Schachtöfen und Flammöfen. Die Tiegelschmelzöfen waren ein- fache Windöfen, welche mit einer Esse verbunden waren und meistens einen, seltener mehrere Tiegel fassten. Die Tiegel waren in der Berliner und anderen deutschen Giessereien entweder sogenannte hessische aus Grossalmeroder Thon, oder Graphittiegel, sogenannte Ipser Tiegel, und fassten 20 bis 30 Pfd. Eisen. Das beste Brenn- material zur Schmelzung war Koks, doch brauchte man 10 bis 15 Kbfss. (317 bis 476 Pfd.) für 100 Pfd. Roheisen. Schmolz man mit Holz- kohlen, so betrug der Verbrauch sogar 80 bis 100 Kbfss., oder sechs- bis siebenmal soviel als beim Ausschmelzen von 100 Pfd. Roheisen aus den Erzen.
Wegen diesem grossen Kohlenverbrauch wendete man den Tiegelguss nur für ganz feine Waren, wie kleine Maschinenteile und Quincailleriewaren (gegossene Knöpfe, Schnallen, Verzierungen, Medaillons u. s. w.) an.
Das Umschmelzen in Schachtöfen, den sogenannten Kupolöfen, hatten die Engländer vervollkommnet. Obgleich man Öfen bis zu
[Abbildung]
Fig. 30.
5 m erbaut hatte, so waren die gebräuch- lichen Kupolöfen doch meistens kleiner und niedriger, wie heutzutage. Fig. 30 zeigt einen Kupolofen von Gleiwitz. Der Ofen stand auf einem gemauerten Fundament, auf welchem eine eiserne Bodenplatte mit aufsteigenden Rändern lag, welche die Seitenplatten oder den Cylinder festhielt. Diese wurden ebenso oben durch eine eiserne Deck- oder Kranzplatte zusammen- gehalten, s. Fig. 24 bis 27, S. 94. Die Glei- witzer Öfen waren cylindrisch, an anderen Orten, z. B. zu Paris und Berlin, waren sie sechs- oder achteckig. Der Boden des Ofens wurde aus Thon und Quarzsand gestampft, mit Gefälle nach dem Abstich, der am tiefsten Punkte angebracht war. Man blies mit einer Form von Gusseisen, welche 0,39 bis 0,52 m, je nach der Stärke des Gebläses, über dem Boden lag. Die Brustöffnung des Gleiwitzer Kupolofens war 0,31 m breit und 0,39 m hoch und während des Schmelzens zugemauert. Höhe und Weite der Schächte richteten sich nach der Stärke des Gebläses und der Beschaffenheit des Brennmaterials. Ihre Gestalt war cylindrisch oder schwach zulaufend nach der Gicht. Holzkohlenöfen mussten höher sein als Koksöfen, wegen der grösseren
Eisengieſserei 1801 bis 1815.
Schachtöfen und Flammöfen. Die Tiegelschmelzöfen waren ein- fache Windöfen, welche mit einer Esse verbunden waren und meistens einen, seltener mehrere Tiegel faſsten. Die Tiegel waren in der Berliner und anderen deutschen Gieſsereien entweder sogenannte hessische aus Groſsalmeroder Thon, oder Graphittiegel, sogenannte Ipser Tiegel, und faſsten 20 bis 30 Pfd. Eisen. Das beste Brenn- material zur Schmelzung war Koks, doch brauchte man 10 bis 15 Kbfſs. (317 bis 476 Pfd.) für 100 Pfd. Roheisen. Schmolz man mit Holz- kohlen, so betrug der Verbrauch sogar 80 bis 100 Kbfſs., oder sechs- bis siebenmal soviel als beim Ausschmelzen von 100 Pfd. Roheisen aus den Erzen.
Wegen diesem groſsen Kohlenverbrauch wendete man den Tiegelguſs nur für ganz feine Waren, wie kleine Maschinenteile und Quincailleriewaren (gegossene Knöpfe, Schnallen, Verzierungen, Medaillons u. s. w.) an.
