ein Doppelpuddelofen mit Holzgas betrieben, ebenso zu Neuberg in Steiermark.
In Thüringen erbaute Thoma, der den Gasbetrieb in Russland eingeführt hatte, einen Puddelofen zu Heinrichs im Kreise Schleu- singen, welcher mit Holzgas betrieben wurde. Thoma war ein eifriger Vertreter des Gasbetriebes und schrieb 1850: "in Bezug auf die Stab- eisen- und Stahlerzeugung muss die ganze Hoffnung des deutschen Hüttenwesens auf den Gasbetrieb gesetzt werden". In Württemberg waren Gaspuddelöfen zu Unterkochen und zu Thiergarten.
In Frankreich hatte sich nicht nur Le Play entschieden für den Gasbetrieb ausgesprochen, sondern auch Lan und Gruner, die ihn für den besten erklärten. Zu Villette bei Chatillon wurde mit Holzgas gepuddelt 1).
Der Betrieb von Puddelöfen mit Gichtgasen war damals bereits allgemein wieder verlassen.
C. Schinz in Philadelphia nahm am 4. Dezember 1855 ein Patent auf einen Gasofen mit selbstthätiger Regulierung (self-regulating gasfurnace). Die Zuströmung von Gas und Luft wurde durch die Ausdehnung einer Eisenstange, welche mit einem Zahngetriebe ver- bunden war, reguliert.
Was den Betrieb der Puddelöfen betrifft, so war der Koch- ofen mit Schlackenfrischen allgemein in Anwendung gekommen. Tessie du Motay und Fontaine2) bereiteten künstlichen Schwahl, indem sie Puddelschweissschlacke mit Thonerdesilikat im Flammofen einschmolzen und dem Gemische Kali oder Natron und Eisenoxydul zusetzten. In diesem Schwahl wurde dann das Roheisen gepuddelt. Während des Prozesses warf man noch basische Chlor- und kohlensaure Salze zu. Das so gepuddelte Eisen sollte dem Frischeisen an Güte gleichkommen.
James Nasmyth nahm am 4. Mai 1854 ein beachtenswertes Patent (Nr. 1001) auf eine Verbesserung des Puddelprozesses. Das- selbe bestand im Puddeln mit einem Dampfstrahl, der durch eine hohle Rührkrücke in das flüssige Eisen geführt wurde.
Das Umrühren des Eisens beim Puddeln ist eine der mühseligsten Arbeiten des Eisenhüttenmannes. Schon die Humanität musste dafür nach einem mechanischen Ersatz suchen. Der erste, der einen solchen mechanischen Rührer erfand, war der durch seine hervorragenden
1) Siehe Bull. de la soc., t. 1, p. 473. Polyt. Journ., Bd. 143, S. 414.
2) Engl. Patent vom 1. März 1856, Nr. 535.
Schmiedeeisenbereitung 1851 bis 1860.
ein Doppelpuddelofen mit Holzgas betrieben, ebenso zu Neuberg in Steiermark.
In Thüringen erbaute Thoma, der den Gasbetrieb in Ruſsland eingeführt hatte, einen Puddelofen zu Heinrichs im Kreise Schleu- singen, welcher mit Holzgas betrieben wurde. Thoma war ein eifriger Vertreter des Gasbetriebes und schrieb 1850: „in Bezug auf die Stab- eisen- und Stahlerzeugung muſs die ganze Hoffnung des deutschen Hüttenwesens auf den Gasbetrieb gesetzt werden“. In Württemberg waren Gaspuddelöfen zu Unterkochen und zu Thiergarten.
In Frankreich hatte sich nicht nur Le Play entschieden für den Gasbetrieb ausgesprochen, sondern auch Lan und Gruner, die ihn für den besten erklärten. Zu Villette bei Chatillon wurde mit Holzgas gepuddelt 1).
Der Betrieb von Puddelöfen mit Gichtgasen war damals bereits allgemein wieder verlassen.
C. Schinz in Philadelphia nahm am 4. Dezember 1855 ein Patent auf einen Gasofen mit selbstthätiger Regulierung (self-regulating gasfurnace). Die Zuströmung von Gas und Luft wurde durch die Ausdehnung einer Eisenstange, welche mit einem Zahngetriebe ver- bunden war, reguliert.
