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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Deutschland (mit Luxemburg).

1889 gründete Haarmann, Direktor der Georg-Marien-Hütte, der
sich grosse Verdienste um den eisernen Eisenbahnunterbau erworben
hat, in Osnabrück sein bekanntes "Geleise-Museum".

In demselben Jahre veröffentlichte der Verein deutscher Eisen-
hüttenleute Vorschriften für Lieferung von Eisen und Stahl.

1890 kam bei Krupp in Essen das grosse Panzerplattenwalzwerk
mit Reversierdampfmaschine in dem oben erwähnten Pressbau in
Betrieb. -- Von technischen Fortschritten in diesem Jahre sind noch
die Herstellung spiralförmig geschweisster Röhren und die Blech-
reinigungsmaschine von W. Goes in Schalke (D. R. P. Nr. 52817) zu
nennen. Der germanische Lloyd erliess ein Reglement zur Prüfung
von Schweiss- und Flusseisen. Das Vorurteil gegen Flusseisen im all-
gemeinen und gegen Thomaseisen im besonderen war jetzt geschwunden.
L. Tetmajer empfahl letzteres ausdrücklich für Baueisen.

In den neunziger Jahren setzte die deutsche Eisenindustrie ihren
glänzenden Vormarsch fort. Während die Jahre 1889 bis 1893 in
Grossbritannien Jahre des Rückgangs waren, kam in Deutschland die
Ungunst der Zeit, wenn man die graphische Darstellung der Roheisen-
erzeugung auf Seite 981 betrachtet, nur durch einige Zuckungen
infolge mässiger Verlangsamung der Zunahme zum Ausdruck, die von
1895 an verschwinden und einer raschen Aufwärtsbewegung Platz
machen. Die Roheisenerzeugung von 1891 bis 1899 stieg von 4641
auf 8029 Kilotonnen, also um 3388 Kilotonnen, während diese
Zunahme in der gleichen Zeit der achtziger Jahre 1511 Kilotonnen
und der siebziger Jahre 663 Kilotonnen betragen hatte. In Prozenten
ausgedrückt war die Zunahme in diesen Zeitabschnitten rund um 73,
52 und 42 Prozent. Das Wachsen der Roheisenerzeugung Deutsch-
lands von 1871 bis 1899 beziffert sich auf 6465 Kilotonnen oder auf
413 Prozent. Vergleicht man hiermit die Roheisenerzeugung Gross-
britanniens, so betrug deren Zunahme 1891 bis 1899 2018 Kilotonnen
oder 27 Prozent und die ganze Zunahme von 1871 bis 1899 nur
2846 Kilotonnen oder etwas über 42 Prozent. Hierdurch ist die
deutsche Produktion der englischen bedeutend näher gerückt: 1871
war das Verhältnis 1564/6697 Kilotonnen, 1900 8520/9052 Kilotonnen.

Deutschlands grossartiger Fortschritt in der Eisenindustrie ist
hauptsächlich bedingt durch die rasche Entwickelung des basischen
Konverterprozesses, des Thomasverfahrens, während Englands relatives
Zurückbleiben aus der Vernachlässigung dieses Verfahrens hergeleitet
werden dürfte, wie aus nachstehenden Ziffern erhellt:


Deutschland (mit Luxemburg).

1889 gründete Haarmann, Direktor der Georg-Marien-Hütte, der
sich groſse Verdienste um den eisernen Eisenbahnunterbau erworben
hat, in Osnabrück sein bekanntes „Geleise-Museum“.

In demselben Jahre veröffentlichte der Verein deutscher Eisen-
hüttenleute Vorschriften für Lieferung von Eisen und Stahl.

1890 kam bei Krupp in Essen das groſse Panzerplattenwalzwerk
mit Reversierdampfmaschine in dem oben erwähnten Preſsbau in
Betrieb. — Von technischen Fortschritten in diesem Jahre sind noch
die Herstellung spiralförmig geschweiſster Röhren und die Blech-
reinigungsmaschine von W. Goes in Schalke (D. R. P. Nr. 52817) zu
nennen. Der germanische Lloyd erlieſs ein Reglement zur Prüfung
von Schweiſs- und Fluſseisen. Das Vorurteil gegen Fluſseisen im all-
gemeinen und gegen Thomaseisen im besonderen war jetzt geschwunden.
L. Tetmajer empfahl letzteres ausdrücklich für Baueisen.

