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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Preussen 1831 bis 1850.
bewerkstelligt und erzeugte 1844 40000 Ctr. Gusswaren und 9000 Ctr.
Masseleisen bei einem Arbeiterstande von 500 bis 600 Mann. An die
3 Hochöfen schloss sich noch eine grosse Giesserei mit 5 Kupol- und
2 Flammöfen an. 1835 wurde hierzu ein Puddel- und Walzwerk
gebaut und am 6. März 1836 wurde der erste Puddelofen in Betrieb
gesetzt. 1843 walzte man hier auch Eisenbahnschienen, und zwar
zuerst badische Hohlschienen (1843), dann Schienen für die Köln-
Mindener Bahn (1844). Der ausgezeichnete Leiter dieser Werke war
der verdienstvolle W. Lueg 1847 wurden 26553 Ctr. Bleche und
195276 Ctr. Schienen und Stabeisen hergestellt. Da das Ruhrgebiet
an reichhaltigen Erzen arm war, so hatte man angefangen, den eisen-
reichen Roteisenstein aus Nassau, welcher auf der Eisenbahn nach
dem Rhein und von da zur Ruhr gebracht wurde, zu verwenden.
Mit der Giesserei zu Sterkrade waren grosse Werkstätten und eine
Maschinenbauanstalt für den Bahnbedarf verbunden, eine grosse
Kesselschmiede befand sich bei Ruhrort.

Das Walzwerk zu Nachrod, welches 160 Arbeiter beschäftigte,
walzte ebenfalls Eisenbahnschienen. Dieses, wie das 1834/35 errichtete
Walzwerk zu Warstein, waren von dem englischen Ingenieur Godwin,
den Harkort nach Westfalen gebracht hatte, erbaut.

Obgleich das Ruhrgebiet reich mit Steinkohlen gesegnet war, und
obgleich diese Steinkohlen sich vorzüglich zur Koksfabrikation eigneten,
hat es doch sehr lange gedauert bis der Koksbetrieb bei den Hoch-
öfen Westfalens zur Einführung gelangte. Der Friedrich-Wilhelms-
hütte bei Mühlheim an der Ruhr gebührt der Ruhm, darin voran-
gegangen zu sein. 1846 gab ein Steigen der Holzpreise und ein
billigeres Angebot von Steinkohlen den damaligen Besitzern Göring,
Deus & Moll
Veranlassung, der Erwägung, ob sich der Koksbetrieb
im Hochofen, wie in Belgien und England, nicht lohnen würde, näher
zu treten.

Einem Bericht des Herrn Julius Römheld 1), der damals Beamter
der Friedrich-Wilhelmshütte war, entnehmen wir über den weiteren
Verlauf das Folgende:

"Bei einer näheren Vergleichung der westfälischen mit der
belgischen Kokskohle konnte ein Behinderungsgrund nicht gefunden
werden und wurde daraufhin der Beschluss gefasst, die nötigen Vor-

1) Den nachfolgenden ausführlichen Bericht über die Einführung des Koks-
betriebes auf der Friedrich-Wilhelmshütte verdanke ich der Güte des Herrn Geh.
Commerzienraths Römheld in Mainz, der damals als Beamter der Gesellschaft
diese Versuche leitete und sich wesentliche Verdienste darum erworben hat.

Preuſsen 1831 bis 1850.
bewerkstelligt und erzeugte 1844 40000 Ctr. Guſswaren und 9000 Ctr.
Masseleisen bei einem Arbeiterstande von 500 bis 600 Mann. An die
3 Hochöfen schloſs sich noch eine groſse Gieſserei mit 5 Kupol- und
2 Flammöfen an. 1835 wurde hierzu ein Puddel- und Walzwerk
gebaut und am 6. März 1836 wurde der erste Puddelofen in Betrieb
gesetzt. 1843 walzte man hier auch Eisenbahnschienen, und zwar
zuerst badische Hohlschienen (1843), dann Schienen für die Köln-
Mindener Bahn (1844). Der ausgezeichnete Leiter dieser Werke war
der verdienstvolle W. Lueg 1847 wurden 26553 Ctr. Bleche und
195276 Ctr. Schienen und Stabeisen hergestellt. Da das Ruhrgebiet
an reichhaltigen Erzen arm war, so hatte man angefangen, den eisen-
reichen Roteisenstein aus Nassau, welcher auf der Eisenbahn nach
dem Rhein und von da zur Ruhr gebracht wurde, zu verwenden.
Mit der Gieſserei zu Sterkrade waren groſse Werkstätten und eine
Maschinenbauanstalt für den Bahnbedarf verbunden, eine groſse
Kesselschmiede befand sich bei Ruhrort.

Das Walzwerk zu Nachrod, welches 160 Arbeiter beschäftigte,
walzte ebenfalls Eisenbahnschienen. Dieses, wie das 1834/35 errichtete
Walzwerk zu Warstein, waren von dem englischen Ingenieur Godwin,
den Harkort nach Westfalen gebracht hatte, erbaut.

