofen zu Rhonitz hatte 23 Schemnitzer Fuſs (= 27 Fuſs 7½ Zoll
Wiener Maſs) Höhe und war im Kohlensack, der 10 Fuſs über dem
Bodensteine lag, 5½ Fuſs weit. Vor der Form war die Zustellung
1 Fuſs auf 1 Fuſs 3 Zoll, an der Gicht 2 Fuſs 4 Zoll auf 2 Fuſs
8 Zoll. Der Ofen ging auf Guſswaren und lieferte im Monat 394 Ctr.
20 Pfd. oder in 24 Stunden 1314 Pfd.

Der kleine Flossenofen war 13½ Fuſs hoch und im Kohlensack
4 Fuſs weit; er erzeugte 280 Ctr. Flosseneisen im Monat. Der
Stück- oder Blauofen war 7 Fuſs hoch, vor der Form 1 Fuſs, in
der Höhe von 3 Fuſs 2 Fuſs 3 Zoll weit und lieferte im Monat 66½ Ctr.

1) Siehe Berg- u. hüttenmänn. Zeitung, S. 357.
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[824/0838] Österreich. früher allgemein im Gebrauch. Solche waren beispielsweise im Thale von Moravitza im Betrieb, wo die Eisengewinnung bis in die Zeit der Römerherrschaft zurückgeht. Nach dem Abschluſs des Friedens von Passarowitz 1718, durch welchen Ungarn von dem türkischen Joche befreit wurde, war die Eisengewinnung in dieser Gegend bedeutend genug, um den Bau zweier Hochöfen in Deutsch-Bogsán und später den zweier anderer in Reschitza zu rechtfertigen. Rennwerksbetrieb bestand zu Reschitza schon in alter Zeit. 1770 wurden die ersten Hochöfen erbaut und 1771 angeblasen und begann man in demselben Jahre das erblasene Roheisen auf Frischherden in den alten Hammerhütten zu verschmel- zen. Der Italiener Griselini, der 1775 diese Gegend besuchte, berichtet in seiner Geschichte des Temeser Banates, daſs man in den Hochöfen von Reschitza die Eisenerze von Moravitza verschmelze und Stückkugeln, Bomben, Haubitzen, Granaten, Stubenöfen, Kessel u. s. w. gieſse und auch Stahl erzeuge. Reschitza zählte bei der Gründung der Hochofenhütte etwa 300 Einwohner. Im Jahre 1780 wurde das Eisenwerk mit den zum Werksbetrieb nötigen Forsten und Ländereien dotiert, welche man zu diesem Behufe aus dem sogenannten Kameralterritorium eigens lastenfrei ausschied und ausschlieſslich dem Hüttenwerke zuwies. Um den fortwährend steigenden Holzkohlenbedarf zu decken, wurde 1790 die Holztriftung auf dem Berzavaflusse eingeleitet, die bis zum Jahre 1806 in Benutzung stand. Im Jahre 1793 lieferten die Hochöfen von Reschitza und dem benachbarten Bogsán 20000 Stück 24- bis 36 pfündige Kanonenkugeln nach Neapel 1). Zu Rhonitz war 1785 ein Blauofen, ein Flossenofen und ein Hochofen im Betrieb. Der Hochofen oder richtiger der hohe Flossen- ofen zu Rhonitz hatte 23 Schemnitzer Fuſs (= 27 Fuſs 7½ Zoll Wiener Maſs) Höhe und war im Kohlensack, der 10 Fuſs über dem Bodensteine lag, 5½ Fuſs weit. Vor der Form war die Zustellung 1 Fuſs auf 1 Fuſs 3 Zoll, an der Gicht 2 Fuſs 4 Zoll auf 2 Fuſs 8 Zoll. Der Ofen ging auf Guſswaren und lieferte im Monat 394 Ctr. 20 Pfd. oder in 24 Stunden 1314 Pfd. Der kleine Flossenofen war 13½ Fuſs hoch und im Kohlensack 4 Fuſs weit; er erzeugte 280 Ctr. Flosseneisen im Monat. Der Stück- oder Blauofen war 7 Fuſs hoch, vor der Form 1 Fuſs, in der Höhe von 3 Fuſs 2 Fuſs 3 Zoll weit und lieferte im Monat 66½ Ctr. 1) Siehe Berg- u. hüttenmänn. Zeitung, S. 357.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 824. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/838>, abgerufen am 22.11.2024.