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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Das Puddeln 1831 bis 1850.
Arbeit des Puddelns eine der anstrengendsten und angreifendsten ist,
die in der Eisenindustrie vorkommen. Da nun gerade der mühevollste
Teil derselben, das Rühren mit der Krücke, eine ziemlich einfache und
gleichmässige Bewegung ist, so kam Schafhäutl auf den Gedanken,
dasselbe durch Maschinenkraft ausführen zu lassen. Er konstruierte
deshalb einen mechanischen Puddler, bei welchem die Rührkrücke
durch einen von einer Kraftmaschine getriebenen Hebelmechanismus
hin und her bewegt wurde. Schafhäutl nahm dafür am 13. Dezem-
ber 1836 in England ein Patent, und in England auf dem Tividale-
Eisenwerk bei Dudley wurde dieser erste mechanische Puddler auch
zuerst in Betrieb genommen. Er sollte nicht nur das Rühren, son-
dern auch das Aufbrechen vor dem Luppenmachen besorgen. Des-
halb war er so eingerichtet, dass man ihn durch einen Tritt mit dem
Fusse aufheben konnte, so dass er nur beim Hingang, nicht aber
beim Rückgang in das Eisenbad eintauchte. So konnte er selbst beim
Luppenmachen mitwirken, dadurch, dass er das Eisen in cylindrische
Stücke zusammenrollte, denen dann ein Arbeiter mit der Brechstange
die Kugelgestalt gab. Schafhäutls Puddler fand aber keine Ver-
breitung, weil er zu kostspielig war. Jeder Puddler verlangte seine
eigene Maschine, und als man, um die Kosten der mechanischen
Arbeit zu dem Ausbringen in ein günstigeres Verhältnis zu setzen,
die Puddelöfen so vergrösserte, dass sie den vierfachen Roheisen-
einsatz, nämlich 800 kg, fassten, wurde wieder der Abbrand zu gross.
So kam diese Erfindung in Vergessenheit, um erst nach 30 Jahren
wieder aufzutauchen.

Für ein chemisches Beförderungsmittel des Puddelns, wel-
ches Schafhäutl ebenfalls erfand, erhielt er am 13. Mai 1835 in
England ein Patent. Dasselbe bezog sich auf den Zusatz gewisser
Ingredienzien zu der geschmolzenen Eisen- und Schlackenmasse im
Puddelofen, um weiches Eisen zu erzeugen. Sie bestanden aus 13/4 Pfd.
Braunstein, 33/4 Pfd. Salz, 10 Unzen Töpferthon, alles gut getrocknet,
gepulvert und gemischt 1). Dieses Pulver sollte in 12 Dosen in
Zwischenräumen von etwa 2 Minuten einer Charge von 31/2 Ctr. Roh-
eisen mit der üblichen Garschlacke zugesetzt und eingerührt werden.
Um hartes Eisen zu erzeugen, sollte nur die Hälfte Braunstein ge-
nommen, dafür drei Schaufeln Walz- oder Hammerschlacke zugefügt
werden.

Dieses Pulver, das unter dem Namen Schafhäutlsches Pulver

1) Siehe Prechtl, Technol. Encyklop. XV, 421.

Das Puddeln 1831 bis 1850.
Arbeit des Puddelns eine der anstrengendsten und angreifendsten ist,
die in der Eisenindustrie vorkommen. Da nun gerade der mühevollste
Teil derselben, das Rühren mit der Krücke, eine ziemlich einfache und
gleichmäſsige Bewegung ist, so kam Schafhäutl auf den Gedanken,
dasselbe durch Maschinenkraft ausführen zu lassen. Er konstruierte
deshalb einen mechanischen Puddler, bei welchem die Rührkrücke
durch einen von einer Kraftmaschine getriebenen Hebelmechanismus
hin und her bewegt wurde. Schafhäutl nahm dafür am 13. Dezem-
ber 1836 in England ein Patent, und in England auf dem Tividale-
Eisenwerk bei Dudley wurde dieser erste mechanische Puddler auch
zuerst in Betrieb genommen. Er sollte nicht nur das Rühren, son-
dern auch das Aufbrechen vor dem Luppenmachen besorgen. Des-
halb war er so eingerichtet, daſs man ihn durch einen Tritt mit dem
Fuſse aufheben konnte, so daſs er nur beim Hingang, nicht aber
beim Rückgang in das Eisenbad eintauchte. So konnte er selbst beim
Luppenmachen mitwirken, dadurch, daſs er das Eisen in cylindrische
Stücke zusammenrollte, denen dann ein Arbeiter mit der Brechstange
die Kugelgestalt gab. Schafhäutls Puddler fand aber keine Ver-
breitung, weil er zu kostspielig war. Jeder Puddler verlangte seine
eigene Maschine, und als man, um die Kosten der mechanischen
Arbeit zu dem Ausbringen in ein günstigeres Verhältnis zu setzen,
die Puddelöfen so vergröſserte, daſs sie den vierfachen Roheisen-
einsatz, nämlich 800 kg, faſsten, wurde wieder der Abbrand zu groſs.
So kam diese Erfindung in Vergessenheit, um erst nach 30 Jahren
wieder aufzutauchen.

