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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Vereinigte Staaten von Nordamerika.
Diese Staaten erzeugen billiges Roheisen zum Verkauf und können
dasselbe mit so geringen Kosten herstellen, dass sie imstande sind,
es in Europa auf den Markt zu bringen. So sind die Vereinigten
Staaten, die vor 40 Jahren noch den grössten Teil ihres Giesserei-
roheisens aus England bezogen, jetzt imstande, Giessereieisen nach
England zu verschiffen.

Wenn auch die natürlichen Verhältnisse die Grundlage für den
grossen Aufschwung der nordamerikanischen Eisenindustrie gebildet
haben, so sind doch noch andere wichtige Faktoren hinzugekommen.
Zunächst war es die sehr energische Schutzzollpolitik der amerikanischen
Staatsregierung. Ursprünglich war der Schutzzoll während des Bürger-
krieges im Jahre 1863 aus Geldnot eingeführt worden. Als aber
nach dem Friedensschluss und der Rückkehr geordneter Verhältnisse
die Frage der Aufhebung des Schutzzolles angeregt wurde, erklärten
die pennsylvanischen Eisenindustriellen, die Rückkehr zum Freihandel
würde der Ruin der amerikanischen Eisenindustrie sein. Seitdem wurde die
Schutzzollpolitik beibehalten und weiter entwickelt mit dem Bewusst-
sein und der ausgesprochenen Absicht, dadurch die heimische Eisen-
industrie zu gedeihlicher Entfaltung zu bringen. Dieses Ziel ist er-
reicht worden, die Schutzzölle sind aber trotzdem geblieben. Andere
wichtige Faktoren, die den Aufschwung herbeigeführt haben, waren
der kühne Wagemut und der energische Geschäftsgeist der ameri-
kanischen Industriellen, sodann aber besonders ihre Intelligenz, ihr
Erfindungsgeist, der durch einen starken Patentschutz unterstützt
wird, und die wissenschaftliche Bildung der amerikanischen Eisen-
industriellen. Die Amerikaner haben den Wert der wissenschaftlichen
Grundlage für die Eisenindustrie und die Kontrolle der Betriebe
besonders durch die chemische Analyse erkannt; sie haben auf
allen grösseren Werken chemische Laboratorien und Prüfungsanstalten
eingerichtet und in allen wichtigen Eisenindustriestaaten reich aus-
gerüstete Lehranstalten für heranzubildende Techniker geschaffen.
Hierzu kommt noch eine reiche und vortreffliche Litteratur.

Diese wichtigen und soliden Unterlagen bürgen dafür, dass die
amerikanische Eisenindustrie auch in der Zukunft sich gedeihlich
fortentwickeln wird.

Wenn wir es nun versuchen, die technische Entwickelung des
Eisenhüttenwesens in den Vereinigten Staaten seit 1870 in chrono-
logischer Folge darzustellen, so kann dies nur in sehr beschränkter
Weise geschehen, da der Stoff ein zu umfassender ist.

Ende der sechziger Jahre wurde besonders durch den Wiederaufbau

Vereinigte Staaten von Nordamerika.
Diese Staaten erzeugen billiges Roheisen zum Verkauf und können
dasselbe mit so geringen Kosten herstellen, daſs sie imstande sind,
es in Europa auf den Markt zu bringen. So sind die Vereinigten
Staaten, die vor 40 Jahren noch den gröſsten Teil ihres Gieſserei-
roheisens aus England bezogen, jetzt imstande, Gieſsereieisen nach
England zu verschiffen.

Wenn auch die natürlichen Verhältnisse die Grundlage für den
groſsen Aufschwung der nordamerikanischen Eisenindustrie gebildet
haben, so sind doch noch andere wichtige Faktoren hinzugekommen.
Zunächst war es die sehr energische Schutzzollpolitik der amerikanischen
Staatsregierung. Ursprünglich war der Schutzzoll während des Bürger-
krieges im Jahre 1863 aus Geldnot eingeführt worden. Als aber
nach dem Friedensschluſs und der Rückkehr geordneter Verhältnisse
die Frage der Aufhebung des Schutzzolles angeregt wurde, erklärten
die pennsylvanischen Eisenindustriellen, die Rückkehr zum Freihandel
würde der Ruin der amerikanischen Eisenindustrie sein. Seitdem wurde die
Schutzzollpolitik beibehalten und weiter entwickelt mit dem Bewuſst-
sein und der ausgesprochenen Absicht, dadurch die heimische Eisen-
industrie zu gedeihlicher Entfaltung zu bringen. Dieses Ziel ist er-
reicht worden, die Schutzzölle sind aber trotzdem geblieben. Andere
wichtige Faktoren, die den Aufschwung herbeigeführt haben, waren
der kühne Wagemut und der energische Geschäftsgeist der ameri-
kanischen Industriellen, sodann aber besonders ihre Intelligenz, ihr
Erfindungsgeist, der durch einen starken Patentschutz unterstützt
wird, und die wissenschaftliche Bildung der amerikanischen Eisen-
industriellen. Die Amerikaner haben den Wert der wissenschaftlichen
Grundlage für die Eisenindustrie und die Kontrolle der Betriebe
besonders durch die chemische Analyse erkannt; sie haben auf
allen gröſseren Werken chemische Laboratorien und Prüfungsanstalten
eingerichtet und in allen wichtigen Eisenindustriestaaten reich aus-
gerüstete Lehranstalten für heranzubildende Techniker geschaffen.
Hierzu kommt noch eine reiche und vortreffliche Litteratur.

