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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Hochöfen 1851 bis 1860.
sich nicht so bewährt als der von Parry, weil er komplizierter
war, und die Tragbalken oft durchbrannten. H. Blackwell zu Dudley
in Staffordshire erwarb sich um die Abführung der Gase Verdienste.
In Schottland hatte man 1845 zu Dundyvan einen Versuch zur Auf-
fangung der Gase gemacht, aber erst 1852 fing man zu Coltness an,
dieselben zum Rösten der Erze zu verwenden.

Während bei den oben erwähnten Gasfängen die Beschickung
des Hochofens dem Auge entzogen war, konstruierte William
Oakes
1857 einen Apparat, der im wesentlichen aus einem Deckel
bestand, in dessen Mitte sich ein Rohr befand, welches die Gase ab-
führte. Um das Rohr herum waren in dem Deckel fast horizontale
Beschickungsthüren ange-
bracht, welche sich öffnen
und schliessen liessen 1).

Die sehr einfachen
Apparate von R. C. Darby
zu Brymbo bei Wreshham
1857 und von Schäffler
(1858) entzogen durch eine
in die Gicht eingehängte
Röhre dem Hochofen nur
einen Teil seiner Gase.
Vollkommener, aber auch
viel komplizierter war die
centrale Ableitung der

[Abbildung] Fig. 285.
Gase durch eine Röhre mit gleichzeitigem dachförmigen Ringverschluss,
welchen Coingt zu Aubin in Frankreich 1856 2) konstruirte.

Ebenso fand die Winderhitzung eine allgemeinere Anwendung,
obgleich es nicht an Gegnern derselben fehlte, besonders in Eng-
land. Truran war der bekannteste. Er behauptete, der Einfluss
des heissen Windes auf die Vermehrung der Produktion werde sehr
überschätzt. In Wahrheit komme davon nur 1/10 auf die Wirkung
der Winderhitzung, während 9/10 anderen gleichzeitigen Verbesserungen
zuzuschreiben seien. Es war dies eine der einseitigen Übertreibungen
Trurans. Richtiger ist, dass der heisse Wind unter Umständen
ungünstiger auf die Qualität des Eisens einwirkt, und dies war denn
auch die Ursache, dass in England kalt erblasenes Roheisen (cold blast
pig) höher im Preise stand als heiss erblasenes.


1) Siehe Wedding, Eisenhüttenkunde, Bd. II, S. 345.
2) Siehe Wedding, a. a. O., Bd. II, S. 340.

Die Hochöfen 1851 bis 1860.
sich nicht so bewährt als der von Parry, weil er komplizierter
war, und die Tragbalken oft durchbrannten. H. Blackwell zu Dudley
in Staffordshire erwarb sich um die Abführung der Gase Verdienste.
In Schottland hatte man 1845 zu Dundyvan einen Versuch zur Auf-
fangung der Gase gemacht, aber erst 1852 fing man zu Coltneſs an,
dieselben zum Rösten der Erze zu verwenden.

Während bei den oben erwähnten Gasfängen die Beschickung
des Hochofens dem Auge entzogen war, konstruierte William
Oakes
1857 einen Apparat, der im wesentlichen aus einem Deckel
bestand, in dessen Mitte sich ein Rohr befand, welches die Gase ab-
führte. Um das Rohr herum waren in dem Deckel fast horizontale
Beschickungsthüren ange-
bracht, welche sich öffnen
und schlieſsen lieſsen 1).

Die sehr einfachen
Apparate von R. C. Darby
zu Brymbo bei Wreshham
1857 und von Schäffler
(1858) entzogen durch eine
in die Gicht eingehängte
Röhre dem Hochofen nur
einen Teil seiner Gase.
Vollkommener, aber auch
viel komplizierter war die
centrale Ableitung der

[Abbildung] Fig. 285.
Gase durch eine Röhre mit gleichzeitigem dachförmigen Ringverschluſs,
welchen Coingt zu Aubin in Frankreich 1856 2) konstruirte.

Ebenso fand die Winderhitzung eine allgemeinere Anwendung,
obgleich es nicht an Gegnern derselben fehlte, besonders in Eng-
land. Truran war der bekannteste. Er behauptete, der Einfluſs
des heiſsen Windes auf die Vermehrung der Produktion werde sehr
überschätzt. In Wahrheit komme davon nur 1/10 auf die Wirkung
der Winderhitzung, während 9/10 anderen gleichzeitigen Verbesserungen
zuzuschreiben seien. Es war dies eine der einseitigen Übertreibungen
Trurans. Richtiger ist, daſs der heiſse Wind unter Umständen
ungünstiger auf die Qualität des Eisens einwirkt, und dies war denn
auch die Ursache, daſs in England kalt erblasenes Roheisen (cold blast
pig) höher im Preise stand als heiſs erblasenes.


1) Siehe Wedding, Eisenhüttenkunde, Bd. II, S. 345.
2) Siehe Wedding, a. a. O., Bd. II, S. 340.
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[831/0847] Die Hochöfen 1851 bis 1860. sich nicht so bewährt als der von Parry, weil er komplizierter war, und die Tragbalken oft durchbrannten. H. Blackwell zu Dudley in Staffordshire erwarb sich um die Abführung der Gase Verdienste. In Schottland hatte man 1845 zu Dundyvan einen Versuch zur Auf- fangung der Gase gemacht, aber erst 1852 fing man zu Coltneſs an, dieselben zum Rösten der Erze zu verwenden. Während bei den oben erwähnten Gasfängen die Beschickung des Hochofens dem Auge entzogen war, konstruierte William Oakes 1857 einen Apparat, der im wesentlichen aus einem Deckel bestand, in dessen Mitte sich ein Rohr befand, welches die Gase ab- führte. Um das Rohr herum waren in dem Deckel fast horizontale Beschickungsthüren ange- bracht, welche sich öffnen und schlieſsen lieſsen 1). Die sehr einfachen Apparate von R. C. Darby zu Brymbo bei Wreshham 1857 und von Schäffler (1858) entzogen durch eine in die Gicht eingehängte Röhre dem Hochofen nur einen Teil seiner Gase. Vollkommener, aber auch viel komplizierter war die centrale Ableitung der [Abbildung Fig. 285.] Gase durch eine Röhre mit gleichzeitigem dachförmigen Ringverschluſs, welchen Coingt zu Aubin in Frankreich 1856 2) konstruirte. Ebenso fand die Winderhitzung eine allgemeinere Anwendung, obgleich es nicht an Gegnern derselben fehlte, besonders in Eng- land. Truran war der bekannteste. Er behauptete, der Einfluſs des heiſsen Windes auf die Vermehrung der Produktion werde sehr überschätzt. In Wahrheit komme davon nur 1/10 auf die Wirkung der Winderhitzung, während 9/10 anderen gleichzeitigen Verbesserungen zuzuschreiben seien. Es war dies eine der einseitigen Übertreibungen Trurans. Richtiger ist, daſs der heiſse Wind unter Umständen ungünstiger auf die Qualität des Eisens einwirkt, und dies war denn auch die Ursache, daſs in England kalt erblasenes Roheisen (cold blast pig) höher im Preise stand als heiſs erblasenes. 1) Siehe Wedding, Eisenhüttenkunde, Bd. II, S. 345. 2) Siehe Wedding, a. a. O., Bd. II, S. 340.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 831. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/847>, abgerufen am 26.06.2024.