Bauschinger-München berief 1884 eine Konferenz zur Vereinbarung einheitlicher Prüfungsverfahren für Bau- und Konstruktionsmaterial. Erwähnenswert ist, dass in diesem Jahre Kruppscher Stahl in den Eisenbahnwerkstätten zu Darlington in England bevorzugt wurde. Dass Krupp nach allen übrigen Ländern der Welt bis nach Chili, China und Australien damals bereits seinen Stahl lieferte, braucht kaum hervorgehoben zu werden. 1884 beschäftigte die Gussstahl- fabrik zu Essen 10213 Arbeiter und lieferte 200000 Tonnen Eisen- und Stahlwaren. Im Jahre 1887, dem Todesjahr Alfred Krupps, war die Arbeiterzahl auf 12674 gestiegen.
1884 gab C. Scharowsky im Auftrage des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller ein deutsches Musterbuch für Eisen- konstruktionen heraus.
Die Eigenschaften des weicheren Flusseisens von den basischen Prozessen liessen eine Abänderung der früheren Qualitätsvorschriften und Lieferungsbedingungen notwendig erscheinen. Mit dieser Frage beschäftigten sich die Regierungen, die Eisenbahnverwaltungen und die grossen technischen Vereine. 1886 stellte der Verband deutscher Architekten- und Ingenieurvereine Normalbedingungen für die Lieferung von Eisenkonstruktionen für Brücken- und Hochbau fest.
In demselben Jahre nahm Dr. Kögel in Remscheid die ersten Patente auf sein Schrägwalzverfahren, das 1887 und 1888 von Mannesmann weiter entwickelt und in die Praxis eingeführt wurde. Es erregte das grösste Aufsehen, besonders nachdem 1889 Professor Reuleaux in Berlin einen sensationellen Vortrag darüber gehalten hatte.
Hugo Sack in Duisburg erfand 1887 ein verbessertes Universal- walzwerk und 1888 einen Kantapparat zur Bedienung von Reversier- walzwerken 1).
Am 14. Juli 1887 verschied einer der bedeutendsten Männer Deutschlands, Alfred Krupp, der die Gussstahlfabrik seines Vaters, Friedrich Krupp, in Essen zu so wunderbarer Höhe gebracht hatte. Die ganze Welt nahm an seinem Tode teil, denn er hatte durch seinen Gussstahl und seine Kanonen seinen Namen in allen Ländern bekannt gemacht. Alfred Krupp war gross als Mensch und als Industrieller. Was er geworden, dankt er der eigenen Kraft. Der geniale Mann, zu dem unser grosser Kaiser Wilhelm in freund- schaftlichem Verhältnis stand und der dem Vaterlande so hervor-
1) Siehe Stahl und Eisen 1888, S. 436, Taf. XIII.
64*
Deutschland (mit Luxemburg).
Bauschinger-München berief 1884 eine Konferenz zur Vereinbarung einheitlicher Prüfungsverfahren für Bau- und Konstruktionsmaterial. Erwähnenswert ist, daſs in diesem Jahre Kruppscher Stahl in den Eisenbahnwerkstätten zu Darlington in England bevorzugt wurde. Daſs Krupp nach allen übrigen Ländern der Welt bis nach Chili, China und Australien damals bereits seinen Stahl lieferte, braucht kaum hervorgehoben zu werden. 1884 beschäftigte die Guſsstahl- fabrik zu Essen 10213 Arbeiter und lieferte 200000 Tonnen Eisen- und Stahlwaren. Im Jahre 1887, dem Todesjahr Alfred Krupps, war die Arbeiterzahl auf 12674 gestiegen.
1884 gab C. Scharowsky im Auftrage des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller ein deutsches Musterbuch für Eisen- konstruktionen heraus.
Die Eigenschaften des weicheren Fluſseisens von den basischen Prozessen lieſsen eine Abänderung der früheren Qualitätsvorschriften und Lieferungsbedingungen notwendig erscheinen. Mit dieser Frage beschäftigten sich die Regierungen, die Eisenbahnverwaltungen und die groſsen technischen Vereine. 1886 stellte der Verband deutscher Architekten- und Ingenieurvereine Normalbedingungen für die Lieferung von Eisenkonstruktionen für Brücken- und Hochbau fest.
