Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.Westfalen und die Rheinlande. Osemund unter der Hand auf sogen. Drahtschmieden oder Isen derLänge der Stange nach zu sogen. Schmiededraht durchgesetzt worden. Die Herstellung des Reckdrahtes war also eine Neuerung, die in Lüdenscheid Hand in Hand ging mit der Umwandlung der Draht- schmieden in Werkstätten, worin Bügel und Schnallen gemacht wurden, und in der Verminderung des Absatzes von grobem Draht, wodurch Wasserkraft zum Schmieden in den Drahtkotten verfügbar wurde. In Altena behielt man das Drahtschmieden mit der Hand dagegen bei. Iserlohn bezog, besonders seit der Konvention, welche es in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit Altena geschlossen hatte, nur gezogenen Mitteldraht von Altena als Material für seinen Feindraht, wogegen Altena sich verpflichtet hatte, nur bestes Material zu liefern. Den groben Draht, solange er noch keine völlige Rundung hatte, glühte man auf offenem Feuer, gerundeten Draht in verluttierten Kesseln von Schwarzblech im offenen Feuer. Das Glühen der feinen Sorten durch den Winner geschah in verluttierten gegossenen eisernen Kesseln bei Steinkohlenfeuer. Als 1702 durch das Drahtglühen ein grosser Brand in Altena entstanden war, wurde das Glühen des Drahtes in Kesseln statt im offenen Feuer streng verboten. Obgleich schwere Strafen angedroht waren, hatte dies Verbot keinen Erfolg. Der Holzverbrauch zum Drahtglühen war sehr beträchtlich und betrug für Altena, einschliesslich des Stahldrahts, 30848 Karren im Jahr. Der Verbrauch von Osemundeisen betrug nach Eversmann 2253108 Pfd. Aller Draht wurde von einer Gesellschaft angekauft und kam auf den Stapel. Die Stapel-Gesellschaft war landesherrlich octroyiert, um die kleinen, selbstarbeitenden Reidemeister vor der Ausbeutung durch die Kaufleute zu schützen, und hatte das aus- schliessliche Recht zum Drahteinkauf. Der Stapel bestand in Iser- lohn seit 1722, in Altena seit 1745 1) ununterbrochen. Er war der grosse Regulator der Fabrikation und des Handels. Bei schlechtem Absatz konnte den Fabrikanten das Drahtziehen ganz untersagt werden, und empfingen sie dann aus der Stapelkasse ein kleines Wartegeld. Zur Stapelgesellschaft gehörten 1. die Stapelinteressenten. d. h. die Aktionäre, welche allein Draht verkaufen durften und allen Draht zu festgesetzten Preisen übernehmen mussten; 2. die Reide- meister, d. h. die Fabrikunternehmer; und 3. die Zöger, d. h. die Fabrik- 1) Im Jahre 1745 ist zwischen der Altenaischen Draht-Stapel-Kompanie und
den dasigen Drahtreidemeistern und Fabrikanten ein Kontrakt errichtet und von Sr. Majestät dem König von Preussen am 22. Junius bestätigt worden. Westfalen und die Rheinlande. Osemund unter der Hand auf sogen. Drahtschmieden oder Isen derLänge der Stange nach zu sogen. Schmiededraht durchgesetzt worden. Die Herstellung des Reckdrahtes war also eine Neuerung, die in Lüdenscheid Hand in Hand ging mit der Umwandlung der Draht- schmieden in Werkstätten, worin Bügel und Schnallen gemacht wurden, und in der Verminderung des Absatzes von grobem Draht, wodurch Wasserkraft zum Schmieden in den Drahtkotten verfügbar wurde. In Altena behielt man das Drahtschmieden mit der Hand dagegen bei. Iserlohn bezog, besonders seit der Konvention, welche es in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit Altena geschlossen hatte, nur gezogenen Mitteldraht von Altena als Material für seinen Feindraht, wogegen Altena sich verpflichtet hatte, nur bestes Material zu liefern. Den groben Draht, solange er noch keine völlige Rundung hatte, glühte man auf offenem Feuer, gerundeten Draht in verluttierten Kesseln von Schwarzblech im offenen Feuer. Das Glühen der feinen Sorten durch den Winner geschah in verluttierten gegossenen eisernen Kesseln bei Steinkohlenfeuer. Als 1702 durch das Drahtglühen ein groſser Brand in Altena entstanden war, wurde das Glühen des Drahtes in Kesseln statt im offenen Feuer streng verboten. Obgleich schwere Strafen angedroht waren, hatte dies Verbot keinen Erfolg. Der Holzverbrauch zum Drahtglühen war sehr beträchtlich und betrug für Altena, einschlieſslich des Stahldrahts, 30848 Karren im Jahr. Der Verbrauch von Osemundeisen