Obgleich das Ruhrgebiet reich mit Steinkohlen gesegnet war, und
obgleich diese Steinkohlen sich vorzüglich zur Koksfabrikation eigneten,
hat es doch sehr lange gedauert bis der Koksbetrieb bei den Hoch-
öfen Westfalens zur Einführung gelangte. Der Friedrich-Wilhelms-
hütte bei Mühlheim an der Ruhr gebührt der Ruhm, darin voran-
gegangen zu sein. 1846 gab ein Steigen der Holzpreise und ein
billigeres Angebot von Steinkohlen den damaligen Besitzern Göring,
Deus & Moll
Veranlassung, der Erwägung, ob sich der Koksbetrieb
im Hochofen, wie in Belgien und England, nicht lohnen würde, näher
zu treten.

Einem Bericht des Herrn Julius Römheld 1), der damals Beamter
der Friedrich-Wilhelmshütte war, entnehmen wir über den weiteren
Verlauf das Folgende:

„Bei einer näheren Vergleichung der westfälischen mit der
belgischen Kokskohle konnte ein Behinderungsgrund nicht gefunden
werden und wurde daraufhin der Beschluſs gefaſst, die nötigen Vor-

1) Den nachfolgenden ausführlichen Bericht über die Einführung des Koks-
betriebes auf der Friedrich-Wilhelmshütte verdanke ich der Güte des Herrn Geh.
Commerzienraths Römheld in Mainz, der damals als Beamter der Gesellschaft
diese Versuche leitete und sich wesentliche Verdienste darum erworben hat.
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[704/0720] Preuſsen 1831 bis 1850. bewerkstelligt und erzeugte 1844 40000 Ctr. Guſswaren und 9000 Ctr. Masseleisen bei einem Arbeiterstande von 500 bis 600 Mann. An die 3 Hochöfen schloſs sich noch eine groſse Gieſserei mit 5 Kupol- und 2 Flammöfen an. 1835 wurde hierzu ein Puddel- und Walzwerk gebaut und am 6. März 1836 wurde der erste Puddelofen in Betrieb gesetzt. 1843 walzte man hier auch Eisenbahnschienen, und zwar zuerst badische Hohlschienen (1843), dann Schienen für die Köln- Mindener Bahn (1844). Der ausgezeichnete Leiter dieser Werke war der verdienstvolle W. Lueg 1847 wurden 26553 Ctr. Bleche und 195276 Ctr. Schienen und Stabeisen hergestellt. Da das Ruhrgebiet an reichhaltigen Erzen arm war, so hatte man angefangen, den eisen- reichen Roteisenstein aus Nassau, welcher auf der Eisenbahn nach dem Rhein und von da zur Ruhr gebracht wurde, zu verwenden. Mit der Gieſserei zu Sterkrade waren groſse Werkstätten und eine Maschinenbauanstalt für den Bahnbedarf verbunden, eine groſse Kesselschmiede befand sich bei Ruhrort. Das Walzwerk zu Nachrod, welches 160 Arbeiter beschäftigte, walzte ebenfalls Eisenbahnschienen. Dieses, wie das 1834/35 errichtete Walzwerk zu Warstein, waren von dem englischen Ingenieur Godwin, den Harkort nach Westfalen gebracht hatte, erbaut. Obgleich das Ruhrgebiet reich mit Steinkohlen gesegnet war, und obgleich diese Steinkohlen sich vorzüglich zur Koksfabrikation eigneten, hat es doch sehr lange gedauert bis der Koksbetrieb bei den Hoch- öfen Westfalens zur Einführung gelangte. Der Friedrich-Wilhelms- hütte bei Mühlheim an der Ruhr gebührt der Ruhm, darin voran- gegangen zu sein. 1846 gab ein Steigen der Holzpreise und ein billigeres Angebot von Steinkohlen den damaligen Besitzern Göring, Deus & Moll Veranlassung, der Erwägung, ob sich der Koksbetrieb im Hochofen, wie in Belgien und England, nicht lohnen würde, näher zu treten. Einem Bericht des Herrn Julius Römheld 1), der damals Beamter der Friedrich-Wilhelmshütte war, entnehmen wir über den weiteren Verlauf das Folgende: „Bei einer näheren Vergleichung der westfälischen mit der belgischen Kokskohle konnte ein Behinderungsgrund nicht gefunden werden und wurde daraufhin der Beschluſs gefaſst, die nötigen Vor- 1) Den nachfolgenden ausführlichen Bericht über die Einführung des Koks- betriebes auf der Friedrich-Wilhelmshütte verdanke ich der Güte des Herrn Geh. Commerzienraths Römheld in Mainz, der damals als Beamter der Gesellschaft diese Versuche leitete und sich wesentliche Verdienste darum erworben hat.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 704. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/720>, abgerufen am 22.11.2024.