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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Deutschland bis 1830.
welche indes 1827 ebenfalls in Privatbesitz an die Gebrüder Stumm,
bezw. an die Gesellschaft der Dillinger Hüttenwerke, in welche die
Gebrüder Friedrich Philipp, Christian und Ferdinand Stumm
im Jahre 1818 als Hauptbeteiligte eingetreten waren, überging. Die
Verhältnisse für die Saarhütten gestalteten sich nach 1815 wenig
günstig. In den 20er Jahren nahm man auf der Geislauterner Hütte
die Versuche mit Koksbetrieb wieder auf. Es führte dies zur Er-
bauung höherer Öfen, einen anderen Erfolg hatten diese Versuche
aber nicht. Erst nach 1848 wurde dieser Betrieb, der zu Hayange
in Lothringen schon seit 1825 eingeführt worden war, allgemein.

Auch die 1825 und 1826 zu Geislautern ausgeführten grösseren
Versuche der Reduktion von Eisenfrischschlacken und Eisenerzen im
Flammofen (s. S. 252) blieben ohne wesentliche Resultate. Erst die
Einführung des englischen Puddelbetriebes brachte einen durchschlagen-
den Erfolg bei der Stabeisenfabrikation. Nachdem auf der Rasselsteiner
Hütte zu Neuwied 1824 der erste Steinkohlen-Puddelofen Deutschlands
und 1825 die erste Kaliber-Walzenstrasse erbaut worden war, wurde
das erste Puddlings- und Walzwerk des Saargebietes erst 1831 auf
der Hütte zu Neunkirchen errichtet. Bald darauf folgten auch die
Hütten zu St. Ingbert und Geislautern mit dem Puddelbetriebe nach.

In Schlesien machte der Steinkohlenbetrieb nur langsame Fort-
schritte. 1816 zählte man auf den Privatwerken 1) 40 Hochöfen,
127 Frischfeuer, 26 Schneidwerke, 2 Walzwerke und 2 Drahtzüge,
welche zusammen 1222 Arbeiter beschäftigten und für 868650 Thlr.
verschiedene Eisensorten lieferten, nämlich 181863 Ctr. Roheisen,
122890 Ctr. Stabeisen, 13334 Ctr. Gusswaren, 2089 Ctr. Schwarzblech,
251 Ctr. Weissblech und 110 Ctr. Eisendraht. Unter den 40 Hoch-
öfen waren nur 2, die mit Koks betrieben wurden, die Antonienhütte
bei Neudorf und die Hohenlohehütte bei Bittkow. 1822 befanden sich
auf dem letztgenannten Werke 2 Hochöfen, welche durch einen Gicht-
turm getrennt waren und durch Cylindergebläse betrieben wurden.

Die königlichen Werke zählten 1816 7 Hochöfen, welche meistens
mit Koks betrieben wurden, 16 Frischfeuer und 2 Blechhütten; sie
beschäftigten 595 Arbeiter und erzeugten für 294480 Thlr. Eisen,
nämlich 20665 Ctr. Gusswaren, 39928 Ctr. Masseleisen, 18517 Ctr.
Schmiedeeisen, 510 Ctr. Rohstahl, 829 Ctr. Schwarzblech und 689 Ctr.
Weissblech. Die Königshütte besass 4 Hochöfen. Die Rybnikerhütte

1) Manes, Sur les usines a fer de la Silesie superieure. Annales des mines
1825, p. 321.

Deutschland bis 1830.
welche indes 1827 ebenfalls in Privatbesitz an die Gebrüder Stumm,
bezw. an die Gesellschaft der Dillinger Hüttenwerke, in welche die
Gebrüder Friedrich Philipp, Christian und Ferdinand Stumm
im Jahre 1818 als Hauptbeteiligte eingetreten waren, überging. Die
Verhältnisse für die Saarhütten gestalteten sich nach 1815 wenig
günstig. In den 20er Jahren nahm man auf der Geislauterner Hütte
die Versuche mit Koksbetrieb wieder auf. Es führte dies zur Er-
bauung höherer Öfen, einen anderen Erfolg hatten diese Versuche
aber nicht. Erst nach 1848 wurde dieser Betrieb, der zu Hayange
in Lothringen schon seit 1825 eingeführt worden war, allgemein.

Auch die 1825 und 1826 zu Geislautern ausgeführten gröſseren
Versuche der Reduktion von Eisenfrischschlacken und Eisenerzen im
Flammofen (s. S. 252) blieben ohne wesentliche Resultate. Erst die
Einführung des englischen Puddelbetriebes brachte einen durchschlagen-
den Erfolg bei der Stabeisenfabrikation. Nachdem auf der Rasselsteiner
Hütte zu Neuwied 1824 der erste Steinkohlen-Puddelofen Deutschlands
und 1825 die erste Kaliber-Walzenstraſse erbaut worden war, wurde
das erste Puddlings- und Walzwerk des Saargebietes erst 1831 auf
der Hütte zu Neunkirchen errichtet. Bald darauf folgten auch die
Hütten zu St. Ingbert und Geislautern mit dem Puddelbetriebe nach.

