ihren Dampfhammer erworben. Dieses Erlebnis versetzte doch Nas- myth in begreifliche Unruhe und er sah ein, dass es durchaus nötig sei, sich seine Erfindung in England durch ein Patent zu sichern. Das kostete aber damals etwa 500 £, und da er diese nicht zu seiner Verfügung hatte, sie auch nicht aus dem Geschäfte entnehmen konnte, so war er gezwungen, sie von seinem Schwager, William Bennett, zu leihen, dem er dafür einen Anteil an dem Nutzen einräumte.
Am 9. Juni 1842 nahm er sein erstes und schon am 4. Ja- nuar 1843 sein zweites Patent. Er baute alsbald einen 30 Ctr.- Hammer für das eigene Werk, der sich vorzüglich bewährte und dessen Ruhm sich in der ganzen Gegend verbreitete, so dass aus allen Gegenden Neugierige kamen, ihn zu sehen und anzustaunen. Staunen ist auch gewiss der Eindruck, den ein Dampfhammer auf jeden, der einen solchen zum erstenmal arbeiten sieht, macht. Die spielende Leichtigkeit, mit der der Dampf den mächtigen Hammer- bären aufhebt, der erschütternde Schlag, wenn der Hammer mit voller Gewalt niederfährt, das leichte Tanzen des Hammers, wenn der Wärter mit einer leichten Hebeldrehung den Dampf ab- und anlässt, die Sicherheit, mit welcher der Wärter die Kraft des Schlages und die Fallhöhe beherrscht, so dass er die Spitze eines in ein Weinglas gestellten Eies aufschlagen kann, ohne Ei oder Glas weiter zu ver- letzen, das alles erweckt Staunen und Bewunderung. Nie erscheint uns der Dampf so mächtig in seiner Wirkung, als bei einem grossen Dampfhammer, und nie erscheint uns die Herrschaft des Menschen über die Dampfkraft und die Kräfte der Natur überhaupt bewunde- rungswürdiger, als bei der Arbeit des Dampfhammers. Nasmyth bezeichnete von Anfang an seinen Hammer als ein denkendes Wesen, "er denkt in Schlägen" (he thinks in blows), war ein beliebter Aus- spruch von ihm. Und doch ist dieses Denken nur die Wiederholung des einen Gedankens des Erfinders.
Der Dampfhammer gehört zu denjenigen mechanischen Erfindun- gen, die gleich von Anfang an mit einem hohen Mass von Vollkommen- heit in das Dasein traten, was zu seiner raschen Verbreitung ausser- ordentlich viel beitrug. Wohl erkannte Nasmyth sofort an dem Hammer von Creusot verschiedene Unvollkommenheiten, die er schon vorher im Geiste abgestellt hatte, ehe er noch an die Ausführung dachte. So war namentlich die Verbindung von Kolbenstange und Hammerbär einfach durch einen Schliesskeil hergestellt, was zu häu- figen Brüchen Veranlassung gab, während Nasmyth hierfür, wie er Bourton sogleich durch Zeichnung erklärte, eine elastische Packung
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Die Formgebung 1831 bis 1850.
ihren Dampfhammer erworben. Dieses Erlebnis versetzte doch Nas- myth in begreifliche Unruhe und er sah ein, daſs es durchaus nötig sei, sich seine Erfindung in England durch ein Patent zu sichern. Das kostete aber damals etwa 500 £, und da er diese nicht zu seiner Verfügung hatte, sie auch nicht aus dem Geschäfte entnehmen konnte, so war er gezwungen, sie von seinem Schwager, William Bennett, zu leihen, dem er dafür einen Anteil an dem Nutzen einräumte.
Am 9. Juni 1842 nahm er sein erstes und schon am 4. Ja- nuar 1843 sein zweites Patent. Er baute alsbald einen 30 Ctr.- Hammer für das eigene Werk, der sich vorzüglich bewährte und dessen Ruhm sich in der ganzen Gegend verbreitete, so daſs aus allen Gegenden Neugierige kamen, ihn zu sehen und anzustaunen. Staunen ist auch gewiſs der Eindruck, den ein Dampfhammer auf jeden, der einen solchen zum erstenmal arbeiten sieht, macht. Die spielende Leichtigkeit, mit der der Dampf den mächtigen Hammer- bären aufhebt, der erschütternde Schlag, wenn der Hammer mit voller Gewalt niederfährt, das leichte Tanzen des Hammers, wenn der Wärter mit einer leichten Hebeldrehung den Dampf ab- und anläſst, die Sicherheit, mit welcher der Wärter die Kraft des Schlages und die Fallhöhe beherrscht, so daſs er die Spitze eines in ein Weinglas gestellten Eies aufschlagen kann, ohne Ei oder Glas weiter zu ver- letzen, das alles erweckt Staunen und Bewunderung. Nie erscheint uns der Dampf so mächtig in seiner Wirkung, als bei einem groſsen Dampfhammer, und nie erscheint uns die Herrschaft des Menschen über die Dampfkraft und die Kräfte der Natur überhaupt bewunde- rungswürdiger, als bei der Arbeit des Dampfhammers. Nasmyth bezeichnete von Anfang an seinen Hammer als ein denkendes Wesen, „er denkt in Schlägen“ (he thinks in blows), war ein beliebter Aus- spruch von ihm. Und doch ist dieses Denken nur die Wiederholung des einen Gedankens des Erfinders.
