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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Deutschland bis 1830.
eine Witwe und einen 14jährigen Knaben, ein verschuldetes Geschäft
aufrecht zu erhalten.

Die Fabrik hatte damals nur vier ständige Arbeiter. "Ich stand",
so sagte Alfred Krupp später in seinem bekannten Aufruf an seine
Arbeiter, "an den ursprünglichen Trümmern dieser Fabrik, dem väter-
lichen Erbe, mit wenigen Arbeitern in einer Reihe. Der Tagelohn
für Schmiede und Schmelzer war damals von 18 Stüber auf 71/2 Sgr.
erhöht, der ganze Wochenlohn betrug 1 Thlr. 15 Sgr. Fünfzehn Jahre
lang habe ich gerade so viel erworben, um den Arbeitern den Lohn
ausbezahlen zu können; für meine eigene Arbeit und Sorgen hatte ich
nichts weiter als das Bewusstsein der Pflichterfüllung." Die ganzen
Sorgen eines bedrängten Familienvaters lasteten auf dem Jüngling.
Aus so schwerer Lebensschule ging der weltberühmte Krupp hervor.

Die Rheinprovinz war durch den Wiener Frieden 1815 dauernd
mit Preussen vereinigt worden, mit ihr die alten Eisenindustriegebiete
der Eifel und der Saar. -- Die zahlreichen Holzkohlenhütten der
Eifel wurden weiter betrieben, doch litten sie unter dem Druck hoher
Holzkohlenpreise, infolge der fortschreitenden Entwaldung der Eifel.
Diese wurde nicht mehr gehemmt durch die Waldschutzgesetze der
kleinen Territorialherren, wie in den früheren Jahrhunderten, und so
fand eine für die einheimische Eisenindustrie höchst verderbliche
Ausfuhr von Holzkohlen nach anderen Gebieten des preussischen
Staates statt. Dazu begann seit der Mitte der 20er Jahre die Kon-
kurrenz der Steinkohle sich in nachteiliger Weise für die Eifelwerke
fühlbar zu machen. Dagegen begann sich die moderne Eisenindustrie
mit Steinkohlenbetrieb in Eschweiler und Düren zu entwickeln. 1822
fing man in Eschweiler an, Draht zu walzen. 1825 hatte Hösch den
ersten Puddelofen zu Lendersdorf bei Düren in Betrieb gesetzt.

Die Nadelfabrikation in Aachen verarbeitete um 1820 150000 kg
Draht im Jahre und lieferte daraus für 1 Million Franken Ware 1).

Der Pariser Friede von 1815 beliess von den Eisenhütten des
Saargebietes 2) nur diejenigen in der Nähe von Creutzwald und
Homburg bei Frankreich, während die Werke zu Neunkirchen, Geis-
lautern, Fischbach, Halberg, Scheid, Rentrisch, Dillingen und Bet-
tingen, sowie das Stahlwerk Gaffontaine an Preussen, die St. Ingberter
Hütte an Bayern fiel. In landesherrlichem Besitz befand sich von
diesen sämtlichen Eisenwerken nur noch die Hütte von Geislautern,

1) Nähere Angaben über die Nadelfabrikation in Aachen und Altena siehe
Dinglers polyt. Journ. 5, 55.
2) Siehe A. Hasslacher, Das Industriegebiet an der Saar, S. 43.
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Deutschland bis 1830.
eine Witwe und einen 14jährigen Knaben, ein verschuldetes Geschäft
aufrecht zu erhalten.

Die Fabrik hatte damals nur vier ständige Arbeiter. „Ich stand“,
so sagte Alfred Krupp später in seinem bekannten Aufruf an seine
Arbeiter, „an den ursprünglichen Trümmern dieser Fabrik, dem väter-
lichen Erbe, mit wenigen Arbeitern in einer Reihe. Der Tagelohn
für Schmiede und Schmelzer war damals von 18 Stüber auf 7½ Sgr.
erhöht, der ganze Wochenlohn betrug 1 Thlr. 15 Sgr. Fünfzehn Jahre
lang habe ich gerade so viel erworben, um den Arbeitern den Lohn
ausbezahlen zu können; für meine eigene Arbeit und Sorgen hatte ich
nichts weiter als das Bewuſstsein der Pflichterfüllung.“ Die ganzen
Sorgen eines bedrängten Familienvaters lasteten auf dem Jüngling.
Aus so schwerer Lebensschule ging der weltberühmte Krupp hervor.

