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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die erste Weltausstellung 1851.
Professor John Percy die Summe von 500 £ zur Verfügung, um
die wichtigsten britischen Erze analysieren zu lassen. So hat diese
Sammlung auch in wissenschaftlicher Hinsicht eine historische Be-
deutung erlangt, indem sie die Grundlage der gründlichen Arbeit
über die englischen Eisenerze, welche Percy in seiner Metallurgie
von Stahl und Eisen 1864 (S. 404 ff.) veröffentlicht hat, geworden
ist. In dieser Sammlung waren namentlich die schwarzen Kohlen-
eisensteine (black band) von Schottland und Süd-Wales vollständig
vertreten, welche auch die Aufmerksamkeit der preussischen Sach-
verständigen auf sich lenkten, infolgedessen man bald danach in West-
falen ähnliche Erze, auf welche bereits der kurhessische Bergamtsassessor
Schreiber aufmerksam gemacht hatte, die man aber bis dahin
als taube Schiefer betrachtet und auf die Halde gestürzt hatte, als
Eisenerz erkannte, ihnen Beachtung zuwendete und eine neue wichtige
Hochofenindustrie darauf gründete 1). Ferner wurden durch diese
Ausstellung die der Liasformation angehörigen Erze des Cleveland-
distriktes
, welche auch erst in den letzten Jahren als Eisenerze
erkannt worden waren, und welche die Grundlage der Roheisengewin-
nung des Middlesboroughgebietes geworden sind, zum erstenmale dem
Publikum vorgeführt. Dieses unscheinbare Gestein von grünlichgrauer
Farbe, welches in einer mächtigen Ablagerung von 15 bis 17 Fuss ein
Glied des mittleren Lias in Nord-Yorkshire bildet und sich meilenweit
am Rande der Clevelandhügel, zu Tage anstehend, erstreckt, sieht
einem Eisenerze durchaus unähnlich. Nur durch die Verwitterung
nimmt das grünliche Gestein eine braune Farbe an, die seinen Eisen-
gehalt verrät. Aber erst 1847 wurde es von den berühmten Eisen-
hüttenbesitzern Bolkow und Vaughan als ein schmelzwürdiges Eisen-
erz erkannt, und eine grossartige Roheisenindustrie von denselben
darauf gegründet 2). Bolkow war ein geborener Mecklenburger und
Vaughan ein ehemaliger Eisenarbeiter von Dowlais; beide zusammen
gründeten 1840/41 ein kleines Puddel- und Walzwerk bei Middles-
borough. Dies war der kleine Anfang der riesigen Industrie, die sich
in der Folge an diesem Platze entwickelt hat. 1845 oder 1846 bauten
sie zuerst auch mehrere kleine Hochöfen zu Witton Park bei Bishop
Auckland (Durham). Sie fanden aber nicht hinreichend Erz an Ort
und Stelle, wie sie gehofft hatten, und mussten das Witbyerz von der

1) Vergl. Percy, Iron and Steel, p. 203.
2) Näheres über diese wichtige Entdeckung findet sich in einem Berichte von
Isaac Lowthian Bell in den Reports of the British society for the advancement
of science 1863, deutsch Tunners Jahrbuch 1866, S. 69.

Die erste Weltausstellung 1851.
Professor John Percy die Summe von 500 £ zur Verfügung, um
die wichtigsten britischen Erze analysieren zu lassen. So hat diese
Sammlung auch in wissenschaftlicher Hinsicht eine historische Be-
deutung erlangt, indem sie die Grundlage der gründlichen Arbeit
über die englischen Eisenerze, welche Percy in seiner Metallurgie
von Stahl und Eisen 1864 (S. 404 ff.) veröffentlicht hat, geworden
ist. In dieser Sammlung waren namentlich die schwarzen Kohlen-
eisensteine (black band) von Schottland und Süd-Wales vollständig
vertreten, welche auch die Aufmerksamkeit der preuſsischen Sach-
verständigen auf sich lenkten, infolgedessen man bald danach in West-
falen ähnliche Erze, auf welche bereits der kurhessische Bergamtsassessor
Schreiber aufmerksam gemacht hatte, die man aber bis dahin
als taube Schiefer betrachtet und auf die Halde gestürzt hatte, als
Eisenerz erkannte, ihnen Beachtung zuwendete und eine neue wichtige
Hochofenindustrie darauf gründete 1). Ferner wurden durch diese
Ausstellung die der Liasformation angehörigen Erze des Cleveland-
distriktes
, welche auch erst in den letzten Jahren als Eisenerze
erkannt worden waren, und welche die Grundlage der Roheisengewin-
nung des Middlesboroughgebietes geworden sind, zum erstenmale dem
Publikum vorgeführt. Dieses unscheinbare Gestein von grünlichgrauer
Farbe, welches in einer mächtigen Ablagerung von 15 bis 17 Fuſs ein
Glied des mittleren Lias in Nord-Yorkshire bildet und sich meilenweit
am Rande der Clevelandhügel, zu Tage anstehend, erstreckt, sieht
einem Eisenerze durchaus unähnlich. Nur durch die Verwitterung
nimmt das grünliche Gestein eine braune Farbe an, die seinen Eisen-
gehalt verrät. Aber erst 1847 wurde es von den berühmten Eisen-
hüttenbesitzern Bolkow und Vaughan als ein schmelzwürdiges Eisen-
erz erkannt, und eine groſsartige Roheisenindustrie von denselben
darauf gegründet 2). Bolkow war ein geborener Mecklenburger und
Vaughan ein ehemaliger Eisenarbeiter von Dowlais; beide zusammen
gründeten 1840/41 ein kleines Puddel- und Walzwerk bei Middles-
borough. Dies war der kleine Anfang der riesigen Industrie, die sich
in der Folge an diesem Platze entwickelt hat. 1845 oder 1846 bauten
sie zuerst auch mehrere kleine Hochöfen zu Witton Park bei Bishop
Auckland (Durham). Sie fanden aber nicht hinreichend Erz an Ort
und Stelle, wie sie gehofft hatten, und muſsten das Witbyerz von der

