Wenn diese Öfen trotz dieser günstigen Resultate die allgemeine Verbreitung nicht fanden, die man erwartete, so lag dies einerseits darin, dass der Betrieb dadurch schwierig war, dass backende Kohlen sehr leicht im Schacht hängen blieben, und dann die Öfen nur mit grosser Mühe und mit grossem Abbrand entleert werden konnten, andererseits, dass die Hitze in den Zügen leicht so hoch stieg, dass die Öffnungen und Verbindungssteine der hohlen Seitenwände zu- sammenschmolzen. Übrigens wurden Appoltsche Öfen nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland, besonders in Saarbrücken und Oberschlesien, gebaut und mit Erfolg betrieben.
Eine besondere Art der Entschwefelung der Steinkohlen hatte Prof. Calvert 1852 erfunden. Es war eine Behandlung mit Kochsalz, und die so erzeugten Koks kamen als "präparierte Koks" in den Handel 1). Dieselben sollten reineres Eisen und grösseres Ausbringen geben.
Gebläse und Winderhitzer 1851 bis 1860.
Die Windgebläse, die wichtigsten Maschinen für den Hoch- ofenbetrieb, waren damals fast ausschliesslich Cylindergebläse und zwar teils vertikale, teils horizontale. Der Kampf zwischen diesen beiden Systemen wurde namentlich in der ersten Hälfte der 50er Jahre mit Lebhaftigkeit geführt. Die Engländer hielten an den stehenden Maschinen fest und wendeten meist die Wattsche Konstruktion mit Balancier an. Eine gewaltige Maschine dieser Art errichtete S. Truran 1851 zu Dowlais. Der Windcylinder hatte 144 Zoll (3658 mm) Durchmesser, der Kolbenhub betrug 12 Fuss (3658 mm); sie lieferte bei 20 Doppelhuben und 31/4 Pfund Pressung 44000 Kubik- fuss Wind in der Minute. Der Cylinder der zugehörigen Dampf- maschine war 55 Zoll (1393 mm) weit, der Kolben hatte 13 Fuss (3962 mm) Hub, die Leistung betrug 650 Pfdekr. 2). In Nordengland hatte man im Laufe dieser Periode mehrfach vertikale Cylinder- gebläse nach amerikanischem Princip (von Evans), bei denen sich der Dampfcylinder über dem Gebläsecylinder befand, errichtet und zwar mit doppelten Cylindern und gemeinschaftlichem Schwung- rade 3). John Gjers hatte diese Konstruktion im Clevelanddistrikt eingeführt. -- In Österreich kamen bei den Holzkohlenöfen kleine
1) Siehe Comptes rendus 1852, Nr. 13.
2) Siehe London Journal of Arts, April 1858 und Dinglers polyt. Journ., Bd. 149.
3) Siehe London Journal of Arts, April 1858.
Gebläse und Winderhitzer 1851 bis 1860.
Wenn diese Öfen trotz dieser günstigen Resultate die allgemeine Verbreitung nicht fanden, die man erwartete, so lag dies einerseits darin, daſs der Betrieb dadurch schwierig war, daſs backende Kohlen sehr leicht im Schacht hängen blieben, und dann die Öfen nur mit groſser Mühe und mit groſsem Abbrand entleert werden konnten, andererseits, daſs die Hitze in den Zügen leicht so hoch stieg, daſs die Öffnungen und Verbindungssteine der hohlen Seitenwände zu- sammenschmolzen. Übrigens wurden Appoltsche Öfen nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland, besonders in Saarbrücken und Oberschlesien, gebaut und mit Erfolg betrieben.
Eine besondere Art der Entschwefelung der Steinkohlen hatte Prof. Calvert 1852 erfunden. Es war eine Behandlung mit Kochsalz, und die so erzeugten Koks kamen als „präparierte Koks“ in den Handel 1). Dieselben sollten reineres Eisen und gröſseres Ausbringen geben.
Gebläse und Winderhitzer 1851 bis 1860.
