auf Feinkorneisen verfrischt wurde, machte 1). Er stellte es sich zur Aufgabe, möglichst alle Verhältnisse zu berücksichtigen und seine Untersuchung ebensowohl auf die Veränderungen des Eisens als der Schlacke zu erstrecken. Der ganze Vorgang verlief in 2 Stunden und 8 Minuten. In der Einschmelzperiode schieden sich Silicium, Mangan und Phosphor grossenteils ab, das Eisenoxyd wurde reduziert. Nach 1 Stunde und 3 Minuten war das Einschmelzen vollendet und begann die Verdickungsperiode. In dieser nahm der Eisenoxydgehalt der Schlacken etwas zu, der Kohlenstoffgehalt langsam ab; sie dauerte etwa 20 Minuten. Dann folgte die Koch- und Garperiode, während der die Schlacke basischer wurde und der Kohlenstoff abnahm. Das Kochen dauerte etwa 15 Minuten, das Garen und Luppenmachen 30 Minuten.
Eine wichtige Frage, welche durch die vorstehenden Untersuchungen nicht genügend aufgeklärt wurde, war die der Abscheidung des Phosphors in den verschiedenen Stadien des Puddelprozesses.
Im Allgemeinen wurde im Verlauf desselben ein beträchtlicher Teil des Phosphors abgeschieden und dies war besonders gegen das Ende der Fall. Es erregte dies jetzt die Aufmerksamkeit der Metal- lurgen um so mehr, weil im Gegensatz dazu bei dem Bessemerprozess gar keine Abnahme des Phosphors stattfand. Seither hatte man sich damit begnügt, anzunehmen, dass die Abscheidung des Phosphors bei dem Puddelprozess die Folge der Einwirkung des Sauerstoffs der Luft, der Oxydation sei. Da aber bei dem Bessemerprozess die Ein- wirkung der Luft ebenfalls und zwar noch viel energischer zur Wir- kung kam, ohne den Phosphor aus dem Eisen auszutreiben, so konnte diese Erklärung nicht mehr genügen. John Percy hat das Verdienst, die richtige Lösung der Frage gefunden zu haben 2). Er hatte zuerst schon im Jahre 1856, als Bessemer ihm seinen Prozess in Baxter- house zeigte, durch Analysen des Eisens und der Schlacke die wichtige Thatsache nachgewiesen, dass der Phosphor bei diesem pneumatischen Prozess nicht abgeschieden werde. Indem er darüber nachdachte und die Vorgänge beim Bessemern und beim Puddeln miteinander verglich, kam er zu der Ansicht, dass bei letzterem Phosphoreisen aus dem garenden weichen Eisen aussaigert, was bei dem Bessemern, wo alles Metall flüssig bleibt, nicht der Fall sein kann. Percy schreibt: "Im Puddelofen scheidet sich das Eisen, sobald es frischt oder gart (comes
1) Siehe Ztschr. f. Berg-, Hütten- u. Sal.-W. im preuss. Staate 1863, XI, 178; Wedding, Eisenhüttenkunde, III, S. 240.
2) Siehe Percy, Iron and Steel 1864, p. 663.
Die Schweiſseisenbereitung 1861 bis 1870.
auf Feinkorneisen verfrischt wurde, machte 1). Er stellte es sich zur Aufgabe, möglichst alle Verhältnisse zu berücksichtigen und seine Untersuchung ebensowohl auf die Veränderungen des Eisens als der Schlacke zu erstrecken. Der ganze Vorgang verlief in 2 Stunden und 8 Minuten. In der Einschmelzperiode schieden sich Silicium, Mangan und Phosphor groſsenteils ab, das Eisenoxyd wurde reduziert. Nach 1 Stunde und 3 Minuten war das Einschmelzen vollendet und begann die Verdickungsperiode. In dieser nahm der Eisenoxydgehalt der Schlacken etwas zu, der Kohlenstoffgehalt langsam ab; sie dauerte etwa 20 Minuten. Dann folgte die Koch- und Garperiode, während der die Schlacke basischer wurde und der Kohlenstoff abnahm. Das Kochen dauerte etwa 15 Minuten, das Garen und Luppenmachen 30 Minuten.
Eine wichtige Frage, welche durch die vorstehenden Untersuchungen nicht genügend aufgeklärt wurde, war die der Abscheidung des Phosphors in den verschiedenen Stadien des Puddelprozesses.
