letzten 30 Jahre entwickelt hat. Wenn auch die politischen Ereignisse in hohem Grade zu ihrer Förderung beigetragen haben, so liegt doch der Schwerpunkt ihrer Entwickelung in den technischen Fortschritten, die so grossartig und mannigfaltig waren wie in keiner früheren Periode. Gefördert wurden diese durch die Schaffung eines Reichs- Patentgesetzes im Jahre 1877.
Von ganz besonderer Wichtigkeit für die deutsche Eisenindustrie war die Einführung des Thomasprozesses im Jahre 1879 und die energische, zielbewusste Ausbeutung der Flusseisendarstellung in der darauffolgenden Zeit. Dieses Ereignis bildet für die Geschichte des Eisens in Deutschland einen wichtigen Abschnitt.
Betrachten wir zunächst die Zeit vor Einführung des Thomas- prozesses, also die siebziger Jahre. Die Hochofenindustrie machte in dieser Zeit bedeutende Fortschritte, wie schon aus der Zunahme der Produktion von 1871 bis 1880 von 1564 auf 2729 Kilotonnen zu er- kennen ist. Der wachsende Bedarf führte zur Gründung neuer Hütten- werke und zur Vergrösserung der Öfen der alten Werke zwecks Erhöhung ihrer Leistung. Von neuerbauten Hochofenwerken nennen wir die Sophienhütte bei Wetzlar von Gebrüder Buderus 1870, die Anlagen zu St. Johann-Saarbrücken 1871, zu Neustadt am Rübenberg, die Bismarckhütte bei Schwintochlowitz, Schalker Gruben- und Hütten- verein in Westfalen, Johanneshütte bei Siegen 1873.
Von neuen grösseren Hochöfen erwähnen wir den von Bütgenbach bei Neuss, 15,70 m hoch, Mathildenhütte bei Harzburg, 17,262 m hoch, beide 1871 erbaut, den neuen Hochofen der Königshütte in Ober- schlesien, 18,831 m hoch (1873), Mülheim am Rhein, 20 m hoch (1874), und Gute Hoffnungshütte bei Oberhausen, 21 m hoch (1876). Im Jahre 1871 wurden in 306 Hochöfen 1563682 Tonnen Roheisen, 1880 in 246 Öfen 2729038 Tonnen geschmolzen. Während die Zahl der Hoch- öfen also abgenommen hatte, war ihre durchschnittliche Jahresleistung in der Zeit von 1871 bis 1880 von 5110 Tonnen auf 11094 Tonnen gestiegen. Diese bedeutende Mehrleistung war aber keineswegs nur durch die Vergrösserung der Öfen, sondern fast noch mehr durch die Verbesserung der Apparate und Maschinen, wodurch erhöhte Wind- temperatur und stärkeres Blasen erzielt wurde, bedingt. Ein sehr wichtiger Faktor war die veränderte Zustellung mit geschlossener Brust infolge Einführung der Lürmannschen Schlackenform, die immer allgemeiner wurde. Hierdurch wurde eine Erweiterung des Gestells, bessere Windverteilung und grössere Windpressung ermöglicht. Steinerne Winderhitzer waren in den siebziger Jahren noch selten in
Deutschland (mit Luxemburg).
letzten 30 Jahre entwickelt hat. Wenn auch die politischen Ereignisse in hohem Grade zu ihrer Förderung beigetragen haben, so liegt doch der Schwerpunkt ihrer Entwickelung in den technischen Fortschritten, die so groſsartig und mannigfaltig waren wie in keiner früheren Periode. Gefördert wurden diese durch die Schaffung eines Reichs- Patentgesetzes im Jahre 1877.
Von ganz besonderer Wichtigkeit für die deutsche Eisenindustrie war die Einführung des Thomasprozesses im Jahre 1879 und die energische, zielbewuſste Ausbeutung der Fluſseisendarstellung in der darauffolgenden Zeit. Dieses Ereignis bildet für die Geschichte des Eisens in Deutschland einen wichtigen Abschnitt.
Betrachten wir zunächst die Zeit vor Einführung des Thomas- prozesses, also die siebziger Jahre. Die Hochofenindustrie machte in dieser Zeit bedeutende Fortschritte, wie schon aus der Zunahme der Produktion von 1871 bis 1880 von 1564 auf 2729 Kilotonnen zu er- kennen ist. Der wachsende Bedarf führte zur Gründung neuer Hütten- werke und zur Vergröſserung der Öfen der alten Werke zwecks Erhöhung ihrer Leistung. Von neuerbauten Hochofenwerken nennen wir die Sophienhütte bei Wetzlar von Gebrüder Buderus 1870, die Anlagen zu St. Johann-Saarbrücken 1871, zu Neustadt am Rübenberg, die Bismarckhütte bei Schwintochlowitz, Schalker Gruben- und Hütten- verein in Westfalen, Johanneshütte bei Siegen 1873.