In den neunziger Jahren setzte die deutsche Eisenindustrie ihren
glänzenden Vormarsch fort. Während die Jahre 1889 bis 1893 in
Groſsbritannien Jahre des Rückgangs waren, kam in Deutschland die
Ungunst der Zeit, wenn man die graphische Darstellung der Roheisen-
erzeugung auf Seite 981 betrachtet, nur durch einige Zuckungen
infolge mäſsiger Verlangsamung der Zunahme zum Ausdruck, die von
1895 an verschwinden und einer raschen Aufwärtsbewegung Platz
machen. Die Roheisenerzeugung von 1891 bis 1899 stieg von 4641
auf 8029 Kilotonnen, also um 3388 Kilotonnen, während diese
Zunahme in der gleichen Zeit der achtziger Jahre 1511 Kilotonnen
und der siebziger Jahre 663 Kilotonnen betragen hatte. In Prozenten
ausgedrückt war die Zunahme in diesen Zeitabschnitten rund um 73,
52 und 42 Prozent. Das Wachsen der Roheisenerzeugung Deutsch-
lands von 1871 bis 1899 beziffert sich auf 6465 Kilotonnen oder auf
413 Prozent. Vergleicht man hiermit die Roheisenerzeugung Groſs-
britanniens, so betrug deren Zunahme 1891 bis 1899 2018 Kilotonnen
oder 27 Prozent und die ganze Zunahme von 1871 bis 1899 nur
2846 Kilotonnen oder etwas über 42 Prozent. Hierdurch ist die
deutsche Produktion der englischen bedeutend näher gerückt: 1871
war das Verhältnis 1564/6697 Kilotonnen, 1900 8520/9052 Kilotonnen.

Deutschlands groſsartiger Fortschritt in der Eisenindustrie ist
hauptsächlich bedingt durch die rasche Entwickelung des basischen
Konverterprozesses, des Thomasverfahrens, während Englands relatives
Zurückbleiben aus der Vernachlässigung dieses Verfahrens hergeleitet
werden dürfte, wie aus nachstehenden Ziffern erhellt:


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[1013/1029] Deutschland (mit Luxemburg). 1889 gründete Haarmann, Direktor der Georg-Marien-Hütte, der sich groſse Verdienste um den eisernen Eisenbahnunterbau erworben hat, in Osnabrück sein bekanntes „Geleise-Museum“. In demselben Jahre veröffentlichte der Verein deutscher Eisen- hüttenleute Vorschriften für Lieferung von Eisen und Stahl. 1890 kam bei Krupp in Essen das groſse Panzerplattenwalzwerk mit Reversierdampfmaschine in dem oben erwähnten Preſsbau in Betrieb. — Von technischen Fortschritten in diesem Jahre sind noch die Herstellung spiralförmig geschweiſster Röhren und die Blech- reinigungsmaschine von W. Goes in Schalke (D. R. P. Nr. 52817) zu nennen. Der germanische Lloyd erlieſs ein Reglement zur Prüfung von Schweiſs- und Fluſseisen. Das Vorurteil gegen Fluſseisen im all- gemeinen und gegen Thomaseisen im besonderen war jetzt geschwunden. L. Tetmajer empfahl letzteres ausdrücklich für Baueisen. In den neunziger Jahren setzte die deutsche Eisenindustrie ihren glänzenden Vormarsch fort. Während die Jahre 1889 bis 1893 in Groſsbritannien Jahre des Rückgangs waren, kam in Deutschland die Ungunst der Zeit, wenn man die graphische Darstellung der Roheisen- erzeugung auf Seite 981 betrachtet, nur durch einige Zuckungen infolge mäſsiger Verlangsamung der Zunahme zum Ausdruck, die von 1895 an verschwinden und einer raschen Aufwärtsbewegung Platz machen. Die Roheisenerzeugung von 1891 bis 1899 stieg von 4641 auf 8029 Kilotonnen, also um 3388 Kilotonnen, während diese Zunahme in der gleichen Zeit der achtziger Jahre 1511 Kilotonnen und der siebziger Jahre 663 Kilotonnen betragen hatte. In Prozenten ausgedrückt war die Zunahme in diesen Zeitabschnitten rund um 73, 52 und 42 Prozent. Das Wachsen der Roheisenerzeugung Deutsch- lands von 1871 bis 1899 beziffert sich auf 6465 Kilotonnen oder auf 413 Prozent. Vergleicht man hiermit die Roheisenerzeugung Groſs- britanniens, so betrug deren Zunahme 1891 bis 1899 2018 Kilotonnen oder 27 Prozent und die ganze Zunahme von 1871 bis 1899 nur 2846 Kilotonnen oder etwas über 42 Prozent. Hierdurch ist die deutsche Produktion der englischen bedeutend näher gerückt: 1871 war das Verhältnis 1564/6697 Kilotonnen, 1900 8520/9052 Kilotonnen. Deutschlands groſsartiger Fortschritt in der Eisenindustrie ist hauptsächlich bedingt durch die rasche Entwickelung des basischen Konverterprozesses, des Thomasverfahrens, während Englands relatives Zurückbleiben aus der Vernachlässigung dieses Verfahrens hergeleitet werden dürfte, wie aus nachstehenden Ziffern erhellt:

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1013. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1029>, abgerufen am 22.11.2024.