Im Allgemeinen wurde im Verlauf desselben ein beträchtlicher Teil des Phosphors abgeschieden und dies war besonders gegen das Ende der Fall. Es erregte dies jetzt die Aufmerksamkeit der Metal- lurgen um so mehr, weil im Gegensatz dazu bei dem Bessemerprozeſs gar keine Abnahme des Phosphors stattfand. Seither hatte man sich damit begnügt, anzunehmen, daſs die Abscheidung des Phosphors bei dem Puddelprozeſs die Folge der Einwirkung des Sauerstoffs der Luft, der Oxydation sei. Da aber bei dem Bessemerprozeſs die Ein- wirkung der Luft ebenfalls und zwar noch viel energischer zur Wir- kung kam, ohne den Phosphor aus dem Eisen auszutreiben, so konnte diese Erklärung nicht mehr genügen. John Percy hat das Verdienst, die richtige Lösung der Frage gefunden zu haben 2). Er hatte zuerst schon im Jahre 1856, als Bessemer ihm seinen Prozeſs in Baxter- house zeigte, durch Analysen des Eisens und der Schlacke die wichtige Thatsache nachgewiesen, daſs der Phosphor bei diesem pneumatischen Prozeſs nicht abgeschieden werde. Indem er darüber nachdachte und die Vorgänge beim Bessemern und beim Puddeln miteinander verglich, kam er zu der Ansicht, daſs bei letzterem Phosphoreisen aus dem garenden weichen Eisen aussaigert, was bei dem Bessemern, wo alles Metall flüssig bleibt, nicht der Fall sein kann. Percy schreibt: „Im Puddelofen scheidet sich das Eisen, sobald es frischt oder gart (comes
1) Siehe Ztschr. f. Berg-, Hütten- u. Sal.-W. im preuſs. Staate 1863, XI, 178; Wedding, Eisenhüttenkunde, III, S. 240.
2) Siehe Percy, Iron and Steel 1864, p. 663.
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[104/0120]
Die Schweiſseisenbereitung 1861 bis 1870.
auf Feinkorneisen verfrischt wurde, machte 1). Er stellte es sich zur
Aufgabe, möglichst alle Verhältnisse zu berücksichtigen und seine
Untersuchung ebensowohl auf die Veränderungen des Eisens als der
Schlacke zu erstrecken. Der ganze Vorgang verlief in 2 Stunden und
8 Minuten. In der Einschmelzperiode schieden sich Silicium, Mangan
und Phosphor groſsenteils ab, das Eisenoxyd wurde reduziert. Nach
1 Stunde und 3 Minuten war das Einschmelzen vollendet und begann
die Verdickungsperiode. In dieser nahm der Eisenoxydgehalt der
Schlacken etwas zu, der Kohlenstoffgehalt langsam ab; sie dauerte
etwa 20 Minuten. Dann folgte die Koch- und Garperiode, während
der die Schlacke basischer wurde und der Kohlenstoff abnahm. Das
Kochen dauerte etwa 15 Minuten, das Garen und Luppenmachen
30 Minuten.
Eine wichtige Frage, welche durch die vorstehenden Untersuchungen
nicht genügend aufgeklärt wurde, war die der Abscheidung des
Phosphors in den verschiedenen Stadien des Puddelprozesses.
Im Allgemeinen wurde im Verlauf desselben ein beträchtlicher
Teil des Phosphors abgeschieden und dies war besonders gegen das
Ende der Fall. Es erregte dies jetzt die Aufmerksamkeit der Metal-
lurgen um so mehr, weil im Gegensatz dazu bei dem Bessemerprozeſs
gar keine Abnahme des Phosphors stattfand. Seither hatte man
sich damit begnügt, anzunehmen, daſs die Abscheidung des Phosphors
bei dem Puddelprozeſs die Folge der Einwirkung des Sauerstoffs der
Luft, der Oxydation sei. Da aber bei dem Bessemerprozeſs die Ein-
wirkung der Luft ebenfalls und zwar noch viel energischer zur Wir-
kung kam, ohne den Phosphor aus dem Eisen auszutreiben, so konnte
diese Erklärung nicht mehr genügen. John Percy hat das Verdienst,
die richtige Lösung der Frage gefunden zu haben 2). Er hatte zuerst
schon im Jahre 1856, als Bessemer ihm seinen Prozeſs in Baxter-
house zeigte, durch Analysen des Eisens und der Schlacke die wichtige
Thatsache nachgewiesen, daſs der Phosphor bei diesem pneumatischen
Prozeſs nicht abgeschieden werde. Indem er darüber nachdachte und
die Vorgänge beim Bessemern und beim Puddeln miteinander verglich,
kam er zu der Ansicht, daſs bei letzterem Phosphoreisen aus dem
garenden weichen Eisen aussaigert, was bei dem Bessemern, wo alles
Metall flüssig bleibt, nicht der Fall sein kann. Percy schreibt: „Im
Puddelofen scheidet sich das Eisen, sobald es frischt oder gart (comes
1) Siehe Ztschr. f. Berg-, Hütten- u. Sal.-W. im preuſs. Staate 1863, XI, 178;
Wedding, Eisenhüttenkunde, III, S. 240.
2) Siehe Percy, Iron and Steel 1864, p. 663.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/120>, abgerufen am 21.11.2024.
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