Was den Betrieb der Puddelöfen betrifft, so war der Koch- ofen mit Schlackenfrischen allgemein in Anwendung gekommen. Tessié du Motay und Fontaine2) bereiteten künstlichen Schwahl, indem sie Puddelschweiſsschlacke mit Thonerdesilikat im Flammofen einschmolzen und dem Gemische Kali oder Natron und Eisenoxydul zusetzten. In diesem Schwahl wurde dann das Roheisen gepuddelt. Während des Prozesses warf man noch basische Chlor- und kohlensaure Salze zu. Das so gepuddelte Eisen sollte dem Frischeisen an Güte gleichkommen.
James Nasmyth nahm am 4. Mai 1854 ein beachtenswertes Patent (Nr. 1001) auf eine Verbesserung des Puddelprozesses. Das- selbe bestand im Puddeln mit einem Dampfstrahl, der durch eine hohle Rührkrücke in das flüssige Eisen geführt wurde.
Das Umrühren des Eisens beim Puddeln ist eine der mühseligsten Arbeiten des Eisenhüttenmannes. Schon die Humanität muſste dafür nach einem mechanischen Ersatz suchen. Der erste, der einen solchen mechanischen Rührer erfand, war der durch seine hervorragenden
1) Siehe Bull. de la soc., t. 1, p. 473. Polyt. Journ., Bd. 143, S. 414.
2) Engl. Patent vom 1. März 1856, Nr. 535.
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In Thüringen erbaute Thoma, der den Gasbetrieb in Ruſsland
eingeführt hatte, einen Puddelofen zu Heinrichs im Kreise Schleu-
singen, welcher mit Holzgas betrieben wurde. Thoma war ein eifriger
Vertreter des Gasbetriebes und schrieb 1850: „in Bezug auf die Stab-
eisen- und Stahlerzeugung muſs die ganze Hoffnung des deutschen
Hüttenwesens auf den Gasbetrieb gesetzt werden“. In Württemberg
waren Gaspuddelöfen zu Unterkochen und zu Thiergarten.
In Frankreich hatte sich nicht nur Le Play entschieden für
den Gasbetrieb ausgesprochen, sondern auch Lan und Gruner, die
ihn für den besten erklärten. Zu Villette bei Chatillon wurde mit
Holzgas gepuddelt 1).
Der Betrieb von Puddelöfen mit Gichtgasen war damals bereits
allgemein wieder verlassen.
C. Schinz in Philadelphia nahm am 4. Dezember 1855 ein Patent
auf einen Gasofen mit selbstthätiger Regulierung (self-regulating
gasfurnace). Die Zuströmung von Gas und Luft wurde durch die
Ausdehnung einer Eisenstange, welche mit einem Zahngetriebe ver-
bunden war, reguliert.
Was den Betrieb der Puddelöfen betrifft, so war der Koch-
ofen mit Schlackenfrischen allgemein in Anwendung gekommen.
Tessié du Motay und Fontaine 2) bereiteten künstlichen Schwahl,
indem sie Puddelschweiſsschlacke mit Thonerdesilikat im Flammofen
einschmolzen und dem Gemische Kali oder Natron und Eisenoxydul
zusetzten. In diesem Schwahl wurde dann das Roheisen gepuddelt.
Während des Prozesses warf man noch basische Chlor- und kohlensaure
Salze zu. Das so gepuddelte Eisen sollte dem Frischeisen an Güte
gleichkommen.
James Nasmyth nahm am 4. Mai 1854 ein beachtenswertes
Patent (Nr. 1001) auf eine Verbesserung des Puddelprozesses. Das-
selbe bestand im Puddeln mit einem Dampfstrahl, der durch eine
hohle Rührkrücke in das flüssige Eisen geführt wurde.
Das Umrühren des Eisens beim Puddeln ist eine der mühseligsten
Arbeiten des Eisenhüttenmannes. Schon die Humanität muſste dafür
nach einem mechanischen Ersatz suchen. Der erste, der einen solchen
mechanischen Rührer erfand, war der durch seine hervorragenden
1) Siehe Bull. de la soc., t. 1, p. 473. Polyt. Journ., Bd. 143, S. 414.
2) Engl. Patent vom 1. März 1856, Nr. 535.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 857. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/873>, abgerufen am 22.11.2024.
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