In demselben Jahre nahm Dr. Kögel in Remscheid die ersten Patente auf sein Schrägwalzverfahren, das 1887 und 1888 von Mannesmann weiter entwickelt und in die Praxis eingeführt wurde. Es erregte das gröſste Aufsehen, besonders nachdem 1889 Professor Reuleaux in Berlin einen sensationellen Vortrag darüber gehalten hatte.
Hugo Sack in Duisburg erfand 1887 ein verbessertes Universal- walzwerk und 1888 einen Kantapparat zur Bedienung von Reversier- walzwerken 1).
Am 14. Juli 1887 verschied einer der bedeutendsten Männer Deutschlands, Alfred Krupp, der die Guſsstahlfabrik seines Vaters, Friedrich Krupp, in Essen zu so wunderbarer Höhe gebracht hatte. Die ganze Welt nahm an seinem Tode teil, denn er hatte durch seinen Guſsstahl und seine Kanonen seinen Namen in allen Ländern bekannt gemacht. Alfred Krupp war groſs als Mensch und als Industrieller. Was er geworden, dankt er der eigenen Kraft. Der geniale Mann, zu dem unser groſser Kaiser Wilhelm in freund- schaftlichem Verhältnis stand und der dem Vaterlande so hervor-
1) Siehe Stahl und Eisen 1888, S. 436, Taf. XIII.
64*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f1027"n="1011"/><fwplace="top"type="header">Deutschland (mit Luxemburg).</fw><lb/><hirendition="#g">Bauschinger</hi>-München berief 1884 eine Konferenz zur Vereinbarung<lb/>
einheitlicher Prüfungsverfahren für Bau- und Konstruktionsmaterial.<lb/>
Erwähnenswert ist, daſs in diesem Jahre <hirendition="#g">Krupps</hi>cher Stahl in den<lb/>
Eisenbahnwerkstätten zu Darlington in England bevorzugt wurde.<lb/>
Daſs <hirendition="#g">Krupp</hi> nach allen übrigen Ländern der Welt bis nach Chili,<lb/>
China und Australien damals bereits seinen Stahl lieferte, braucht<lb/>
kaum hervorgehoben zu werden. 1884 beschäftigte die Guſsstahl-<lb/>
fabrik zu Essen 10213 Arbeiter und lieferte 200000 Tonnen Eisen-<lb/>
und Stahlwaren. Im Jahre 1887, dem Todesjahr <hirendition="#g">Alfred Krupps</hi>,<lb/>
war die Arbeiterzahl auf 12674 gestiegen.</p><lb/><p>1884 gab C. <hirendition="#g">Scharowsky</hi> im Auftrage des Vereins deutscher<lb/>
Eisen- und Stahlindustrieller ein deutsches Musterbuch für Eisen-<lb/>
konstruktionen heraus.</p><lb/><p>Die Eigenschaften des weicheren Fluſseisens von den basischen<lb/>
Prozessen lieſsen eine Abänderung der früheren Qualitätsvorschriften<lb/>
und Lieferungsbedingungen notwendig erscheinen. Mit dieser Frage<lb/>
beschäftigten sich die Regierungen, die Eisenbahnverwaltungen und<lb/>
die groſsen technischen Vereine. 1886 stellte der Verband deutscher<lb/>
Architekten- und Ingenieurvereine Normalbedingungen für die Lieferung<lb/>
von Eisenkonstruktionen für Brücken- und Hochbau fest.</p><lb/><p>In demselben Jahre nahm Dr. <hirendition="#g">Kögel</hi> in Remscheid die ersten<lb/>
Patente auf sein Schrägwalzverfahren, das 1887 und 1888 von<lb/><hirendition="#g">Mannesmann</hi> weiter entwickelt und in die Praxis eingeführt wurde.<lb/>
Es erregte das gröſste Aufsehen, besonders nachdem 1889 Professor<lb/><hirendition="#g">Reuleaux</hi> in Berlin einen sensationellen Vortrag darüber gehalten<lb/>
hatte.</p><lb/><p><hirendition="#g">Hugo Sack</hi> in Duisburg erfand 1887 ein verbessertes Universal-<lb/>
walzwerk und 1888 einen Kantapparat zur Bedienung von Reversier-<lb/>
walzwerken <noteplace="foot"n="1)">Siehe Stahl und Eisen 1888, S. 436, Taf. XIII.</note>.</p><lb/><p>Am 14. Juli 1887 verschied einer der bedeutendsten Männer<lb/>
Deutschlands, <hirendition="#g">Alfred Krupp</hi>, der die Guſsstahlfabrik seines Vaters,<lb/><hirendition="#g">Friedrich Krupp</hi>, in Essen zu so wunderbarer Höhe gebracht hatte.<lb/>
Die ganze Welt nahm an seinem Tode teil, denn er hatte durch<lb/>
seinen Guſsstahl und seine Kanonen seinen Namen in allen Ländern<lb/>
bekannt gemacht. <hirendition="#g">Alfred Krupp</hi> war groſs als Mensch und als<lb/>
Industrieller. Was er geworden, dankt er der eigenen Kraft. Der<lb/>
geniale Mann, zu dem unser groſser Kaiser <hirendition="#g">Wilhelm</hi> in freund-<lb/>
schaftlichem Verhältnis stand und der dem Vaterlande so hervor-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">64*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[1011/1027]
Deutschland (mit Luxemburg).