Die Windgebläse, die wichtigsten Maschinen für den Hoch- ofenbetrieb, waren damals fast ausschlieſslich Cylindergebläse und zwar teils vertikale, teils horizontale. Der Kampf zwischen diesen beiden Systemen wurde namentlich in der ersten Hälfte der 50er Jahre mit Lebhaftigkeit geführt. Die Engländer hielten an den stehenden Maschinen fest und wendeten meist die Wattsche Konstruktion mit Balancier an. Eine gewaltige Maschine dieser Art errichtete S. Truran 1851 zu Dowlais. Der Windcylinder hatte 144 Zoll (3658 mm) Durchmesser, der Kolbenhub betrug 12 Fuſs (3658 mm); sie lieferte bei 20 Doppelhuben und 3¼ Pfund Pressung 44000 Kubik- fuſs Wind in der Minute. Der Cylinder der zugehörigen Dampf- maschine war 55 Zoll (1393 mm) weit, der Kolben hatte 13 Fuſs (3962 mm) Hub, die Leistung betrug 650 Pfdekr. 2). In Nordengland hatte man im Laufe dieser Periode mehrfach vertikale Cylinder- gebläse nach amerikanischem Princip (von Evans), bei denen sich der Dampfcylinder über dem Gebläsecylinder befand, errichtet und zwar mit doppelten Cylindern und gemeinschaftlichem Schwung- rade 3). John Gjers hatte diese Konstruktion im Clevelanddistrikt eingeführt. — In Österreich kamen bei den Holzkohlenöfen kleine
1) Siehe Comptes rendus 1852, Nr. 13.
2) Siehe London Journal of Arts, April 1858 und Dinglers polyt. Journ., Bd. 149.
3) Siehe London Journal of Arts, April 1858.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0831"n="815"/><fwplace="top"type="header">Gebläse und Winderhitzer 1851 bis 1860.</fw><lb/><p>Wenn diese Öfen trotz dieser günstigen Resultate die allgemeine<lb/>
Verbreitung nicht fanden, die man erwartete, so lag dies einerseits<lb/>
darin, daſs der Betrieb dadurch schwierig war, daſs backende Kohlen<lb/>
sehr leicht im Schacht hängen blieben, und dann die Öfen nur mit<lb/>
groſser Mühe und mit groſsem Abbrand entleert werden konnten,<lb/>
andererseits, daſs die Hitze in den Zügen leicht so hoch stieg, daſs<lb/>
die Öffnungen und Verbindungssteine der hohlen Seitenwände zu-<lb/>
sammenschmolzen. Übrigens wurden <hirendition="#g">Appolts</hi>che Öfen nicht nur in<lb/>
Frankreich, sondern auch in Deutschland, besonders in Saarbrücken<lb/>
und Oberschlesien, gebaut und mit Erfolg betrieben.</p><lb/><p>Eine besondere Art der Entschwefelung der Steinkohlen hatte<lb/>
Prof. <hirendition="#g">Calvert</hi> 1852 erfunden. Es war eine Behandlung mit Kochsalz,<lb/>
und die so erzeugten Koks kamen als „präparierte Koks“ in den<lb/>
Handel <noteplace="foot"n="1)">Siehe Comptes rendus 1852, Nr. 13.</note>. Dieselben sollten reineres Eisen und gröſseres Ausbringen<lb/>
geben.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Gebläse und Winderhitzer 1851 bis 1860.</hi></head><lb/><p>Die <hirendition="#g">Windgebläse</hi>, die wichtigsten Maschinen für den Hoch-<lb/>
ofenbetrieb, waren damals fast ausschlieſslich Cylindergebläse und<lb/>
zwar teils vertikale, teils horizontale. Der Kampf zwischen diesen<lb/>
beiden Systemen wurde namentlich in der ersten Hälfte der 50er Jahre<lb/>
mit Lebhaftigkeit geführt. Die Engländer hielten an den stehenden<lb/>
Maschinen fest und wendeten meist die <hirendition="#g">Watts</hi>che Konstruktion mit<lb/>
Balancier an. Eine gewaltige Maschine dieser Art errichtete<lb/>
S. <hirendition="#g">Truran</hi> 1851 zu Dowlais. Der Windcylinder hatte 144 Zoll<lb/>
(3658 mm) Durchmesser, der Kolbenhub betrug 12 Fuſs (3658 mm);<lb/>
sie lieferte bei 20 Doppelhuben und 3¼ Pfund Pressung 44000 Kubik-<lb/>
fuſs Wind in der Minute. Der Cylinder der zugehörigen Dampf-<lb/>
maschine war 55 Zoll (1393 mm) weit, der Kolben hatte 13 Fuſs<lb/>
(3962 mm) Hub, die Leistung betrug 650 Pfdekr. <noteplace="foot"n="2)">Siehe London Journal of Arts, April 1858 und Dinglers polyt. Journ.,<lb/>
Bd. 149.</note>. In Nordengland<lb/>
hatte man im Laufe dieser Periode mehrfach vertikale Cylinder-<lb/>
gebläse nach amerikanischem Princip (von <hirendition="#g">Evans</hi>), bei denen sich<lb/>
der Dampfcylinder über dem Gebläsecylinder befand, errichtet und<lb/>
zwar mit doppelten Cylindern und gemeinschaftlichem Schwung-<lb/>
rade <noteplace="foot"n="3)">Siehe London Journal of Arts, April 1858.</note>. <hirendition="#g">John Gjers</hi> hatte diese Konstruktion im Clevelanddistrikt<lb/>
eingeführt. — In Österreich kamen bei den Holzkohlenöfen kleine<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[815/0831]
Gebläse und Winderhitzer 1851 bis 1860.