Für ein chemisches Beförderungsmittel des Puddelns, wel-
ches Schafhäutl ebenfalls erfand, erhielt er am 13. Mai 1835 in
England ein Patent. Dasselbe bezog sich auf den Zusatz gewisser
Ingredienzien zu der geschmolzenen Eisen- und Schlackenmasse im
Puddelofen, um weiches Eisen zu erzeugen. Sie bestanden aus 1¾ Pfd.
Braunstein, 3¾ Pfd. Salz, 10 Unzen Töpferthon, alles gut getrocknet,
gepulvert und gemischt 1). Dieses Pulver sollte in 12 Dosen in
Zwischenräumen von etwa 2 Minuten einer Charge von 3½ Ctr. Roh-
eisen mit der üblichen Garschlacke zugesetzt und eingerührt werden.
Um hartes Eisen zu erzeugen, sollte nur die Hälfte Braunstein ge-
nommen, dafür drei Schaufeln Walz- oder Hammerschlacke zugefügt
werden.

Dieses Pulver, das unter dem Namen Schafhäutlsches Pulver

1) Siehe Prechtl, Technol. Encyklop. XV, 421.
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[585/0601] Das Puddeln 1831 bis 1850. Arbeit des Puddelns eine der anstrengendsten und angreifendsten ist, die in der Eisenindustrie vorkommen. Da nun gerade der mühevollste Teil derselben, das Rühren mit der Krücke, eine ziemlich einfache und gleichmäſsige Bewegung ist, so kam Schafhäutl auf den Gedanken, dasselbe durch Maschinenkraft ausführen zu lassen. Er konstruierte deshalb einen mechanischen Puddler, bei welchem die Rührkrücke durch einen von einer Kraftmaschine getriebenen Hebelmechanismus hin und her bewegt wurde. Schafhäutl nahm dafür am 13. Dezem- ber 1836 in England ein Patent, und in England auf dem Tividale- Eisenwerk bei Dudley wurde dieser erste mechanische Puddler auch zuerst in Betrieb genommen. Er sollte nicht nur das Rühren, son- dern auch das Aufbrechen vor dem Luppenmachen besorgen. Des- halb war er so eingerichtet, daſs man ihn durch einen Tritt mit dem Fuſse aufheben konnte, so daſs er nur beim Hingang, nicht aber beim Rückgang in das Eisenbad eintauchte. So konnte er selbst beim Luppenmachen mitwirken, dadurch, daſs er das Eisen in cylindrische Stücke zusammenrollte, denen dann ein Arbeiter mit der Brechstange die Kugelgestalt gab. Schafhäutls Puddler fand aber keine Ver- breitung, weil er zu kostspielig war. Jeder Puddler verlangte seine eigene Maschine, und als man, um die Kosten der mechanischen Arbeit zu dem Ausbringen in ein günstigeres Verhältnis zu setzen, die Puddelöfen so vergröſserte, daſs sie den vierfachen Roheisen- einsatz, nämlich 800 kg, faſsten, wurde wieder der Abbrand zu groſs. So kam diese Erfindung in Vergessenheit, um erst nach 30 Jahren wieder aufzutauchen. Für ein chemisches Beförderungsmittel des Puddelns, wel- ches Schafhäutl ebenfalls erfand, erhielt er am 13. Mai 1835 in England ein Patent. Dasselbe bezog sich auf den Zusatz gewisser Ingredienzien zu der geschmolzenen Eisen- und Schlackenmasse im Puddelofen, um weiches Eisen zu erzeugen. Sie bestanden aus 1¾ Pfd. Braunstein, 3¾ Pfd. Salz, 10 Unzen Töpferthon, alles gut getrocknet, gepulvert und gemischt 1). Dieses Pulver sollte in 12 Dosen in Zwischenräumen von etwa 2 Minuten einer Charge von 3½ Ctr. Roh- eisen mit der üblichen Garschlacke zugesetzt und eingerührt werden. Um hartes Eisen zu erzeugen, sollte nur die Hälfte Braunstein ge- nommen, dafür drei Schaufeln Walz- oder Hammerschlacke zugefügt werden. Dieses Pulver, das unter dem Namen Schafhäutlsches Pulver 1) Siehe Prechtl, Technol. Encyklop. XV, 421.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/601>, abgerufen am 29.06.2024.