Die Rheinprovinz war durch den Wiener Frieden 1815 dauernd
mit Preuſsen vereinigt worden, mit ihr die alten Eisenindustriegebiete
der Eifel und der Saar. — Die zahlreichen Holzkohlenhütten der
Eifel wurden weiter betrieben, doch litten sie unter dem Druck hoher
Holzkohlenpreise, infolge der fortschreitenden Entwaldung der Eifel.
Diese wurde nicht mehr gehemmt durch die Waldschutzgesetze der
kleinen Territorialherren, wie in den früheren Jahrhunderten, und so
fand eine für die einheimische Eisenindustrie höchst verderbliche
Ausfuhr von Holzkohlen nach anderen Gebieten des preuſsischen
Staates statt. Dazu begann seit der Mitte der 20er Jahre die Kon-
kurrenz der Steinkohle sich in nachteiliger Weise für die Eifelwerke
fühlbar zu machen. Dagegen begann sich die moderne Eisenindustrie
mit Steinkohlenbetrieb in Eschweiler und Düren zu entwickeln. 1822
fing man in Eschweiler an, Draht zu walzen. 1825 hatte Hösch den
ersten Puddelofen zu Lendersdorf bei Düren in Betrieb gesetzt.

Die Nadelfabrikation in Aachen verarbeitete um 1820 150000 kg
Draht im Jahre und lieferte daraus für 1 Million Franken Ware 1).

Der Pariser Friede von 1815 belieſs von den Eisenhütten des
Saargebietes 2) nur diejenigen in der Nähe von Creutzwald und
Homburg bei Frankreich, während die Werke zu Neunkirchen, Geis-
lautern, Fischbach, Halberg, Scheid, Rentrisch, Dillingen und Bet-
tingen, sowie das Stahlwerk Gaffontaine an Preuſsen, die St. Ingberter
Hütte an Bayern fiel. In landesherrlichem Besitz befand sich von
diesen sämtlichen Eisenwerken nur noch die Hütte von Geislautern,

1) Nähere Angaben über die Nadelfabrikation in Aachen und Altena siehe
Dinglers polyt. Journ. 5, 55.
2) Siehe A. Haſslacher, Das Industriegebiet an der Saar, S. 43.
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[355/0371] Deutschland bis 1830. eine Witwe und einen 14jährigen Knaben, ein verschuldetes Geschäft aufrecht zu erhalten. Die Fabrik hatte damals nur vier ständige Arbeiter. „Ich stand“, so sagte Alfred Krupp später in seinem bekannten Aufruf an seine Arbeiter, „an den ursprünglichen Trümmern dieser Fabrik, dem väter- lichen Erbe, mit wenigen Arbeitern in einer Reihe. Der Tagelohn für Schmiede und Schmelzer war damals von 18 Stüber auf 7½ Sgr. erhöht, der ganze Wochenlohn betrug 1 Thlr. 15 Sgr. Fünfzehn Jahre lang habe ich gerade so viel erworben, um den Arbeitern den Lohn ausbezahlen zu können; für meine eigene Arbeit und Sorgen hatte ich nichts weiter als das Bewuſstsein der Pflichterfüllung.“ Die ganzen Sorgen eines bedrängten Familienvaters lasteten auf dem Jüngling. Aus so schwerer Lebensschule ging der weltberühmte Krupp hervor. Die Rheinprovinz war durch den Wiener Frieden 1815 dauernd mit Preuſsen vereinigt worden, mit ihr die alten Eisenindustriegebiete der Eifel und der Saar. — Die zahlreichen Holzkohlenhütten der Eifel wurden weiter betrieben, doch litten sie unter dem Druck hoher Holzkohlenpreise, infolge der fortschreitenden Entwaldung der Eifel. Diese wurde nicht mehr gehemmt durch die Waldschutzgesetze der kleinen Territorialherren, wie in den früheren Jahrhunderten, und so fand eine für die einheimische Eisenindustrie höchst verderbliche Ausfuhr von Holzkohlen nach anderen Gebieten des preuſsischen Staates statt. Dazu begann seit der Mitte der 20er Jahre die Kon- kurrenz der Steinkohle sich in nachteiliger Weise für die Eifelwerke fühlbar zu machen. Dagegen begann sich die moderne Eisenindustrie mit Steinkohlenbetrieb in Eschweiler und Düren zu entwickeln. 1822 fing man in Eschweiler an, Draht zu walzen. 1825 hatte Hösch den ersten Puddelofen zu Lendersdorf bei Düren in Betrieb gesetzt. Die Nadelfabrikation in Aachen verarbeitete um 1820 150000 kg Draht im Jahre und lieferte daraus für 1 Million Franken Ware 1). Der Pariser Friede von 1815 belieſs von den Eisenhütten des Saargebietes 2) nur diejenigen in der Nähe von Creutzwald und Homburg bei Frankreich, während die Werke zu Neunkirchen, Geis- lautern, Fischbach, Halberg, Scheid, Rentrisch, Dillingen und Bet- tingen, sowie das Stahlwerk Gaffontaine an Preuſsen, die St. Ingberter Hütte an Bayern fiel. In landesherrlichem Besitz befand sich von diesen sämtlichen Eisenwerken nur noch die Hütte von Geislautern, 1) Nähere Angaben über die Nadelfabrikation in Aachen und Altena siehe Dinglers polyt. Journ. 5, 55. 2) Siehe A. Haſslacher, Das Industriegebiet an der Saar, S. 43. 23*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/371>, abgerufen am 22.11.2024.