Wenn diese Öfen trotz dieser günstigen Resultate die allgemeine
Verbreitung nicht fanden, die man erwartete, so lag dies einerseits
darin, daſs der Betrieb dadurch schwierig war, daſs backende Kohlen
sehr leicht im Schacht hängen blieben, und dann die Öfen nur mit
groſser Mühe und mit groſsem Abbrand entleert werden konnten,
andererseits, daſs die Hitze in den Zügen leicht so hoch stieg, daſs
die Öffnungen und Verbindungssteine der hohlen Seitenwände zu-
sammenschmolzen. Übrigens wurden Appoltsche Öfen nicht nur in
Frankreich, sondern auch in Deutschland, besonders in Saarbrücken
und Oberschlesien, gebaut und mit Erfolg betrieben.
Eine besondere Art der Entschwefelung der Steinkohlen hatte
Prof. Calvert 1852 erfunden. Es war eine Behandlung mit Kochsalz,
und die so erzeugten Koks kamen als „präparierte Koks“ in den
Handel 1). Dieselben sollten reineres Eisen und gröſseres Ausbringen
geben.
Gebläse und Winderhitzer 1851 bis 1860.
Die Windgebläse, die wichtigsten Maschinen für den Hoch-
ofenbetrieb, waren damals fast ausschlieſslich Cylindergebläse und
zwar teils vertikale, teils horizontale. Der Kampf zwischen diesen
beiden Systemen wurde namentlich in der ersten Hälfte der 50er Jahre
mit Lebhaftigkeit geführt. Die Engländer hielten an den stehenden
Maschinen fest und wendeten meist die Wattsche Konstruktion mit
Balancier an. Eine gewaltige Maschine dieser Art errichtete
S. Truran 1851 zu Dowlais. Der Windcylinder hatte 144 Zoll
(3658 mm) Durchmesser, der Kolbenhub betrug 12 Fuſs (3658 mm);
sie lieferte bei 20 Doppelhuben und 3¼ Pfund Pressung 44000 Kubik-
fuſs Wind in der Minute. Der Cylinder der zugehörigen Dampf-
maschine war 55 Zoll (1393 mm) weit, der Kolben hatte 13 Fuſs
(3962 mm) Hub, die Leistung betrug 650 Pfdekr. 2). In Nordengland
hatte man im Laufe dieser Periode mehrfach vertikale Cylinder-
gebläse nach amerikanischem Princip (von Evans), bei denen sich
der Dampfcylinder über dem Gebläsecylinder befand, errichtet und
zwar mit doppelten Cylindern und gemeinschaftlichem Schwung-
rade 3). John Gjers hatte diese Konstruktion im Clevelanddistrikt
eingeführt. — In Österreich kamen bei den Holzkohlenöfen kleine
1) Siehe Comptes rendus 1852, Nr. 13.
2) Siehe London Journal of Arts, April 1858 und Dinglers polyt. Journ.,
Bd. 149.
3) Siehe London Journal of Arts, April 1858.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 815. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/831>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.