Bauschinger-München berief 1884 eine Konferenz zur Vereinbarung
einheitlicher Prüfungsverfahren für Bau- und Konstruktionsmaterial.
Erwähnenswert ist, daſs in diesem Jahre Kruppscher Stahl in den
Eisenbahnwerkstätten zu Darlington in England bevorzugt wurde.
Daſs Krupp nach allen übrigen Ländern der Welt bis nach Chili,
China und Australien damals bereits seinen Stahl lieferte, braucht
kaum hervorgehoben zu werden. 1884 beschäftigte die Guſsstahl-
fabrik zu Essen 10213 Arbeiter und lieferte 200000 Tonnen Eisen-
und Stahlwaren. Im Jahre 1887, dem Todesjahr Alfred Krupps,
war die Arbeiterzahl auf 12674 gestiegen.
1884 gab C. Scharowsky im Auftrage des Vereins deutscher
Eisen- und Stahlindustrieller ein deutsches Musterbuch für Eisen-
konstruktionen heraus.
Die Eigenschaften des weicheren Fluſseisens von den basischen
Prozessen lieſsen eine Abänderung der früheren Qualitätsvorschriften
und Lieferungsbedingungen notwendig erscheinen. Mit dieser Frage
beschäftigten sich die Regierungen, die Eisenbahnverwaltungen und
die groſsen technischen Vereine. 1886 stellte der Verband deutscher
Architekten- und Ingenieurvereine Normalbedingungen für die Lieferung
von Eisenkonstruktionen für Brücken- und Hochbau fest.
In demselben Jahre nahm Dr. Kögel in Remscheid die ersten
Patente auf sein Schrägwalzverfahren, das 1887 und 1888 von
Mannesmann weiter entwickelt und in die Praxis eingeführt wurde.
Es erregte das gröſste Aufsehen, besonders nachdem 1889 Professor
Reuleaux in Berlin einen sensationellen Vortrag darüber gehalten
hatte.
Hugo Sack in Duisburg erfand 1887 ein verbessertes Universal-
walzwerk und 1888 einen Kantapparat zur Bedienung von Reversier-
walzwerken 1).
Am 14. Juli 1887 verschied einer der bedeutendsten Männer
Deutschlands, Alfred Krupp, der die Guſsstahlfabrik seines Vaters,
Friedrich Krupp, in Essen zu so wunderbarer Höhe gebracht hatte.
Die ganze Welt nahm an seinem Tode teil, denn er hatte durch
seinen Guſsstahl und seine Kanonen seinen Namen in allen Ländern
bekannt gemacht. Alfred Krupp war groſs als Mensch und als
Industrieller. Was er geworden, dankt er der eigenen Kraft. Der
geniale Mann, zu dem unser groſser Kaiser Wilhelm in freund-
schaftlichem Verhältnis stand und der dem Vaterlande so hervor-
1) Siehe Stahl und Eisen 1888, S. 436, Taf. XIII.
64*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1011. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1027>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.