betrug nach Eversmann 2253108 Pfd. Aller Draht wurde von einer Gesellschaft angekauft und kam auf den Stapel. Die Stapel-Gesellschaft war landesherrlich octroyiert, um die kleinen, selbstarbeitenden Reidemeister vor der Ausbeutung durch die Kaufleute zu schützen, und hatte das aus- schlieſsliche Recht zum Drahteinkauf. Der Stapel bestand in Iser- lohn seit 1722, in Altena seit 1745 1) ununterbrochen. Er war der groſse Regulator der Fabrikation und des Handels. Bei schlechtem Absatz konnte den Fabrikanten das Drahtziehen ganz untersagt werden, und empfingen sie dann aus der Stapelkasse ein kleines Wartegeld. Zur Stapelgesellschaft gehörten 1. die Stapelinteressenten. d. h. die Aktionäre, welche allein Draht verkaufen durften und allen Draht zu festgesetzten Preisen übernehmen muſsten; 2. die Reide- meister, d. h. die Fabrikunternehmer; und 3. die Zöger, d. h. die Fabrik- 1) Im Jahre 1745 ist zwischen der Altenaischen Draht-Stapel-Kompanie und
den dasigen Drahtreidemeistern und Fabrikanten ein Kontrakt errichtet und von Sr. Majestät dem König von Preuſsen am 22. Junius bestätigt worden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0968" n="954"/><fw place="top" type="header">Westfalen und die Rheinlande.</fw><lb/> Osemund unter der Hand auf sogen. Drahtschmieden oder Isen der<lb/> Länge der Stange nach zu sogen. Schmiededraht durchgesetzt worden.<lb/> Die Herstellung des Reckdrahtes war also eine Neuerung, die in<lb/> Lüdenscheid Hand in Hand ging mit der Umwandlung der Draht-<lb/> schmieden in Werkstätten, worin Bügel und Schnallen gemacht<lb/> wurden, und in der Verminderung des Absatzes von grobem Draht,<lb/> wodurch Wasserkraft zum Schmieden in den Drahtkotten verfügbar<lb/> wurde. In Altena behielt man das Drahtschmieden mit der Hand<lb/> dagegen bei. Iserlohn bezog, besonders seit der Konvention, welche<lb/> es in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit Altena geschlossen<lb/> hatte, nur gezogenen Mitteldraht von Altena als Material für seinen<lb/> Feindraht, wogegen Altena sich verpflichtet hatte, nur bestes Material<lb/> zu liefern. Den groben Draht, solange er noch keine völlige Rundung<lb/> hatte, glühte man auf offenem Feuer, gerundeten Draht in verluttierten<lb/> Kesseln von Schwarzblech im offenen Feuer. Das Glühen der feinen<lb/> Sorten durch den Winner geschah in verluttierten gegossenen eisernen<lb/> Kesseln bei Steinkohlenfeuer. Als 1702 durch das Drahtglühen ein<lb/> groſser Brand in Altena entstanden war, wurde das Glühen des<lb/> Drahtes in Kesseln statt im offenen Feuer streng verboten. Obgleich<lb/> schwere Strafen angedroht waren, hatte dies Verbot keinen Erfolg.<lb/> Der Holzverbrauch zum Drahtglühen war sehr beträchtlich und<lb/> betrug für Altena, einschlieſslich des Stahldrahts, 30848 Karren im<lb/> Jahr. Der Verbrauch von Osemundeisen betrug nach <hi rendition="#g">Eversmann</hi><lb/> 2253108 Pfd. Aller Draht wurde von einer Gesellschaft angekauft<lb/> und kam auf den <hi rendition="#g">Stapel</hi>. Die Stapel-Gesellschaft war landesherrlich<lb/> octroyiert, um die kleinen, selbstarbeitenden Reidemeister vor der<lb/> Ausbeutung durch die Kaufleute zu schützen, und hatte das aus-<lb/> schlieſsliche Recht zum Drahteinkauf. Der Stapel bestand in Iser-<lb/> lohn seit 1722, in Altena seit 1745 <note place="foot" n="1)">Im Jahre 1745 ist zwischen der Altenaischen Draht-Stapel-Kompanie und<lb/> den dasigen Drahtreidemeistern und Fabrikanten ein Kontrakt errichtet und von<lb/> Sr. Majestät dem König von Preuſsen am 22. Junius bestätigt worden.</note> ununterbrochen. Er war der<lb/> groſse Regulator der Fabrikation und des Handels. Bei schlechtem<lb/> Absatz konnte den Fabrikanten das Drahtziehen ganz untersagt<lb/> werden, und empfingen sie dann aus der Stapelkasse ein kleines<lb/> Wartegeld. Zur Stapelgesellschaft gehörten 1. die Stapelinteressenten.<lb/> d. h. die Aktionäre, welche allein Draht verkaufen durften und allen<lb/> Draht zu festgesetzten Preisen übernehmen muſsten; 2. die Reide-<lb/> meister, d. h. die Fabrikunternehmer; und 3. die Zöger, d. h. die Fabrik-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [954/0968]
Westfalen und die Rheinlande.