Der Dampfhammer gehört zu denjenigen mechanischen Erfindun- gen, die gleich von Anfang an mit einem hohen Maſs von Vollkommen- heit in das Dasein traten, was zu seiner raschen Verbreitung auſser- ordentlich viel beitrug. Wohl erkannte Nasmyth sofort an dem Hammer von Creusot verschiedene Unvollkommenheiten, die er schon vorher im Geiste abgestellt hatte, ehe er noch an die Ausführung dachte. So war namentlich die Verbindung von Kolbenstange und Hammerbär einfach durch einen Schlieſskeil hergestellt, was zu häu- figen Brüchen Veranlassung gab, während Nasmyth hierfür, wie er Bourton sogleich durch Zeichnung erklärte, eine elastische Packung
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ihren Dampfhammer erworben. Dieses Erlebnis versetzte doch Nas-
myth in begreifliche Unruhe und er sah ein, daſs es durchaus nötig
sei, sich seine Erfindung in England durch ein Patent zu sichern.
Das kostete aber damals etwa 500 £, und da er diese nicht zu seiner
Verfügung hatte, sie auch nicht aus dem Geschäfte entnehmen konnte,
so war er gezwungen, sie von seinem Schwager, William Bennett,
zu leihen, dem er dafür einen Anteil an dem Nutzen einräumte.
Am 9. Juni 1842 nahm er sein erstes und schon am 4. Ja-
nuar 1843 sein zweites Patent. Er baute alsbald einen 30 Ctr.-
Hammer für das eigene Werk, der sich vorzüglich bewährte und
dessen Ruhm sich in der ganzen Gegend verbreitete, so daſs aus
allen Gegenden Neugierige kamen, ihn zu sehen und anzustaunen.
Staunen ist auch gewiſs der Eindruck, den ein Dampfhammer auf
jeden, der einen solchen zum erstenmal arbeiten sieht, macht. Die
spielende Leichtigkeit, mit der der Dampf den mächtigen Hammer-
bären aufhebt, der erschütternde Schlag, wenn der Hammer mit voller
Gewalt niederfährt, das leichte Tanzen des Hammers, wenn der
Wärter mit einer leichten Hebeldrehung den Dampf ab- und anläſst,
die Sicherheit, mit welcher der Wärter die Kraft des Schlages und
die Fallhöhe beherrscht, so daſs er die Spitze eines in ein Weinglas
gestellten Eies aufschlagen kann, ohne Ei oder Glas weiter zu ver-
letzen, das alles erweckt Staunen und Bewunderung. Nie erscheint
uns der Dampf so mächtig in seiner Wirkung, als bei einem groſsen
Dampfhammer, und nie erscheint uns die Herrschaft des Menschen
über die Dampfkraft und die Kräfte der Natur überhaupt bewunde-
rungswürdiger, als bei der Arbeit des Dampfhammers. Nasmyth
bezeichnete von Anfang an seinen Hammer als ein denkendes Wesen,
„er denkt in Schlägen“ (he thinks in blows), war ein beliebter Aus-
spruch von ihm. Und doch ist dieses Denken nur die Wiederholung
des einen Gedankens des Erfinders.
Der Dampfhammer gehört zu denjenigen mechanischen Erfindun-
gen, die gleich von Anfang an mit einem hohen Maſs von Vollkommen-
heit in das Dasein traten, was zu seiner raschen Verbreitung auſser-
ordentlich viel beitrug. Wohl erkannte Nasmyth sofort an dem
Hammer von Creusot verschiedene Unvollkommenheiten, die er schon
vorher im Geiste abgestellt hatte, ehe er noch an die Ausführung
dachte. So war namentlich die Verbindung von Kolbenstange und
Hammerbär einfach durch einen Schlieſskeil hergestellt, was zu häu-
figen Brüchen Veranlassung gab, während Nasmyth hierfür, wie er
Bourton sogleich durch Zeichnung erklärte, eine elastische Packung
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/611>, abgerufen am 22.11.2024.
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