den Privatwerken Oberungarns war Salgo-Tarjan das grösste. Die ungarische Eisenindustrie beschäftigte 1886 30000 Arbeiter.
1890 erzeugten die ungarischen Hochöfen rund 280000 Tonnen Roheisen, hiervon die nachbenannten fünf grössten Unternehmer:
1. Die k. k. Staatseisenbahngesellschaft 76846 Tonnen
2. Die Rima-Murany-Salgo-Tarjaner-Eisenwerksgesellschaft 58322 "
3. Die kgl. ungarischen Staatseisenwerke 57077 "
4. Graf Em. Andrassy 22500 "
5. Der Kronstädter Bergbau- und Hüttenverein 11076 "
Der Preis des Frischereiroheisens war von 1886 bis 1890 von 2,80 auf 5 Gulden für 100 kg gestiegen.
Der grösste Holzkohlenhochofen des Kontinents im Jahre 1890 war angeblich der Hochofen III zu Vayda-Hunyad von 110 cbm Inhalt mit 15000 Tonnen Jahresproduktion. Erze und Holzkohlen wurden von einer über 30 km langen Drahtseilbahn ihm zugeführt. Die drei Hochöfen des Werkes hatten geschlossene Brust und geschlossene Gicht. Die grösste Eisenwerksgesellschaft Oberungarns war die Rima-Murany-Salgo- Tarjaner, deren bedeutendstes Hochofenwerk das Likerer Hüttenwerk bei Nijushtia im Gömörer Komitat war. 1885 wurde hier der erste Koks- hochofen in Betrieb gesetzt. 1893 besass es drei Kokshochöfen, von denen jedoch nur zwei im Betriebe waren, die 50000 Tonnen Thomas- roheisen erzeugten. Die Öfen waren je 18 m hoch, mit zwei Cowper- und drei Gjers-Winderhitzern versehen. Die Erze wurden mit einer 13,2 km langen Drahtseilbahn (System Bleichert) von den Eisenstein- erzgruben zu Vaschhedi-Rakosch angefahren. Die Koks kamen von Mährisch-Ostrau und Fünfkirchen.
Wie die Hochofenindustrie, so entwickelte sich in den neunziger Jahren auch die Industrie des gefrischten oder schmiedbaren Eisens in Österreich, ja das rasche Aufblühen dieser war der Grund für das Wachstum jener. Dieses Aufblühen beschränkte sich indes auf die Entwickelung der Flusseisenindustrie, während die Schweisseisen- industrie, Frischen und Puddeln zurückgingen.
Die Einführung des Thomasprozesses hatte hierzu den Anstoss gegeben; bald aber errang der basische Martinprozess solche Erfolge, dass er sich immer mehr ausbreitete und nicht nur die alten Prozesse, sondern auch den Bessemerprozess zurückdrängte und endlich selbst dem Thomasprozess Konkurrenz machte. Teils in Verbindung mit den neuen Hochofenanlagen, teils unabhängig von denselben entstanden neue Flussstahlwerke, so z. B. in Böhmen die Poldihütte, das neue Stahlwerk zu Kladno, die Karl-Emilshütte in Königshof und die Rudolfshütte bei Teplitz.
Österreich-Ungarn.
den Privatwerken Oberungarns war Salgó-Tarjan das gröſste. Die ungarische Eisenindustrie beschäftigte 1886 30000 Arbeiter.
1890 erzeugten die ungarischen Hochöfen rund 280000 Tonnen Roheisen, hiervon die nachbenannten fünf gröſsten Unternehmer:
1. Die k. k. Staatseisenbahngesellschaft 76846 Tonnen
2. Die Rima-Murány-Salgó-Tarjaner-Eisenwerksgesellschaft 58322 „
3. Die kgl. ungarischen Staatseisenwerke 57077 „
4. Graf Em. Andrássy 22500 „
5. Der Kronstädter Bergbau- und Hüttenverein 11076 „
Der Preis des Frischereiroheisens war von 1886 bis 1890 von 2,80 auf 5 Gulden für 100 kg gestiegen.
Der gröſste Holzkohlenhochofen des Kontinents im Jahre 1890 war angeblich der Hochofen III zu Vayda-Hunyad von 110 cbm Inhalt mit 15000 Tonnen Jahresproduktion. Erze und Holzkohlen wurden von einer über 30 km langen Drahtseilbahn ihm zugeführt. Die drei Hochöfen des Werkes hatten geschlossene Brust und geschlossene Gicht. Die gröſste Eisenwerksgesellschaft Oberungarns war die Rima-Murány-Salgó- Tarjaner, deren bedeutendstes Hochofenwerk das Likérer Hüttenwerk bei Nijushtia im Gömörer Komitat war. 1885 wurde hier der erste Koks- hochofen in Betrieb gesetzt. 1893 besaſs es drei Kokshochöfen, von denen jedoch nur zwei im Betriebe waren, die 50000 Tonnen Thomas- roheisen erzeugten. Die Öfen waren je 18 m hoch, mit zwei Cowper- und drei Gjers-Winderhitzern versehen. Die Erze wurden mit einer 13,2 km langen Drahtseilbahn (System Bleichert) von den Eisenstein- erzgruben zu Vaschhedi-Rákosch angefahren. Die Koks kamen von Mährisch-Ostrau und Fünfkirchen.