Diese wichtigen und soliden Unterlagen bürgen dafür, daſs die
amerikanische Eisenindustrie auch in der Zukunft sich gedeihlich
fortentwickeln wird.

Wenn wir es nun versuchen, die technische Entwickelung des
Eisenhüttenwesens in den Vereinigten Staaten seit 1870 in chrono-
logischer Folge darzustellen, so kann dies nur in sehr beschränkter
Weise geschehen, da der Stoff ein zu umfassender ist.

Ende der sechziger Jahre wurde besonders durch den Wiederaufbau

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[1278/1294] Vereinigte Staaten von Nordamerika. Diese Staaten erzeugen billiges Roheisen zum Verkauf und können dasselbe mit so geringen Kosten herstellen, daſs sie imstande sind, es in Europa auf den Markt zu bringen. So sind die Vereinigten Staaten, die vor 40 Jahren noch den gröſsten Teil ihres Gieſserei- roheisens aus England bezogen, jetzt imstande, Gieſsereieisen nach England zu verschiffen. Wenn auch die natürlichen Verhältnisse die Grundlage für den groſsen Aufschwung der nordamerikanischen Eisenindustrie gebildet haben, so sind doch noch andere wichtige Faktoren hinzugekommen. Zunächst war es die sehr energische Schutzzollpolitik der amerikanischen Staatsregierung. Ursprünglich war der Schutzzoll während des Bürger- krieges im Jahre 1863 aus Geldnot eingeführt worden. Als aber nach dem Friedensschluſs und der Rückkehr geordneter Verhältnisse die Frage der Aufhebung des Schutzzolles angeregt wurde, erklärten die pennsylvanischen Eisenindustriellen, die Rückkehr zum Freihandel würde der Ruin der amerikanischen Eisenindustrie sein. Seitdem wurde die Schutzzollpolitik beibehalten und weiter entwickelt mit dem Bewuſst- sein und der ausgesprochenen Absicht, dadurch die heimische Eisen- industrie zu gedeihlicher Entfaltung zu bringen. Dieses Ziel ist er- reicht worden, die Schutzzölle sind aber trotzdem geblieben. Andere wichtige Faktoren, die den Aufschwung herbeigeführt haben, waren der kühne Wagemut und der energische Geschäftsgeist der ameri- kanischen Industriellen, sodann aber besonders ihre Intelligenz, ihr Erfindungsgeist, der durch einen starken Patentschutz unterstützt wird, und die wissenschaftliche Bildung der amerikanischen Eisen- industriellen. Die Amerikaner haben den Wert der wissenschaftlichen Grundlage für die Eisenindustrie und die Kontrolle der Betriebe besonders durch die chemische Analyse erkannt; sie haben auf allen gröſseren Werken chemische Laboratorien und Prüfungsanstalten eingerichtet und in allen wichtigen Eisenindustriestaaten reich aus- gerüstete Lehranstalten für heranzubildende Techniker geschaffen. Hierzu kommt noch eine reiche und vortreffliche Litteratur. Diese wichtigen und soliden Unterlagen bürgen dafür, daſs die amerikanische Eisenindustrie auch in der Zukunft sich gedeihlich fortentwickeln wird. Wenn wir es nun versuchen, die technische Entwickelung des Eisenhüttenwesens in den Vereinigten Staaten seit 1870 in chrono- logischer Folge darzustellen, so kann dies nur in sehr beschränkter Weise geschehen, da der Stoff ein zu umfassender ist. Ende der sechziger Jahre wurde besonders durch den Wiederaufbau

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1294>, abgerufen am 23.11.2024.