Das Umschmelzen in Schachtöfen, den sogenannten Kupolöfen, hatten die Engländer vervollkommnet. Obgleich man Öfen bis zu
[Abbildung]
Fig. 30.
5 m erbaut hatte, so waren die gebräuch- lichen Kupolöfen doch meistens kleiner und niedriger, wie heutzutage. Fig. 30 zeigt einen Kupolofen von Gleiwitz. Der Ofen stand auf einem gemauerten Fundament, auf welchem eine eiserne Bodenplatte mit aufsteigenden Rändern lag, welche die Seitenplatten oder den Cylinder festhielt. Diese wurden ebenso oben durch eine eiserne Deck- oder Kranzplatte zusammen- gehalten, s. Fig. 24 bis 27, S. 94. Die Glei- witzer Öfen waren cylindrisch, an anderen Orten, z. B. zu Paris und Berlin, waren sie sechs- oder achteckig. Der Boden des Ofens wurde aus Thon und Quarzsand gestampft, mit Gefälle nach dem Abstich, der am tiefsten Punkte angebracht war. Man blies mit einer Form von Guſseisen, welche 0,39 bis 0,52 m, je nach der Stärke des Gebläses, über dem Boden lag. Die Brustöffnung des Gleiwitzer Kupolofens war 0,31 m breit und 0,39 m hoch und während des Schmelzens zugemauert. Höhe und Weite der Schächte richteten sich nach der Stärke des Gebläses und der Beschaffenheit des Brennmaterials. Ihre Gestalt war cylindrisch oder schwach zulaufend nach der Gicht. Holzkohlenöfen muſsten höher sein als Koksöfen, wegen der gröſseren
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0114"n="98"/><fwplace="top"type="header">Eisengieſserei 1801 bis 1815.</fw><lb/>
Schachtöfen und Flammöfen. Die <hirendition="#g">Tiegelschmelzöfen</hi> waren ein-<lb/>
fache Windöfen, welche mit einer Esse verbunden waren und meistens<lb/>
einen, seltener mehrere Tiegel faſsten. Die Tiegel waren in der<lb/>
Berliner und anderen deutschen Gieſsereien entweder sogenannte<lb/>
hessische aus Groſsalmeroder Thon, oder Graphittiegel, sogenannte<lb/>
Ipser Tiegel, und faſsten 20 bis 30 Pfd. Eisen. Das beste Brenn-<lb/>
material zur Schmelzung war Koks, doch brauchte man 10 bis 15 Kbfſs.<lb/>
(317 bis 476 Pfd.) für 100 Pfd. Roheisen. Schmolz man mit Holz-<lb/>
kohlen, so betrug der Verbrauch sogar 80 bis 100 Kbfſs., oder sechs-<lb/>
bis siebenmal soviel als beim Ausschmelzen von 100 Pfd. Roheisen<lb/>
aus den Erzen.</p><lb/><p>Wegen diesem groſsen Kohlenverbrauch wendete man den<lb/>
Tiegelguſs nur für ganz feine Waren, wie kleine Maschinenteile<lb/>
und Quincailleriewaren (gegossene Knöpfe, Schnallen, Verzierungen,<lb/>
Medaillons u. s. w.) an.</p><lb/><p>Das Umschmelzen in Schachtöfen, den sogenannten <hirendition="#g">Kupolöfen</hi>,<lb/>
hatten die Engländer vervollkommnet. Obgleich man Öfen bis zu<lb/><figure><head>Fig. 30.</head></figure><lb/>
5 m erbaut hatte, so waren die gebräuch-<lb/>
lichen Kupolöfen doch meistens kleiner und<lb/>
niedriger, wie heutzutage. Fig. 30 zeigt<lb/>
einen Kupolofen von Gleiwitz. Der Ofen<lb/>
stand auf einem gemauerten Fundament,<lb/>
auf welchem eine eiserne Bodenplatte mit<lb/>
aufsteigenden Rändern lag, welche die<lb/>
Seitenplatten oder den Cylinder festhielt.<lb/>
Diese wurden ebenso oben durch eine<lb/>
eiserne Deck- oder Kranzplatte zusammen-<lb/>
gehalten, s. Fig. 24 bis 27, S. 94. Die Glei-<lb/>
witzer Öfen waren cylindrisch, an anderen<lb/>
Orten, z. B. zu Paris und Berlin, waren sie<lb/>
sechs- oder achteckig. Der Boden des<lb/>
Ofens wurde aus Thon und Quarzsand gestampft, mit Gefälle nach<lb/>
dem Abstich, der am tiefsten Punkte angebracht war. Man blies mit<lb/>
einer Form von Guſseisen, welche 0,39 bis 0,52 m, je nach der Stärke<lb/>
des Gebläses, über dem Boden lag. Die Brustöffnung des Gleiwitzer<lb/>
Kupolofens war 0,31 m breit und 0,39 m hoch und während des<lb/>
Schmelzens zugemauert. Höhe und Weite der Schächte richteten sich<lb/>
nach der Stärke des Gebläses und der Beschaffenheit des Brennmaterials.<lb/>
Ihre Gestalt war cylindrisch oder schwach zulaufend nach der Gicht.<lb/>
Holzkohlenöfen muſsten höher sein als Koksöfen, wegen der gröſseren<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[98/0114]
Eisengieſserei 1801 bis 1815.