Von neuen gröſseren Hochöfen erwähnen wir den von Bütgenbach bei Neuſs, 15,70 m hoch, Mathildenhütte bei Harzburg, 17,262 m hoch, beide 1871 erbaut, den neuen Hochofen der Königshütte in Ober- schlesien, 18,831 m hoch (1873), Mülheim am Rhein, 20 m hoch (1874), und Gute Hoffnungshütte bei Oberhausen, 21 m hoch (1876). Im Jahre 1871 wurden in 306 Hochöfen 1563682 Tonnen Roheisen, 1880 in 246 Öfen 2729038 Tonnen geschmolzen. Während die Zahl der Hoch- öfen also abgenommen hatte, war ihre durchschnittliche Jahresleistung in der Zeit von 1871 bis 1880 von 5110 Tonnen auf 11094 Tonnen gestiegen. Diese bedeutende Mehrleistung war aber keineswegs nur durch die Vergröſserung der Öfen, sondern fast noch mehr durch die Verbesserung der Apparate und Maschinen, wodurch erhöhte Wind- temperatur und stärkeres Blasen erzielt wurde, bedingt. Ein sehr wichtiger Faktor war die veränderte Zustellung mit geschlossener Brust infolge Einführung der Lürmannschen Schlackenform, die immer allgemeiner wurde. Hierdurch wurde eine Erweiterung des Gestells, bessere Windverteilung und gröſsere Windpressung ermöglicht. Steinerne Winderhitzer waren in den siebziger Jahren noch selten in
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Deutschland (mit Luxemburg).
letzten 30 Jahre entwickelt hat. Wenn auch die politischen Ereignisse
in hohem Grade zu ihrer Förderung beigetragen haben, so liegt doch
der Schwerpunkt ihrer Entwickelung in den technischen Fortschritten,
die so groſsartig und mannigfaltig waren wie in keiner früheren
Periode. Gefördert wurden diese durch die Schaffung eines Reichs-
Patentgesetzes im Jahre 1877.
Von ganz besonderer Wichtigkeit für die deutsche Eisenindustrie
war die Einführung des Thomasprozesses im Jahre 1879 und die
energische, zielbewuſste Ausbeutung der Fluſseisendarstellung in der
darauffolgenden Zeit. Dieses Ereignis bildet für die Geschichte des
Eisens in Deutschland einen wichtigen Abschnitt.
Betrachten wir zunächst die Zeit vor Einführung des Thomas-
prozesses, also die siebziger Jahre. Die Hochofenindustrie machte in
dieser Zeit bedeutende Fortschritte, wie schon aus der Zunahme der
Produktion von 1871 bis 1880 von 1564 auf 2729 Kilotonnen zu er-
kennen ist. Der wachsende Bedarf führte zur Gründung neuer Hütten-
werke und zur Vergröſserung der Öfen der alten Werke zwecks Erhöhung
ihrer Leistung. Von neuerbauten Hochofenwerken nennen wir die
Sophienhütte bei Wetzlar von Gebrüder Buderus 1870, die Anlagen
zu St. Johann-Saarbrücken 1871, zu Neustadt am Rübenberg, die
Bismarckhütte bei Schwintochlowitz, Schalker Gruben- und Hütten-
verein in Westfalen, Johanneshütte bei Siegen 1873.
Von neuen gröſseren Hochöfen erwähnen wir den von Bütgenbach
bei Neuſs, 15,70 m hoch, Mathildenhütte bei Harzburg, 17,262 m hoch,
beide 1871 erbaut, den neuen Hochofen der Königshütte in Ober-
schlesien, 18,831 m hoch (1873), Mülheim am Rhein, 20 m hoch (1874),
und Gute Hoffnungshütte bei Oberhausen, 21 m hoch (1876). Im
Jahre 1871 wurden in 306 Hochöfen 1563682 Tonnen Roheisen, 1880 in
246 Öfen 2729038 Tonnen geschmolzen. Während die Zahl der Hoch-
öfen also abgenommen hatte, war ihre durchschnittliche Jahresleistung
in der Zeit von 1871 bis 1880 von 5110 Tonnen auf 11094 Tonnen
gestiegen. Diese bedeutende Mehrleistung war aber keineswegs nur
durch die Vergröſserung der Öfen, sondern fast noch mehr durch die
Verbesserung der Apparate und Maschinen, wodurch erhöhte Wind-
temperatur und stärkeres Blasen erzielt wurde, bedingt. Ein sehr
wichtiger Faktor war die veränderte Zustellung mit geschlossener
Brust infolge Einführung der Lürmannschen Schlackenform, die
immer allgemeiner wurde. Hierdurch wurde eine Erweiterung des
Gestells, bessere Windverteilung und gröſsere Windpressung ermöglicht.
Steinerne Winderhitzer waren in den siebziger Jahren noch selten in
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 985. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1001>, abgerufen am 22.11.2024.
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