1) Vergl. Percy, Iron and Steel, p. 203.
2) Näheres über diese wichtige Entdeckung findet sich in einem Berichte von
Isaac Lowthian Bell in den Reports of the British society for the advancement
of science 1863, deutsch Tunners Jahrbuch 1866, S. 69.
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[779/0795] Die erste Weltausstellung 1851. Professor John Percy die Summe von 500 £ zur Verfügung, um die wichtigsten britischen Erze analysieren zu lassen. So hat diese Sammlung auch in wissenschaftlicher Hinsicht eine historische Be- deutung erlangt, indem sie die Grundlage der gründlichen Arbeit über die englischen Eisenerze, welche Percy in seiner Metallurgie von Stahl und Eisen 1864 (S. 404 ff.) veröffentlicht hat, geworden ist. In dieser Sammlung waren namentlich die schwarzen Kohlen- eisensteine (black band) von Schottland und Süd-Wales vollständig vertreten, welche auch die Aufmerksamkeit der preuſsischen Sach- verständigen auf sich lenkten, infolgedessen man bald danach in West- falen ähnliche Erze, auf welche bereits der kurhessische Bergamtsassessor Schreiber aufmerksam gemacht hatte, die man aber bis dahin als taube Schiefer betrachtet und auf die Halde gestürzt hatte, als Eisenerz erkannte, ihnen Beachtung zuwendete und eine neue wichtige Hochofenindustrie darauf gründete 1). Ferner wurden durch diese Ausstellung die der Liasformation angehörigen Erze des Cleveland- distriktes, welche auch erst in den letzten Jahren als Eisenerze erkannt worden waren, und welche die Grundlage der Roheisengewin- nung des Middlesboroughgebietes geworden sind, zum erstenmale dem Publikum vorgeführt. Dieses unscheinbare Gestein von grünlichgrauer Farbe, welches in einer mächtigen Ablagerung von 15 bis 17 Fuſs ein Glied des mittleren Lias in Nord-Yorkshire bildet und sich meilenweit am Rande der Clevelandhügel, zu Tage anstehend, erstreckt, sieht einem Eisenerze durchaus unähnlich. Nur durch die Verwitterung nimmt das grünliche Gestein eine braune Farbe an, die seinen Eisen- gehalt verrät. Aber erst 1847 wurde es von den berühmten Eisen- hüttenbesitzern Bolkow und Vaughan als ein schmelzwürdiges Eisen- erz erkannt, und eine groſsartige Roheisenindustrie von denselben darauf gegründet 2). Bolkow war ein geborener Mecklenburger und Vaughan ein ehemaliger Eisenarbeiter von Dowlais; beide zusammen gründeten 1840/41 ein kleines Puddel- und Walzwerk bei Middles- borough. Dies war der kleine Anfang der riesigen Industrie, die sich in der Folge an diesem Platze entwickelt hat. 1845 oder 1846 bauten sie zuerst auch mehrere kleine Hochöfen zu Witton Park bei Bishop Auckland (Durham). Sie fanden aber nicht hinreichend Erz an Ort und Stelle, wie sie gehofft hatten, und muſsten das Witbyerz von der 1) Vergl. Percy, Iron and Steel, p. 203. 2) Näheres über diese wichtige Entdeckung findet sich in einem Berichte von Isaac Lowthian Bell in den Reports of the British society for the advancement of science 1863, deutsch Tunners Jahrbuch 1866, S. 69.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 779. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/795>, abgerufen am 26.06.2024.