Wie die Hochofenindustrie, so entwickelte sich in den neunziger Jahren auch die Industrie des gefrischten oder schmiedbaren Eisens in Österreich, ja das rasche Aufblühen dieser war der Grund für das Wachstum jener. Dieses Aufblühen beschränkte sich indes auf die Entwickelung der Fluſseisenindustrie, während die Schweiſseisen- industrie, Frischen und Puddeln zurückgingen.
Die Einführung des Thomasprozesses hatte hierzu den Anstoſs gegeben; bald aber errang der basische Martinprozeſs solche Erfolge, daſs er sich immer mehr ausbreitete und nicht nur die alten Prozesse, sondern auch den Bessemerprozeſs zurückdrängte und endlich selbst dem Thomasprozeſs Konkurrenz machte. Teils in Verbindung mit den neuen Hochofenanlagen, teils unabhängig von denselben entstanden neue Fluſsstahlwerke, so z. B. in Böhmen die Poldihütte, das neue Stahlwerk zu Kladno, die Karl-Emilshütte in Königshof und die Rudolfshütte bei Teplitz.
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Österreich-Ungarn.
den Privatwerken Oberungarns war Salgó-Tarjan das gröſste. Die
ungarische Eisenindustrie beschäftigte 1886 30000 Arbeiter.
1890 erzeugten die ungarischen Hochöfen rund 280000 Tonnen
Roheisen, hiervon die nachbenannten fünf gröſsten Unternehmer:
1. Die k. k. Staatseisenbahngesellschaft 76846 Tonnen
2. Die Rima-Murány-Salgó-Tarjaner-Eisenwerksgesellschaft 58322 „
3. Die kgl. ungarischen Staatseisenwerke 57077 „
4. Graf Em. Andrássy 22500 „
5. Der Kronstädter Bergbau- und Hüttenverein 11076 „
Der Preis des Frischereiroheisens war von 1886 bis 1890 von
2,80 auf 5 Gulden für 100 kg gestiegen.
Der gröſste Holzkohlenhochofen des Kontinents im Jahre 1890 war
angeblich der Hochofen III zu Vayda-Hunyad von 110 cbm Inhalt mit
15000 Tonnen Jahresproduktion. Erze und Holzkohlen wurden von einer
über 30 km langen Drahtseilbahn ihm zugeführt. Die drei Hochöfen
des Werkes hatten geschlossene Brust und geschlossene Gicht. Die
gröſste Eisenwerksgesellschaft Oberungarns war die Rima-Murány-Salgó-
Tarjaner, deren bedeutendstes Hochofenwerk das Likérer Hüttenwerk bei
Nijushtia im Gömörer Komitat war. 1885 wurde hier der erste Koks-
hochofen in Betrieb gesetzt. 1893 besaſs es drei Kokshochöfen, von
denen jedoch nur zwei im Betriebe waren, die 50000 Tonnen Thomas-
roheisen erzeugten. Die Öfen waren je 18 m hoch, mit zwei Cowper-
und drei Gjers-Winderhitzern versehen. Die Erze wurden mit einer
13,2 km langen Drahtseilbahn (System Bleichert) von den Eisenstein-
erzgruben zu Vaschhedi-Rákosch angefahren. Die Koks kamen von
Mährisch-Ostrau und Fünfkirchen.
Wie die Hochofenindustrie, so entwickelte sich in den neunziger
Jahren auch die Industrie des gefrischten oder schmiedbaren Eisens in
Österreich, ja das rasche Aufblühen dieser war der Grund für das
Wachstum jener. Dieses Aufblühen beschränkte sich indes auf die
Entwickelung der Fluſseisenindustrie, während die Schweiſseisen-
industrie, Frischen und Puddeln zurückgingen.
Die Einführung des Thomasprozesses hatte hierzu den Anstoſs
gegeben; bald aber errang der basische Martinprozeſs solche Erfolge,
daſs er sich immer mehr ausbreitete und nicht nur die alten Prozesse,
sondern auch den Bessemerprozeſs zurückdrängte und endlich selbst
dem Thomasprozeſs Konkurrenz machte. Teils in Verbindung mit den
neuen Hochofenanlagen, teils unabhängig von denselben entstanden
neue Fluſsstahlwerke, so z. B. in Böhmen die Poldihütte, das neue
Stahlwerk zu Kladno, die Karl-Emilshütte in Königshof und die
Rudolfshütte bei Teplitz.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1178>, abgerufen am 22.11.2024.
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