Osemund unter der Hand auf sogen. Drahtschmieden oder Isen der
Länge der Stange nach zu sogen. Schmiededraht durchgesetzt worden.
Die Herstellung des Reckdrahtes war also eine Neuerung, die in
Lüdenscheid Hand in Hand ging mit der Umwandlung der Draht-
schmieden in Werkstätten, worin Bügel und Schnallen gemacht
wurden, und in der Verminderung des Absatzes von grobem Draht,
wodurch Wasserkraft zum Schmieden in den Drahtkotten verfügbar
wurde. In Altena behielt man das Drahtschmieden mit der Hand
dagegen bei. Iserlohn bezog, besonders seit der Konvention, welche
es in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit Altena geschlossen
hatte, nur gezogenen Mitteldraht von Altena als Material für seinen
Feindraht, wogegen Altena sich verpflichtet hatte, nur bestes Material
zu liefern. Den groben Draht, solange er noch keine völlige Rundung
hatte, glühte man auf offenem Feuer, gerundeten Draht in verluttierten
Kesseln von Schwarzblech im offenen Feuer. Das Glühen der feinen
Sorten durch den Winner geschah in verluttierten gegossenen eisernen
Kesseln bei Steinkohlenfeuer. Als 1702 durch das Drahtglühen ein
groſser Brand in Altena entstanden war, wurde das Glühen des
Drahtes in Kesseln statt im offenen Feuer streng verboten. Obgleich
schwere Strafen angedroht waren, hatte dies Verbot keinen Erfolg.
Der Holzverbrauch zum Drahtglühen war sehr beträchtlich und
betrug für Altena, einschlieſslich des Stahldrahts, 30848 Karren im
Jahr. Der Verbrauch von Osemundeisen betrug nach Eversmann
2253108 Pfd. Aller Draht wurde von einer Gesellschaft angekauft
und kam auf den Stapel. Die Stapel-Gesellschaft war landesherrlich
octroyiert, um die kleinen, selbstarbeitenden Reidemeister vor der
Ausbeutung durch die Kaufleute zu schützen, und hatte das aus-
schlieſsliche Recht zum Drahteinkauf. Der Stapel bestand in Iser-
lohn seit 1722, in Altena seit 1745 1) ununterbrochen. Er war der
groſse Regulator der Fabrikation und des Handels. Bei schlechtem
Absatz konnte den Fabrikanten das Drahtziehen ganz untersagt
werden, und empfingen sie dann aus der Stapelkasse ein kleines
Wartegeld. Zur Stapelgesellschaft gehörten 1. die Stapelinteressenten.
d. h. die Aktionäre, welche allein Draht verkaufen durften und allen
Draht zu festgesetzten Preisen übernehmen muſsten; 2. die Reide-
meister, d. h. die Fabrikunternehmer; und 3. die Zöger, d. h. die Fabrik-
1) Im Jahre 1745 ist zwischen der Altenaischen Draht-Stapel-Kompanie und
den dasigen Drahtreidemeistern und Fabrikanten ein Kontrakt errichtet und von
Sr. Majestät dem König von Preuſsen am 22. Junius bestätigt worden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |