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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Der Hochofenprozess.
Raume vom Kohlensack bis zur Schmelzzone, welche höchstens bis
0,50 m über der Form liege, solle sich nur Cementstahl bilden, weil die
Temperatur in diesem Teile nicht über 900° C. betrage. Die Schlacken-
bildung beginne gleichzeitig mit der Bildung des Kohleneisens, und
zwar bilde sich erst ein Eisenoxydulsilikat, welches aber durch die
Kohle und den reduzierenden Gasstrom reduziert und durch den Kalk
zerlegt werde. Zwischen der fortschreitenden Bildung des Kohlen-
eisens und der Reduktion der Schlacke bestehe ein konstantes Ver-
hältnis; denn in demselben Verhältnis, in dem die Kohlung und
Ausscheidung des metallischen Eisens vorwärts schreite, nähme der
Eisengehalt der Schlacke ab. Wenn der vollkommenen Ausscheidung
des metallischen Eisens kein Hindernis entgegentritt und die Tem-
peratur im Schmelzraum hoch ist, so bildet sich graues Eisen. Der
kleine Teil, der beim Niedergange vor der Form in Weisseisen über-
geführt wird, verschwindet in der grossen Masse von grauem Eisen
im Gestell. Dass aber dieser Feinprozess vor der Form eintritt, zeigte
ein Versuch, indem man vor der Form niederfallende Eisentropfen
mit einem unter dem Tümpel eingeführten Löffel auffing. Das so
aufgefangene Eisen war weiss oder halbiert, während das abgestochene
Eisen grau war.

Von grösster Wichtigkeit für das Verständnis des Hochofen-
prozesses ist die Kenntnis der Temperaturen in den verschiede-
nen Höhen. Ebelman gebührt das Verdienst, die ersten hierauf be-
züglichen Messungen vorgenommen zu haben, und zwar that er dies
in denselben Hochöfen von Audincourt und Pont l'Eveque, deren
Gase er auch analysierte.

Er fand bei dem Hochofen von Audincourt, der 11 m hoch war,
die Temperatur an der Gicht bei gefülltem Ofen geringer als den
Schmelzpunkt des Schwefels, also geringer als 112°. Bei niedergehender
Beschickung schmolz Schwefel, Zinn aber noch nicht, also lag die
Temperatur zwischen 112 und 200°. Im Schacht, 8,04 m unter der
Gicht und 0,63 m über dem Kohlensack, schmolz Silber, Kupfer aber
nicht, die Hitze war demnach zwischen 1023 und 1173° C.

0,90 m über der Form schmolz Kupfer nach 20 Minuten, während
Eisen beinahe weissglühend geworden war. Vor der Form schmolz
Schmiedeeisen fast sofort, eine Stange von 2 cm Durchmesser auf
0,25 m Länge innerhalb 1/2 Minute. Ebenso schmolz Porzellan fast
augenblicklich, hier betrug die Hitze also 1900 bis 2100° C. (nach
Pouillet nur 1600°).

Der Kokshochofen von Pont l'Eveque, der ebenfalls 11 m hoch

Der Hochofenprozeſs.
Raume vom Kohlensack bis zur Schmelzzone, welche höchstens bis
0,50 m über der Form liege, solle sich nur Cementstahl bilden, weil die
Temperatur in diesem Teile nicht über 900° C. betrage. Die Schlacken-
bildung beginne gleichzeitig mit der Bildung des Kohleneisens, und
zwar bilde sich erst ein Eisenoxydulsilikat, welches aber durch die
Kohle und den reduzierenden Gasstrom reduziert und durch den Kalk
zerlegt werde. Zwischen der fortschreitenden Bildung des Kohlen-
eisens und der Reduktion der Schlacke bestehe ein konstantes Ver-
hältnis; denn in demselben Verhältnis, in dem die Kohlung und
Ausscheidung des metallischen Eisens vorwärts schreite, nähme der
Eisengehalt der Schlacke ab. Wenn der vollkommenen Ausscheidung
des metallischen Eisens kein Hindernis entgegentritt und die Tem-
peratur im Schmelzraum hoch ist, so bildet sich graues Eisen. Der
kleine Teil, der beim Niedergange vor der Form in Weiſseisen über-
geführt wird, verschwindet in der groſsen Masse von grauem Eisen
im Gestell. Daſs aber dieser Feinprozeſs vor der Form eintritt, zeigte
ein Versuch, indem man vor der Form niederfallende Eisentropfen
mit einem unter dem Tümpel eingeführten Löffel auffing. Das so
aufgefangene Eisen war weiſs oder halbiert, während das abgestochene
Eisen grau war.