In Schlesien machte der Steinkohlenbetrieb nur langsame Fort-
schritte. 1816 zählte man auf den Privatwerken 1) 40 Hochöfen,
127 Frischfeuer, 26 Schneidwerke, 2 Walzwerke und 2 Drahtzüge,
welche zusammen 1222 Arbeiter beschäftigten und für 868650 Thlr.
verschiedene Eisensorten lieferten, nämlich 181863 Ctr. Roheisen,
122890 Ctr. Stabeisen, 13334 Ctr. Guſswaren, 2089 Ctr. Schwarzblech,
251 Ctr. Weiſsblech und 110 Ctr. Eisendraht. Unter den 40 Hoch-
öfen waren nur 2, die mit Koks betrieben wurden, die Antonienhütte
bei Neudorf und die Hohenlohehütte bei Bittkow. 1822 befanden sich
auf dem letztgenannten Werke 2 Hochöfen, welche durch einen Gicht-
turm getrennt waren und durch Cylindergebläse betrieben wurden.

Die königlichen Werke zählten 1816 7 Hochöfen, welche meistens
mit Koks betrieben wurden, 16 Frischfeuer und 2 Blechhütten; sie
beschäftigten 595 Arbeiter und erzeugten für 294480 Thlr. Eisen,
nämlich 20665 Ctr. Guſswaren, 39928 Ctr. Masseleisen, 18517 Ctr.
Schmiedeeisen, 510 Ctr. Rohstahl, 829 Ctr. Schwarzblech und 689 Ctr.
Weiſsblech. Die Königshütte besaſs 4 Hochöfen. Die Rybnikerhütte

1) Manés, Sur les usines à fer de la Silésie supérieure. Annales des mines
1825, p. 321.
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[356/0372] Deutschland bis 1830. welche indes 1827 ebenfalls in Privatbesitz an die Gebrüder Stumm, bezw. an die Gesellschaft der Dillinger Hüttenwerke, in welche die Gebrüder Friedrich Philipp, Christian und Ferdinand Stumm im Jahre 1818 als Hauptbeteiligte eingetreten waren, überging. Die Verhältnisse für die Saarhütten gestalteten sich nach 1815 wenig günstig. In den 20er Jahren nahm man auf der Geislauterner Hütte die Versuche mit Koksbetrieb wieder auf. Es führte dies zur Er- bauung höherer Öfen, einen anderen Erfolg hatten diese Versuche aber nicht. Erst nach 1848 wurde dieser Betrieb, der zu Hayange in Lothringen schon seit 1825 eingeführt worden war, allgemein. Auch die 1825 und 1826 zu Geislautern ausgeführten gröſseren Versuche der Reduktion von Eisenfrischschlacken und Eisenerzen im Flammofen (s. S. 252) blieben ohne wesentliche Resultate. Erst die Einführung des englischen Puddelbetriebes brachte einen durchschlagen- den Erfolg bei der Stabeisenfabrikation. Nachdem auf der Rasselsteiner Hütte zu Neuwied 1824 der erste Steinkohlen-Puddelofen Deutschlands und 1825 die erste Kaliber-Walzenstraſse erbaut worden war, wurde das erste Puddlings- und Walzwerk des Saargebietes erst 1831 auf der Hütte zu Neunkirchen errichtet. Bald darauf folgten auch die Hütten zu St. Ingbert und Geislautern mit dem Puddelbetriebe nach. In Schlesien machte der Steinkohlenbetrieb nur langsame Fort- schritte. 1816 zählte man auf den Privatwerken 1) 40 Hochöfen, 127 Frischfeuer, 26 Schneidwerke, 2 Walzwerke und 2 Drahtzüge, welche zusammen 1222 Arbeiter beschäftigten und für 868650 Thlr. verschiedene Eisensorten lieferten, nämlich 181863 Ctr. Roheisen, 122890 Ctr. Stabeisen, 13334 Ctr. Guſswaren, 2089 Ctr. Schwarzblech, 251 Ctr. Weiſsblech und 110 Ctr. Eisendraht. Unter den 40 Hoch- öfen waren nur 2, die mit Koks betrieben wurden, die Antonienhütte bei Neudorf und die Hohenlohehütte bei Bittkow. 1822 befanden sich auf dem letztgenannten Werke 2 Hochöfen, welche durch einen Gicht- turm getrennt waren und durch Cylindergebläse betrieben wurden. Die königlichen Werke zählten 1816 7 Hochöfen, welche meistens mit Koks betrieben wurden, 16 Frischfeuer und 2 Blechhütten; sie beschäftigten 595 Arbeiter und erzeugten für 294480 Thlr. Eisen, nämlich 20665 Ctr. Guſswaren, 39928 Ctr. Masseleisen, 18517 Ctr. Schmiedeeisen, 510 Ctr. Rohstahl, 829 Ctr. Schwarzblech und 689 Ctr. Weiſsblech. Die Königshütte besaſs 4 Hochöfen. Die Rybnikerhütte 1) Manés, Sur les usines à fer de la Silésie supérieure. Annales des mines 1825, p. 321.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/372>, abgerufen am 22.11.2024.