Schachtöfen und Flammöfen. Die Tiegelschmelzöfen waren ein-
fache Windöfen, welche mit einer Esse verbunden waren und meistens
einen, seltener mehrere Tiegel faſsten. Die Tiegel waren in der
Berliner und anderen deutschen Gieſsereien entweder sogenannte
hessische aus Groſsalmeroder Thon, oder Graphittiegel, sogenannte
Ipser Tiegel, und faſsten 20 bis 30 Pfd. Eisen. Das beste Brenn-
material zur Schmelzung war Koks, doch brauchte man 10 bis 15 Kbfſs.
(317 bis 476 Pfd.) für 100 Pfd. Roheisen. Schmolz man mit Holz-
kohlen, so betrug der Verbrauch sogar 80 bis 100 Kbfſs., oder sechs-
bis siebenmal soviel als beim Ausschmelzen von 100 Pfd. Roheisen
aus den Erzen.
Wegen diesem groſsen Kohlenverbrauch wendete man den
Tiegelguſs nur für ganz feine Waren, wie kleine Maschinenteile
und Quincailleriewaren (gegossene Knöpfe, Schnallen, Verzierungen,
Medaillons u. s. w.) an.
Das Umschmelzen in Schachtöfen, den sogenannten Kupolöfen,
hatten die Engländer vervollkommnet. Obgleich man Öfen bis zu
[Abbildung Fig. 30.]
5 m erbaut hatte, so waren die gebräuch-
lichen Kupolöfen doch meistens kleiner und
niedriger, wie heutzutage. Fig. 30 zeigt
einen Kupolofen von Gleiwitz. Der Ofen
stand auf einem gemauerten Fundament,
auf welchem eine eiserne Bodenplatte mit
aufsteigenden Rändern lag, welche die
Seitenplatten oder den Cylinder festhielt.
Diese wurden ebenso oben durch eine
eiserne Deck- oder Kranzplatte zusammen-
gehalten, s. Fig. 24 bis 27, S. 94. Die Glei-
witzer Öfen waren cylindrisch, an anderen
Orten, z. B. zu Paris und Berlin, waren sie
sechs- oder achteckig. Der Boden des
Ofens wurde aus Thon und Quarzsand gestampft, mit Gefälle nach
dem Abstich, der am tiefsten Punkte angebracht war. Man blies mit
einer Form von Guſseisen, welche 0,39 bis 0,52 m, je nach der Stärke
des Gebläses, über dem Boden lag. Die Brustöffnung des Gleiwitzer
Kupolofens war 0,31 m breit und 0,39 m hoch und während des
Schmelzens zugemauert. Höhe und Weite der Schächte richteten sich
nach der Stärke des Gebläses und der Beschaffenheit des Brennmaterials.
Ihre Gestalt war cylindrisch oder schwach zulaufend nach der Gicht.
Holzkohlenöfen muſsten höher sein als Koksöfen, wegen der gröſseren
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/114>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.