Von gröſster Wichtigkeit für das Verständnis des Hochofen-
prozesses ist die Kenntnis der Temperaturen in den verschiede-
nen Höhen. Ebelman gebührt das Verdienst, die ersten hierauf be-
züglichen Messungen vorgenommen zu haben, und zwar that er dies
in denselben Hochöfen von Audincourt und Pont l’Evêque, deren
Gase er auch analysierte.

Er fand bei dem Hochofen von Audincourt, der 11 m hoch war,
die Temperatur an der Gicht bei gefülltem Ofen geringer als den
Schmelzpunkt des Schwefels, also geringer als 112°. Bei niedergehender
Beschickung schmolz Schwefel, Zinn aber noch nicht, also lag die
Temperatur zwischen 112 und 200°. Im Schacht, 8,04 m unter der
Gicht und 0,63 m über dem Kohlensack, schmolz Silber, Kupfer aber
nicht, die Hitze war demnach zwischen 1023 und 1173° C.

0,90 m über der Form schmolz Kupfer nach 20 Minuten, während
Eisen beinahe weiſsglühend geworden war. Vor der Form schmolz
Schmiedeeisen fast sofort, eine Stange von 2 cm Durchmesser auf
0,25 m Länge innerhalb ½ Minute. Ebenso schmolz Porzellan fast
augenblicklich, hier betrug die Hitze also 1900 bis 2100° C. (nach
Pouillet nur 1600°).

Der Kokshochofen von Pont l’Evêque, der ebenfalls 11 m hoch

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[452/0468] Der Hochofenprozeſs. Raume vom Kohlensack bis zur Schmelzzone, welche höchstens bis 0,50 m über der Form liege, solle sich nur Cementstahl bilden, weil die Temperatur in diesem Teile nicht über 900° C. betrage. Die Schlacken- bildung beginne gleichzeitig mit der Bildung des Kohleneisens, und zwar bilde sich erst ein Eisenoxydulsilikat, welches aber durch die Kohle und den reduzierenden Gasstrom reduziert und durch den Kalk zerlegt werde. Zwischen der fortschreitenden Bildung des Kohlen- eisens und der Reduktion der Schlacke bestehe ein konstantes Ver- hältnis; denn in demselben Verhältnis, in dem die Kohlung und Ausscheidung des metallischen Eisens vorwärts schreite, nähme der Eisengehalt der Schlacke ab. Wenn der vollkommenen Ausscheidung des metallischen Eisens kein Hindernis entgegentritt und die Tem- peratur im Schmelzraum hoch ist, so bildet sich graues Eisen. Der kleine Teil, der beim Niedergange vor der Form in Weiſseisen über- geführt wird, verschwindet in der groſsen Masse von grauem Eisen im Gestell. Daſs aber dieser Feinprozeſs vor der Form eintritt, zeigte ein Versuch, indem man vor der Form niederfallende Eisentropfen mit einem unter dem Tümpel eingeführten Löffel auffing. Das so aufgefangene Eisen war weiſs oder halbiert, während das abgestochene Eisen grau war. Von gröſster Wichtigkeit für das Verständnis des Hochofen- prozesses ist die Kenntnis der Temperaturen in den verschiede- nen Höhen. Ebelman gebührt das Verdienst, die ersten hierauf be- züglichen Messungen vorgenommen zu haben, und zwar that er dies in denselben Hochöfen von Audincourt und Pont l’Evêque, deren Gase er auch analysierte. Er fand bei dem Hochofen von Audincourt, der 11 m hoch war, die Temperatur an der Gicht bei gefülltem Ofen geringer als den Schmelzpunkt des Schwefels, also geringer als 112°. Bei niedergehender Beschickung schmolz Schwefel, Zinn aber noch nicht, also lag die Temperatur zwischen 112 und 200°. Im Schacht, 8,04 m unter der Gicht und 0,63 m über dem Kohlensack, schmolz Silber, Kupfer aber nicht, die Hitze war demnach zwischen 1023 und 1173° C. 0,90 m über der Form schmolz Kupfer nach 20 Minuten, während Eisen beinahe weiſsglühend geworden war. Vor der Form schmolz Schmiedeeisen fast sofort, eine Stange von 2 cm Durchmesser auf 0,25 m Länge innerhalb ½ Minute. Ebenso schmolz Porzellan fast augenblicklich, hier betrug die Hitze also 1900 bis 2100° C. (nach Pouillet nur 1600°). Der Kokshochofen von Pont l’Evêque, der ebenfalls 11 m hoch

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/468>, abgerufen am 22.11.2024.